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Ausgabe:

Juli/August/2018

Spalte:

703–716

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Christof Landmesser

Titel/Untertitel:

Gottes Plan, der Messias und die Einheit des Gottesvolkes

N. T. Wrights Paulus




Die Theologie des Paulus hat eine herausragende Bedeutung. Ein eigentümlicher Beleg dafür ist auch das umfangreiche Schrifttum des ehemaligen Bischofs von Durham und derzeitigen Professors für Neues Testament in St. Andrews, N. T. Wright. Seine vielen Publikationen zu Paulus und seiner Theologie sind schon aufgrund ihres enormen Umfangs eine besondere Herausforderung.1Die Reaktionen auf Wrights Paulusinterpretation sind ebenfalls zahlreich, in Teilen sehr deutlich und gelegentlich scharf in Zu­stimmung und in Ablehnung.2 Sowohl die Größe des Werks allein zur Deutung der paulinischen Theologie3 wie auch die intensiven Diskussionen der Arbeiten Wrights und seine Selbstwahrnehmung sind Hinweise auf ein besonderes Profil. Wright sieht sich mit seiner Paulusexegese innerhalb der sogenannten New Perspective on Paul in einer Linie mit Ed Parish Sanders und James D. G. Dunn, wobei der zuletzt Genannte sachlich und persönlich ein besonderer Gesprächspartner für ihn ist. Freilich geht Wright in wichtigen Fragen eigene Wege. Nach der Lektüre der Texte Wrights sollte zu­mindest eine Konsequenz erwogen werden.

Das die Paulusinterpretation innerhalb der neutestamentlichen Wissenschaft eher lähmende als beflügelnde, weil sich in ständig kreisenden Argumentationsbewegungen erschöpfende Spiel der Zuordnung zu und der Abgrenzung von New Perspective und Old Perspective sollte überwunden werden. Eine solche Aufgabe des alten abgrenzenden und bestenfalls selbstvergewissernden Denkens wird nicht weniger kontrovers diskutiert werden müssen, als die Debatten der vergangenen Jahrzehnte geführt wurden. Es wäre aber immerhin ein Weg, andere Fragen zu entdecken, neue Einsichten zu gewinnen und so die Briefe des Paulus wieder als we­sentliche Ursprungstexte auch der gegenwärtigen christlichen Theologie wahrzunehmen. Denn die im Vergleich zum Werk N. T. Wrights im Umfang bescheidenen Texte des Paulus entfalten eine epochale Kraft, die es immer neu zu entdecken gilt. Davon jedenfalls erzählen auch die vielen Abhandlungen über Paulus von N. T. Wright.4

I Hermeneutische Grundlagen

Wright gibt in seinen Werken wiederholt Auskunft über seine hermeneutischen Entscheidungen und Begriffe. Er denkt über den Zusammenhang von Geschichte und Theologie ebenso nach, wie er sich um das Verhältnis von Bedeutung und Anwendung bemüht. Als für ihn grundlegende Kategorien der Wahrnehmung, der Erkenntnis und der Interpretation benennt er die Weltanschauung (worldview) und die besondere Denkweise (des Paulus) (mindset), die mit Geschichte und Theologie in ein Verhältnis zu setzen sind.5 Die Denkweise eines Autors habe ihren Ort in der umfassenderen Weltanschauung, die er mit anderen teilt.6 Damit macht Wright auf die Komplexität und Kontextualität einer jeden Wirklichkeitsdeutung in ihrer sozialen Umwelt und in ihrer religiösen Vorstellungswelt aufmerksam,7 die auch in den Paulusbriefen erkennbar wird.8 Seine Idee von worldview entwickelt Wright eher intuitiv, er sucht»heuristische Instrumente«, um Verborgenes zu entdecken.9 Bei der Darstellung von worldview und mindset möchte Wright nicht positivistisch, aber auch nicht bloß relativistisch vorgehen, er ordnet sein Denken einem kritischen Realismus zu,10 der es ihm möglich machen soll, die »starre Unterscheidung zwischen objektiv und subjektiv […] als unbrauchbar fallen [zu lassen]«.11

Den worldview des Paulus will Wright im Anschluss an den Philemonbrief beschreiben. Das Ziel dieses Briefes sei das, was Paulus an anderem Ort »Versöhnung« nenne.12 Dieses Motiv greife Paulus weder aus seiner jüdischen noch aus der pagan-hellenistischen oder philosophischen Vorstellungswelt auf. Damit zeige sich sein »whole new worldview«, der wohl aus seiner früheren jüdischen Weltanschauung schöpft, diesen aber neu entwirft.13 Das Herzstück der erneuerten Weltanschauung des Paulus sei »the unity of the Messiah’s people«.14 Im Philemonbrief gehe es konkret um die Einheit von Sklave und Freiem. Das sei für Paulus aber nicht bloß eine theoretische Einsicht, vielmehr beobachtet Wright durch alle Paulusbriefe hindurch: »Paul puts everything he has into making this unity a reality.«15 Dies unternehme er aufgrund der mit der neuen Weltanschauung verbundenen und für diese erforderlichen »implicit theology«.16 Paulus ist für Wright der Erfinder und Entwickler einer neuen Disziplin, die wir rückblickend »christliche Theologie« nennen.17 Diese mit einer impliziten Theologie ausgestattete Weltanschauung erscheint niemals isoliert. Paulus war in Austausch, Abgrenzung und Aufnahme mit den Perspektiven und Weltanschauungen des frühen Judentums, des paganen Hellenismus und der antiken Philosophie verbunden.18

Weltanschauung, Handlungsziele und die implizite Theologie hängen miteinander zusammen. Ihre Konkretion finden sie in den aktuellen Lebensvollzügen und damit auch im Verlauf der Ge­schichte. Geschichte bedeutet immer einen umfassenderen Kontext und lässt sich nicht auf das Ergehen eines einzelnen Menschen reduzieren. Vor diesem Hintergrund konstruiert Wright eine Al­ternative, die seinen Blick auf die Paulustexte durchgängig be­stimmt. Seine Wahrnehmung des Denkens des Paulus steht gegen »the tendency since at least medieval times in the western church to organize Paul’s concepts around his vision of ›salvation‹«.19 Er behauptet zwei sich ausschließende Weisen der Rezeption der Theologie des Paulus. Er nimmt den Zugang, den er den Reformatoren zurechnet, wahr, wonach die Theologie des Paulus auf das individuelle Heil der einzelnen Glaubenden ziele. Nach Wright aber geht es Paulus nicht primär um die Rechtfertigung des Einzelnen, vielmehr habe Paulus die schon erwähnte Einheit des Volkes des Messias und darüber hinaus die Vollendung der Schöp-fung im Blick. Mit dieser folgenreichen Voraussetzung analysiert Wright die Theologie des Paulus. Er kommt zu einer vermeintlich komplexeren Wahrnehmung der Themen der paulinischen Theo logie. Rechtfertigung, In-Christus-Sein, Heilsgeschichte, Apokalyptik und Bund müssen in einen Zusammenhang mit ethischen und politischen Fragen gestellt werden.20 Solche Aspekte durchdenke Paulus als ein »deeply Jewish theologian«, der in seinem Denken auch bezogen bleibe auf die Welt der Philosophie und des Römischen Reiches, auf die Alltagswelt und überhaupt auf das Le­ben in seinen vielfältigen Hinsichten.21 Als »jüdischer Denker« entfalte Paulus insbesondere drei Kategorien »jüdischer Theologie«: Monotheismus, Erwählung und Eschatologie: »one God, one people of God, one future of God’s world«.22

Wright will sich der Theologie des Paulus in drei Hinsichten nähern. Er fragt nach der Geschichte, also nach den zeitgeschichtlichen Gegebenheiten des ersten Jahrhunderts nach Christus.23 Mittels der Exegese will er den Zusammenhang von Geschichte und Theologie des Paulus wahrnehmen. Das Ziel sind letztlich Fragen nach Anwendung und Bedeutung (»application« and »relevance«).24 Die Wahrnehmung der Theologie des Paulus soll so für die Ge­schichte in unserer Gegenwart bedeutsam werden.25

Zu den hermeneutischen Grundlagen gehört auch, dass Wright einen direkten Zugang zu den Texten des Paulus beansprucht. Ein solcher sei erforderlich, weil »[v]iele der angeblich ›gewöhnlichen Deutungen‹ innerhalb der westlichen protestantischen Traditionen [...] einfach nicht darauf geachtet [haben], was Paulus tatsächlich schrieb«.26 Nichts »sollte uns […] zu der Vorstellung verleiten, Paulus meine etwas anderes, als er sagt«.27 Genauere Regeln, wie das, was Paulus tatsächlich schrieb und was er wirklich sagt, auszumachen sei, gibt Wright nicht an. Er betont mit Recht, dass wir alle die Texte des Paulus vor dem Hintergrund unserer eigenen Weltsicht interpretieren. Der Vorgang der Interpretation bedarf aber einer genaueren Beschreibung, die Wright über die angedeuteten allgemeinen Hinweise hinaus nicht liefert.28

Immerhin deutet Wright an, wie die Texte der Bibel und des Paulus zu lesen seien. Neben der schon erwähnten Forderung, das Neue Testament in seinem historischen Kontext wahrzunehmen,29 hält er es für »unerlässlich, den tatsächlichen Textverlauf der Briefe, ihre Kontexte (soweit wir sie erheben können) und die spezifischen Argumente zu beachten«.30 In einer gewissen Spannung dazu steht seine Einschätzung, dass »die Schrift eine große und kraftvolle Erzählung bildet, deren Höhepunkt das Zur-Welt-Kommen des einzigen Sohnes des einen wahren Schöpfergottes ist und vor allem sein Tod für die Sünden und seine leibhafte Auferstehung von den Toten«.31 Eine solche Wahrnehmung der biblischen Texte mag als eine respektable theologische Position ein-geschätzt werden, sie bedeutet aber doch als eine nachträgliche Konstruktion über alle Zeiten und historisch unterschiedlichen Kontexte hinweg eine Enthistorisierung der Einzeltexte aus einer deutlich späteren Sicht und widerspricht so der Aufforderung, die Texte in ihrem jeweiligen historischen Kontext zu interpretieren. Freilich notiert Wright mit seinem Hinweis auf den Argumentationszusammenhang und den Aufbau der biblischen Texte ein wichtiges Kriterium auch für die Einschätzung seiner eigenen Analysen.

II Geschichte als Raum der Theologie


Die Paulusinterpretation Wrights muss vor dem Hintergrund seiner Auffassung von Geschichte verstanden werden. Es ist die Ge­schichte des ersten Jahrhunderts nach Christus, in der die komplexen Weltanschauungen des Paulus und seiner Umwelt aufzusuchen sind. Es ist die Geschichte der Welt des Pharisäers Paulus, und damit ist es die Geschichte des Frühjudentums. Es ist aber auch die Geschichte des Juden Paulus unter der Herrschaft Roms mit seinen Kulten, Institutionen und hegemonialen Herrschaftsansprüchen und den daraus resultierenden Konflikten. Nicht zuletzt ist es eine Welt unter dem Einfluss der griechischen Philosophie, wobei Paulus insbesondere mit stoischem Gedankengut konfrontiert gewesen ist.

Der Pharisäer Paulus ist so tief in der erzählten Geschichte des Judentums verwurzelt, dass auch sein eigenes Denken nach Wright eine »narrative structure« erhält.32 Die Erzählung der Geschichte des Judentums gründet im Alten Testament und nimmt ihren Anfang mit der Erwählung Abrahams.33 Dort, wo Paulus ausdrücklich oder implizit auf das Alte Testament anspielt, sei immer die ganze Geschichte Israels präsent. Dieser umfassende Blick auf die gesamte Geschichte Israels präge den Umgang des Paulus mit seiner Heiligen Schrift. Noch einmal notiert Wright eine wichtige hermeneutische Feststellung, wenn er meint, dass Paulus »in der Regel [beabsichtigt], nicht nur auf die tatsächlich zitierten Worte zu verweisen, sondern auf den gesamten Textabschnitt«.34 Es geht also stets um den Gesamtzusammenhang, der einen Blick auf den weiteren Kontext, eigentlich aber auf die gesamte Geschichte Gottes mit seinem Volk lenkt. Diese im Einzelfall durchaus plausible Behauptung öffnet der Exegese größere Texträume und damit viele Interpretationsmöglichkeiten, sie muss freilich in jedem Fall neu belegt werden.

Paulus vermittelt nach Wright ein durch seine Schriftlektüre geprägtes Bild von Geschichte. Er nehme Geschichte als eine Entwicklung wahr, »als eine fortlaufende Linie«.35 In diese linear verlaufende Geschichte greife Gott machtvoll ein. Paulus sehe den »umwälzenden Einbruch Gottes in die Geschichte Israels und der Welt in und durch Tod und Auferstehung Jesu, des Messias«.36 Auf diesen Moment habe »die gesamte Geschichte der Menschheit seit Adam gewartet«.37 Letztlich sei dieses Warten ein Ausdruck der Hoffnung auf die Erfüllung des Planes Gottes mit seinen Menschen und seiner Schöpfung, denn »Gott hatte die ganze Zeit nur einen Plan, durch den er die Welt und das Menschengeschlecht erretten wollte, und dieser Plan hatte seine Mitte in der Berufung Israels, einer Berufung, die in der Sicht des Paulus in Israels Repräsentanten, im Messias, zur vollen Verwirklichung kam«.38 Der eine Gott, die Ge­schichte Israels und der Messias mit seinem Volk bestimmen die Deutung der Schrift durch Paulus.39 Jede individuelle jüdische Frömmigkeit und Hoffnung habe ihren Ort in dieser Geschichte Gottes mit seinem Volk.40

Die Geschichte Gottes mit seinem Volk reiche aber weit über Israel hinaus. Der Plan Gottes ziele darauf, »die Welt in die rechte Ordnung zu bringen«, und »dies durch Israel zu tun«.41 Damit ist der umfassende Horizont aufgezeigt, in dem nach Wright die Theologie des Paulus ihren Ort hat, und dieser Horizont sei weiter gefasst als die individuelle Frage nach der eigenen Sünde, nach der Rettung des Einzelnen und nach der persönlichen Spiritualität. Diese Erweiterung des Fragehorizonts ist nach Wright die eigentlich bedeutsame Einsicht der sogenannten new perspective on Paul.42 So werde erst der Zugang zu den dem worldview des Paulus zugrundeliegenden Erzählungen (stories) ermöglicht. Dabei sei die Einsicht in den narrativen Charakter der Theologie des Paulus für ihr Verständnis wesentlich. Den aus dem Judentum seiner Zeit ge­schöpften Erzählungen verdanke der worldview des Paulus seine eigene implicit story, die nicht an der Oberfläche der Texte sichtbar sein müsse.43 Die zugrundeliegende und erzählte Geschichte ma­che die Theologie des Paulus zugänglich, nicht seine Propositionen und Argumente.44

Geschichte muss nach Wright differenziert betrachtet werden. Die umfassende Geschichte Gottes mit seiner Welt nennt er »The Outer Story: God and Creation« oder auch »›cosmic‹ story«.45 Diese setze Paulus immer voraus. Mit seiner Schöpfung habe Gott einen Zweck gesetzt, mit dem er den Menschen beauftragt habe. Allerdings missbrauchte der Mensch das Vertrauen Gottes und lehnte sich gegen Gott auf.46 So werde das Ziel der Schöpfung in Frage gestellt. Die jüdische Tradition begegne diesem Problem damit, dass sie von zwei Epochen der Geschichte rede. In der gegenwärtigen Zeit (ha ῾olam ha-zeh) seien das Böse und der Tod zügellos präsent, im kommenden Zeitalter (ha ῾olam ha-ba) würden diese vernichtet, Gerechtigkeit und Frieden würden aufgerichtet, und dies alles geschehe »in some sense, within the created order«.47 Paulus mo­difiziere diese Vorstellung und behaupte, dass das kommende Zeitalter bereits eröffnet, wenn auch noch nicht vollendet sei. Er rede in diesem Zusammenhang von einer »neuen Schöpfung«.48 Der Tod als Feind, der die gute und von Gott gegebene Schöpfung bedroht, werde besiegt. Für die Bedrohung des Zieles Gottes für seine Schöpfung sei nicht einfach menschliches Fehlverhalten verantwortlich, Paulus gehe vielmehr von »the presence of non-human evil forces« aus.49 Die Wende in der Geschichte Gottes mit seiner Schöpfung komme durch Jesus, den Messias, der von den Toten auferweckt worden ist. Dieser Sieg sei bereits geschehen, und er werde zukünftig für die gesamte Schöpfung Wirklichkeit. Gott erreiche das Ziel mit seiner Schöpfung trotz der Bedrohung durch das Böse, und Gott werde letztlich »alles in allem« sein.50 Darin zeige sich: »The creator has shown himself faithful to the creation«.51

Wenn Gott »alles in allem« sein wird, dann äußert sich darin seine souveräne Herrschaft über die Welt.52 Diese äußere Geschichte Gottes mit seiner gesamten Schöpfung »is a story of judgement«, wobei Wright die Vorstellung vom Gericht positiv auffassen möchte: »It is what restores health to a society, a balance to the world. It replaces chaos with order.«53 Diese auf ein zurechtbringendes Gericht zulaufende Geschichte sei Ausdruck und Teil eines »creational monotheism« der jüdischen Welt des Zweiten Tempels.54 Paulus entwerfe seine Weltsicht innerhalb dieses »creational mo­notheism«, freilich führe er »dramatic new variations« ein.55 Auch wenn Paulus die outer story nur selten ausdrücklich erwähne, müssten doch alle anderen von ihm erzählten stories mit der umfassenden Geschichte in Beziehung gesetzt werden. Die von Paulus erzählten Geschichten seien in der Relation zur Geschichte Gottes mit seiner Schöpfung »sub-plots«.56 Drei solche sub-plots erkennt Wright bei Paulus. Als ersten sub-plot benennt Wright die Geschichte der menschlichen Geschöpfe, durch die der Schöpfer Ordnung in seine Welt bringen möchte. Die Menschen verfehlen dieses Ziel, weshalb Paulus einen zweiten sub-plot voraussetze, nämlich die Geschichte Israels als des Volkes, das berufen sei, das Licht der Welt zu sein. In dieser Teilgeschichte habe das Gesetz des Mose seinen Ort. Aber auch Israel verfehle das Ziel, weshalb ein dritter sub-plot erforderlich sei, »which is the story of Jesus, Israel’s crucified and risen Messiah«.57 Jesus, der Messias, löse den in den anderen sub-plots durch das Böse und die Menschen hervorgerufenen Schaden, und er verschaffe auch schon in der Gegenwart einen Ausblick darauf, wie der Schöpfer mit seiner Schöpfung zu seinem heilvollen Ziel komme.

Die drei hier aufgerufenen sub-plots der Geschichte können nicht voneinander isoliert betrachtet werden. Die Einbindung der Theologie des Paulus in die Geschichte Israels bleibt bei allen Modifikationen dieser Erzählung wesentlich. Nur im Zusammenhang mit der Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel erhalte die Theologie des Paulus Kohärenz und Gewicht.58 Der Blick etwa auf Abraham in Röm 4 sei nicht bloß auf ein Beispiel des Glaubens gerichtet, vielmehr spiele Paulus auf diese Weise die gesamte Geschichte Israels in seine eigene erzählte Theologie ein.59 Denn die Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel finde letztlich in Jesus, dem Messias Israels, ihre Erfüllung. Gott werde sein Ziel mit seiner Schöpfung erreichen und werde die Welt durch eine gehorsame Menschheit regieren. Er werde die Menschheit durch Israel retten, denn das sei der Zweck der Berufung Abrahams gewesen. Und all dies werde Gott durch »the faithful Israelite, the Messiah« bewirken.60

III Die Theologie des Paulus und Jesus als der Messias des Volkes Gottes


Mit Jesus, dem Messias des Volkes Gottes, erfüllt sich nach Wright die Verheißung Gottes gegenüber Abraham (Gen 15).61 Was Israel selbst nicht leiste, vollbringe der Sohn Gottes. Genau das habe Gott nach Röm 9–11 immer schon im Sinn gehabt. Die Geschichte Israels komme, wie im Judentum des Zweiten Tempels erwartet, mit dem Messias zu ihrer Erfüllung. Die Verwerfung des Messias durch Israel führe freilich zur Verwerfung Israels durch Gott. Das habe als Konsequenz: »Salvation has come to the gentiles.«62 Paulus erzähle mit der Geschichte des Messias Israels die Geschichte Israels als eine paradoxe Geschichte zu Ende. Nur als Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel werde der Plan Gottes für die ganze Welt erfüllt.

In dieses von Wright konstruierte Geschichtsbild zeichnet er seine Interpretation der Theologie des Paulus ein. Es können nur wenige wesentliche Aspekte angedeutet werden, die ihrerseits Einsichten aufnehmen und nach Wright bestätigen, die er bereits als grundlegend beschrieben hat.63 Es sind genauer drei Themenbereiche, in denen von Paulus entscheidende Weichenstellungen vorgenommen werden. Es ist die Neufassung des Gottesverständnisses, die Beschreibung des Volkes Gottes und die Erwartung von Gottes Zukunft für die Welt.64

1. Mit seinem Gottesverständnis bewegt sich Paulus nach Wright innerhalb des ihm vertrauten jüdischen Monotheismus. Diesen modifiziere Paulus mit seiner Rede von Jesus, dem Messias, und mit seiner Rede vom Geist.65 Einen besonderen Ausdruck finde dieser jüdische Monotheismus im Triumphlied in Röm 8,31–39 mit dem in V. 36 notierten Zitat aus Ps 43,23 LXX. Der Psalm sei ein klassisches monotheistisches Gebet, auf das Paulus insgesamt anspiele.66 Nur werde, anders als in Ps 43,23.26 LXX, nicht Gott um Hilfe für das Volk angerufen, vielmehr feiere Paulus, »that Jesus has already died and been raised, and on that basis it claims with confidence that the victory is already won«.67 Diese Zuversicht spreche das Volk des erneuerten Monotheismus und des erneuerten Shema aus. Paulus spreche von der ursprünglichen Schöpfung und von der neuen Schöpfung, in denen jeweils der eine Gott am Werk sei und dessen Abbild der Messias sei.68 Wie im jüdischen Monotheismus sei auch für Paulus Gott zudem der Richter. Zu diesem einen Gott gehöre das eine Volk, die Familie Abrahams, die Erben der Verheißungen.69

Die entscheidende Neuorientierung des jüdischen Monotheismus bei Paulus ist nach Wright in Gal 4,4 in der Bezeichnung Jesu als des Sohnes Gottes ablesbar. Gegenüber der jüdischen Tradition bekomme der Ausdruck »Sohn Gottes« die neue Bedeutung »the divine incarnate one«.70 Der ganze Abschnitt Gal 4,1–11 mache deutlich, dass Paulus mit diesem Sohn Gottes den Messias Israels meine und zugleich den Repräsentanten des Volkes des neuen Exo­dus.71 Eine Neuerzählung der Exodusgeschichte, bezogen auf die Christen, erkennt Wright an verschiedenen Stellen der Paulusbriefe, etwa in Röm 6–8.72 In Röm 8,1–4 findet Wright die Motive des Exodus, der Erlösung, der Weisheit und des Königtums, also wiederum Merkmale des jüdischen Monotheismus, die allesamt neu interpretiert würden durch »the fresh revelation of the death and ressurection of the Messiah«.73 Besonders deutlich werde diese Reinterpretation des jüdischen Monotheismus in 1Kor 8,6 mit der Aufnahme des für die jüdische Frömmigkeit zentralen Shema Israel aus Dtn 6,4 f.74 Dies sei eine bereits manifestierte »theological revolution«.75 Der eine Gott des Shema wird unterschieden in Gott, den Vater, und in Gott, den Herrn, nämlich Jesus, den Messias. Damit sei kein zweiter Gott etabliert. Vielmehr bewahre Paulus den Monotheismus, denn von Jesus gelte: »He is the one in whom the identity of Israel’s god is revealed, so that one cannot now speak of this God without thinking of Jesus, or of Jesus without thinking of the one God, the creator, Israel’s God.«76 Diese Wahrnehmung bestimme das konkrete Leben der Gemeinde. Es sei der gekreuzigte Messias, der im Zentrum des Gebetes der christlichen Gemeinde als einer »united and holy family« steht: »Israel’s God has returned in the person of Jesus«.77 Die Gemeinde orientiere sich an der Herrschaft Gottes und den von Gott gesetzten Regeln.78

Das Gottesverständnis des Paulus mit den Elementen, dass der Messias das Bild Gottes und der Herr der Welt sei, dass durch ihn die neue Schöpfung Wirklichkeit werde und dass wir in seinem Angesicht in unserem Herzen das Licht der Erkenntnis von Gottes Herrlichkeit erkennen, sieht Wright als Weisheits-, Tempel- und Herrlichkeitschristologie in Kol 1 aufgenommen. »It is […] classic second-Temple monotheism, redesigned around Jesus.«79 Das Mo­tiv der »Herrlichkeit Gottes auf dem Angesicht Jesu, des Messias,« sieht er »in the context of a long discussion of Exodus 33–4«, und das könne nur bedeuten: »The God who abandoned Israel at the exile, because of idolatry and sin, but who promised to return one day, as he had done in Exodus after the threat of withdrawing his ›pres-ence‹, has returned at last in and as Jesus the Messiah.«80 Auch die in Phil 2,6–11 von Paulus beschriebene Gottesvorstellung sei eine »reaffirmation of second-Temple eschatological monotheism«.81 Mit V. 10 erinnert Paulus an Jes 45,23b. Das gesamte Kapitel Jes 45 sei einer der bedeutendsten Texte der gesamten Schrift Israels mit einem monotheistischen Bekenntnis. Mit dem Hymnus trage Paulus die Menschwerdung Jesu, der von Ewigkeit her Gott gleich war, in den Monotheismus des Zweiten Tempels ein. Das ist natürlich ein ungeheurer Vorgang, der aber in der frühen Christenheit be­reits Allgemeingut gewesen sei.82 In Jesus erfülle sich für Paulus der von der Exodus-Erzählung ausgehende Glaube an den einen Gott und wer dieser sein werde. Das sei ein Ausdruck des eschatologischen Monotheismus.

Es stellt sich die Frage nach der Basis dieser Reinterpretation des frühjüdischen Monotheismus. Hier spielt Wright die Auferstehung und die Inthronisation des Messias ein.83 Es sei nicht einfach die Vorstellung von der Auferstehung relevant, die auch von den Märtyrern der Makkabäer erwartet werden konnte, wodurch diese aber nicht zu Messiassen würden. Für die ersten Christen bedeute die Auferstehung eine Revision des Urteils über Jesus als Messias-prätendenten, sie sei eine Bestätigung von Gott her, dass Jesus wirklich der Messias sei. Im Anschluss an 2Sam 7,12–14 und Ps 2,7 und in Erinnerung an Jesu Rede von Gott als Vater und seiner Anrede Gottes mit »Abba« sei es für seine ersten Jünger naheliegend gewesen, den Messias als »Sohn Gottes« wahrzunehmen. Jesus werde durch seine Auferstehung von den Toten als »Sohn Gottes« ausgezeichnet und deklariert.84 Die Verbindung der in Röm 1,3 f. vorgegebenen Motive der Auferstehung Jesu und des Geistes sei fundiert in der Schrift und formiere zugleich die Rede vom Messias neu.85

Für die Wahrnehmung Jesu als Messias durch Paulus ist die Bezeichnung Jesu als Kyrios bedeutsam, insbesondere im Kontext von Zitaten aus der Schrift. Auf dem Höhepunkt der Argumentation des Paulus und seiner Erzählung der Geschichte Israels von Abraham bis zum Messias (Röm 9,6–10,4) rede er paradox davon, dass in Christus Gottes Zweck und Verheißung zum Ziel komme (Röm 10,4). Dies formuliere er im Anschluss an die bereits in Dtn 30 angezeigte Bundeserneuerung, an der Anteil bekomme, wer Jesus als Kyrios bekenne und glaube, dass Gott ihn von den Toten er­weckt habe. So werde der Christus mit dem κύριος der Septuaginta identifiziert.86 Die in Dtn 30 beschriebene Verwandlung des Herzens verbinde Paulus mit der Aussage bei Joel, dass Gott seinen Geist ausgießen werde. Beide Texte hätten einen eschatologischen Moment im Blick. In Dtn 30 sei die endgültige Rückkehr aus dem Exil gemeint, in Joel 3,4 werde auf den großen und schrecklichen Tag des Herrn angespielt. Auch dies sei ein Ausdruck des erneuerten jüdischen Monotheismus, insbesondere in seiner eschatologischen Form und in ausdrücklich messianischen Kontexten.87 In der Person des Messias trete Jahwe auf. Damit ist »the climax of the story of Israel« erreicht.88 So könne Paulus in Röm 9,5 Jesus, den Messias, als »Gott« bezeichnen.89

Zu dem von Paulus modifizierten jüdischen Monotheismus gehört die Vorstellung vom Geist wesentlich hinzu: »God who sent the son also sends ›the spirit of the son‹.«90 Wie im Sohn manifes-tiere sich in diesem Geist die persönliche Gegenwart des einen Gottes.91 Er sei die »New Shekinah«, mit der Jahwes Rückkehr zum Zion verbunden sei.92 Der Geist komme, um in dem »neuen Tempel« zu wohnen, »which is the people of God in the Messiah«.93 Auch die Aussagen über den Geist gehörten zum grundlegenden Exo­dus-Narrativ in der Theologie des Paulus.94 Die Christologie der göttlichen Identität und die entsprechende Pneumatologie sprechen beide in der Perspektive jüdischer Eschatologie von der Rückkehr Jahwes.95

In knapper Auswahl sind noch weitere Merkmale des nach Wright von Paulus vertretenen Monotheismus zu nennen. Ein integrales Element dieser Gottesvorstellung sei die eine vereinigte Familie (Eph 4,4–6).96 Als diese Einheit zeigten die Nachfolger des Messias, dass sie die neue Menschheit und das wahre Volk des einen Gottes Israels seien.97 Weiter gehöre zu dieser Gottesvorstellung, dass Gott durch Jesus und den Geist seine Königsherrschaft in einer neuen und unerwarteten Weise aufgerichtet habe (1Kor 15,2–28).98 Der gekreuzigte Messias bringe das Schicksal Israels zu seinem Ziel, er besiege den alten Feind und schaffe den neuen Exodus. Damit sieht Wright die Frage nach dem erwarteten Heil exponiert: »what did he think people needed to be saved from99 Die Antwort findet Wright mit einem Blick auf den gekreuzigten Messias, der zeige, dass Paulus als das Heil die Errettung von der Sünde erwarte, die die ganze Menschheit, einschließlich Israels, infiziert habe.100 Wichtig bleibe dabei, dass die Vorstellung von Sünde nicht individuell eingeschränkt werde, sondern auf die gesamte Schöpfung zu beziehen sei. Das entspricht der von Wright angenommenen umfassenden Weltsicht des Paulus.

2. Im von Wright rekonstruierten Gottesverständnis des Paulus sind die weiteren Elemente seiner Theologie angelegt. Für Wright ist die neue Wahrnehmung des Volkes Gottes bei Paulus ein Thema, das auch hier wie in allen Bereichen seiner Theologie eine bedeutende Rolle spielt. Nur wenige Aspekte können hier noch erwähnt werden.

Am Anfang steht die Schöpfung. Adam wurde von Gott gesegnet und mit dem Auftrag ausgestattet, sich zu vermehren, die Erde zu füllen und sich untertan zu machen (Gen 2,28). Mit Adam aber kam die Sünde in die Welt, wodurch das mit dem Auftrag an Adam formulierte Ziel Gottes mit seiner Schöpfung gefährdet wurde. Das sei der Grund für die Berufung Abrahams und die Erwählung Israels, »to undo the sin of Adam and its effects«.101 Die Erwählung Israels diene dazu, dass Gott seinen Plan mit der Schöpfung doch noch erfülle. Dies geschehe letztlich durch den Messias und den Geist. Das ist das Geschehen im Überblick. – Die Erwählung Israels nehme ihren Anfang in den Bundesverheißungen Gottes gegenüber Abraham (Gen 12,2 f.; 17,2.6.8; 22,16–18). Der Auftrag an Adam, sich zu vermehren, wird gegenüber Abraham in Verheißungen verwandelt, die durch den Bund Gottes mit Abraham bestätigt wurden (Gen 15).102 Der Zweck dieses Bundes sei, dass durch Israel die Welt gerettet würde.103 Auch wenn Israel selbst in Sünde verfalle und von sich aus den Plan Gottes gefährde, stehe Gott in Treue zu seinem Bund und bringe seinen Plan zur Erfüllung. Die Erwählung Gottes und sein Plan erfüllten sich in Jesus, dem Messias Israels. Die Treue Gottes zu diesem Bund erweise sich etwa im Anschluss an Röm 3 f. als Ausdruck seiner Gerechtigkeit.104 Der Ausdruck »Bund« sei eine Kurzformel für die »paulinische Erlösungslehre«.105 Zu diesem Bund gehöre wesentlich das Gesetz, die Tora, hinzu: »Die Tora selbst war die Charta des Bundes, die Israel von allen anderen Nationen abhob.«106 Die Erfüllung der Tora, der Gehorsam wäre die angemessene »Antwort auf Gottes rettende Gnade«.107 In den Werken des Gesetzes würde sich das Leben der Menschen innerhalb des Bundes konkretisieren. Rechtfertigen könne das Gesetz freilich nicht (Gal 2,16), es könne auch nicht umfassend eingehalten werden.108 Das Gesetz führe den »Nachweis, dass Juden ebenso wie der Rest der Menschen sündig waren« (Röm 3,20).109

Hier schließt sich die Frage nach der δικαιοσύνη, der Gerechtigkeit, an, von der schon mit Blick auf Gott die Rede war. Gerechtigkeit bedeute keine moralische Qualität, sondern einen Status, nämlich die »Mitgliedschaft in Gottes wahrer Familie«.110 Rechtfertigung meine »das Urteil Gottes […], wer wirklich ein Mitglied seines Volkes ist«.111 Dieses Urteil habe seinen Grund in der Treue des Messias bis in den Tod, und das bedeute unsere Befreiung von dem bösen Zeitalter (Gal 1,4).112 Diejenigen, über die Gott dieses Urteil spricht, bilden die Familie Gottes, sie sind im Messias (Gal 2,17), sie sind mit ihm auferstanden, und sie glauben an ihn (Gal 2,16–20).113 Die glaubenden Menschen werden in das Israel der Verheißung eingegliedert, wodurch Israel neu bestimmt werde.114 Die an Christus Glaubenden, Juden und Heiden, gehören zur Familie Abrahams.115 Sie sind ἐν Χριστῷ, »im Messias«.116 Die »alten ethnischen Bande« zählen nicht mehr, hier sei auch kein Raum für den »romantischen oder existentialistischen Individualismus« der Old Perspective, »[d]enn ihr seid alle eins im Messias Jesus117 Und »weil die Kirche der Leib Christi in der Welt und für die Welt ist«,118 folgen die Christen in ihrem Handeln neuen Maßstäben. Das Leben dieser Menschen werde durch den Geist geleitet, der die guten Früchte hervorbringe (Gal 5,22 f.), durch den Geist würden die Glaubenden »wahrhaft frei« und so handeln, dass sie Gottes Ebenbild widerspiegelten.119

3. Der Geschichtsentwurf und die Weltsicht des Paulus erschöpfen sich nach Wright nicht in der gelebten Gegenwart, der futurisch-eschatologische Ausblick bleibt wesentlich. Die Glaubenden erwarten die Erfüllung der Gerechtigkeit πνεύματι, »im Geist« (Gal 5,5).120 Der Plan Gottes sei noch nicht erfüllt, der Christ lebe in einer »Zwischenzeit«, er sei »nicht durch ethnische Zugehörigkeit definiert«, sondern eben »durch den Glauben, der durch die Liebe wirksam ist«.121 Der eschatologische Ausblick ist wieder mit der Person des Messias verbunden, denn Jesus, der Messias ist auch der Richter am »Tag des Herrn« (Phil 2,16).122 Vor ihm werden sich aller Knie beugen. Gott, der Schöpfer, bringe »durch Jesus den Messias die Welt in die rechte Ordnung«.123 Jesus als der Richter werde das Urteil nach den von den Glaubenden in der Gegenwart geistgewirkten Werken sprechen. Das rechtfertigende Urteil des Richters wäre dann der endgültige Zuspruch der Zugehörigkeit zum Volk Gottes.

IV Schlussbemerkung


Wright hat in seinen vielen Publikationen zu Paulus eine beeindruckend geschlossene Interpretation vorgelegt, die in ihren hermeneutischen, exegetischen und theologischen Entscheidungen ausführlich diskutiert werden sollte. Das muss an anderen Orten geleistet werden. Eine Stärke ist seine Verortung des Denkens des Paulus in einem umfassenden hermeneutischen Konzept. Seine Rekonstruktion der Theologie des Paulus ist eingebunden in eine Wahrnehmung von Wirklichkeit und Geschichte, der er alles un­terordnet, seine Konstruktionen bestimmen seine Lektüre. Das von ihm unterstellte Schriftverständnis beachtet zu wenig den historischen Ort der einzelnen Schriften und die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Geschichtsauffassungen und theologischen Ak­zente.

Immerhin plädiert Wright dafür, die einfachen, aber kaum weiterführenden Gegensätze zwischen Old und New Perspective zu überwinden, auch wenn er sie selbst zur Frage nach der Rechtfertigung intensiv pflegt. Die anthropologischen Aspekte innerhalb der Theologie des Paulus müssten klarer wahrgenommen und in ein Verhältnis zu den ekklesiologischen und eschatologischen Aussagen gesetzt werden. Texte wie Gal 2,16–21, Röm 4 und Röm 9–11 wären kritisch zu diskutieren. Die Rolle Abrahams und Israels ist bei Paulus keineswegs so eindeutig, wie Wright dies behauptet. Dennoch betont er mit Recht Themen der Ekklesiologie und der Ethik, der Pneumatologie und der Theologie als Elemente des von Paulus neu gefassten Monotheismus. Und wichtig bleibt Wrights Hinweis auf die Bedeutung der Schöpfung und der Eschatologie im Spannungsfeld von Gericht und Vollendung.

Abstract


N. T. Wright unfolds a fresh and comprehensive interpretation of the theology of Paul. He locates this theology in the broader worldview and the closer mindset of Paul’s thoughts. Paul is perceived by Wright as a deeply Jewish theologian, who lived and argued in the World of the Roman Empire. The starting point of Paul’s theology according to Wright is God’s plan to rescue the whole created world and all mankind. This plan will be realized through Jesus, the re­presentative of Israel, who brings salvation not only to Israel but also to the gentiles. The story narrated by Paul includes a reinterpretation of the Jewish understanding of God. In an eschatological perspective all who believe in Christ, Jews and gentiles, will be unit-ed as one people in Jesus, the faithful Messiah.

Fussnoten:

1) Das 1658 Seiten umfassende Hauptwerk zu Paulus ist Wright, N. T.: Paul and the Faithfulness of God. 2 Vols. Minneapolis: Augsburg Fortress Press 2013. 1696 S. = Christian Origins and the Question of God, 4. Kart. US$ 89,00. ISBN 978-0-80062683-9. Als weitere wichtige Bücher Wrights zu Paulus seien genannt: Justification. God’s Plan and Paul’s Vision, London 2009 (deutsche Übersetzung: Rechtfertigung. Gottes Plan und die Sicht des Paulus. Übersetzt von Rainer Behrens. Redaktionell bearbeitet und hrsg. von Barbara Hallensleben und Simon Dürr, Münster 2015); Paul. In Fresh Perspective, Minneapolis 2005.
2) Exemplarisch sei genannt: Heilig, Christoph, Hewitt, J. Thomas, and Michael F. Bird [Eds.]: God and the Faithfulness of Paul. A Critical Examination of the Pauline Theology of N. T. Wright. Tübingen: Mohr Siebeck 2016. VIII, 833 S. = Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament. 2. Reihe, 413. Kart. EUR 129,00. ISBN 978-3-16-153851-3. In diesem Band sind Reaktionen auf Wrights Hauptwerk von 29 Autorinnen und Autoren sowie eine Antwort Wrights (N. T. Wright, The Challenge of Dialogue. A Partial and Preliminary Response, a. a. O., 711–768) versammelt. Weitere sieben Kritiken von Wrights Paulusinterpretation mit einer Replik von ihm finden sich im Journal for the Study of Paul and his Letters, 4/1 (2014). Als Beispiel einer deutlichen Kritik sei genannt: John M. G. Barclay, Paul and the Faithfulness of God, SJTh 68 (2015), 235–243. – Wright kommentiert seinerseits wichtige Paulusinterpretationen der Gegenwart: Wright, N. T.: Paul and His Recent Interpreters. Some Contemporary De-bates. Minneapolis: Augsburg Fortress Press 2015. 404 S. Geb. US$ 39,00. ISBN 978-0-80069964-2.
3) Aus der großen Menge der Publikationen Wrights zum Neuen Testament sei hier nur genannt: Wright, N. T.: The New Testament and the People of God. Minneapolis: Augsburg Fortress Press 1992. 510 S. = Christian Origins and the Question of God, 1. Kart. US$ 45,00. ISBN 978-0-80062681-5. Deutsche Übersetzung: Ders., Das Neue Testament und das Volk Gottes. Ursprünge des Chris-tentums und die Frage nach Gott, Bd. 1. Hrsg. von Thomas Weißenborn, Tobias Faix, übersetzt von Reiner Behrens, Marburg 2011.
4) Mit der folgenden Annäherung an die Paulusinterpretation Wrights kann nur eine kleine Auswahl der von ihm bearbeiteten Themen erwähnt und gar nicht ausführlich diskutiert werden. Einige seiner hermeneutischen und theologischen Grundentscheidungen sollen vorgestellt werden, um mit ihm in ein Gespräch eintreten zu können, das hier allenfalls angedeutet werden kann.
5) Vgl. Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 23. Die Kategorien Weltanschauung und Denkweise des Paulus bestimmen den chiastischen Aufbau von Wright, Faithfulness: Part I: Paul’s World, Part II: Paul’s Mindset, Part III: Paul’s Theology, Part IV: Paul in His World (a. a. O., XV). Weitere hermeneutische Hinweise finden sich in: Ders., Volk Gottes (s. Anm. 3), 57–192 (Teil II: Das nötige Handwerkszeug) sowie in: Ders., Rechtfertigung (s. Anm. 1), 26–40 (Teil I: Einführung, Kapitel 2: Verhaltensregeln).
6) »I use ›mindset‹ as the personal version of the corporate ›worldview‹, suggesting that there may be local and individual variations within a parent worldview« (Wright, Faithfulness [s. Anm. 1], 34).
7) Zur begrifflichen Bestimmung einer solchen komplexen Kontextualität auch der neutestamentlichen Texte vgl. Christof Landmesser, Wahrheit als Grundbegriff neutestamentlicher Wissenschaft (WUNT 113), Tübingen 1999, 9–107, und mit besonderem Blick auf die neutestamentlichen Texte: 427–503.
8) Wright möchte mit seiner Vorstellung von »Weltanschauung« u. a. anschließen an Clifford Geertz, The Interpretation of Cultures. Selected Essays. With a foreword by Robert Darnton, 3. edition, New York 2017 (11973) und dort insbesondere an dessen Motiv der thick description (Chapter I: Thick Description. Toward a Interpretive Theory of Culture [a. a. O., 3–33]), vgl. dazu auch ders., Dichte Beschreibung. Beiträge zum Vergleich kultureller Systeme. Übersetzung von Brigitte Luchesi und Rolf Bindemann (stw 696), Sonderausgabe zum 30jährigen Bestehen der Reihe stw, Frankfurt a. M. 2003 (11987).
9) Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 25.
10) Vgl. Wright, Volk Gottes (s. Anm. 3), 58–64.
11) Wright, Volk Gottes (s. Anm. 3), 73; vgl. ders., Faithfulness (s. Anm. 1), 51: »›critical realism‹: a self-critical epistemology which, in rejecting the naive realism which simply imagines that we are looking at the material with a God’s-eye view, rejects also the narcissistic reductionism of imagining that all apparent perception is in fact a projection, that everything is really going on inside our own heads«.
12) A. a. O., 30.
13) Ebd.
14) Ebd.
15) Ebd.
16) Ebd. – Diese »implizite Theologie« will Wright unterschieden wissen von einer in der »westlichen Tradition« behaupteten Theologie als »system of interlocking ideas and beliefs« (ebd.). Solche Abgrenzungen seiner eigenen Sicht gegenüber pauschal benannten und zumindest vermeintlich gegnerischen Positionen durchziehen – und belasten zuweilen – das gesamte Werk Wrights.
17) A. a. O., 27.
18) Diesen Hintergründen widmet sich Wright in Teil I seines Hauptwerkes unter dem Titel »Paul and His World« (a. a. O., 3–347). Nachdem er in Teil II »The Mindset of the Apostle« (a. a. O., 349–570) und in Teil III »Paul’s Theology« entfaltet hat (a. a. O., 607–1266), bezieht er mindset und theology des Paulus im letzten Teil IV unter der Überschrift »Paul in History« auf die Vorstellungen in seiner Umwelt zurück (1267–1519). – Die Komplexität ist insofern freilich noch höher, als Judentum, paganer Hellenismus und antike Philosophie allenfalls den Hintergrund für viele individuelle worldviews bilden. Diese Einsicht sollte davor bewahren, von dem frühen Judentum, von dem paganen Hellenismus und von der antiken Philosophie zu reden. Diese Vorsicht muss aber auch für eine pauschalisierende Rede etwa von den Reformatoren oder ähnlichen Sammelgrößen gelten, die Wright immer wieder benennt und angreift.
19) A. a. O., 31.
20) A. a. O., 43.
21) A. a. O., 46.
22) Ebd. (im Original hervorgehoben).
23) Vgl. a. a. O., 33.
24) Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 48 f. Den Zusammenhang zwischen Weltsicht (worldview), besonderer Denkweise (mindset), Theologie, Geschichte und Anwendung versucht Wright mit mehreren Graphiken darzustellen (a. a. O., 63–68). Es folgt die erwähnte Skizze von »Theology, History and Reconciliation« am Beispiel des Philemonbriefes (a. a. O., 68–74). Hier hat der Ausdruck »Bedeutung« einen deutlich pragmatischen Sinn. An anderem Ort reflektiert Wright, was »Bedeutung« mit Blick auf ein Wort, einen Satz oder eine Story meint (ders., Volk Gottes [s. Anm. 3], 157–161).
25) »Das Ziel ist die Predigt oder die gemeinsame geistliche Lesung oder das an eine Synode oder eine andere offizielle kirchliche Versammlung gerichtete Schriftwort oder gar das Leben, das die Liebe Gottes bezeugt – auf all diesen Wegen wird die Kirche erbaut und empfängt ihren Antrieb für die Mission« (Wright, Rechtfertigung [s. Anm. 1], 26 f.; vgl. auch ders., Faithfulness [s. Anm. 1], 1484).
26) Wright, Rechtfertigung (s. Anm. 1), 37.
27) A. a. O., 162 f. Vgl. auch ders., Faithfulness (s. Anm. 1), 1133.
28) John M. G. Barclay spricht von einem »lack of hermeneutical self-reflection« (Barclay, Faithfulness [s. Anm. 2], 243). – Der Vorgang der Interpretation ist auch deshalb zu beachten, weil er bereits in den neutestamentlichen Texten selbst zu beobachten ist (vgl. Christof Landmesser, Geschichte als Interpretation. Momente der Konstruktion im Neuen Testament, in: Andreas Klein, Ulrich H. J. Körtner [Hrsg.], Die Wirklichkeit als Interpretationskonstrukt? Herausforderungen konstruktivistischer Ansätze für die Theologie, Neukirchen-Vluyn 2011, 147–164).
29) Wright, Rechtfertigung (s. Anm. 1), 38.
30) A. a. O., 27.142.
31) A. a. O., 229.
32) Vgl. Wright, Fresh Perspective (s. Anm. 1), 11; ders., Faithfulness (s. Anm. 1), 114; ders., Volk Gottes (s. Anm. 3), 513–520.
33) Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 117–121.
34) Wright, Rechtfertigung (s. Anm. 1), 22.
35) A. a. O., 23.
36) Ebd.
37) Ebd.
38) A. a. O., 23 f.
39) Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 1453.
40) A. a. O., 196.
41) Wright, Rechtfertigung (s. Anm. 1), 51.
42) Vgl. Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 460.
43) A. a. O., 463.
44) Wright wendet sich etwa gegen J. Christiaan Beker, Paul the Apostle. The Triumph of God in Life and Thought, Philadelphia 1980, 353: »Paul is not a storyteller […] Paul is a man of proposition, the argument, and the dialogue, not a man of the parable or story«. Er kritisiert auch Francis Watson, Is There a Story in These Texts?, in: Bruce W. Longenecker (ed.), Narrative Dynamics in Paul. A Critical Assessment, Louisville/London 2002, 231–239: »Paul is simply not a storyteller« (a. a. O., 232). Wright notiert freilich auch, dass Watson von einer »ambivalence« spricht, insofern in der Theologie des Paulus eine »narrative substructure« zu beobachten sei (ebd.). Diese erschöpfe sich nach Watson allerdings in einer einzelnen Rettungshandlung Gottes, weshalb die linear verlaufende Geschichte Gottes mit seinem Volk und der Welt von Watson nicht erreicht werde. Positiv greift Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 467, die Einschätzung auf von Richard B. Hays, The Faith of Jesus Christ. An Investigation of the Narrative Substructure of Galatians 3:1–4:11, SBL.DS 56, Chico, California 2000 (1983), der von einer »Christ-story« im Zentrum der Theologie des Paulus redet (a. a. O., 41) und der im Anschluss an Schweitzer die Theologie des Paulus in ein »apocalyptic drama« einzeichnet (a. a. O., 45). Ebenso erinnert Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 467 f., zustimmend an Morna Hooker, »Heirs of Abraham«: The Gentiles’ Role in Israel’s Story. A Response to Bruce W. Longenecker, in: Longenecker (ed.), Narrative Dynamics, 85–96. Nach Hooker ist die Bedeutung von erzählter Geschichte für die große Mehrheit der biblischen Texte »self-evident« (a. a. O., 85).
45) Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 475 (kursiv C. L.).
46) A. a. O., 476.
47) A. a. O., 477.
48) Wright, ebd., verweist auf 2Kor 5,17 und Gal 6,15. – Wenn Paulus in diesen beiden Texten von einer καινὴ κτίσις redet, dann hat er freilich eher die einzelnen glaubenden Menschen im Blick, die durch das Christusgeschehen neu geschaffen werden. Dennoch bleibt festzuhalten, dass Wright zu Recht in Erinnerung ruft, dass es für Paulus im Heilshandeln Gottes immer auch um die ganze Schöpfung geht, weshalb er angemessen Röm 8,18–25 zitiert (a. a. O., 479).
49) A. a. O., 480.
50) A. a. O., 479.
51) A. a. O., 480.
52) A. a. O., 481.
53) Ebd.
54) A. a. O., 483.
55) A. a. O., 484.
56) A. a. O., 485.
57) Ebd.
58) A. a. O., 495.
59) Ebd. – Diese Einschätzung findet sich in vielen Texten Wrights (vgl. exemplarisch Wright, Rechtfertigung [s. Anm. 1], 106 f.).
60) Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 498.
61) »God is rescuing the human race, and thereby the whole creation, through his faithfulness to the original promise. God is rescuing the world through Abrahams’s seed.« (Ebd.) Diese und inhaltlich vergleichbare Feststellungen bilden die Basis von Wrights Wahrnehmung der Theologie des Paulus.
62) A. a. O., 500.
63) In seinen Arbeiten ist eine solche kreisende und immer wieder auf andere Passagen verweisende Argumentation ein Stilmittel.
64) Diese Themen behandelt Wright in den drei Kapiteln des dritten Teils (Paul’s Theology) (a. a. O., 607–1265).
65) A. a. O., 634.
66) A. a. O., 635.
67) Ebd.
68) A. a. O., 636.
69) A. a. O., 641 f.
70) A. a. O., 658.
71) Die Neufassung der Exoduserzählung bei Paulus fasst Wright zusammen: »Der Exodus Israels war ein Modell für den Tod und die Auferstehung Jesu, und beide weisen auf einen größeren Exodus voraus, der noch kommen wird, wenn der ganze Kosmos aus seinem Ägypten befreit wird, aus seinem gegenwärtigen Zustand der Sinnlosigkeit.« (Wright, Volk Gottes [s. Anm. 3], 516 f.)
72) Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 659.
73) A. a. O., 661.
74) Vgl. hierzu den Abschnitt zu 1Kor 8–10 in: A. a. O., 661–670.
75) A. a. O., 665. – Zur Interpretation von 1Kor 8,6 vgl. Christof Landmesser, Wie Gott handelt. Beobachtungen zur Gottesvorstellung in den Briefen des Paulus, in: Manfred Lang (Hrsg.), Paulus und Paulusbilder. Konstruktion – Reflexion – Transformation, ABG 31, Leipzig 2013, 121–152: 124–137.
76) Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 666.
77) A. a. O., 667.
78) A. a. O., 668.
79) A. a. O., 679. – Dass Wright das paulinische Gottesverständnis in Kol 1 wiederfindet, ist nicht verwunderlich, weil er dafür plädiert, die Einschätzung, Kol, Eph und 2Thess seien nicht von Paulus geschrieben worden, als »dogma-driven prejudices« zu bezeichnen, weil in ihnen, abgesehen von Eph 2,8, das Motiv der Rechtfertigung aus Glauben nicht gefunden werden könne (a. a. O., 57). Wright will zumindest den Kol als echten Paulusbrief lesen, »Ephesians and 2 Thessalonians are highly likely to be Pauline […], they were written by someone close to Paul« (a. a. O., 61).
80) A. a. O., 679.
81) A. a. O., 681.
82) A. a. O., 689.
83) A. a. O., 690–709.
84) A. a. O., 692.818; vgl. ders., The Letter to the Romans, NIB X (2002), 393–770: 416–419. Wright bezieht in Röm 1,4a die Präpositionalwendung ἐν δυνάμει auf das Partizip ὁρισθέντος. Als Aussage legt sich dann freilich nahe, dass Jesus erst mit der Auferstehung durch den Heiligen Geist zum Sohn Gottes erklärt worden wäre. Röm 1,3b spricht aber bereits vom Sohn Gottes in der Perspektive seiner menschlichen Herkunft und setzt damit voraus, dass er schon vor seiner Auferstehung Sohn Gottes gewesen sei. Das entspricht den Aussagen des Paulus in Gal 4,4 und in Phil 2,6–11. Die Stellung von ἐν δυνάμει in Röm 1,4b legt auch nahe, diese Wendung auf den Sohn Gottes zu beziehen (so auch Michael Wolter, Der Brief an die Römer. Teilband 1: Röm 1–8, EKK VI/1, Neukirchen-Vluyn/Ostfildern 2014, 90). Die Aussage ist, dass der Sohn Gottes mit seiner Auferstehung durch den Geist der Heiligkeit zum Sohn Gottes in Macht eingesetzt wurde. – Wright selbst will die Aussage in Röm 1,4a auch nur deklaratorisch verstehen: »the resurrection thus unveils what was there before, it does not confer or create a new status of identity for Jesus«. Er verweist ebenfalls auf Gal 4,4 und Phil 2,6–8 (Wright, Faithfulness [s. Anm. 1], 700 f.).
85) A. a. O., 692 f.
86) A. a. O., 703.
87) A. a. O., 703 f.
88) A. a. O., 705. – Auf diese Einsicht spielt der Titel des Bandes an, in dem sich Wright ausführlich mit der Frage nach dem Gesetz bei Paulus beschäftigt: N. T. Wright, The Climax of the Covenant. Christ and the Law in Pauline Theology, Minneapolis 1992.
89) Wright, Faithfulness (s. Anm. 1), 707; vgl. Tit 2,13.
90) A. a. O., 709.
91) A. a. O., 711.727.
92) A. a. O., 711. Wright sieht dies in 1Kor 3,16 f.; 6,18–20 und 2Kor 6,14–7,1 belegt.
93) A. a. O., 717. – Anders, als Wright es liest, wird in den drei genannten Texten als der Ort der Einwohnung des Geistes nicht primär das Volk Gottes als eine kollektive Größe genannt, vielmehr ist dieser Ort zuerst jeweils der glaubende Mensch (vgl. auch Röm 8,9–11). Kommen die Glaubenden insgesamt in den Blick, kann Paulus freilich auch in diesen Kontexten vom »Volk Gottes« reden, wie dies in 2Kor 6,16 mit der Aufnahme von Ez 37,23 deutlich wird. Die pauschale Überformung aller genannten Texte mit dem Motiv des Volkes Gottes verdankt sich der erwähnten Geschichtskonstruktion Wrights.
94) A. a. O., 727.
95) Ebd.
96) A. a. O., 727–733. Eph 4,4–6 repräsentiere entweder die Sichtweise des Paulus selbst oder sei zumindest in genauer Übereinstimmung mit seiner Weltanschauung und Theologie formuliert (a. a. O., 729).
97) A. a. O., 728.
98) A. a. O., 733–737.
99) A. a. O., 737.
100) A. a. O., 754.
101) A. a. O., 784.
102) A. a. O., 789 f.
103) A. a. O., 804–815.
104) Wright, Rechtfertigung (s. Anm. 1), 53 f. – In Röm 3,5 übersetzt Wright deshalb δικαιοσύνη θεοῦ mit »Bundestreue« (a. a. O., 54).
105) A. a. O., 86.
106) A. a. O., 59.
107) Ebd. (im Original kursiv).
108) A. a. O., 102.
109) A. a. O., 103.
110) A. a. O., 105.
111) Ebd. und a. a. O., 151.
112) Wright liest in Gal 2,16 πίστις Ἰησοῦ Χριστοῦ als »Treue Jesu Christi« (a. a. O., 101). Diese Übersetzung ist schon aufgrund des parallelen Satzes καὶ ἡμεῖς εἰς Χριστὸν Ἰησοῦν ἐπιστεύσαμεν nicht naheliegend.
113) A. a. O., 106.
114) Wichtig für Wright ist hier insbesondere Röm 9–11 (vgl. etwa Wright, Climax [s. Anm. 88], 231–257; ders., Romans [s. Anm. 84], 620–699; Wright, Faithfulness [s. Anm. 1], 1243 f.).
115) Wright, Romans (s. Anm. 84), 689.
116) Wright, Rechtfertigung (s. Anm. 1), 106.
117) A. a. O., 115.
118) A. a. O., 153; Wright verweist auf Eph 2,14–16.
119) A. a. O., 172. – Paulus spricht in Gal 5,22 ausdrücklich im Singular von der »Frucht des Geistes«, die er so von den »Werken des Fleisches« (Gal 5,19) absetzt. Über Konsequenzen aus dieser Beobachtung gibt Wright an dieser Stelle keine Auskunft.
120) A. a. O., 122.128.
121) A. a. O., 123.
122) A. a. O., 94.
123) Ebd.