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Ausgabe:

Mai/2018

Spalte:

423–438

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Uta Schmidt

Titel/Untertitel:

Narratologie und Altes Testament

Narratologie ist in den letzten drei Jahrzehnten Teil der Exegese
des Alten Testaments geworden.1 Dafür gibt es mehr als einen
Grund: Der »narrative turn« in den frühen 1990er Jahren, der sich
auch in der Theologie und der Exegese ausgewirkt hat; die Methodendiskussion,
die in der alttestamentlichen Wissenschaft seit den
1970er Jahren im Gange war; die interdisziplinäre Zusammenarbeit
mit Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften. Doch ein weiterer
Grund ist vermutlich, dass Narratologie als Theorie Stärken hat,
die sich in der Exegese als ertragreich erwiesen haben. Im Folgenden
stelle ich Narratologie mit ihren Stärken und deren Auswirkungen
auf die alttestamentlich-exegetische Landschaft exemplarisch
vor.

I Narratologie als Theorie narrativer Texte

1 Grundzüge der Narratologie

Narratologie ist die Theorie narrativer Texte und weiterer narrativer
Äußerungsformen,2 ihrer Struktur und Gesetzmäßigkeiten,
ihrer Funktionsweisen und der Bedingungen ihrer Wirkung. Narratologie
analysiert und beschreibt Textphänomene mit dem Ziel
der Klassifizierung und Systematisierung dieser Beobachtungen,
die wiederum eine Basis für das Verstehen und Deuten bieten.
Damit trägt sie zur Erforschung der Techniken und Strategien der
Konstitution von Sinn und Bedeutung in Texten bei. Aus der Narratologie
als Theorie ist deshalb auch eine Methode der Textanalyse
geworden.3 Der Begriff »Narratologie« hat sich in weiten Bereichen
inzwischen als allgemeine Bezeichnung durchgesetzt, auch
wenn die theoretische Beschäftigung mit Narrativität unterschiedliche
Namen hatte und hat.4
Den meisten narratologischen Ansätzen liegt die Unterscheidung
zwischen dem »Was?« und dem »Wie?« zugrunde. Was wird
erzählt und wie wird es erzählt? So wird der Durchzug durch das
Schilfmeer in Ex 14 ausführlicher, aber auch anders erzählt als in Jos
24,6 f., wo Jhwh selbst spricht, oder in Ps 77,20 f., wo es vor allem um
Gott und sein Handeln geht. Ein Blick in die Entwicklung der Narratologie
zeigt, dass einzelne Elemente dieser Unterscheidung von
»Was« und »Wie« in den jeweiligen Strömungen verschieden ge -
wichtet und ausgestaltet wurden. Maßgeblich waren dabei Vertreter
des russischen Formalismus und des französischen Strukturalismus.
Hier einige Beispiele: Im russischen Formalismus mit seiner Unterscheidung
von fabula und sujet legte Boris Tomaševskij den Schwerpunkt auf das
sujet als die ausgestaltenden, formenden Prinzipien und Kräfte (die Seite des
»Wie«), die das Material, die fabula, zur Erzählung machen. Vladimir Propp
erforschte die Grundstrukturen russischer Volksmärchen, um daraus Regeln
für deren Aufbau zu abstrahieren (eher der Seite des »Was« zuordnen)
[...]. Tzvetan Todorov, der die Kategorien Tomaševskijs in den französischen
Strukturalismus einbrachte, sprach vonhistoire (was der russischen fabula
entspricht, wenn auch nicht identisch mit ihr ist, eher das »Was« betreffend)
unddiscourse (womit er den Begriff sujet übertrug und modifizierte, der das
»Wie« erfasst).5
In dieser Phase galt das Interesse vor allem abstrahierbaren Strukturen
und Regelhaftigkeiten, die über die einzelne konkrete Erzählung
hinausgehen sollten.6 Gérard Genette gab der strukturalistischen
Narratologie entscheidende Impulse, indem er auf dieser
Tradition aufbauend die Analyse von der Abstraktion hin zum konkreten
literarischen Text veränderte und damit das Gewicht auf die
Elemente der narrativen Darstellung (recit ) legte.7
Doch daneben gab es immer schon andere Entwicklungen. Be -
deutend waren Käte Friedemann als Begründerin der klassischen
deutschen Erzähltheorie8 und etliche Jahrzehnte später die Germanistin
und Literaturwissenschaftlerin Käte Hamburger. Im
Zentrum steht hier die Erforschung des »Erzählens«, d. h. der verschiedenen
Arten der Vermittlung in einer Erzählung. Auch der
österreichische Anglist Franz K. Stanzel entwickelte seine Theorie
der Erzählung um sein Modell der Typen verschiedener Erzählsituationen.
Der Schwerpunkt all dieser Ansätze liegt auf der Art der
erzählerischen Vermittlung.Daraus abgeleitet wird eine Erzählung dadurch definiert, dass
erzählt wird, d. h. dass es eine erkennbare vermittelnde Instanz
gibt, während strukturalistische Definitionen vor allem voraussetzen,
dass das Erzählte eine Zustandsveränderung aufweist, d. h.
etwas geschieht. Narrativität in den Texten des Alten Testaments
wird mit Wolf Schmids Definition von Erzählungen im en geren
Sinne am besten erfasst, die beide Merkmale kombiniert.9
Die Aufnahme der Narratologie in der Exegese des Alten Testaments
spiegelt die Tatsache wider, dass Narratologie nie eine einheitliche
Theorie war, dass sie unterschiedliche theoretische und
geographische Wurzeln hat, und dass die einzelnen Vertreter und
Vertreterinnen verschiedene Schwerpunkte setzen, jeweils verbunden
mit ihrem Interesse, was Narratologie bieten oder leisten sollte.
Doch trotz aller Ausdifferenzierung hat sich inzwischen eine Art
Standardrepertoire narratologischer Aspekte herausgebildet. So
befasst sich die Analyse des »Wie« vor allem mit der Instanz der Vermittlung
(»dem Erzähler«, der eine Figur sein kann, aber nicht
muss), der Bestimmung der Perspektive und der Zeitgestaltung.
Die Untersuchung des »Was« umfasst das Geschehen, die Handlung
sowie die beteiligten Figuren, außerdem Raum und Zeit. In
neuerer Zeit kommen dazu noch extra- und intratextuelle Positionen
von Autoren und Rezipienten.10

2 Perspektivierung und Lokalisierung

Die große Stärke der Narratologie als Theorie zur Analyse narrativer
Texte liegt darin, dass die Grundunterscheidung von »Wie« und
»Was« ermöglicht, die Perspektivierung in Texten differenziert in
den Blick zu nehmen. Gerade für biblische Texte, die oft mehr als
eine Perspektive erkennen lassen, liegt darin ein Gewinn.
Die Analyse des »Wie« einer Erzählung bedeutet zu fragen: »Wer
spricht?« Damit wird die Instanz, die die Erzählung vermittelt,
sowie ihr Verhältnis zum erzählten Geschehen und den daran
beteiligten Figuren untersucht. Schon mit der jeweiligen Art der
erzählerischen Vermittlung wird eine bestimmte Perspektive
gewählt. Doch die Frage »Wer sieht?« erweitert und differenziert
die Analyse der Perspektivierung.11 Denn damit wird erschlossen,
aus wessen Perspektive das erzählte Geschehen präsentiert wird.
Im visuellen Sinne geht es um den point of view und den von da aus
sichtbaren Ausschnitt, doch im übertragenen Sinne wird damit
auch erfasst, welche Auswahl aus allen denkbaren Möglichkeiten
präsentiert und welches Wissen über das Geschehen vermittelt
wird. Gérard Genette hat für diesen Aspekt der Narratologie den
Begriff der Fokalisierung eingeführt.12 Die Stärke der Unterscheidung
Genettes liegt darin, dass zwischen der Stimme und der Perspektive
der Vermittlung unterschieden werden kann.
Dies ist für alttestamentliche Erzählungen besonders interessant,
da sie in der Regel von einer externen Erzählstimme vermittelt
werden (»externer Erzähler«; »extradiegetisch«13), die nicht be -
nannt oder beschrieben wird und auch nicht in Erscheinung tritt.
So vermittelt in Ex 14 zwar, wie meist im Alten Testament, eine
externe Erzählstimme das Geschehen, doch fokalisiert wird es in
wechselnder Perspektive: Die Sicht der Israeliten, der Ägypter und
die Jhwhs auf das Geschehen lösen einander ab (z. B. V. 22 Israel, 23
Ägypter, 24 Jhwh, 30.31 »Israel sah«). Ein Ich-Erzähler oder die Er -
zählung durch eine am Geschehen beteiligte Figur (z. B. Nehemia)
sind im Alten Testament in längeren Erzähltexten die Ausnahme.
Anders ist dies in kürzeren narrativen Passagen in Reden oder
Gebeten. In Jos 24 wird erzählt, dass Josua im Namen Jhwhs zum
Volk spricht. In diesem Rahmen erzählt Jhwh in V. 6 f. in Ich-Rede
rückblickend vom Durchzug. Hier unterscheidet sich die erzählerische
Vermittlung von der von Ex 14, während die Fokalisierung
des Geschehens relativ ähnlich ist. Anders ist dies im Bußgebet
Nehemias in Neh 9: Nehemia erzählt Israels Geschichte im Rückblick
und spricht dabei Jhwh an, erzählt also in der 2. Pers. In V. 9–
12 wird der Durchzug erzählt, aber fokalisiert wird, weit mehr als
in Ex 14 oder Jos 24, das Handeln Jhwhs.
Genettes Konzept der Fokalisierung ist viel diskutiert und auch
kritisiert worden. Die niederländische Literaturwissenschaftlerin
Mieke Bal hat Genettes »Perspektive« weiter differenziert, indem sie
den point of view, von dem aus fokalisiert wird (aus der Sicht der
Ägypter, Israeliten etc.), von dem Ausschnitt unterscheidet, der
gezeigt wird (z. B. das Erleben der Israeliten und Ägypter in Ex 14,
das wundermächtige Handeln Jhwhs in Neh 9).14Wolf Schmid hat
die Perspektivierung dahingehend präzisiert, dass er den zwischen
konkret visueller und übertragener Bedeutung changierenden Be -
griff der Fokalisierung konkretisiert hat. Er zeigt, wie in den
grundlegenden Akten des Erzählens Perspektivierung wirksam
wird, indem er erstens nach der Instanz der Auswahl der Geschehensmomente
(aus dem, was alles möglich und denkbar wäre)
fragt, zweitens nach der bewertenden Instanz und drittens nach
der, deren Sprache den Abschnitt prägt.15
II Narratologie und Altes Testament
bzw. Hebräische Bibel

1 Stationen der Entwicklung16

»Die Schönheit der Sagen der Genesis ist von jeher das Entzücken
feinfühliger Leser gewesen […].«17 Ein erster Vertreter der Analyse
alttestamentlicher Erzählungen im 20. Jh. war Hermann Gunkel,
der mit seiner Abhandlung über die »Kunstform der Sagen der
Genesis« in der Einleitung zu seinem Genesiskommentar, aber
auch »Das Märchen im AT« (1921) und »Geschichten von Elisa«
(1922), »Meisterwerke hebräischer Erzählkunst Teil I« (1922) den
Erzählungen des Alten Testaments große Wertschätzung entgegengebracht
hat. Gunkel stellte damals in den Rahmen der Formgeschichte,
was später mit der Aufnahme der Narratologie in die
Exegese wiederkehrte: die Aufmerksamkeit für die Gestaltung he -
bräischer Erzählungen (Form) und die Regeln dieser Gestaltung
(Gattungen) verbunden mit einer Bewunderung für die kunstvolle
Gestalt der Erzählungen.
Mit der Narratologie hat die Exegese Trends und Methoden aus
anderen Wissenschaften aufgenommen und für ihre Zwecke undihre Texte adaptiert – ein Prozess, der für die meisten exegetischen
Methoden gilt. Den Anfang haben jüdische Auslegerinnen und
Ausleger der Hebräischen Bibel in Israel und den USA in den frühen
1980er Jahren gemacht (Sternberg, Bar-Efrat, Alter, Berlin u. a.).18
Der folgende erste Satz aus Shimon Bar-Efrats »Wie die Bibel er -
zählt« drückt aus, was etliche dieser Publikationen prägt: »Dieses
Buch möchte dazu anleiten, biblische Erzählungen als literarische
Kunstwerke zu verstehen.«19 Es geht darum, die Schönheit und
Eigenart biblischer Erzählungen in ihren Analysen zur Geltung zu
bringen und zu würdigen, sowie Impulse aus der Literaturwissenschaft
für die Theologie fruchtbar zu machen.20Dementsprechend
hatten diese ersten Vertreter und Vertreterinnen der Narratologie
in der Exegese alle Verbindungen zu literaturwissenschaftlichen
Diskussionszusammenhängen, auch wenn die Theoriediskussion
in ihren Werken keine große Rolle spielt.21
Einen weiteren Schritt stellt die Aufnahme literaturwissenschaftlicher
Zugänge vor allem im englischsprachigen Raum im
Rahmen des literary criticism der 1980er und vor allem 90er Jahre
dar. Narratologie war hier ein Zugang unter anderen, um die Texte
als Literatur zu analysieren. Doch veränderte sich die Narrato -
logie in dieser Phase durch die Auswirkungen des Poststrukturalismus,
der vielfältige Ansätze hervorgebracht hat, in denen sinnproduzierende
Strukturen eine zentrale Bedeutung haben und zu -
gleich die Grenzen und Brüche dieser Strukturen reflektiert werden.
22Der kritische Impetus äußerte sich hier in unterschiedlicher
Weise, zu betonen ist die vielfältige feministische Kritik (als eine
und für einige Zeit die prominenteste Form von ideological criticism
in der Exegese). Während in der Regel Exegeten und Exegetinnen
die Narratologie als eine nicht-theologische Theorie rezipierten,
war die Niederländerin Mieke Bal eine Ausnahme, die sich als
Literaturwissenschaftlerin auf Texte des Alten Testaments eingelassen
und mit Exegetinnen zusammengearbeitet hat.23
In der deutschsprachigen Exegese kam die Narratologie wie insgesamt
die Auseinandersetzung mit literaturwissenschaftlichen
Methoden etwas später als im angelsächsischen Raum an, wobei
verschiedene Entwicklungen parallel liefen.
Mit der »Amsterdamer Schule« hatte sich in den Niederlanden bereits seit
der Mitte des 20. Jh.s eine eigene Richtung der Auslegung entwickelt, die
den Blick auf erzählende Texte in ihrer literarischen Form richtete, aber insgesamt
über die Exegese hinausging und einen explizit theologischen Fokus
hatte.24
Wolfgang Richter hatte 1971 den Bezug auf die Literaturwissenschaft
eingebracht, aber noch nicht die Narratologie.25 Ein Vorreiter
war Christof Hardmeier (1990), der literaturwissenschaftliche
und vor allem auch linguistische Theorien in die Exegese aufgenommen
und gründlich reflektiert hat.26 Ein Teil der Untersuchungen
erzählender Texte des Alten Testaments in dieser Zeit
kam von der Formgeschichte her.27 Eine breitere Aufnahme der
Narratologie und generell weiterer exegetischer Zugänge aus dem
literary criticism fanden sich in der deutschsprachigen feministischen
Exegese. Begleitet von einer kritischen Methodendiskussion
entstanden in dieser Zeit etliche interessante Studien mit narratologischer
Herangehensweise (s. u.).
Im Zuge dieser Entwicklung sind narratologische Zugänge entstanden,
die speziell auf die Texte des Alten Testaments zugeschnitten
sind. Denn die unterscheiden sich erheblich von der
Textgrundlage, an der die Narratologie entwickelt wurde: Wortwiederholungen
und Parataxe, wenig Beschreibungen und wenig
Introspektion, kaum ausdifferenzierte Erzählinstanzen und oft
kurze Erzählsequenzen – all dies gilt nach den Kriterien säkularer
moderner Literaturwissenschaft als wenig kunstvoll, macht jedoch
die Besonderheit biblischer Erzählungen aus. Tod Linafelt nennt es
»biblical literature’s rigorous economy of style«.28 Doch gerade da -
durch entfalten diese Erzählungen ihre Wirkung auf die Leserinnen
und Leser.

2 Stärken narratologischer Forschung am Alten Testament

2.1 Methodengeleitete Textbeschreibung

Narratologie als Theorie und Methode in der alttestamentlichen
Forschung zeichnet sich zuerst durch die große Aufmerksamkeit
für die vorliegenden Texte aus. Zwar hat sich alttestamentliche
Exegese immer mit den Texten in Form und Inhalt befasst, doch
bietet Narratologie eine Theorie und davon abgeleitet ein umsetzbares
methodisches Verfahren (in diversen Variationen) für die
detaillierte Textbeobachtung, welche Regelhaftigkeit und Besonderheiten
narrativer Texte sichtbar und die Analyse selbst nachvollziehbar
macht. Damit wird mit narratologischen Zugängen
vertieft, was häufig im Rahmen der Literarkritik und der Analyse
der Form in der Form- und Gattungskritik als Vorarbeit stattfand.
Der entscheidende Unterschied ist, dass die narratologische Analyse
(erst einmal) keinem anderen Zweck dient, als der eingehenden
und verstehenden Wahrnehmung des untersuchten Texts, und
zwar (zumindest vorerst) mit der Prämisse, dass der Text in der
vorliegenden Form sinnvoll und planvoll gestaltet sei. Durch das
beschreibende und systematisierende Vorgehen werden Details
sichtbar, auch solche, die nebensächlich, widersprüchlich oder sonderbar
erscheinen.29 »So entstehen mehrdimensionale Bilder von
Ereignissen und Figuren, die Leserinnen und Leser herausfordern,Kongruenzen und Inkongruenzen zu einem mentalen Modell zu
verknüpfen. Auch für Gott als Erzählfigur gilt diese vielstimmige
Darstellung.«30 Die Betrachtung von »Gott als Figur« der Erzählung
ist dafür ein Beispiel, da an diesem Thema die Diskrepanz zwischen
gewohnten Vorstellungen und Detailergebnissen narratologischer
Analysen besonders auffällig ist.
Dies ermöglicht, den Text genau wahrzunehmen und aus den
Analyseergebnissen dann eine begründete Interpretation abzuleiten.
Adele Berlin, deren Buch den Titel »Poetics and Interpretation
of Biblical Narrative« trägt, beschreibt den Zusammenhang dieser
beiden Pole: »[P]oetics makes us aware of how texts achieve their
meaning. Poetics aids interpretation. If we know how texts mean,
we are in a better position to discover what a particular text means.«
Allerdings muss die Interpretation auch folgen: »Poetics is useless
in isolation; knowing the compositional rules of a text is of use only
if we want to read the text.«31 Narratologie als Theorie narrativer
Texte kann sich auf die Beschreibung der Texte und die Bestimmung
von Gesetzmäßigkeiten beschränken. Doch Narratologie als
ein methodischer Zugang der Exegese muss zu irgendeiner Form
von Auslegung führen.32
Die Aufgabe der Auslegung rückt die Besonderheit erzählender
Texte erneut in den Vordergrund, denn diese lassen sich in der
Regel nur unter großen Verlusten abstrahieren. Der in der Exegese
generell bekannte Zusammenhang von Form und Inhalt konkretisiert
sich in diesem Fall darin, dass ein Teil der Textbedeutung
gerade dadurch entsteht, dass so und nicht anders erzählt wird.
Akademische Theologie hingegen wurde und wird vor allem in
argumentativer Form betrieben und vermittelt. Die Herausforderung
der Interpretation von Ergebnissen aus narratologischer Analyse
be steht darin, über die Beschreibung der Beobachtungen hinaus
die theologischen Aussagen der untersuchten Erzählungen
nicht nur inhaltlich zu abstrahieren, sondern auch die narrative
Darstellungsstruktur mit ihrer Wirkung in die theologische Reflexion
mit einzubeziehen. Die mit dem »narrative turn« verbundene
Entdeckung von Narrativität als einer eigenen Form des Weltverstehens
und eines eigenen Modus der Reflexion von Gott und Welt
schlägt sich auch hier nieder: Narratologische Auslegungen alttestamentlicher
Texte sind auch Versuche, Theologie in dieser Form
zum Ausdruck zu bringen.33

2.2 Pragmatik narrativer Texte

Ursprünglich lag der Schwerpunkt der Analyse der Perspektivierung
auf der Beschreibung und Klassifizierung der Textphänomene.
Doch von da führt bereits ein Weg hin zur Leserlenkung (»Was
sehen die Leser, aus wessen Perspektive?«), der zunehmend be -
schritten wurde. Diesen Übergang beschreibt Danna Nolan Fewell
im Einleitungsaufsatz zum jüngst erschienenen Oxford Handbook
of Biblical Narrative. Der Titel »The Work of Biblical Narrative«, in
Abwandlung des Klassikers von Robert Alter »The Art of Biblical
Narrative«, signalisiert die Verschiebung des Interesses hin zu den
unterschiedlichen Wirkweisen narrativer Texte.34 »[…] the question
is not so much ›Am I persuaded?‹ as one might ask in the case of
more straightforwardly theological or philosophical literature, but
rather ›Am I transported?‹ How does or how might the literature of
the Bible, especially in the case of narrative, take one out of the everyday
into another, fictive world […].«35 Tod Linafelt macht bildhaft
deutlich, dass Erzählungen eine Wirkung auf ihre Leser entfalten.
Narratologie als Theorie ermöglicht zu analysieren, wie das ge -
schieht. Elemente der Rezeptionsästhetik und der Textpragmatik
sind hier mit eingeflossen (Wolfgang Iser, Umberto Eco, John L.
Austin, John R. Searle).
Verschiedene Formen des ideological criticism haben die Frage
nach Instanzen der Fokalisierung kritisch weitergeführt, indem
die Analyse der Auswahl einer Perspektive mit der des Ausschlusses
anderer kombiniert wurde.36 Poststrukturalistische Entwicklungen
weg von dem Blick auf geschlossene Systeme, hin zu den Sinn-
Brüchen und Widersprüchen spielen hier eine Rolle. Die Frage vieler
Schüler und Schülerinnen nach dem Schicksal der ertrunkenen
Ägypter am Schilfmeer ist ein Beispiel für die Spannung zwischen
idealen Rezipienten, die die Bewertung des Geschehens durch die
Erzählung teilen, und realen, die – wie die Schüler – eine andere
Bewertungsperspektive einbringen. In dieser Spannung entsteht
Raum für Kritik und Neubetrachtung des Erzählten.
Das Interesse daran ist in der narratologischen Beschäftigung
mit Texten des Alten Testaments verstärkt zu finden. Beispiele sind
Meir Sternberg, dessen »Poetics of Biblical Narrative« durch den
Untertitel »Ideological Literature and the Drama of Reading«
bereits die Bedeutung der Leser signalisiert, Gunn und Fewell, die
darüber hinausgehend die Mitwirkung der Leser in der Konstitution
von Bedeutung in Erzählungen betonen,37 oder Ilse Müllner, die
in ihrer Arbeit zwischen der Produktion von Empathie und ethischen
Werten durch die Erzählung unterscheidet.38

2.3 Ideologiekritik

Die Rezeption literaturwissenschaftlicher Zugänge in der Exegese
war in mehrfacher Hinsicht stark von kritischen Impulsen geprägt.
Die Hinwendung zur Wirkung erzählender Texte, die Veränderungen
durch poststrukturalistische Einflüsse und die kritische Me -
thodendiskussion, die in der Exegese des Alten Testaments in den
70er Jahren aufkam, wirkten hier zusammen. Die oben dargestellten
Stärken der Narratologie bieten theoretisch fundierte und
methodisch reflektierte Herangehensweisen, um theologische und
weltanschauliche (›ideologische‹ im weiteren Sinne) Prämissen und
Strategien eines Texts zu erschließen. Die poststrukturalistisch
mo tivierte Aufmerksamkeit für Sinnbrüche und Grenzen, für
Übergänge und Ausschlüsse kann durch die detaillierte Beschreibung
der Machart erzählender Texte umgesetzt werden.
Es ist kein Zufall, dass gerade feministische Exegetinnen das
(ideologie-)kritische Potential der narratologischen Analyse auf-nahmen. Die vielen, nicht nur feministischen, narratologisch ge -
prägten Untersuchungen der Erzählungen um David sind ein
gutes Beispiel für die Veränderung der Sicht auf diese Texte durch
vielfältige kritische Perspektiven. Zahlreiche Untersuchungen zu
Michal, Abigajil, Batseba und Tamar haben gezeigt, dass die ›David-
Erzählungen‹ mehr als nur seine sind. Die detaillierte Beschreibung
des Einzeltextes macht Frauenfiguren in ihrer Rolle und
Funktion in den Texten sichtbar, die beim Nachzeichnen größerer
literargeschichtlicher und theologischer Linien häufig verloren
gingen. Die Vielstimmigkeit und Multiperspektivität der Erzählungen
wird durch die Analyse der erzählenden Instanzen und der
Fokalisierung herausgearbeitet, sodass wie im Fall Michals auch
Gegenstimmen (vgl. 2Sam 6,20) oder abweichende Positionen (1Sam
18,20; 2Sam 6,16) hör- bzw. sichtbar werden. Die Unterscheidung
von »Wie« und »Was« bietet eine theoretische Grundlage für die
Untersuchung unterschiedlicher gender -Konstruktionen, wie die
der Männlichkeit Davids (s. 1Sam 18,25–29; 2Sam 1,23–27; 19,1-9;
1Kön 1,1–5). Die Analyse der Perspektivierung in Erzählungen gibt
Einblick in Strategien der Marginalisierung von oder auch Konzentration
auf einzelne Figuren, wie die sehr unterschiedliche
Fokalisierung von Abigajil (1Sam 25) und Tamar (2Sam 13) zeigt.
Vergleichbar mit der Entwicklung feministisch-narratologischer
Exegese entstehen aus neueren nicht-theologischen Theorien
wie postcolonial theory, queer theory, cultural studies u. a. weitere
narratologische Herangehensweisen, sogenannte »kontextuelle
Narratologien«, die wiederum zu neuen Impulsen in der Exegese
führen.39

3 Narratologische Analyse und die Historizität der Texte

Mit ihren strukturalistischen Wurzeln war die Narratologie
ursprünglich weniger synchron als vielmehr a-chron, da es darum
ging, zu erforschen, wie Sinn und Bedeutung quasi überzeitlich in
den Strukturen erzeugt werden.40 Es ist eine Besonderheit, Stärke
und zugleich Schwierigkeit der Narratologie in der Exegese, dass sie
mit historischen Texten arbeitet, folglich ›historische Narratologie‹
sein muss. Während erst in der säkularen postklassischen Narratologie
der soziale und soziokulturelle Kontext der Texte als relevante
Faktoren wiederentdeckt werden, haben Exegeten und Exegetinnen
dies in unterschiedlicher Form immer in ihre narratologischen
Analysen mit einbezogen.41 Ilse Müllner verwendet dafür schon in
den 1990er Jahren den Begriff der »historisch verantworteten Synchronie
«42. Dazu gehört die Beschreibung von Gesetzmäßigkeiten
der Gestaltung narrativer Texte in der Literatur einer bestimmten
Epoche und Kultur, in diesem Fall des alten Israel, wie sie in der alttestamentlichen
Narratologie geschieht (s. o.), sowie die Erklärung
der Welt des Texts im Hinblick auf Semantik und Realien. Das
Wechselverhältnis der Texte zu ihrem sozial- und kulturgeschichtlichen
Kontext spielt ebenfalls eine Rolle: Diese tragen zum Verständnis
der Texte bei, doch in umgekehrter Richtung erforscht
narratologische Analyse auch Konstruktionen sozialer Rollen und
sozialer Wirklichkeit, wenn z. B. in Erzählungen unerwünschtes
und erwünschtes Verhalten vor- und festgeschrieben werden soll.
Historische Narratologie muss außerdem der Tatsache Rechnung
tragen, dass die alttestamentlichen Erzählungen Texte der
Antike sind, bei denen es sich anders als bei den Romanen der klassischen
Narratologie nicht um Autoren-, sondern um Traditionsliteratur
handelt, außerdem in der Regel um Texte, die über einen
langen Zeitraum gewachsen sind. Die meisten narratologisch ar -
beitenden Exegeten verorten die untersuchten Texte historisch in
der Geschichte Israels und literargeschichtlich in der Entstehungsgeschichte
des Alten Testaments und greifen dafür häufig auf be -
stehende Untersuchungen zurück. Doch ist weiterhin schwierig zu
beantworten, wie eine Verbindung des Texts und seiner Welt mit
der realen außertextlichen Welt theoretisch schlüssig hergeleitet
werden kann.
Weiterführende und theoretisch reflektierte Ansätze bieten
Christoph Hardmeier und Barbara Schmitz. Hardmeier verknüpft
innertextliche und reale historische Kommunikation über das
Modell des »Kommunikativen Handlungsspiels« von S. J. Schmidt:
Da Texte immer Teil realer Kommunikationssituationen sind,
kann folglich aus der Analyse der Texte auch die Rückbindung an
außertextliche Kommunikationsebenen geschlossen werden.43Die
Verbindung von inner- und außertextlichen Ebenen strebt auch
Barbara Schmitz an, um narratologische Analysen alttestamentlicher
Texte mit diachronen Fragestellungen theoretisch zu verknüpfen.
Der Angelpunkt ihres Ansatzes ist die »Autorfiguration«,
erschlossen aus den »Autorfunktionen«, d. h. den Funktionen, die
der Autor in einem Text hat, und die somit aus diesem hergeleitet
werden können. Die Autorfiguration stellt, unterschieden vom
konkreten historischen Autor, das Bindeglied zur außertextlichen
Welt dar, »als Brücke zu einer literarhistorischen Textauslegung«44.
Beide Ansätze unterschätzen jedoch den kategorialen Unterschied
zwischen inner- und außertextlicher Welt, der sich nicht
durch einen Schritt über die Grenze des textimmanenten Systems
einebnen lässt. Es ist unbestritten, dass Texte auf die Welt außerhalb
ihrer selbst verweisen, und der soziokulturelle Kontext für das
Verständnis der Texte eine Rolle spielt. Trotzdem sind die Beziehungen
zwischen diesen beiden Welten nicht linear und unmittelbar,
da der Text ein Produkt bleibt, das nicht allein auf eine Welt
verweist, sondern eine neue, erschaffene darstellt (Referenz und
Repräsentation).
Eine weitere Aufgabe narratologisch-alttestamentlicher Forschung
ergibt sich aus dem Charakter der Texte des Alten Testaments
als gewachsenen Texten, die ihre Bedeutung auch aus ihrer
historischen Tiefendimension gewinnen, welche aus dem Zusammenspiel
von Text und Zeit erwachsen ist. Die Herausforderung für
die Exegese besteht darin, diese auch in narratologischen Un tersuchungen
zu erfassen. Da eine Analyse des Endtexts dafür nicht ausreicht,
eine sprachlich-narratologische Analyse rekonstruierter Vorstufen
aber nicht sinnvoll ist, kombinieren viele Studien Methoden
der historischen Kritik mit Elementen narratologischer Analyse im
Sinne einer Ergänzung, doch bleiben die unterschiedlichen Zugänge
oft theoretisch unvermittelt nebeneinander stehen.45
Eine interessante Kombination bietet Janina Maria Hiebel, die
in ihrer Arbeit zu den Ezechielvisionen ihre redaktionsgeschichtli-che Studie mit narrative und rhetorical criticism ergänzt, und diese
Kombination u. a. mit einem Zitat von Adele Berlin einführt: »But
there is diachronic poetics.«46 Hiebel wendet ihre narrative und
rhetorische Analyse auf die vorher erarbeiteten Entwicklungsstufen
der Visionsberichte an, greift aber aus dem Repertoire der
narratologischen Analyse solche Aspekte auf, die nicht auf eine
sprachliche Rekonstruktion angewiesen sind (point of view, Charakterisierung,
reader-responses ). Eine »Diachrone Narratologie«
entwickelt die Gräzistin Irene de Jong.47 Über die oben vorgestellte
Beschreibung der Eigenart der Texte hinaus geht es ihr darum, die
Entwicklung dieser Besonderheiten diachron nachzuzeichnen und
dabei ggf. aufzuzeigen, wie die Genese der Texte durch sich wandelnde
narrative Konventionen beeinflusst wurde. Neben literargeschichtlichen
Forschungen nach dem Modell der Tendenzkritik
ergäbe sich daraus für das Alte Testament die Möglichkeit, Fortschreibungs-
und Redaktionsprozesse anhand sich verändernder
literarischer Konventionen zu untersuchen (ein Vorgehen, das Verwandtschaft
zur Gattungsgeschichte aufweist).

III Eindrücke aus der Forschungslandschaft

1 Narratologische Einzelstudien

In der alttestamentlichen Exegese ist in den letzten Jahrzehnten
eine Vielzahl von Untersuchungen entstanden, die im bisher dargestellten
Sinne narratologische Züge tragen. Es gibt eine Fülle
narratologischer Einzelstudien, die sich auf einzelne Texte oder
Textzusammenhänge, Aspekte der Figurenanalyse, Darstellungsstrukturen
und -strategien konzentrieren. Viele dieser Untersuchungen
verfolgen eine Fragestellung mit den Mitteln der narratologischen
Analyse, wie z. B. Susanne Gillmayr-Bucher, Erzählte
Welten im Richterbuch, die speziell die narratologische possible
worlds theory zum Einsatz bringt: »Die […] Welt des Richterbuchs
mit ihren verschiedenen Weltentwürfen und Deutungsangeboten
steht im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen. Ziel dieser Studie
ist es, die verschiedenen im Richterbuch entworfenen Welten in
ihrem literarischen Diskurs zu beschreiben.«48 Aus der Frage- bzw.
Themenstellung ist oft schon ersichtlich, warum gerade eine narratologische
Analyse geeignet ist, sie zu verfolgen, weshalb solche
Arbeiten meist auch eine Diskussion von Theorie und Methode
beinhalten. Ausdrücklich benennt Ilse Müllner in ihrer Arbeit über
2Sam 13 »Gewalt im Hause Davids« diesen Zusammenhang: »Die
Auseinandersetzung mit biblischen Texten unter den Aspekten der
repräsentierten sexuellen Gewalt und der sexuellen Gewalt mit
textuellen Mitteln finden nicht nur in der Auslegungspraxis, sondern
auch auf der methodologischen Ebene statt. Die Entscheidung
für konkrete Herangehensweisen an Texte wird im Kontext
des Fragehorizonts und der auszulegenden Texte gefällt.«49
Ebendieser Zusammenhang von Untersuchungsgegenstand,
Fragestellung und Methode führt dazu, dass Narratologie häufig
mit weiteren Zugängen kombiniert wird. Ein Beispiel dafür ist die
Untersuchung Stefan Fischers zum Hohenlied, das nur bedingt als
narrativ zu bezeichnen ist, in der er deshalb Narratologie mit Theorien
anderer Literaturgattungen (Lyrik, Drama, Rhetorik) verbindet.
50 Verfahren aus der Linguistik werden aufgenommen, um die
sprachliche Form genauer zu erschließen und dadurch die strukturelle
Analyse auch auf sprachlicher Ebene zu vertiefen. Die oben
schon beschriebene Hinwendung zur Pragmatik der Texte äußert
sich in der Aufnahme rezeptionsästhetischer aber auch sprechakttheoretischer
Zugänge. Der besondere Charakter der alttestamentlichen
Erzählungen als gewachsener Traditionsliteratur führt zu
unterschiedlichsten Verbindungen mit den Methoden der historisch-
kritischen Exegese.51

2 Studien mit narratologischem Anteil

Von den explizit narratologischen Studien, die sich meist auch
theoretisch mit der Narrativität der Texte und der entsprechenden
Herangehensweise auseinandersetzen, unterscheiden sich Untersuchungen,
die für ihre inhaltliche Fragestellung die Erzähltextanalyse
als den oder einen Zugang unter anderen wählen. Diese
Studien zeigen deutlich, dass Narratologie im Großen und Ganzen
als bekannt und anerkannt vorausgesetzt wird, sodass es inzwischen
möglich ist, einzelne Elemente der Erzähltextanalyse aufzugreifen,
um die jeweilige Fragestellung möglichst adäquat zu verfolgen,
ohne eine erklärende oder apologetische Theoriediskussion
vorauszuschicken: Benedikt Hensel untersucht die Vertauschung
des Erstgeburtssegens als Erzählmotiv im Hinblick auf seine Funktion
in den größeren Zusammenhängen der Genesis. Dafür kombiniert
er die Untersuchung der »textimmanenten Erzählstrategie«
und der Funktion des Motivs im literarischen Kontext mit der Einordnung
in mögliche historische Kontexte.52Michaela Geiger analysiert
in ihrer Arbeit über die Raumkonzepte im Deuteronomium
die Gesamtanlage des Buches mit narratologischen Kategorien, um
das Ineinander von Erzählung und Rede zu erfassen, und bindet
auch in ihre raumtheoretischen Überlegungen erzählanalytische
Elemente ein.53 Ruth Poser bestimmt in ihrer Untersuchung des
Ezechielbuches als Traumaliteratur das Buch auf der Grundlage
narratologischer Theorie als eine fiktionale Erzählung.54 Darüber
schafft sie eine theoretische Verbindung zum Zusammenhang von
Trauma und Erzählen.55

3 Gattungsübergreifende Studien

Von ganz anderer Seite her wird die Narrativität alttestamentlicher
Erzähltexte in jüngster Zeit thematisiert. Etliche Untersuchungen
konzentrieren sich darauf, Themen, die früher vor allem in den
Grenzen einzelner Textgattungen untersucht wurden, gattungsübergreifend
zu betrachten. Da eine der behandelten Gattungen
meist die Erzählung ist, fließen narratologische Zugänge mit ein.Statt die Grundzüge der Urgeschichte vor allem an deren Erzählungen
zu analysieren, wird z. B. die Kombination von Erzählungen
und Genealogien in der Urgeschichte untersucht.56 Statt die
Themen Recht und Ethik vor allem auf Gesetzestexte zu beschränken,
steht die Zusammenstellung von narrativen und Gesetzestexten
im Pentateuch im Zentrum des Interesses.57 In diesen Zusammenhang
gehören auch die Arbeiten zu law and narrative, die
sowohl die Verbindung von narrativen und Gesetzestexten wie
auch narrative Strukturen und Elemente in Gesetzestexten untersuchen.
58

4 Historiographie und Erzählung

Das Verhältnis von Historiographie und Erzählung ist ein Beispiel
dafür, wie in alttestamentlichen Forschungsdiskursen die Narra -
tivität der Texte selber zum Thema wird. Die Diskussion um
den historiographischen Stellenwert der alttestamentlichen Ge -
schichts erzählungen wurde um die Jahrtausendwende lebhaft
ge führt. In der Einführung zur Publikation einer Tagung zum
Thema »Erzählte Geschichte« (1998) formuliert Rüdiger Lux das
Problem folgendermaßen:
»In der alttestamentlichen Wissenschaft hat sich die Diskussion über das
Verhältnis dieser narrativen Sinngeschichte zur politischen Ereignisgeschichte
sowie zur Sozial- und Alltagsgeschichte im alten Israel erneut zugespitzt.
[…] Lassen sich beide Gestalten der Geschichte überhaupt
zueinander ins Verhältnis setzen, oder muß nicht schon aus rein methodischen
Gründen die verschriftete Sinngeschichte zum Gegenstand der Literaturwissenschaft
erklärt werden, während allein die zu rekonstruierende
Fakten- und Ereignisgeschichte ein Gegenstand der Geschichtswissenschaft
sein kann?«59
Die Antwort auf die Frage, die Lux hier aufwirft, liefern in der folgenden
Zeit mehrere Untersuchungen der Geschichtserzählungen
mit Mitteln der Narratologie, wodurch die Positionierung der
Erzählinstanz in diesen Texten ebenso zum Thema wird wie die
unterschiedlichen Strategien der Perspektivierung und Fokalisierung.
Narratologie stellt das »Gemachte«, »Gestaltete« und somit
im wahrsten Sinne des Wortes »Poetische« der Geschichtserzählungen
in den Vordergrund.60 Auch in der Geschichtswissenschaft ist
der Zusammenhang von Historiographie und Narratologie zum
Thema geworden, indem die Historiographin oder der Historiograph
als Autor und damit auch als Erzählinstanz der jeweiligen
Geschichtsdarstellung reflektiert wird.61
Ein weiteres Beispiel für einen solchen Themenschwerpunkt,
bei dem inhaltliche Aspekte maßgeblich mit dem narrativen Charakter
der Texte verbunden sind, ist der Zusammenhang von Narrativität
und Identität, in dem das performative Potential narrativer
Texte eine große Rolle spielt, da hier die identitätsbildende und
-stabilisierende Funktion narrativer Texte in den Blick kommt wie
auch die Möglichkeit zur Subversion. Ähnliches gilt für das Thema
Trauma und Resilienz, das in der Exegese des Alten Testaments zur
Zeit beforscht wird: Auch hier spielt Narrativität als ein konstitutives
Element der Krisenbewältigung eine zentrale Rolle.62
IV Ausblick: Narratologie in der Exegese
des Alten Testaments
Narratologie ist ein Teil der Exegese des Alten Testaments geworden.
Dies hat verschiedene Konsequenzen für die Stellung der Narratologie
im Kontext der exegetischen Methoden:
1. Als eine Methode der Analyse erzählender Texte ist sie ein
unverzichtbarer Teil des Methodenkanons, da viele Themen und
Fragestellungen damit ertragreich bearbeitet werden können.
Doch auch im Rahmen historisch-kritischer Methodenschritte
müssen Textbeobachtungen generell methodisch nachvollziehbar
sein, wofür narratologische Analyse eine Möglichkeit bietet.
2. Da die Bedeutung alttestamentlicher Texte aber auch in ihrer
historisch-gewachsenen Tiefendimension liegt, sind weiterhin
kreative Lösungen nötig, die diese im Rahmen narratologischer
Analyse oder in theoretisch durchdachten Kombinationen mit
anderen Zugängen erschließen. Texttheoretische Überlegungen
über das Verhältnis von Verfassern, Text und Rezipienten im Prozess
der Sinnkonstitution sind dabei hilfreich.63
3. Erzählende Texte machen zwar einen großen Teil des Alten
Testaments aus, doch sind nicht alle Texte narrativ. Tod Linafelt
betont zu Recht den Unterschied zwischen Prosa und Poesie, die
beide nur voll erfasst werden können, wenn sie entsprechend
untersucht werden. Dies gilt besonders für bildhafte und metaphorische
Sprache, die in der Narratologie nicht thematisiert wird,
doch auch für weitere nicht-narrative Text- und Sprachformen.64
In den letzten Jahren wurden hier etliche Zugänge entwickelt,
doch besteht gerade im Hinblick auf Methoden zur Analyse nichterzählender
Texte weiter Forschungsbedarf.
4. Diese Überlegungen haben auch Konsequenzen für die Vermittlung
an Studierende. In exegetischen Methodenseminaren
und den entsprechenden Methodenbüchern ist es nötig, Narratologie
als eine Form der Textanalyse strukturiert, praktikabel und
theoretisch fundiert zu lehren, um zu wissenschaftlicher, d.h. me -
thodisch nachvollziehbarer Textanalyse anzuleiten. Doch zugleich
ist es vielleicht nötiger als früher, dies mit einem Bewusstsein für
die Historizität der Texte zu verbinden, damit Studierende die Texte
als historische, gewachsene Erzählungen in ihrer kunstvollen,
manchmal widersprüchlichen und oft erstaunlichen Gestalt kennen
und schätzen lernen.

Abstract

Narratology as a theory of narrative has become part of Old Testament/
Hebrew Bible exegesis due to its capacity to give insight into
the structure, shape, and dynamics of biblical narrative. One of the
main features of narratology is the differentiation in a »What« and
a »How« of narrative texts which allows a deeper understanding of
how they ›work‹. Especially the analysis of ›perspective‹ has proved
to be useful for the interpretation of biblical narratives. In its development
as a theory and tool for exegesis of the Old Testament narratology
has started out as a way to appreciate and understand
biblical narrative as it stands, has turned into a powerful tool for
different kinds of ideological criticism, and is by now combined and
connected with various kinds of theories and topics in Old Testament
exegesis. In all this, different approaches have been developed
to take into account the historical nature of biblical texts. Thus, it
is necessary to implement narratology into the methodological
repertoire of exegesis and keep on to develop it further.

Fussnoten:

1) Das gilt auch für die Exegese des Neuen Testaments, doch handelt es sich bis
heute über weite Strecken um zwei unterschiedliche Diskurse, die sich nur teilweise
berühren. Für einen Überblick über die Entwicklung in der Exegese des Alten
Testaments und Neuen Testaments besonders im englischsprachigen Raum s. Stephen
D. Moore, Biblical Narrative Analysis from the New Criticism to the New
Narratology, in: Danna Nolan Fewell (Hrsg.), The Oxford Handbook of Biblical
Narrative, Oxford 2016, 27–50 [Lit.!].
2) Gegenstand narratologischer Analysen sind inzwischen längst nicht mehr
nur (Erzähl-)Texte; für einen Überblick s. Norbert Meuter, Narration in Various
Disciplines, in: Peter Hühn u. a. (Hrsg.), The living handbook of narratology, Hamburg
ab 2009, (http://www.lhn.uni-hamburg.de/article/narration-various-disciplines;
2.3.2017); Ansgar u. Vera Nünning (Hrsg.), Neue Ansätze in der
Erzähltheorie, WVT-Handbücher zum literaturwissenschaftlichen Studium 4,
Trier 2002.
3) Vgl. Jan Christoph Meister, Narratology (2011, revised 2014), in: Hühn,
Handbook, (http://www.lhn.uni-hamburg.de/article/narratology; 2.3.2017), § 2.
4) »Narratologie« als Theorie erzählender Texte ist im Deutschen zu unterscheiden
von »Narrativität« als Eigenschaft oder Modus solcher Texte; entsprechend
bedeutet »narrativ« erzählend (anders als im Englischen), und »narra -
tologisch« theoretisch mit Erzählungen befasst. Exegese ist in der Regel nicht
narrativ, im Sinne von erzählend, sondern narratologisch, d. h. aus der Erzähltheorie
abgeleitet.
5) Vgl. Wolf Schmid, Elemente der Narratologie, Berlin/New York 22008, 230–
251; Meister, Narratology, vor allem § 3.2.5–3.4.
6) In den Worten Moores, Analysis, 38: »[…] the classic structuralist project of
turning literary criticism into a science by constructing ultimate explanatory
models that would lift the lid off literature once and for all and reveal the hidden
mechanisms that made it tick.«
7) Im Gegensatz zur histoire, dem »Was«; Gérard Genette, Die Erzählung,
München 1994. Die Begrifflichkeiten sind uneinheitlich und mit Bedeutungsverschiebungen
verbunden. Für eine Übersicht über die unterschiedliche Terminologie
s. Schmid, Elemente, 251; Scheffel/Martinez, Einführung (s. u. Anm.
10), 28.
8) Käte Friedemann, Die Rolle des Erzählers in der Ethik, Berlin 1910.9) Schmid, Elemente, 1–3.
10) Vgl. die Inhaltsverzeichnisse einschlägiger Einführungen in die Narratologie
z. B. Mieke Bal, Narratology. Introduction to the Theory of Narrative,
Toronto u. a. 32009; Schmid, Elemente; Matías Martínez/Michael Scheffel, Einführung
in die Erzähltheorie, München 92012; Silke Lahn/Jan Christoph Meister,
Einführung in die Erzähltextanalyse, Stuttgart/Weimar 22013.
11) Genette, Erzählung, 132, hat die Unterscheidung in diesen beiden Fragen
kurzgefasst.
12) Vgl. Genette, Erzählung, 134–138. Der eingedeutschte Begriff der »Fokussierung
« ist zwar leichter zugänglich, fügt aber der eh schon uneinheitlichen
Vielfalt narratologischer Fachtermini noch einen weiteren hinzu.
13) Für die Terminologie s. Lahn/Meister, Einführung, 6.
14) Bal, Narratology, 142–160.
15) Schmid, Elemente, 128–153. Neben der perzeptiven, ideologischen und
sprachlichen Perspektive untersucht er auch die zeitliche und räumliche.
16) Für einen Überblick vgl. auch Moore, Analysis, der Altes Testament und
Neues Testament behandelt; außerdem Thomas Naumann im Vorwort zur deutschen
Übersetzung von Shimon Bar-Efrat, Wie die Bibel erzählt. Alttestamentliche
Texte als literarische Kunstwerke verstehen, Gütersloh 2006, 11–15.
17) Hermann Gunkel, Genesis, Göttinger Handkommentar zum Alten Testament
1,1, Göttingen 31910, XXVII.18) Meir Sternberg, The Poetics of Biblical Narrative. Ideological Literature
and the Drama of Reading, Bloomington, IN 1985; Robert Alter, The Art of Biblical
Narrative, New York 1981; Bar-Efrat, Bibel (orig. hebr. 1987); Adele Berlin,
Poetics and Interpretation of Biblical Narrative, BiLiSe 9, Sheffield 1983.
19) Bar-Efrat, Bibel, 1.
20) Dies war teilweise auch aus einer Gegenbewegung zu einer bestimmten
Spielart historisch-kritischer Exegese motiviert, die die Texte hauptsächlich im
Hinblick auf die Literargeschichte wahrnahm.
21) Vgl. Uta Schmidt, Zentrale Randfiguren. Strukturen der Darstellung von
Frauen in den Erzählungen der Königebücher, Gütersloh 2003, 36–40.
22) Vgl. Urs Stäheli, Poststrukturalistische Soziologien, Einsichten, Bielefeld
2000, 5.
23) Mieke Bal/Fokkelien van Dijk-Hemmes/Grietje van Ginneken, Und Sara
lachte … Patriarchat und Widerstand in biblischen Geschichten, Münster 1988.
Es folgten weitere Publikationen von Bal zu Erzählungen der Hebräischen Bibel.
24) Vgl. Martin Kessler, Voices from Amsterdam. A Modern Tradition of
Reading Biblical Narrative, SBL Semeia Studies 23, Atlanta GA 1994.
25) Wolfgang Richter, Exegese als Literaturwissenschaft. Entwurf einer alttes
tamentlichen Literaturtheorie und Methodologie, Göttingen 1971.26) Vgl. Christof Hardmeier, Prophetie im Streit vor dem Untergang Judas.
Erzählkommunikative Studien zur Entstehungssituation der Jesaja- und Jeremiaerzählungen
in II Reg 18 – 20 und Jer 37 – 40, BZAW 187, Berlin u. a. 1990; ders.,
Textwelten der Bibel entdecken. Grundlagen und Verfahren einer textpragmatischen
Literaturwissenschaft, Bd.1/1, Textpragmatische Studien zur Hebräischen
Bibel 1, Gütersloh 2003. Auch Rüdiger Lux ist ein Vertreter, der sich in dieser Zeit
schon mit Fragen der Narratologie in der Exegese auseinandergesetzt hat.
27) In dieser Tradition s. Klaus Seybold, Poetik der erzählenden Literatur im
Alten Testament, Poetologische Studien zum Alten Testament 2, Stuttgart 2007.
28) Tod Linafelt, The Hebrew Bible as Literature, A Very Short Introduction,
Oxford 2016; bereits Gunkel behandelt in seiner Einleitung zum Genesiskommentar
unter § 3 Kunstform der Sagen der Genesis die Besonderheit alttestamentlicher
Erzählungen. Ausführlich dazu Seybold, Poetik; Überblick bei
Linafelt, a. a. O., 9–49.
29) Rüdiger Lux, Jona. Prophet zwischen »Verweigerung« und »Gehorsam«.
Eine erzählanalytische Studie, Göttingen 1994, 5, beschreibt diese Wirkung der
Erzähltextanalyse des Jonabuches in einer Vorlesung bald nach der Wende: »Sie
[die Analyse; U. S.] stellte die Distanz wieder her, machte das Widerständige sichtbar,
das einer vorschnellen Vereinnahmung im Wege stand.«30) Ute Eva Eisen/Ilse Müllner, Gott als Figur. Eine Einführung, in: Dies.
(Hrsg.), Gott als Figur. Narratologische Analysen biblischer Texte und ihrer Adaptionen,
HBS 82, Freiburg i. Br. 2015, 11–26, 16.
31) Berlin, Poetics, 16 f.
32) Vgl. Seybold, Poetik, 23: Die Analyse »[…] muss der Frage nach Absicht und
Ziel des Erzählens nachgehen und stößt damit auf das Gebiet der Hermeneutik
vor.«
33) S. dazu die Überlegungen bei Lux, Jona, 11–22, und auch Seybold, Poetik,
289–307. Vgl. dazu Harald Weinrich, Narrative Theologie, Concilium 9 (1973), 329–
334; Doris Hiller/Gunda Schneider-Flume, Dogmatik erzählen? Die Bedeutung
des Erzählens für eine biblisch orientierte Dogmatik, Neukirchen-Vluyn 2005;
Marco Hofheinz, Ethik und Erzählung. Theologische und philosophische Beiträge
zur narrativen Ethik, Zürich 2009.
34) Danna Nolan Fewell, The Work of Biblical Narrative, in: Dies. (Hrsg.),
Handbook, 3–26.
35) Linafelt, Bible, 7.
36) Vgl. die Analyse der Machtstrukturen einer Erzählung durch Bal u. a., Sara,
11 f., die die Frage: Wer spricht? ergänzen: »und wer spricht nicht?«; Schmid, Elemente,
268–271, »Das Nicht-Gewählte«.
37) David M. Gunn/Danna Nolan Fewell, Narrative in the Hebrew Bible, The
Oxford Bible Series, Oxford 1993, XI: »Unlike the others, including Sternberg, our
book understands interpretation to hinge crucially upon the reader, and not just
in terms of a reader’s ›competence‹. Meaning is not something out there in the
text waiting to be discovered. Meaning is always, in the last analysis, the reader’s
creation, and readers, like texts, come in an infinite variety.«
38) Ilse Müllner, Gewalt im Hause Davids. Die Erzählung von Tamar und
Amnon (2 Sam 13,1–22), HBS 13, Freiburg i. Br. u. a. 1997, 62–68.39) Zur »Postklassischen Narratologie« vgl. Nünning, für die Bibel vgl. Moore,
Analysis, 37–42; einen Einblick geben die Beiträge in Fewell, Handbook, III.–V.
40) Irene J. F. de Jong, Diachronic Narratology. (The Example of Ancient Greek
Narrative) (2014), in: Hühn, Handbook, (http://www.lhn.uni-hamburg.de/article/
diachronic-narratology-example-ancient-greek-narrative; 2.3.2017) § 3.1.
41) Moore, Analysis, 39: »[…] but biblical narrative critics have always had to be
attentive to historical and sociocultural context, their discipline never allowing
them to forget it for very long.«
42) Müllner, Gewalt, 38 f.
43) Vgl. Hardmeier, Textwelten 1, 47–51.
44) Barbara Schmitz, Prophetie und Königtum. Eine narratologisch-historische
Methodologie entwickelt an den Königsbüchern, FAT 60, Tübingen 2008, 79,
zum »Autor« insgesamt 58–108.
45) Für die unterschiedliche Zuordnung der Narratologie zu diachronen Methoden
der historischen Kritik s. die neueren Methodenbücher für die Exegese
des Alten Testaments; als zwei entgegengesetzte Positionen können exemplarisch
Helmut Utzschneider/Stefan Ark Nitsche, Arbeitsbuch literaturwissenschaftliche
Bibelauslegung. Eine Methodenlehre zur Exegese des Alten
Testaments, Gütersloh 42014, und Uwe Becker, Exegese des Alten Testaments. Ein
Methoden- und Arbeitsbuch, UTB 2664, Tübingen 42015, genannt werden.Interrelated
Narratives. A Redaction-Critical and Theological Study, BZAW 475, Berlin/
Boston 2015, 46.
47) De Jong, Narratology, § 1: »Diachronic narratology means the description
and analysis of the history of the forms and functions of narrative devices within
a given (period of a) literature.«
48) Susanne Gillmayr-Bucher, Erzählte Welten im Richterbuch. Narratologische
Aspekte eines polyfonen Diskurses, Biblical Interpretation Series 116, Leiden/
Boston 2013, 8.
49) Müllner, Gewalt, 20.
50) Stefan Fischer, Das Hohelied Salomos zwischen Poesie und Erzählung. Erzähltextanalyse
eines poetischen Textes, FAT 72, Tübingen 2010.
51) Als Beispiel Ulrich Zalewski, Gott, König und Volk. Eine synchrone und
diachrone Auslegung von 2 Sam 24, EThSt 103, Würzburg 2014, der als Vorhaben
explizit formuliert, synchrone und diachrone Analyse zu kombinieren.
52) Benedikt Hensel, Die Vertauschung des Erstgeburtssegens in der Genesis.
Eine Analyse der narrativ-theologischen Grundstruktur des ersten Buches der
Tora, BZAW 423, Berlin/New York 2011.
53) Michaela Geiger, Gottesräume. Die literarische und theologische Konzeption
von Raum im Deuteronomium, BWANT 183, Stuttgart 2010.
54) Ruth Poser, Das Ezechielbuch als Trauma-Literatur, VT.S 154, Leiden/Boston
2012, 249–287.
55) »Trauma und Literatur, Trauma als Literatur – (Wie) ist Trauma erzählbar?
«, Poser, Ezechielbuch, 105–115.56) Thomas Hieke, Die Genealogien der Genesis, HBS 39, Freiburg i. Br. u. a.
2003; Hensel, Vertauschung.
57) So z. B. Rainer Kessler, Der Weg zum Leben. Ethik des Alten Testaments,
Gütersloh 2017.
58) Vgl. Pamela Barmash, Law and Narrative in Genesis, ZAOR 16 (2010), 211–
223, 211: »Law in narrative reflects how the storyteller perceives the law in action:
which offenses and offenders escaped legal action, where power relationships corrupted
the legal system, where the legal system overreacted and ensnared the innocent
or minimally guilty.« Vgl. auch Assnat Bartor, Reading Law as Narrative.
A Study in the Casuistic Laws of the Pentateuch, SBL: Ancient Israel and Its Literature
5, Atlanta 2010, die den narrativen Charakter biblischer Gesetzestexte zeigt.
59) Rüdiger Lux (Hrsg.), Erzählte Geschichte. Beiträge zur narrativen Kultur
im alten Israel, BThSt 40, Neukirchen-Vluyn 2000, 8; vgl. auch die Sammelbände
Erhard Blum (Hrsg.), Das Alte Testament – ein Geschichtsbuch? Altes Testament
und Moderne 10, Münster/Hamburg 2002, entstanden aus dem Symposium zum
100. Geburtstag von G. v. Rad; Klaus-Peter Adam (Hrsg.), Historiographie in der
Antike, BZAW 373, Berlin/New York 2008.
60) Aus diesem Grund ist in diesem Zusammenhang auch die Frage nach Fiktionalität
und Faktualität diskutiert worden, die jedoch in der neutestamentlichen
Exegese eine größere Rolle spielt, für das Alte Testament jedoch nie im
Vordergrund stand.
61) Jörg Schönert, Was ist und was leistet Narratologie? Anmerkungen zur
Geschichte der Erzählforschung und ihrer Perspektiven 2006, (http://literaturkritik.
de/public/rezension.php?rez_id=9336; 2.3.2017) § V; Daniel Fulda, Historiographic
Narration. (2014), in: Hühn, Handbook, (www.lhn.uni-hamburg.de/
article/historiographic-narration; 2.3.2017).
62) Vgl. zu diesen Diskursen den Überblick über neuere Forschungstendenzen
zu biblischen narrativen Texten von Fewell, Work.
63) Vgl. Utzschneider/Nitsche, Arbeitsbuch, 22.62–69.
64) Linafelt, Bible, besonders 67–69; vgl. auch ders., Poetry and Biblical Narrative,
in: Fewell, Danna Nolan (Hrsg.), Handbook, 84–92; vgl. dazu Uta Schmidt, ›A
Figure of Speech‹. Gott als Figur in Jesaja 49–55, in: Ute Eva Eisen/Ilse Müllner
(Hrsg.), Gott, 124–149.