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Ausgabe:

Januar/2000

Spalte:

68 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Jonge, Marinus de

Titel/Untertitel:

God’s Final Envoy. Early Christology and Jesus’ Own View of His Mission.

Verlag:

Grand Rapids: Eerdmans 1998. X, 166 S. 8 = Studying the historical Jesus. Kart. £ 11.99. ISBN 0-8028-4482-0.

Rezensent:

Eduard Schweizer

Das Besondere dieses Buches ist die Besinnung über die anzuwendende Methode (Kap. 1, 1-11) und der konsequente Weg von den Glaubensaussagen der frühesten Gemeinde zurück zu vorösterlichen und zu Jesus selbst. Das leuchtet ein, setzt freilich (m. E. zu Recht) voraus, dass Ostern kein völliger Umbruch und Neuansatz war. Wichtig sind dabei drei Modelle (9f.), die in Kap. 2 (12-33) besprochen werden: der von Israel verworfene Prophet, der leidende und von Gott bestätigte (vindicated) Gottesknecht und der für sein Volk sterbende Märtyrer (Einfluss von Jes 53 schwerlich schon bei Jesus). Spezifisch für die frühe Gemeinde und Jesus ist die Überzeugung, dass damit eine neue Zeit angebrochen ist, in der sich das kommende Gottesreich schon im Wirken Jesu manifestiert (Kap. 3, 34-43). Für eine solche "dynamische Gegenwart" gibt es kaum Parallelen (Kap. 4, 44-58, vgl. 143).

Kap. 5 (59-69) schildert von Mk 14,25 her eine Eschatologie, nach der Jesus im kommenden Gottesreich eine besondere Rolle spielt, ohne dass seine "Parusie" (82: je 4-mal bei Paulus und Matthäus) erwähnt wird. So wichtig sie für die nachösterliche Gemeinde ist (Briefe, Evangelien: Kap. 6, 70-85), fehlt sie in vielen Formeln und wird selten näher beschrieben und mit dem Gottesreich (nur Mk 8,38 f., S. 77) oder Jesu Auferstehung verknüpft. Ob Jesus seine Parusie erwartet hat, bleibt fraglich (85). Kap. 7 (86-94) handelt vom "Menschensohn". Mit dem Vf. sehe ich darin eine (verhüllte) Selbstbezeichnung Jesu, denke freilich dabei aufgrund von Lk 12,8 f. (und Weish 5,1-5) höchstens an die künftige Funktion des (das Gericht entscheidenden) Zeugen, nicht des Richters (92 f.). Ebenso zuverlässig ist in Kap. 8 (95-109) die Behandlung von "Messias" und "Gottessohn". Neu ist mir der Gedanke, dass David auch als Beter, Prophet und Exorzist gepriesen wurde und Jesus sich in diesem Sinn für den Messias gehalten hätte, der im kommenden Reich zu königlichem Walten käme (102-104). Gesichert scheint auch mir, dass Jesu Verhältnis zum "Vater" eine theozentrische Christologie implizierte (106-109). Dass (Kap. 9) Paulus schon vor der Sendung Jesu (über J. Dunn hinaus) mindestens ein "einzigartiges Verhältnis zwischen Gott und seinem Sohn" annahm, das freilich nicht näher definiert werden kann (E. Sch.: = Praeexistenz?), scheint mir richtig zu sein (110-119). Weiterführen könnte die Sicht des Johannes (119-129) als Christologie der Sendung (mission), in der die noch ausstehende "eschatologische Verification" (Dahl) durchaus mit der schon in der Gegenwart wirkenden Endzeit zu verbinden ist (127: 1Joh bald nach Abschluss des Evangeliums).

Wesentlich ist dem Vf. Kap. 10 (130-142): der durchgehaltene Monotheismus im NT (vgl. Dunn!). Christologie als Teil der Eschatologie zu sehen (130 f., wiederholt 145), müsste freilich genauer definiert werden (gegenüber der Diskussion zwischen E. Käsemann und G. Klein, die beide nicht erwähnt werden). Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Annahme der Existenz "göttlicher" Gestalten (schon im Judentum) und ihrer Anbetung (131-136). Dass in Jesus uns Gott selbst begegnet, heißt nicht, dass wir ihn als Gott anbeten. Trotz schwieriger Stellen in Hebr, Offb (136-138) und Joh (139-142) stellt der letzte Satz der Zusammenfassung (143-145) auch hier eine theozentrische Christologie fest.

Das Buch ist gut lesbar (zitierte Stellen sind häufig ausgeschrieben). Seine Entstehung aus verschiedenen Beiträgen 1991-1997 zeigt sich gelegentlich in Wiederholungen und darin, dass Literatur von 1985/86 "recent" genannt wird (z. B. 98, 108). Doch kann ich dem "Mittelweg zwischen Skeptizismus und Übervertrauen" zur Tradition und dem so gezeichneten Bild der frühen Gemeinde und Jesu weithin (leicht kritischer) zustimmen und denke auch daran, dass Aussagen charismatischer Vollmacht nach J. T. Sanders (NTS 44, 1998, 1-25) nicht immer in logisch einlinige Sprache hineinzupressen sind.