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Ausgabe:

Dezember/1999

Spalte:

1293 f

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Heckel, Martin

Titel/Untertitel:

Religionsunterricht in Brandenburg. Zur Regelung des Religionsunterrichtes und des Faches Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde (LER).

Verlag:

Berlin: Duncker & Humblot 1998 112 S. gr.8 =Staatskirchenrechtliche Abhandlungen, 30. Kart. DM 78,-. ISBN 3-428-09419-0.

Rezensent:

Christian Grethlein

Die schmale, aber überaus gehaltvolle Publikation des bekannten Tübinger Kirchenrechtlers ist aus dem Gutachten hervorgegangen, das der Vf. für evangelische Schüler und Eltern im Land Brandenburg zur Begründung der Verfassungsbeschwerde gegen die Regelung des Religionsunterrichts und des Faches "Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde" (LER) erarbeitete. Sie gibt - vor der erwarteten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - einen umfassenden Einblick in die juristische Problemlage des umstrittenen Brandenburger Unterrichtsfachs.

Der einleitende Teil skizziert auf 15 Seiten knapp, aber durch die Zitation wichtiger Passagen der entsprechenden Brandenburger Gesetzesentwürfe und Gesetze anschaulich die verschiedenen historischen Etappen der Gesetzgebung auf dem Weg zum jetzigen LER.

Ein zweiter Teil (26-39) begründet die Zulässigkeit von Verfassungsbeschwerden gegen das Brandenburger Schulgesetz, und zwar sowohl hinsichtlich der von Eltern als auch der von Kirchen eingereichten Klagen.

Den Hauptteil der Studie (40-106) bildet der Nachweis der "Verfassungswidrigkeit des Brandenburger Schulgesetzes". Entsprechend der Grundsätzlichkeit der durch das Brandenburger Schulfach aufgeworfenen Fragen finden sich hier weit über den konkreten Gegenstand LER hinausreichende Hinweise und Argumentationen zur Bestimmung der Religionsfreiheit in Deutschland, aber auch zum Verhältnis von Staat und Kirche. Denn das "Kernproblem des Rechtsstreits" ist "verfassungsrechtlich nur aus dem Gesamtzusammenhang des Staatskirchenrechts und Schulverfassungsrechts zu bestimmen", wofür der "Weimarer Schul- und Kirchenkompromiß und seine Rezeption durch das Grundgesetz" als maßgebend erscheinen (46). Auf dieser allgemeinen Grundlage werden dann Konsequenzen für die rechtliche Beurteilung von LER und Folgerungen für die Ausgestaltung eines grundgesetzkonformen LER-Unterrichts gezogen.

Insgesamt liegt hier eine präzise juristische Studie zur Verhältnisbestimmung von Staat und Kirche in Deutschland angesichts der Erziehungsaufgabe öffentlicher Schule vor, deren Lektüre auch jenseits der Auseinandersetzung um LER lohnend ist. Wohl nicht nur der Rez. ist darauf gespannt, inwieweit sich die Verfassungsrichter dieser vor allem die historische Dimension und die bisherige bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung aufnehmenden Argumentation anschließen. Dies dürfte - und das ergeben die systematischen Ausführungen Heckels zumindest indirekt - erhebliche Bedeutung nicht nur für die Arbeit der Kirchen, sondern auch für das Verständnis des deutschen Staats haben.