Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Januar/2018

Spalte:

80–81

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Dodaro, Robert, Mayer, Cornelius, u. Christof Müller [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Augustinus-Lexikon. Bd. 4, Fasc. 5/6: Pelagius, Pelagiani – Prouerbium, Prouerbia (Prv). Hrsg. in Verbindung m. I. Bochet u. a. Red.: A. E. J. Grote.

Verlag:

Basel: Schwabe Verlag 2016. S. 641–959 (320 Sp.). Kart. EUR 65,00. ISBN 978-3-7965-3504-8.

Rezensent:

Dorothea Weber

Mit Erscheinen des Doppelfaszikels 5/6 liegt nunmehr der Großteil des vierten Bands des seit 1986 sukzessiv publizierten, auf insgesamt fünf Bände konzipierten Augustinus-Lexikons vor. Dieses Lexikon ist aus der Arbeit des Augustinus-Forschers nicht mehr wegzudenken: Es bildet nämlich nicht nur den aktuellen Forschungsstand ab, sondern ist auch geeignet, Untersuchungen zu Fragen, die sich auf Augustinus im weiteren Sinn beziehen, zu stimulieren. Dass das möglich ist, liegt ebenso an der exzellenten redaktionellen Betreuung wie an der klugen Auswahl der Beiträgerinnen und Beiträger, die international ausgewiesene Spezialisten für die jeweiligen Themen sind.
Die in diesem Doppelfaszikel behandelten Stichwörter betreffen Augustinuswerke sowie Personen und Begriffe, die mit Augustinus in Zusammenhang stehen; topographische Artikel sind in diesem Abschnitt des Alphabets zufällig nicht angefallen. Die erstgenannte Kategorie der Werke ist verhältnismäßig klein (De perfectione iustitiae hominis, De philosophia [verloren], De praedestinatione sanctorum, De praesentia Dei [= ep. 187], Contra Priscillianistas, Probationes et testimonia contra Donatistas [verloren]). In den Kategorien Personen bzw. Begriffe finden sich hingegen »große« Artikel wie Pelagius/Pelagiani (Fortsetzung des in Faszikel 4 begonnenen Artikels), Petrus apostolus, Philo Alexandrinus, Plato, Plotinus, Porphyrius und Possidius bzw. unter den Begriffen für das Denken Augustins, seine Theologie und die kirchliche Struktur derart zentrale wie beispielsweise Perfectio, Persona, Poena, Praedestinatio, Praedicatio oder Presbyter/presbyterium.
Die Qualität der Artikel ist in dem zu besprechenden Doppelfaszikel durchgehend sehr hoch. Dies sei an vier Beispielen gezeigt: Bei Pelagius/Pelagiani von V. H. Drecoll handelt es sich um eine umfassende, klar strukturierte und luzide Darstellung der Person des Pelagius (mit sehr nützlicher Werkliste [645–650]) und des Phänomens des Pelagianismus, das auch auf die Anhänger des Pelagius, insbesondere Caelestius und Julian von Aeclanum, aufgefächert behandelt wird, sowie von Augustins Auseinandersetzung mit dieser Theologie in dogmatisch-polemischen Werken ebenso wie in Predigten. Mit einer Länge von etwa 40 Spalten bietet der Artikel eine exzellente Einführung in das Thema im Umfang eines längeren Aufsatzes. – Possidius von F. Dolbeau skizziert knapp und doch umfassend die hagiographische Komponente der Vita Augustini ebenso wie ihre literarische Gestaltung in Anlehnung an Sueton oder die Interpretation des langen Zitats von ep. 228 (vita Aug. 30,3–51); im letzten Teil des Artikels bespricht Dolbeau die Bewertung, die der Vita Augustini in der Antike und in der modernen Forschung zuteilgeworden ist. – Presbyter, presbyterium von A. Zerfaß verbindet einen Abschnitt zu Genese und allgemeiner Charakterisierung dieses kirchlichen Standes mit einer Skizze der Stellung des Presbyters in der Kirchenverfassung zu Augustins Zeit und in dessen Umfeld. Der Artikel gibt damit einen Einblick in Ansehen und Funktionen eines Presbyters auch und besonders im Verhältnis zu dem ihm übergeordneten Bischof; dies aus dem Blickwinkel Augus­tins wahrzunehmen, der vor seiner Bischofsweihe ja selbst Pres-byter war, ist überaus aufschlussreich. – In Principium stellt Chr. Tornau die Bedeutungen dieses Begriffs in der vorchristlichen Philosophie sowie in Augustins hierin vom Platonismus beeinflusstem Denken dar, bevor er auf Augustins Deutung des biblischen In principio eingeht: Für Gn 1,1 scheidet ein Verständnis im Sinne von in principio temporis allein schon deswegen aus, weil dies den Manichäern Anlass zu Kritik gegeben hatte. Von den verbleibenden Möglichkeiten bevorzugt Augustinus die komplexe christologische Deutung, die im Beginn von Gn die Trinität angedeutet sieht; Io 1,1 verwendet Augustinus häufig im Kontext der Auseinandersetzung mit dem Arianismus.
Das Augustinus-Lexikon könnte im Jahr 2020 mit Band 5, Faszikel 3/4 seinen Abschluss finden. Um den Kreis potentieller Benützer zu erweitern, soll dann auch eine Datenbank zur Verfügung gestellt werden, die anstelle eines traditionellen Registerbandes das gesamte Lexikon nach differenzierten Kriterien für die drei Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch erschließt. Sie wird die bestmögliche disziplinenübergreifende Nutzbarkeit des Augus­tinus-Lexikons gewährleisten.