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Ausgabe:

Februar/2000

Spalte:

212 f

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Bohrmann, Thomas

Titel/Untertitel:

Ethik - Werbung - Mediengewalt. Werbung im Umfeld von Gewalt im Fernsehen. Eine sozialethische Programmatik.

Verlag:

München: Reinhart Fischer 1997. 309 S. 8. Kart. DM 39,-. ISBN 3-88927-211-8.

Rezensent:

Birgit Zweigle

Wieviel Gewalt ist im Fernsehen zulässig? Darf werbungstreibende Wirtschaft im Umfeld von gewalthaltigen Firmen Werbung platzieren? Welche Organe können Gewalt verhindern bzw. müssen Gewalt in den Medien verantworten? - Diese Fragen stehen im Zentrum der Dissertation von B., die im Sommersemester 1997 von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München angenommen und von Prof. Dr. Alois Baumgartner begleitet wurde.

Die Arbeit gliedert sich in zwei Hauptteile: 1. Sozialethische Zugänge zur Werbung (19-128) und 2. Die Gewaltdarstellung in den audiovisuellen Medien (129-244). Diese zunächst unabhängig voneinander konzipierten Teile werden unter Punkt 3 - Konkretionen: Sozialethische Plädoyers für eine offene Mediengesellschaft (245-261) - und in einer kurzen Ergebnisdarstellung (262-264) aufeinander bezogen und hinsichtlich der obigen Fragestellungen ausgewertet. Ergänzt werden die Ausführungen durch einen Anhang, der Inhaltsangaben und Sequenzprotokolle zu den in Teil 2 analysierten Filmen beinhaltet (265-285) sowie ein ausführliches Literaturverzeichnis (286-309).

Die Stärke der Arbeit liegt unbestritten in der Fülle der Informationen, die dort zusammengetragen werden. So erfährt man z. B. in Teil I etwas über Formen der persuasiven (überredenden) Kommunikation und über die Verantwortungsträger der Werbung, oder in Teil II etwas über Medienwirkungsforschung und über die Verantwortungsträger in der Mediengesellschaft. Besonders gelungen sind die Analysen von drei gewalthaltigen Filmen: Der Science-Fiction-Film "The Terminator", der Actionfilm "Hard-Boiled" und der Horrorfilm "Friedhof der Kuscheltiere". An diesen Filmen werden auch exemplarisch die Bewertungskriterien und Bearbeitungsformen der Verantwortungsträger deutlich gemacht, so z. B. bezüglich der Programmgestaltung oder der Schnittbearbeitung.

Die Zusammenführung von Teil I und Teil II erfolgt im Rahmen von drei sozialethischen Plädoyers: Das erste tritt für die Freiheit der ästhetischen Kommunikation ein, beim zweiten steht die Freiheit und Autonomie der Werbewirtschaft im Vordergrund und das dritte Plädoyer befürwortet die Intensivierung der Medienpädagogik. Die Ergebnisse der Arbeit fasst der Vf. wie folgt zusammen: Eine Ethik der Werbung muss sich an den Grundsätzen des Person-, Autonomie- und Demokratieprinzips orientieren. - Strengere Gesetze im Sinne einer Verschärfung des Rundfunkstaatsvertrages sind aufgrund der vielfältigen zitierten Bestimmungen keineswegs erforderlich.

Jugendschutz darf nicht in einen allgemeinen Erwachsenenschutz ausarten. - Medienpädagogik sollte Mediennutzern verhelfen, sich in selbstverantwortliche, kritische Rezipienten zu verwandeln. Werbungstreibende Unternehmen sind weder Programmverantwortliche noch Medienkontrolleure, Wirtschaft und Medien müssen als zwei unabhängig voneinander existierende Kultursachbereiche bestehen bleiben.

So interessant diese Ergebnisse im Einzelnen sein mögen, ihnen fehlt - wie der Arbeit überhaupt - ein durchgehender Leitgedanke. Es hätte gereicht, sich entweder auf eine Ethik der Werbung zu konzentrieren oder das Problem der Platzierung von Werbung im Umfeld gewalthaltiger Filme zu thematisieren. Durch die Fülle der angerissenen Themen bleibt die Untersuchung an der Oberfläche und formuliert als ihr Ergebnis eher Allgemeinplätze. Fraglich ist auch, inwiefern diese Arbeit als eine theologische zu werten ist. Bis auf einen knappen Exkurs zum Imago-Dei-Begriff sowie einigen religiösen Deutungsversuchen hinsichtlich der vorgestellten Filme ist die theologische Verortung der Studie nicht erkennbar. Ohne Frage aber bleibt die Fleißarbeit der Untersuchung zu würdigen, in ihr sind Grundinformationen zum Thema Werbung und Medien ausführlich zusammengestellt.