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Ausgabe:

Dezember/1999

Spalte:

1297 f

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Körtner, Ulrich H. J.

Titel/Untertitel:

Reformiert und ökumenisch. Brennpunkte reformierter Theologie in Geschichte und Gegenwart.

Verlag:

Innsbruck-Wien: Tyrolia 1998. 191 S. 8 = Salzburger Theologische Studien, 7. Kart. öS 248,-. ISBN 3-7022-2135-2.

Rezensent:

Alasdair I. C. Heron

Ulrich Körtner bietet mit diesem Band eine Sammlung von zehn Aufsätzen (meist schon anderswo veröffentlicht), aus den Jahren, seitdem er 1992 auf den reformierten Lehrstuhl in Wien berufen wurde. Etwa die Hälfte wurden als Vorträge in katholischen Veranstaltungen gehalten - ein Zeichen dafür, daß für ihn "reformiert" und "ökumenisch" keine gegensätzlichen Begriffe sind (vgl. dazu auch seine Abhandlung Versöhnte Verschiedenheit. Ökumenische Theologie im Zeichen des Kreuzes, Bielefeld 1996). Sie behandeln die Geschichte der reformierten Kirche in Österreich bzw. des reformierten Lehrstuhls in Wien; Brennpunkte reformierter Theologie (Evangelium und Gesetz bei Calvin und Barth; die Weber-These zu Calvinismus und Kapitalismus; reformierte Spiritualität); Protestantismus und Katholizismus in der modernen pluralistischen Gesellschaft (Reform oder Reformation; evangelische Konfessionalität; Dialog der Religionen); schließlich in zwei Kapiteln die neuere Haltung der evangelischen Kirchen zum Judentum.

Eine ziemlich bunte Palette also, wobei die Themenbreite zusammen mit dem Gelegenheitscharakter der meisten Beiträge einer vertieften Auseinandersetzung nicht unbedingt förderlich ist. Kap. 1 "Zur Geschichte der reformierten Kirche in Österreich" referiert z. B. nur Forschungsergebnisse anderer sowie teilweise schon veraltete Literatur. Die Angaben zum ref. Weltbund auf S. 21 stammen aus den sechziger Jahren, sowohl was die Bezeichnung wie auch seine Mitgliederzahl betrifft; seit 1970 heißt er nicht mehr "World Alliance of Reformed Churches troughout (sic!) the world holding the Presbyterian Order" und der neueste Mitgliedstand (Sommer 1998) beziffert sich auf etwa 75 Millionen. Man braucht auch kein Fachmann zu sein, um zu merken, daß der Hinweis auf den Augsburger bzw. Westfälischen Frieden auf S. 20 ziemlich durcheinandergeraten ist. Fachleute könnten auch bezweifeln, ob es hilfreich ist, Bullingers Confessio helvetica posterior als "zwinglianisch" zu bezeichnen (17): dafür war Bullinger viel zu eigenständig. Dagegen sind etwa Kap. 2 "Der Neocalvinismus und seine Vertreter auf dem Lehrstuhl für reformierte Theologie in Wien" oder Kap. 4 über die Weber-These durchaus informativ, Kap. 3 über Evangelium und Gesetz bei Calvin und Barth eine gelehrte Glosse zu KD II/2, die zum weiteren Nachdenken anregt. Die anderen Beiträge bewegen sich auf dem Niveau einer gut informierten, kommunikationsfreudigen ökumenischen Öffentlichkeitsarbeit, die K. in seiner besonderen österreichischen Situation mit Freude und Einsatz anzupacken weiß.