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Ausgabe:

Mai/2018

Spalte:

505–506

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Verheyden, Joseph, Merkt, Andreas, and Tobias Nicklas [Eds.]

Titel/Untertitel:

»If Christ has not been raised …«. Studies on the Reception of the Resurrection Stories and the Belief in the Resurrection in the Early Church.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2016. 229 S. = Novum Testamentum et Orbis Antiquus/Studien zur Umwelt des Neuen Testaments, 115. Geb. EUR 120,00. ISBN 978-3-525-59374-5.

Rezensent:

Nikolai Kiel

Die zehn Beiträge des Sammelbandes stammen fast ausschließlich aus einer Tagung des Novum Testamentum Patristicum Projektes, die im Oktober 2012 an der Universität Leuven abgehalten wurde. Die einzelnen Studien sind der Rezeption der Auferstehungserzählungen und dem Glauben an die Auferstehung in der Alten Kirche gewidmet. An dieser Stelle werden drei Aufsätze als repräsentativ für die Themenstellung der Tagung in den näheren Blick genommen, da sie sich der Auferstehungsthematik explizit zuwenden.
Riemer Roukema (33–60) befasst sich mit der Auslegung eines zentralen Textes für das Auferstehungsverständnis (1Kor 15,35–55) bei den christlichen Schriftstellern der ersten Jahrhunderte. Dabei orientiert er sich an der grundlegenden Studie aus dem Jahr 1977 von François Altermath. R. wählt einige wichtige Autoren aus, um deren Rezeption der Auferstehungsvorstellung aus 1Kor 15 darzustellen: Valentinianer, Irenäus, Tertullian, Clemens Alexandrinus, Origenes, Methodius, Gregor von Nyssa, Didymus, Johannes Chrysostomus, Ambrosius sowie Hieronymus. Schon die große Anzahl der ausgewählten Schriftsteller macht eine ausführliche Darlegung der Interpretationen dieser von 1Kor 15 auf nur 28 Seiten fast unmöglich. Es ist daher unvermeidlich, dass sich R. auf einige wichtige Akzente konzentriert. Hier einige Rückfragen:
R. entdeckt in der Auferstehungskonzeption des Rheginosbriefes einen Gegenentwurf zu »orthodoxen« Erwartungen der Auferstehung der Menschenkörper (35). Es lässt sich jedoch auch zeigen, dass der Verfasser des Rheginosbriefes der »orthodoxen« Vorstellung von der Auferstehung des Fleisches in NHC I,4 (47,1–13) weit entgegenkommt. R. geht weiterhin auf die Annahme des Origenes von der Auferstehung der Ungerechten ein, die ihre sündigen und mit dem Vieh vergleichbaren Körper erhalten (44). Der Alexandriner kann sich für die Gottlosen (De Princ II,10,8) nur dunkle und schwarze Auferstehungsleiber vorstellen. Zusätzlich wäre es wünschenswert zu erfahren, wie sich bei Origenes die Vorstellung von der Auferstehung der pneumatischen Körper für die Gläubigen mit der Annahme eines körperlosen Zustands im Endheil als eine gleichwertige eschatologische Option verträgt. – Bei Gregor von Nyssa wird schließlich ein Widerspruch zwischen In sanctum Pascha und De anima et resurrectione hinsichtlich der Auferstehungsleiblichkeit behauptet (49). Wie kommt der Nyssener dazu, so gegensätzliche Auferstehungskonzepte zu vertreten?
Tobias Nicklas führt in seinem Beitrag (105–121) aus, dass in einigen frühchristlichen Texten die Auferstehung der Toten keineswegs selbstverständlich mit der Auferweckung Christi verknüpft wird. Das eschatologische Ereignis mündet vielmehr in einer Gerichtsperspektive. Exemplarisch lässt sich dies an der ersten und zweiten Auferstehung in Offb 20,4 und 20,11–15 zeigen. Die erste wird als Heilsereignis, die zweite als ein Akt des Endgerichts mit doppeltem Ausgang geschildert. In der Vision des neuen Jerusalems (Offb 21 f.) vertieft jedoch der Apokalyptiker in einer bildhaften Illustration die Heilsperspektive für die Erlösten, während die Strafe für die Gottlosen (in Offb 21,8) nur am Rande erscheint.
Matthieu Cassin beschäftigt sich in seinem Aufsatz mit den Oster-Homilien Gregors von Nyssa (149–165). Sein Ziel ist es, den Gebrauch der Auferstehungs- und der Erscheinungsberichte in diesen Homilien zu untersuchen. Er konzentriert sich vor allem auf zwei Homilien: In sanctum Pascha und De tridui spatio. In der ersten Homilie zielt Gregor nicht etwa darauf, die Passion Jesu genau zu beschreiben, sondern setzt dessen Auferstehung bei seiner Predigt voraus und bezieht sie auf die eschatologische Hoffnung für die Gläubigen (155). Dabei stellt C. treffend fest: Die Schrift wird zur Lösung von Problemen verwendet, nicht zur Nacherzählung der Auferstehungsgeschichte (158). Der Fokus richtet sich vielmehr auf die Auferstehung der Menschen im letzten Ge­richt (158 f.). Gregor will auch in der zweiten Homilie die Dauer von drei Tagen und Nächten zwischen Tod und Auferstehung Jesu nachweisen. Als Ergebnis stellt C. fest, dass die Debatte zwischen Origenes und Methodius von Olympus Gregor mehr als die Exegese der neutestamentlichen Texte für die Komposition seiner Homilien beeinflusst hat (159.165). Der genaue Nachweis dieser Debatte bleibt aber aus. An dieser Stelle ist zu fragen, wie der Nyssener dennoch dazu kommt, in diesen Homilien NT-Texte als Leitfaden seiner Ideen zu verwenden, selbst wenn er sie neu fasst und den Auferstehungsbericht (in: Trid spat 304,5–306,10) frei wiedergibt?
Die drei kurz vorgestellten Beiträge zeigen, wie aktuell die Thematik der Auferstehung in der gegenwärtigen Forschung ist. Die im Rahmen dieser Besprechung aufgeworfenen Fragen dienen der zu vertiefenden Diskussion um die eschatologische Hoffnung und lassen weitere anregende Studien erwarten.