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Ausgabe:

Januar/2000

Spalte:

97 f

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Dorschner, Johann [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Der Kosmos als Schöpfung. Zum Stand des Gesprächs zwischen Naturwissenschaft und Theologie.

Verlag:

Regensburg: Pustet 1998. 224 S. m. Abb. 8. Kart. DM 39,80. ISBN 3-7917-1591-7.

Rezensent:

Markus Huppenbauer

Der Sammelband geht auf einen Anlass der Katholischen Akademie in Bayern mit dem gleichen Thema zurück. Seine Beiträge basieren zum größten Teil auf Vorträgen von Mitgliedern des an der Akademie bestehenden Gesprächskreises "Kirche und Wissenschaft". Die Schrift will "den heutigen Stand des interdisziplinären Gespächs zwischen Theologen und Naturwissenschaftlern zum Thema Schöpfung dokumentieren" (12 f.).

Eingeleitet wird der Band mit einem Beitrag des theoretischen Physikers Wolfgang Wild über "Die Entstehung des Kosmos" (15-41), der den "Erkenntnisstand der modernen Physik" vorlegt. Der informative Text schließt mit der Diskussion einiger Einwände gegen das Standardmodell der Entstehung des Universums (32 ff.).

Der Beitrag des Kernphysikers Gernot Eder thematisiert die "Evolution des Kosmos" (42-74). Dem Untertitel "Neue Aspekte der Schöpfungsidee" folgend argumentiert E. mit Rückgriff auf Kosmologie und Quantenphysik insbesondere gegen eine "Einengung der Schöpfungsidee auf Wirkursächlichkeit" (47) und formuliert die These, dass Schöpfungstheologie in einer Metasprache (63 ff.) durchaus auf das Konzept "funktioneller Kausalität" neuzeitlicher Naturwissenschaft bezogen werden könne.

Johann Dorschner, Mitarbeiter am Astrophysikalischen Institut Jena, skizziert unter dem Titel "Kosmologie und Schöpfungsglaube zwischen Konfrontation und Konsonanz" (75-104) zunächst einige historische Stationen eben dieses Verhältnisses. Wichtig (insbesondere aus römisch-katholischer Perspektive) ist dabei die Thematisierung des Falles Galilei und seine endgültige "Bereinigung" (90) durch Papst Johannes Paul II., dessen diesbezügliche Ansprache an die Päpstliche Akademie der Wissenschaften am 31.10.1992 im Anhang des Sammelbandes (215-224) abgedruckt ist. Als gegenwärtige Themen des interdisziplinären Dialogs skizziert er den "Problemkreis der Evolution" (91 ff.) und das "anthropische Prinzip" (96). Dass insbesondere ersterer schöpfungstheologisch "noch weitgehend unausgelotet" (95) sei, kann allerdings nur sagen, wer wie D. eigentlich nur Kardinal Franz König und Papst Johannes Paul II. als diesbezügliche moderne theologische Referenzen erwähnt.

Der Dogmatiker Peter Neuner legt mit "Wissenschaftliches Weltbild und christlicher Glaube" einen weiteren Beitrag zu "Etappen auf dem Weg ihrer Begegnung" (105-131) vor. Nach Darstellungen der "Sicht der Naturwissenschaft" (106 f.) und der "Sicht des Glaubens" skizziert er "Orte der Begegnung" (121), etwa den "gemeinsamen Kampf für die Rationalität" (212) oder die Umweltprobleme als "Ansatz für eine Schöpfungstheologie" (125 ff.). Wie bei allen anderen theologischen Beiträgen fällt hier auf, dass insbesondere angelsächsische Schöpfungstheologie mit ihrem doch beachtlichen Produktionsvolumen nicht zur Kenntnis genommen wird.

Der Beitrag des Alttestamentlers Manfred Görg, "Vorwelt - Raum - Zeit. Schöpfungsvorstellungen im ersten Kapitel der Bibel" (132-158) mit Diskussionen insbesondere der Verwandtschaft und Differenz biblischer Vorstellungen von ägyptischen Mythologien, wie auch der folgende Beitrag des Religionsphilosophen Bernhard Casper "Was kann die Rede von Schöpfung bedeuten?" (159-173) mit einer jüdischen Religionsphilosophen (H. Cohen, F. Rosenzweig und E. Lévinas) folgenden These, der eigentliche Sinn des monotheistischen Schöpfungsbegriffs liege in der Ethik (172), legen theologische Texte vor, die im Dialog Naturwissenschaft-Theologie wohl nur indirekt rezipiert werden können.

Abgeschlossen wird der Band vom Fundamentaltheologen Max Seckler mit "Was heißt eigentlich ,Schöpfung’? Zugleich ein Beitrag zum Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaft" (174-214). Auf dem Hintergrund sorgfältiger Überlegungen zum Schöpfungsbegriff argumentiert er für einen Dialog "eingegrenzt auf den Bereich struktureller Interferenzen" (209) und der "sachfragenorientierte[n] reziproke[n] Relevanz" (212), wie sie etwa in der "Wert- und Sinnfrage" und dem Thema einer "Ethik der Wissenschaften" (212) gegeben sind.

Insgesamt vermag der Band nicht zu überzeugen. Er wiederholt nur schon vielfach Publiziertes und dokumentiert dabei nicht einmal - wie im Titel beansprucht - den "Stand des Gesprächs zwischen Naturwissenschaft und Theologie", sondern nur den isolierten Dialog einiger Männer im Umkreis der Katholischen Akademie in Bayern. Merkwürdig, dass - wenn ich es recht sehe - nicht einmal drei der profiliertesten katholischen Teilnehmer am Dialog Naturwissenschaft-Theologie im Band diskutiert werden: Karl Schmitz-Moormann, Stephan Niklaus Bosshard und Alexandre Ganozcy.