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Ausgabe:

Januar/2018

Spalte:

83–84

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Hausammann, Susanne

Titel/Untertitel:

Annäherungen. Das Zeugnis der altkirchlichen und byzantinischen Väter von der Erkenntnis Gottes.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht (Neukirchener Theologie) 2016. 205 S. Kart. EUR 34,00. ISBN 978-3-7887-3021-5.

Rezensent:

Ekkehard Mühlenberg

Eine fromme Seele stellt elf Glaubensfragen und beantwortet sie aus der Tradition der orthodoxen Kirche östlicher Provenienz. Die ausführlichen Zitate der altkirchlichen (und byzantinischen) Vä­ter werden in die Gedankengänge eingefügt. Man könnte sie die Pfeiler nennen, auf denen eine theologische Reflexion aufliegen sollte, damit sie nicht wie kahle Stümpfe in die erbaulichen Ge­danken hineinragen; und sie bedürften selbst der theologischen Interpretation, damit sie als Grundstützen erkennbar sind und nicht zu meditativen Impulsen verblassen – ganz abgesehen da­von, was be­treffs der einzelnen Glaubensfragen ausgewählt worden ist.
Im Vorwort erläutert die Vfn., welche Frage sie angehen will, und umreißt die Antwort, die sich ihr aus dem Glaubenszeugnis der Alten und somit orthodox-byzantinischen Kirche ergeben hat. Es sind Glaubensprobleme eines nachdenklichen Menschen innerhalb des orthodox-kirchlichen Lebens. Die Antworten lesen sich wie Richtlinien im Rahmen eines seelsorgerlichen Glaubensgespräches. Außerhalb des Verweises auf das Erleben und Miterleben der orthodox-kirchlichen Liturgie stehen da unreflektierte Hülsen.
Für manche Gebildete mag derartige Erbauung heutzutage eine Hilfe sein, z. B. Aufsatz VII: »Das Schweigen und das Mysterium der Gotteserfahrung bei den monastischen Vätern und Müttern im Osten« (85–103). Wissenschaftlich gesehen sind die »Annäherungen« ohne Ertrag, weil die Gedankengänge in jedem der elf Aufsätze von Brüchen durchzogen sind.
»Erkenntnis Gottes« wird in fünf Aufsätzen thematisiert. Nirgends wird geklärt, warum Christen nach der Erkenntnis Gottes gesucht haben; denn die Aussage, dass es die Suche nach einem philosophischen Weltbild gewesen sei, ist falsch. Ungeklärt bleibt, wie die Vergöttlichung des Menschen sich ohne Erkenntnis Gottes vervollkommnen kann. In dem Aufsatz »Zur Bedeutung der Negativen Theologie für den christlichen Glauben« (67–76) werden die Zitate der kappadokischen Theologen derart gekappt, dass sich für die Gottesbegegnung im Nicht-Erkennen des Wesens Gottes die Demut ergibt und für den Aufstieg ohne Ende der Gehorsam der Nachfolge; und wie sich Pseudo-Dionysius Areopagita die Vereinigung mit Gott in seinem Gegenteil, dem Nicht-Erkennen, erschleichen kann, ist nicht erklärt. Wie die Lichterfahrnis der Hesychas­ten, der Enthusiasten, als Ersatz für Gotteserkenntnis Christen bereichert, habe ich nicht entdecken können.
Der längste Aufsatz (IX. »Engel und Dämonen in der Heiligen Schrift, bei Origenes, Athanasius und den kappadokischen und an­tiochenischen Theologen des 4. Jh.s«; 113–142) fragt, wieso Christen Dämonen und Engel zu ihrem Glaubensbild rechnen, obwohl es unchristlicher Volksglaube sei. Die philosophische Logik des Origenes soll dem Volksglauben das Tor geöffnet haben, was un­richtig ist. – Aufsatz X »Zur Frage nach Gottes Barmherzigkeit und Gerechtigkeit in der biblischen und altkirchlichen Theologie« (143–168) ist voller gut gemeinter Sätze, aber weder theologiegeschichtlich noch theologisch nachvollziehbar.
Hinweisen möchte ich noch auf ein lohnendes Experiment an Aufsatz I. »Christlicher Glaube – eine Gnadengabe Gottes. Chris­toph Lorentz zu seiner Aufnahme in die Orthodoxe Kirche am 3. Okt. 2013 gewidmet« (13–20). Gemäß Vorwort (5) soll darüber nachgedacht sein, inwiefern sich in Schrift und Tradition nicht bestätigen lässt, dass der Glaube als ein Akt des Gehorsams gefordert und die Erfüllung als ein verdienstvolles Werk angerechnet werde. Ich empfehle, die gedanklichen Schritte zu analysieren, die am Ende den christlichen Glauben durch die »Begegnung mit Christus in den Mysterien der Kirche« entstehen lassen. Wer die Bruchstellen nicht benennen kann, müsste die Konsequenz ziehen, sich in die orthodoxe Kirche aufnehmen zu lassen.