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Ausgabe:

Januar/2018

Spalte:

3–22

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Ralf Kunz

Titel/Untertitel:

»Auf diesem schmalen Felsgrat kann man nur gehen!«

Pfarrberuf und Pfarramt im Wandel begriffen

In den 1980er Jahren schockierten Bilder von toten Fichten im Erzgebirge die Öffentlichkeit. Das »Waldsterben« alarmierte weite Kreise der Bevölkerung. Die Angst, dass der Waldbestand in Gefahr und großflächig vom Absterben bedroht sei, löste in Deutschland eine Umweltdebatte aus.1 Bald war klar: Luftverschmutzung und saurer Regen führten zu den großflächigen Schäden. Die Symptomatik differierte je nach Holzart und Region, aber eine Merkwürdigkeit begegnete an allen Orten: Die kranken Bäume entwickelten Verhaltensanomalien. Wo der Boden zu sauer war, produzierten Fichten sogenannte Angsttriebe und besonders viele Zapfen.

Am pastoraltheologischen Baum hängen gegenwärtig sehr viele Zapfen! Eine Fülle von Monographien ist in den letzten Jahren erschienen. Handelt es sich um Angsttriebe? Birgit Weyel behauptet, die unüberschaubare Zahl der pastoraltheologischen Ver­­öffentlichungen sei ein »Signal für die Krisenhaftigkeit des Pfarrberufs.2. Auffällig oft stellt sich die Pastoraltheologie als »Krisenwis­senschaft« dar.3 Sie verweist dabei auf die »neuzeitlichen Konstitutionsbedingungen der Praktischen Theologie«4: die politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Umbrüche am Ende des 18. Jh.s, die die Etablierung einer akademisch reflektierten Praxistheorie forcierten.5 Es liegt auf der Hand, dass ein enger Zusammenhang zwischen dem Wandel der Kirchenorganisation und einer anhaltenden, meist im Ton der Klage geführten Berufsdiskussion besteht. Zweifellos wurde die Pastoraltheologie durch Verfallsdiskurse angeregt und herausgefordert.6 Aber was »Krisenwissenschaft« meint, muss differenzierter wahrgenommen werden.7 Erstens ist der pastoraltheologische Re­flexionshorizont mit dem Krisenbegriff nicht hinreichend beschrieben und zweitens eröffnet ein Generalschlüssel, der auch im Schloss anderer Geistes-, Sozial- und Humanwissenschaften dreht, keinen Zugang zum pastoraltheologischen Profil der Krisenwahrnehmung. Die interessante Frage ist, wie der Veränderungsdruck jeweils gedeutet und was als Problem bezeichnet wurde, warum sich Krisenwahrnehmungen verändert und welche Lösungen sich im Laufe der Zeit verfestigt haben. Das Stetige im Wandel der Berufsbilder lässt sich so besser erkennen: Hartnäckig wiederkehrende Bildstörungen können analysiert, signifikante Verschiebungen identifiziert und Lücken entdeckt werden. Die kritische Krisenwahrnehmung hat darum eine wichtige Funktion für die praktische Theoriebildung. Sie kann vor Kurzschlüssen bewahren, Engführungen weiten und Zuspitzungen begründen – damit man trotz vieler Bäume den Wald noch sehen kann.

Die Analyse der Gegenwart, die sowohl die Lage der Kirche als auch die berufliche Situation erfasst,8 erfordert Rückblick und Ausblick. Wenn von künftigen Entwicklungen der »Schlüsselprofession« die Rede ist, sind Querverbindungen zur aktuellen Kirchenreformdiskussion unvermeidlich.9


I Krisenwahrnehmung in drei Wellen - das pastoraltheologische Jahrhundert

1. Krisenwahrnehmung zu Beginn des 20. Jahrhunderts –
vom Ende her gesehen


Wenn schon die Einschätzung der Großwetterlage Debatten auslöst, ist es ratsam, von der Wetterbeobachtung zur Klimaforschung überzugehen. Ulrike Wagner-Rau macht es vor, wenn sie die Frage nach der Zukunft des Pfarrberufs mit einem Rückblick auf das Jahrhundert verbindet. Sie kommt zum Schluss, dass »die heutige Situation die Zuspitzung einer sich seit langem anbahnenden Transformationskrise darstellt«10. Ihre Analyse setzt mit einer Schilderung der gesellschaftlichen und kulturellen Umbrüche zu Beginn des 20. Jh.s ein: dem radikalen Modernisierungsschub, der zu tiefgreifenden Veränderungen der Gesellschaft führte. Industrialisierung und Verstädterung hatten massive soziale Verwerfungen zur Folge. Die evangelischen Kirchen vermochten mit dem Wandel der Umwelt und dem damit verbundenen religiösen Wandel nicht Schritt zu halten. Sie verloren den selbstverständlichen Anschluss an die Lebens- und Denkweisen der Masse genauso, wie sie zuvor schon die gebildete Mittelschicht nicht mehr erreichen konnten.

Was gewinnt man pastoraltheologisch, wenn man bei der »sich seit langem anbahnenden Transformationskrise« ansetzt? Einerseits die Einsicht, dass die Auflösung der Einheit von gesellschaftlicher und religiöser Lebenswelt ein lang anhaltender Prozess ist, der den Pfarrberuf seit Beginn der Moderne permanent herausgefordert hat, andererseits ein Bewusstsein dafür, dass die Zuspitzung der Lage Reformen zwingend macht. Für Wagner-Rau ist die Auflösung dieser Einheit »endgültig an ihr Ende gekommen«. Daraus ergeben sich drei Konsequenzen, die schon vor hundert Jahren er­kannt wurden und »die sich auf die eine oder andere Weise bis in die Gegenwart hineinverfolgen [lassen]. Es handelt sich erstens um das Verhältnis von Kirche bzw. Pfarrberuf und Öffentlichkeit, zweitens um die Auswirkung des religiösen Wandels auf die beruflichen Kommunikationsbedingungen und drittens um eine Diffusion in der Bestimmung des Berufsbildes.«11

Es erstaunt nicht, dass die beruflichen Herausforderungen, die eine solche analytische Anlage herausfiltert, schon in den Diagnosen und Prognosen der liberalen und kulturprotestantischen Pas­toraltheologien vorgezeichnet sind. Paul Drews’ Forderung nach einer »religiösen Volkskunde«12, die den Pfarrer sprachsensibler machen soll, klingt an, wenn von Pfarrerinnen und Pfarrern erwartet wird, sie sollen in der Lage sein, »die Überzeugungen des christlichen Glaubens in verständliche und zugleich gehaltvolle Darstellung zu übersetzen«13. Unter den veränderten Kommunikationsbedingungen sei ihre »selbstkritische religiöse Expertise« gefragt. Von Theologinnen und Theologen sei verlangt, dass sie sich öffentlich einmischen, ohne rechthaberisch oder bevormundend aufzutreten.

Wagner-Raus Fazit ist gleichwohl ambivalent. Der Pfarrberuf habe zwar »in den vergangenen 150 Jahren an selbstverständlicher Bedeutung verloren«. Dennoch bleibe pastorale Arbeit »ein produktiver und unersetzlicher Bestandteil des Lebens vor Ort oder in einer Einrichtung«14. Dies hat allerdings zur Folge, dass der Kompetenzdruck steigt. Die »persönliche und die fachliche Qualität der Arbeit [muss] überzeugen«15. Dazu kommt, dass sich mit der Ausdifferenzierung des kirchlichen Lebens auch die pastoralen Handlungsmöglichkeiten erweitert und die professionellen Ansprüche in allen Tätigkeitsbereichen des Pfarrberufs entsprechend erhöht haben. Den Reformstress müsse man aushalten und die Verluste an Ressourcen, die der Mitgliederschwund mit sich bringe, als Chance ergreifen. Den Strukturwandel gälte es theologisch mitzugestalten.

Pfarrer und Pfarrerinnen, darauf läuft es hinaus, können sich in der Pluralität religiöser und kultureller Angebote nicht mehr auf die Autorität des Amtes berufen, spielen aber in den Großkirchen weiterhin und bis auf Weiteres eine entscheidende Rolle – beziehungsweise – spielen in verschiedenen Rollen: »Als Leitende, die die Kirche der Zukunft wesentlich mitgestalten. Als christliche Hermeneutinnen und Hermeneuten der Wirklichkeit. Als Religionskundige, die in einer multireligiösen Gesellschaft vermittelnd und bildend wirken können. Als sensible Zeitgenossen, die wahrnehmen, wo Christenmenschen durch Themen und Anlässe vor Ort herausgefordert sind.«16

2. Die Theologie der Krise: Am Anfang war die Dialektik


Die Aufzählung ist symptomatisch, die Liste lässt sich problemlos verlängern und die Forderung, die Rollenvielfalt zu akzeptieren, ist ein Topos der Pastoraltheologie. Es ist darum nicht weiter erstaunlich, dass die Klage der Überlastung wie ein basso continuo den Berufsdiskurs begleitet. Wer allen Rollen gerecht werden will, tut besser daran, sich mit Burnout-Prophylaxe zu beschäftigen.17 Der Vergleich mit der Lagebeurteilung der Jahrhundertwende untermauert also die These der Kontinuität und kontinuierlichen Steigerung einer Krise, die nur durch einen vermehrten, verstärkten und erweiterten pastoralen Einsatz gelöst werden kann. Wer soll es sonst richten? Es ist dieses Pathos, das in der religiös-sozialen Er­weckung genauso stark zu spüren war wie in der Volksmission und später in der dialektischen Theologie.18 Aus dem unbestechlichen Zeugen wurde der gewiefte Redner, aus dem Widerstandskämpfer der bessere Sozialarbeiter, Therapeut, Unterhalter oder kompetente Kommunikator.

Man ahnt aber, dass ebendieses Pathos und die Fokussierung auf den Schlüsselberuf zur Verstärkung und Verschärfung des Krisenbewusstseins beitragen muss. Wenn Pastoraltheologie das Versagen des Systems nur durchschaut, aber das System nicht in Frage stellt, provoziert sie ihrerseits eine additive Logik. Je enger der Spielraum der öffentlichen Verkündigung wird, desto ausufernder werden Rollenzuschreibungen der Schlüsselprofession im System Kirche. Das ist die Kehrseite einer professionszentrierten religiösen Versorgung. Wenn die Erwartungen an die Berufschristen nicht abgebremst und sortiert werden, kumulieren sie sich19 Man kommt von der permanent sich steigernden Krise der Kirche dann zwangsläufig auf permanent gestiegene und weiter steigende Erwartungen an das Pfarramt. Aus der Herausforderung der Kirche wird im Handumdrehen die Überforderung im Beruf.

Die Auflistung der Anforderungen an den Beruf wird zur Litanei.20 Sie macht auf den Exzess aufmerksam, um eine Kürzung zu bewirken und der Überforderung der Anforderungen mit einer selektiven Logik zu begegnen. Die vielen Anforderungen wären dann nicht als ein Leistungskatalog zu lesen, den die Berufsleute alle zu erfüllen haben, um den Laden zusammenzuhalten, sondern eine Problemanzeige. Sie indizieren die Krise und steigern sie, um auf die hohe Unzufriedenheit im Beruf hinzuweisen.21 Sie vermitteln eine professionslogische Botschaft: Vernünftiger wäre es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und Rollenerwartungen zurückzuweisen! Aber nach welchen Kriterien?

3. Unum necessarium


Nicht nur die Krisensemantik, auch der Impuls zur Konzentration auf das Eigentliche begleitet die Pastoraltheologie die letzten hundert Jahre. Eine radikale Antwort, die das Kriterium der Selektion mit der Krise verknüpfte, hat Geschichte gemacht. Mit der dialektischen Theologie ist nach dem Ersten Weltkrieg eine dezidiert theologische Position und Opposition auf den Plan getreten, die sich der additiven Logik verweigerte und vehement das unum necessarium betonte. Die Formel tauchte bei Søren Kierkegaard auf22 und geht auf das Jesuswort (Lk 10,42) zurück: die Szene, in der Jesus das Verhalten der Maria als Hörerin des Wortes lobt. Mit dem Einen, das nottut, ist auf das Eigene, Eigentliche und Konkrete des Glaubens verwiesen, das kritisch von den vielen Dingen, Allotria und Scheinheiligkeit unterschieden werden muss.23

Karl Barth drängte in seinem berühmten Vortrag »Das Wort Gottes als Aufgabe der Theologie« darauf, die Aufgabe, von Gott zu reden, als die eine Aufgabe der Theologie zu bestimmen, die nottut. Das ist zugleich der wahre Grund der Krise, da kein Mensch dieser Aufgabe gewachsen ist. Denn wer von Gott redet, nimmt den Mund zu voll, weil das Wort von Gott nur Gott selber sprechen kann. Aus theologischen Gründen wäre es also richtig und wichtig, sich auf die Verkündigung zu konzentrieren, aber was die Theologen sollen, können sie nicht tun und sollen – wie es Barth auf den Punkt bringt – doch Beides, ihr Sollen und ihr Nicht-Können, wissen und eben damit Gott die Ehre geben.24 In der paradoxalen Struktur dieser unmöglichen Möglichkeit ist die wahre Not der Kirche beschlossen.25 Mit betrieblichen Maßnahmen und religiösem Eifer ist ihr nicht beizukommen. Genau darum werde die Not zur Verheißung.

Es ist nicht weiter erstaunlich, dass in den meisten deutschen Pastoraltheologien der Gegenwart – selbst wenn sie auf ein Jahrhundert zurückschauen – Barth und seine Weggenossen kaum oder nur noch am Rand Berücksichtigung finden. Der dialektische Ansatz wurde seit den 1960er Jahren insbesondere von praktischen Theologen heftig kritisiert. Für eine Praxiswissenschaft sei er un­tauglich. Seit Ernst Langes fulminanter und brillanter Auseinandersetzung mit der Nachkriegstheologie herrscht diesbezüglich Konsens: Nach einer Phase der Bewährung im Dritten Reich hat die Wort Gottes-Theologie die Weiterentwicklung der theologischen Praxistheorie behindert. Die Reduktion und Konzentration auf den Zeugendienst ist homiletisch unterbestimmt und kommunikationstheoretisch problematisch.26 Reduziert man die Dialektik auf die ihr innewohnende Aporetik, wird aus dem Protest in der Tat eine Position, die eine Weiterentwicklung der praktisch-theologischen Didaktik und Hermeneutik blockiert.

Man macht es sich aber zu einfach, wenn man die Kritik derjenigen, die sich von restaurativen Tendenzen der Nachkriegsjahre emanzipieren mussten, wie ein Mantra wiederholt.27 Das Pathos der dialektischen Theologie mag aus heutiger Sicht auf jeden Fall überzogen sein. Sie auf das Unmögliche festzulegen, wird ihr auf keinen Fall gerecht. Denn Barth bleibt nicht bei der Überforderung stehen, sondern behauptet, dass der Pfarrer seine Überforderung erst dann in der ganzen Tiefe begreift, wenn sie als Herausforderung einer theologischen Existenz ergriffen wird.28 Dass die Pfarrerinnen beides sollen, ihr Nicht-Können und Sollen wissen, zeichnet sie aus und fordert sie heraus, ihren Beruf als Berufung zu leben und damit Gott die Ehre zu geben. Barth beschreibt keinen Tanz auf der Nadelspitze, sondern den Gang auf einem Grat zwischen Position und Negation. Es geht gerade nicht darum, das religiöse Virtuosentum noch einmal zu überbieten.29 Aus der Gratwanderung würde sonst ein Standpunkt und aus der Besinnung eine Anleitung zum Handeln – und aus Barth ein »Schleiermacherianer der höheren Ordnung«. Die Standpauke, die er seinen Zuhörern auf der Elgersburg im Oktober 1922 zumutete, sollte diesen Zirkelschluss gerade verhüten. Der Ruf, der die lebendige Mitte wahrt, betont die Bewegung: »Auf diesem schmalen Felsgrat kann man nur gehen, nicht stehen, sonst fällt man herunter, entweder zur Rechten oder zur Linken, aber sicher herunter.«30

II Krisenwahrnehmung in der Mitte

des 20. Jahrhunderts:

Kirchliches Amt im Umbruch


1. Amt im Umbruch der Kirche


Was gewinnt man pastoraltheologisch aus dem Vergleich einer additiven und selektiven Betrachtung der Berufsaufgaben? Die Einsicht, dass der breite Konsens, Pastoraltheologie sei eine Krisenwissenschaft, einen tiefen Dissens in der Interpretation der Krisensymptomatik aufdeckt, aus dem sich zwei gegensätzliche Entwicklungsimpulse für den Beruf ableiten lassen, die sich kritisch ergänzen. Dort, wo vom Auftrag ausgegangen wird, konzentriert sich die pastoraltheologische Aufmerksamkeit auf die Berufung und damit auf ein Amtsverständnis, das sich der exklusiven Logik der reformatorischen Bekenntnisse verpflichtet weiß. Die Theologie der Krisis macht die Differenz zwischen prophetischem Wortdienst (ministerium) und dem königlichen Priestertum aller Gläubigen (sacerdotium) überscharf. Sie betont den institutionskritischen Ab­stand von Amt und Kirche und seine konstitutive Rolle für die Entstehung der Kirche. Denn das Ministerium dient dem Wort und ist keine Dienstleistung der Gemeinde. Es ist im striktesten Sinne des Wortes funktional.31 Der Ruf zur Sache beruft sich auf theologische Differenzbestimmungen. Gott und Mensch, Gesetz und Evangelium, Werk und Glaube werden unterschieden, um die berufliche(n) Rolle(n) auf das Fundament der theologischen Existenz zu stellen. Bei Barth wird freilich aus der festen Grundlage das Wagnis der Gratwanderung. Was [einst] Stand, Boden und Grund verlieh, kann unter den Bedingungen der Moderne nur im Akt ergriffen werden.

Rücken hingegen die Bedingungen der Auftragserfüllung in den Vordergrund, verschiebt sich der Fokus vom Amt auf die Person, von der Einheit des Wortbezugs zur Vielfalt der Beziehungen, die im Kommunikationsraum des Evangeliums mitspielen. Amt und Kirche bilden gleichsam eine Schicksalsgemeinschaft, die auf das Bestehen der Institution ausgerichtet werden. Die religiöse Transformationskrise trifft das Funktionieren der Institution im Mark. In der organisationslogischen Perspektive geraten darum die Re­zeptions- und Kommunikationsbedingungen der pastoralen Re­ligionsdistribution in den Fokus – und die theologischen Zu­sammenhänge immer mehr aus dem Blick.32

Man ist geneigt zu sagen: Wir sollen beide Perspektiven berücksichtigen, können sie nicht versöhnen und darum beides wissen: unser Sollen und Nicht-Können und Gott die Ehre geben. Mit »wir« ist hier allerdings die Kirche und nicht das Kollektiv der Pfarrerschaft gemeint. Die Vielfalt und Einheit und damit auch additive und selektive Logik stehen nebeneinander, interagieren miteinander und erzeugen Reibungen. Es geht immer um eine erstrittene Einheit. Es muss ausgehandelt werden, was das Amt zu tun hat, weil die Ausdifferenzierung der Großkirche in Substrukturen unbestritten ist. Um dem Kompetenzdruck gerecht zu werden, braucht es Spezialisierungen.

Macht es dann aber noch Sinn, von einem Beruf zu sprechen, wenn neben der Generalistin, die viel zu tun hat und fast alles machen kann, eine Spezialistin auftaucht, die nicht mehr alles tun muss, aber dafür etwas ganz gut machen kann? Wie viel hat ein Gemeindepfarramt mit einem funktionalen Pfarramt an einer Institution gemein? Lassen sich freischaffende Theologen, Missionare oder Pioniere, die sich außerhalb des kirchlichen Milieus bewegen, noch in einem Berufsbild unterbringen?33

Jan Hermelink macht in diesem Zusammenhang die interessante Beobachtung, dass empirische Daten zum Pfarrberuf der Gegenwart »vor allem die Pluralität der Verhältnisse als zentrales Problemfeld«34 erscheinen lassen. Pluralisierung wird zum Leitbegriff der zweiten »heißen Phase« im 20. Jh. Ein kurzer Rückblick in die 1960er und 1970er Jahre kann erhellen, warum in dieser Übergangs- und Umbruchzeit die Krisensemantik inflationär Verwendung fand! Die junge Theologengeneration, die sich aus dem Schatten der großen Lehrer herauswagte, schloss einen Pakt mit der Kirchenreformbewegung.35 Mit der anthropologischen Wende und unter den Vorgaben der Soziologie als neuer Leitwissenschaft veränderten sich auch die Sichtweisen auf Institution, Amt und Beruf. Die Wortführer der Kirchenreform plädierten für eine Pluralisierung der Verhältnisse, beklagten den »morphologischen Fundamentalismus«, die »Migration der Kirche aus der Gesellschaft« und die damit verbundenen Verengungstendenzen des Gemeinschaftschristentums.

2. Guerilla-Taktik


In der Einleitung zum Sammelband »Kirchliches Amt im Um­bruch« bringt Hans-Dieter Bastian 1971 die damalige Stimmung treffend zum Ausdruck: »In der Disharmonie der hier gerühmten Idealität, im Zwielicht der hier formulierten Beschreibung steht das kirchliche Amt, das heute seinen Nachwuchs besser findet, wenn es den Umbruch nicht verschweigt, sondern Aporien, Konflikte, Passionen beim Namen nennt. Die Probleme des kirchlichen Amtes sind theologisch beinahe, seine Konflikte und Passionen überhaupt nicht zu lösen.«36 Der Band versammelt Stimmen »der durchlebten, durchdachten und wohl auch durchlittenen Erfahrung« und ist als solches auch als ein Selbst- und Zeitzeugnis zu lesen.

Interessant ist im Rückblick der Rat des Berner Dichterpfarrers Kurt Marti. Er empfiehlt in seinem Beitrag die Guerilla-Taktik als Überlebensstrategie für das Gemeindepfarramt. Er spricht von einem Teufelskreis, in den Pfarrer geraten, die aus Pflichtbewusstsein dem alten Rollenbild genügen und gleichzeitig der wachsenden »Differenzierung und Vielzahl von Aufgaben, die sich einer Gemeinde heute stellen« gerecht werden möchten. Eine theologische Existenz sei unmöglich geworden. Aus dem Teufelskreis komme nicht heraus, wer sich »sowohl das patriarchalisch-priesterliche Rollenbild des Pfarrers wie zugleich auch die Vielzahl heutiger Aufgaben aufdrängen lässt. Aus dem angestrebten ›Alleskönner‹ wird sonst tatsächlich der charakterlose ›Allespfuscher‹. Weniger böse gesagt: der priesterliche Patriarch der traditionellen Rollenerwartung verwandelt sich unter dem Zwang heutiger Gegebenheiten bestenfalls in einen geistlichen Manager. Oder er resigniert.«37

3. Kompromissbereitschaft


Eine andere Einschätzung der Lage bietet der Basler Praktologe Walter Neidhart. In einer messerscharfen Analyse werden die un­terschiedlichen Begründungsmuster von vier verschiedenen theologischen Positionen nebeneinandergestellt. Der Wort Gottes-Theo­logie wird attestiert, dass sie dem Pfarrer »ein widerstandsfähiges Amtsbewusstsein« verleihe, weil sie Kriterien liefere, Wich­tiges von Unwichtigem zu unterscheiden und Widerstände der Gemeinde zu ertragen. Sie sei aber eine zu stark auf das Prophetische ausgerichtete Amtstheologie. Die Konzeption werde von den Anhängern der liturgischen Bewegung an einem entscheidenden Punkt weiterentwickelt: Sie wollen über den liturgischen und sakramentalen Dienst die Engführung auf die Verkündigung vermeiden und damit der Gefahr des Intellektualismus ausweichen.38 Die ökumenische Bewegung betone hingegen den missionarischen und sozialdiakonischen Auftrag der Kirche. Wenn die Mission das Strukturprinzip der Gemeinde sei, gehöre der Pfarrer zur Stoßtruppe neuer Formen und Sozialgestalten der Kirche, die mehr auf die Nöte der Gegenwart und weniger auf die Pflege der Tradition ausgerichtet sein sollte.39 Und schließlich habe auch die kritisch-hermeneutische Theologie zwar keine eigenständige Lehre vom Amt entwickelt, aber mit der Zuweisung der Aufgabe, die wissenschaftliche Lehre mit der Gemeindefrömmigkeit zu vermitteln, dem Beruf ein solides Fundament verliehen. Neidhart zitiert den Kollegen Walter Bernet: »Der eigentliche Beruf des Pfarrers ist die theologische Arbeit […] Der Pfarrer ist der Gemeinde nicht die Verkündigung und nicht den Glauben schuldig. Er ist ihr die Theologie schuldig.«40 Nicht ohne Ironie kommentiert Neidhart: »Diese Konzeption des Berufs imponiert Kandidaten und Pfarrern, die primär an der wissenschaftlichen Theologie interessiert sind. Sie scheint ihnen das Recht zu geben, alle Berufsverpflichtungen, die nicht un­mittelbar mit theologischer Arbeit zu tun haben, als Allotria abzulehnen.«41

Die Differenzen zwischen diesen vier Typen seien so erheblich, dass sie sich nicht in eine einzige Amtstheologie pressen lassen. Das Problem der Pluralisierung lässt sich gemäß Neidhart gerade nicht durch Theologie therapieren – im Gegenteil: Die Theologie begründet den Plural!42 Vor allem aber sei es naiv, den Beruf nur aus biblischen Sätzen und innertheologischen Überlegungen abzuleiten. So habe denn auch jede der theologischen Positionen ein markantes Realitätsdefizit: die Überbewertung der Predigt der Wort Gottes-Fraktion, der krasse Gegensatz zum antiautoritären Streben nach Mündigkeit der Liturgiebewegten, die Ignoranz für das fehlende missionarische Bewusstsein der Gemeinde und die Fantasie, dass das Interesse an wissenschaftlichen Fragen eine Mehrheit bewegt. Die vier Konzeptionen würden mit Illusionen über die kirchliche Wirklichkeit arbeiten und es dem Praktiker überlassen, mit dem Widerspruch zwischen Wunsch und Wirklichkeit fertig zu werden oder an ihm zu zerbrechen.43 Das sei ein Grund für manche Berufskrisen heutiger Pfarrer.

Neidhart fordert eine sozialwissenschaftliche Analyse der Be­rufspraxis. Sie sorge für die Klammer, die alles zusammenhält. Sie übernimmt die Funktion der wissenschaftlichen Begründung. Was die Theologie nicht mehr kann, müssen die nicht-theologischen Wissenschaften leisten. Pastoraltheologie im Sinne einer Theologie für den Beruf wird nicht überflüssig, aber sie bekommt einen anderen Rang. »Jeder Pfarrer benötigt eine theologische Deutung des Amts, um den Spielraum, der ihm überlassen ist, auszunützen und zu entscheiden, welche Rollenerwartungen er ernst nehmen und welchen er distanziert oder ironisch begegnen will.«44 Theologie wird zur Funktion des Berufs. Der Pfarrer, der als Funktionär der Kirche gegenüber seiner Institution loyal zu sein hat, darf aber seinerseits von der Kirche erwarten, dass sie ihm – im ur-eigenen Interesse – den Spielraum der Verkündigung überlasse.45

Neidhart argumentiert formal professions- und institutionslogisch und nicht prinzipiell theologisch für die Freiheit der Verkündigung. Einerseits, weil theologische Konzeptionen zu wenig wirklichkeitsgesättigt seien, um sie im Beruf integral umzusetzen, und andererseits, weil jede der skizzierten Konzeptionen mehr oder weniger einleuchtend mit Bibel und Tradition argumentiere. Also könne man »eine theologische Deutung des Amts heute nur als eine mögliche, nicht mehr als die allein richtige proklamieren«46. Das Plädoyer für das pluralistische Nebeneinander verschiedener Deutungen des Amts mündet folgerichtig in ein Votum für den Kompromiss. Eine Amtstheologie, die für alle spricht, wird zur unmöglichen Unmöglichkeit.

4. Von der Berufung zum Beruf


Aus einer systematisch-theologischen Warte betrachtet könnte man Neidharts Rekapitulation der theologischen Konzeptionen als Kapitulation vor Pluralismus interpretieren. Für die Praktische Theologie wurde die Spur, die u. a. Vertreter der empirischen Wende legten, wegweisend.47 In der Praktischen Theologie boomte die Fremdprophetie. Der Vorwurf des Dogmatismus hing in der Luft und wurde in erster Linie sozialwissenschaftlich gekontert.

Mit Blick auf die pastoraltheologische Diskussion sind zwei Ebenen zu unterscheiden, die Neidhart noch nicht so klar auseinandergehalten hat, aber in der Folge auseinandertreten sollten: Auf der Ebene der Person wird der professionelle Umgang mit der An­forderungspluralität eine Kernkompetenz des pastoralen Be­rufs.48 Auf der Ebene der Organisation ist nicht einzusehen, warum der Plural der theologischen Konzeptionen einem Kernanliegen der Praxistheorie, nämlich ein kohärentes Konzept zu liefern, das die unterschiedlichen Bezüge sortiert und zu einem integralen Ganzen ordnet, im Wege stehen soll. Auf beiden Seiten, in Richtung der persönlichen Berufsgestaltung und in Richtung einer Professionstheorie, ist die Frage der Pluralität virulent und bleibt als permanente Herausforderung in allen Disziplinen der Praktischen Theologie präsent.

Auf beiden Diskursebenen lässt sich in der Folge ein markantes theologisches Defizit feststellen. An die Stelle der Theologie trat die Soziologie. Im selben Jahr wie Bastians Sammelband kam Karl-Wilhelm Dahms Buch »Beruf: Pfarrer«49 heraus. Es setzt bei der Beobachtung, Aufzeichnung und Analyse der Kluft zwischen den Er­wartungen der Kirchenmitglieder und dem Selbstverständnis der kirchlichen Funktionäre an und zog die Konsequenz, dass das Berufsfeld in der Sicht einer funktionalen Theorie des kirchlichen Handelns abgesteckt werden müsse.50 Auf dem Hintergrund der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen verfestigte sich die Verständigungs- und Vermittlungshermeneutik zum Leitbild einer offenen Volkskirche, die ein höchst spannungsvolles Anforderungsprofil erzeugte. Der Pfarrer, der predigt, bevormundet seine Gemeinde, der fähige Kommunikator, Nachbar und Helfer begegnet mündigen Subjekten – freilich mit einem zunehmenden Drall weg vom egalitären Ideal des allgemeinen Priestertums zurück zur stabilen Pfarrerkirche.51

5. Modus der Authentizität


Die Weichen wurden neu gestellt: Vom Amt zum Beruf und vom Beruf zur Person. In immer kürzeren Kadenzen wechselt seit den 1970er Jahren die Stimmung und es dominiert je nach Lage die Stimme einer Subdisziplin das praktisch-theologische Gespräch. Nach der Homiletik prägte die Religionspädagogik und nach der Seelsorge die Liturgik die pastoraltheologische Diskussion. Die Kirchenmitgliedschaftsstudien im Hintergrund sind Schrittmacher und Treiber zugleich – und durchaus auch Quellen der Inspiration.52 Man muss nicht gleich an sauren Regen und Angsttriebe denken, sondern darf für die letzten drei Jahrzehnte auch an eine Zeit der Blüte oder Ernte denken. In der Flut der pastoraltheologischen Publikationen können drei Typen unterschieden werden:

– ein Typus Pastoraltheologie, der nach der ästhetischen Wende die theologische Existenz mit erweiterten hermeneutischen Rahmen rezipiert und mit neuen Rollenidentitäten kombiniert;

– ein Typus Pastoraltheologie auf religionsphänomenologischer Basis, der von der Realität des Heiligen her eine transrationale Sachlogik für das Reden über den Pfarrer als Geistlichen fordert;

– ein Typus Pastoraltheologie im Horizont kybernetischer Herausforderungen der Kirche, in der die Leitungsfunktion des Pfarramts in den Mittelpunkt gerückt wird.

6. Pastoraltheologie nach der ästhetischen Wende


Für den ersten Typus kann auf Albrecht Grözinger verwiesen werden. Er charakterisiert das Pfarramt als Amt der Erinnerung. Dieser Ansatz verbindet den Vorteil einer widerstandsfähigen Berufsidentität, die sich auf eine Aufgabe konzentriert, mit der Anforderung, dem Pluralismus hermeneutisch kompetent, mit Neugier und einer Portion Anmutung zu begegnen.53 Die Pfarrerin soll inmitten der postmodernen Vielfalt der Weltanschauungen und religiösen Orientierungen an die Tauglichkeit der biblischen Tradition erinnern.54 Von Ernst Lange belehrt und durch die Rezeptionsästhetik bekehrt schafft Grözingers Berufstheologie ein solides Fundament und weiten Interpretationsraum für den Pfarrer als Interpreten. Es ist bezeichnend für diesen Ansatz – und ein durchgehendes Motiv der Pastoraltheologie in der Spätmoderne –, dass die Profilierung der pastoralen Tätigkeit mit einem Gestus der Entlastung verbunden wird: »Pfarrerinnen und Pfarrer müssen nicht die besseren oder schlechteren Moderatoren sein, nicht die besseren oder schlechteren Manager, nicht die besseren oder schlechteren Show-Master, sie müssen einstehen für eine bestimmte Tradition.«55 Die Betonung liegt auf Tradition und nicht auf Gott, auf Erinnerung und nicht auf Verkündigung, auf Interpretation und nicht auf Deutung. Die Vertikale wird in die Horizontale der Kommunikation gelegt, das Existential mit einer transversalen Denkleistung kombiniert: »Das Pfarramt als Amt der Erinnerung ist ein profiliert intellektuelles Amt.«56

7. Pastoraltheologie auf religionsphänomenologischer Basis


Die Figur des Pfarrers als Theologe und der Pfarrerin als Interpretin hat für die gegenwärtige Pastoraltheologie eine hohe Attraktivität.57 Sie kann beim Erbe der theologischen Existenz anknüpfen, macht aber aus der steilen Gratwanderung einen Spaziergang – wobei die Figur des Flaneurs, der in der Wirklichkeit nach Spuren des Heiligen sucht, durchaus positiv konnotiert wird.

Im zweiten Typus lässt sich ebenfalls eine Wiederaufnahme der Figur der theologischen Existenz erkennen und ihre kritische Umdeutung zu einem neuen (oder besser alten) Paradigma beobachten: der medialen Existenz des Mystagogen. Manfred Josuttis hat zwischen 1982 und 1996 eine Serie von drei pastoraltheologischen Büchern vorgelegt, die einen theoriegeschichtlichen Bogen von der anthropologischen Wende zum Neuansatz aus religionsphänomenologischer Perspektive schlagen.58 In »Der Pfarrer ist anders« (1982) und »Der Traum des Theologen« (1988) entwirft Josuttis eine zeitgenössische Pastoraltheologie, in der die Konflikthaftigkeit der Berufsexistenz kritisch reflektiert und konstruktiv modifiziert wird.

Die »Konfliktzonen, die an den Schnittpunkten zwischen der beruflichen, der religiösen und der personalen Dimension pastoraler Existenz lokalisiert sind«59, werden auf grundsätzliche Dilemmata hin abgefragt. Ein Kernthema ist die Machtproblematik. Die Möglichkeit, anderen zu helfen, lasse beim Pfarrer die »Phantasien einer pastoralen Grandiosität«60 entstehen, die er sich aber nicht zugestehen darf. Die Verdrängung der eigenen Einflussmöglichkeiten und -wünsche sowie die geistliche Zurückweisung und Tabuisierung des Erfolgs führe zu einer tiefsitzenden Berufsunzufriedenheit. Aus der paradoxalen Struktur der unmöglichen Möglichkeit wird in der pastoralpsychologisch inspirierten Analyse ein Dilemma: »Ich brauche Erfolg, aber ich darf ihn nicht wollen, deshalb kann ich ihn auch nicht sehen und muss doch mehr als alles tun, um ihn zu suchen.«61

Im »Traum des Theologen« betont Josuttis den Balanceakt »zwischen der Ohnmacht, die sich aus seinem Abstand zu Gott ergibt, und der Allmacht, die die Partizipation des Gottesglaubens verleiht«62. Der Heilige Geist wird zur Ressource, um in den Konfliktzonen der pastoralen Existenz nicht in die Tiefe zu fallen. Im Liturgieband »Der Weg in das Leben«63 und in einem kleinen Werk zur Ekklesiologie64 vollzieht Josuttis eine Wende – möglicherweise auch einen Bruch mit diesem Ansatz.65

Pastorales Handeln wird in phänomenologischen Kategorien als initiatorisches Handeln beschrieben. Der Heilige Geist wird im Anschluss an die Raum- und Gefühlsphilosophie von Hermann Schmitz zum Kraftfeld, in dem Menschen ergriffen und verändert werden,66 der Pfarrer zum Führer, der andere in die verborgene Zone des Heiligen hineinführt und begleitet.67 Als solcher hebt er sich von der des »Zeugen« ab, der sich selber zum Verschwinden bringen soll.68 Die Pfarrerin ist mehr als nur eine Helferin.69 Sie wird zum religiösen Symbol, zur Repräsentantin des Heiligen und zum Medium göttlicher Einwohnung.70 Die energetischen Potentiale des Heiligen verändern die theologische zur »medialen Exis­tenz«71. Aus Theologen sollen Geistliche werden.72

Der religionsphänomenologische Neuansatz hat der Diskussion zweifellos starke Impulse verliehen. Er korrigiert einseitige und eingefahrene Denkmuster der Praktischen Theologie. Problematisch wird die Rede einer »eigenständigen Wirklichkeit«73 des Heiligen, wenn die damit gegebene religiöse Erwartung einer Wirkung auf pastorales Handeln übertragen wird. Eine Phänomenologie des Heiligen, die sich von der Hermeneutik der Verständigung absetzt, tendiert zu einer Hermetik der Versetzung.74 Pfarrer sollen Geistliche werden – das Postulat ist zu begrüßen –, aber Geistliche sollen Theologen bleiben.

8. Pastoraltheologie im Horizont

kybernetischer Herausforderungen


Der dritte Typus versucht, eine integrale Sicht des Berufs mit Fragen der Leitung und Entwicklung der Kirche zu verbinden. Anders als in der Perspektive der Energetik, in der Leitung als Verbindung mit, Versetzung in und Vermittlung durch eine göttliche Macht gedacht wird, wird Leitung in der Perspektive der Kybernetik vordergründig im Kontext der Steuerung und Lenkung der Organisation wahrgenommen. Jan Hermelink begründet den Fokus wie folgt: »Der evangelische Pfarrberuf ist primär nicht von gesellschaftlichen Erwartungen her zu begreifen; und er sollte auch nicht zuerst im Rekurs auf die Arbeit mit Einzelnen oder Gruppen, in- und außerhalb der Gemeinde, beschrieben werden. Vielmehr ist es der Kontext der (evangelischen) Kirche, ihre normativen Traditionen sowie ihre komplexen Organisationsformen, in dessen Horizont jener Beruf zu verstehen ist: nämlich als ein spezifisches personales Leitungsamt, das den sachgemäßen Umgang der Kirche mit interner und externer Vielfalt ermöglichen soll.«75

Kennzeichnend für die Entfaltung der Leitungsfunktion ist der Verzicht auf ein einheitliches Berufsbild. Die oben schon erwähnte »Kernkompetenz« des Pfarrers, mit der »Pluralität der Verhältnisse« umzugehen, wird von Hermelink noch einmal in drei grundlegende Teilkompetenzen untergliedert: Deutungskompetenz sei nötig, um die komplexe Vermittlung von Situation und Tradition leisten zu können, Regiekompetenz müsse mit Blick auf die vielfältigen Anforderungen im Bereich der Gottesdienstgestaltung, des Unterrichts und der Begleitung und Anleitung der Ehrenamtlichen gefordert werden; und schließlich sei mit der Darstellungskompetenz auf die Notwendigkeit verwiesen, die personale Symbolisierung göttlicher Macht und christlichen Lebens als sowohl personale wie geistliche Dimension des Berufs auszuweisen. Pfarrer sein heißt, sich diesen Anforderungen zu stellen und zugleich in Selbstdistanz zu entziehen.76

Der Erkenntnisgewinn, den die kybernetische Optik für eine profilierte Berufstheorie abträgt, zeigt sich dort, wo es gelingt, die Dimension der Leitung pastoraltheologisch und die Organisationsperspektive ekklesiologisch schlüssig zu koppeln. Sieht man den Beruf im Widerstreit von Person und Institution, entsteht zwangsläufig jene Spannung, die Kurt Marti zur Metapher der Guerilla-Taktik inspirierte und Walter Neidhart zum Kompromiss raten ließ. Im Vergleich mit den kritischen Stimmen der 1970er Jahre setzt die neue Kybernetik beherzter und vehementer bei der Kirchenleitung an. Die Organisation, so Hermelink, müsse lernen, den gesamtkirchlichen Profilierungsanspruch dadurch wahrzunehmen, dass sie »das Ineinander von inhaltlicher Bindung und beruflicher Freiheit« stärkt. Werden Erwartungen an die Kirche unkritisch mit der »Wirkung des pastoralen Berufs« gekoppelt, sei die Freiheit des Evangeliums – das, was dieser Beruf prägnant zur Darstellung bringt – gefährdet.77

Eine ähnliche Position, wenn auch in gewissen Fragen streitbarer und auf anderen theoretischen Grundlagen beruhend, vertritt Isolde Karle.78 Die Stärke ihres Ansatzes lässt sich – im Vergleich mit Manfred Josuttis’ energetischem und Jan Hermelinks kybernetischem Begriff – mit dem Terminus der Synergetik charakterisieren. Sie gewinnt durch die Kombination professionssoziologischer und systemtheoretischer Theorieelemente mit Bausteinen aus Schleiermachers Religionstheologie ein analytisches Instrumentarium, um den Pfarrberuf von der sozialen Situation im Kontext der modernen Gesellschaft her anzugehen.79 In einer theologisch verantworteten Kombinatorik werden Regeln des Handelns formuliert,80 die das pastorale Spezifische jeder Profession – die Bezugsgrößen Interaktion als persönlicher Form der Kommunikation und Vermittlung einer Sachthematik81 – benennbar und bestimmbar machen.

In einer komplexen Gesellschaft und in komplexen Systemen ist dafür eine Rollendifferenzierung unumgänglich.82 Die professionssoziologische Perspektive erklärt die Notwendigkeit der professionellen Betreuung in der religiösen Organisation83 und relativiert gleichzeitig den damit verbundenen Anspruch. Mit der pastoralen Kompetenz als Inbegriff aller Fähigkeiten84 gelingt es Karle, die additive Logik der Anforderungen an den Beruf abzubremsen. Pastorale Kompetenz verbindet kommunikative und theologische Kompetenz. Die Pfarrerin ist eine Generalistin. Das spricht gegen eine Liste von Einzelkompetenzen,85 führt aber zur Einsicht, dass das Gefühl der Überforderung als ein unvermeidbares Implikat der Überkomplexität pastoraler Berufssituationen zu akzeptieren sei.86 Zur pastoralen Kompetenz gehöre folglich auch, um die Grenzen der Steuerbarkeit zu wissen und in allem Tun und Lassen dem Wirken des Geistes und der Treue Gottes zu vertrauen.87

III Entwicklungsperspektiven für Pfarramt

und Pfarrberuf


1. Organisation in der Krise


Es wäre ein aussichtsloses Unterfangen, aus der Diversität und Di­vergenz der pastoraltheologischen Entwürfe der Gegenwart einen Trend für die zukünftige Entwicklung des Berufs herauszulesen. Auffällig ist aber, wie stark in jüngster Zeit die Diskussion in den Sog der Kirchenreform geraten ist. Seit der Jahrtausendwende zeigt sich eine starke Tendenz, die Berufsdiskussion enger mit der Kirchenentwicklung zu verknüpfen und sie im Licht oder vielmehr im Schatten der schlechten Prognosen zu führen. Das ist kaum verwunderlich. Schließlich ist die Kybernetik die Mutter der theologischen Krisenwissenschaft!88 Ihre Themen sind Strophen einer Litanei, die denjenigen, die in der Kirche arbeiten, sattsam bekannt sind: der Mitgliederschwund aufgrund des demographischen Wandels, die höhere Austrittsneigung jüngerer und gut gebildeter Mitgliederkohorten, die Milieuverengung der aktiven Gemeinde und der Nachwuchsmangel etc., etc.89

Dass die Kirchenleitungen unter Reformdruck stehen, bekommen selbstverständlich auch die Pfarrerinnen und Pfarrer zu spüren. Insgesamt nehmen sie dabei die Organisation zwiespältig wahr.90 Als Arbeitgeberin ist die Kirche verpflichtet, nachhaltige Berufsperspektiven für das Pfarramt zu entwickeln, mittel- und längerfristig müssen die Strukturen des Versorgungssystems ab- und zurückgebaut werden. Die Kehrseite des zunehmenden Organisationsbezugs ist »das steigende, höchst ambivalente Bewusstsein [der Pfarrer], in der je eigenen Arbeit zutiefst durch Vorgaben der kirchlichen Organisation geprägt zu sein.«91

Die Diskussion der theologischen und beruflichen Kompeten-z(en) hat insofern Signalcharakter für die gegenwärtige Berufsdiskussion, als sich an ihr a) die Problematik einer Amtstheologie ablesen lässt, die nur immer auf CA VII rekurrieren kann und b) die Übersetzungsschwierigkeiten zwischen den Sprach- und Denkwelten der Institution, Organisation und Bewegung offenbart. Der »Verfallsdiskurs«, auf den die Pastoraltheologie rekurriert, zeigt sich auch als Auseinanderfallen der Diskurse. Symptomatisch ist die Debatte, welche Einzelkompetenzen für das Erlernen des Berufs nötig sind.92 Die Auseinandersetzung spiegelt das Ausbildungssystem wider, in dem die theologische Kompetenz im Studium und kommunikative Kompetenzen im Vikariat erworben werden sollen. Man könnte auch sagen: Der erste Teil der Ausbildung ist auf das Predigtamt ausgerichtet, der zweite auf das Pfarramt. Die Verbindung der beiden Teile überlässt das System den Individuen. Es zeigen sich diesbezüglich bemerkenswerte Parallelen zwischen Beruf und Kirchenreform. Die strukturellen Maßnahmen und die Ekklesiologie bilden zwei Komplexe, die unvermischt und getrennt nebeneinanderstehen. Reformen in der Kirche werden theologiefrei begründet.93

2. Pfarrer als Faktotum


Auf diesem spannungsvollen Hintergrund erweist sich die Be­schreibung des Pfarrberufs als Profession als besonders hilfreich. Die soziologische Konturierung der pastoralen Arbeit ist kybernetisch anschlussfähig. Sie kann die einzigartige und in gewisser Hinsicht auch eigenartige Aufgabe des Pfarrers von den Aufgaben anderer kirchlicher Berufe abheben und vermag zu zeigen, warum in großkirchlichen Verhältnissen das Gesicht der Pfarrerin oder des Pfarrers für das Profil der Kirche essentiell ist und bleiben wird. Das System verlangt überzeugende Übersetzer ad extra et ad intra, vielleicht sogar eine Übertragung ad summitatem.

Das ist keine neue Erkenntnis. Immer dann, wenn in der Pastoraltheologie des 20. Jh.s die Krise des Berufs thematisch geworden ist, kreist die Diskussion um zwei Fakten: dass das Amt den Einsatz der ganzen Person erfordert und dass der Pfarrberuf zum Faktotum der Kirche geworden ist.94 Die damit gegebene Ambivalenz kann einmal als Paradox und einmal als Dialektik beschrieben werden; sie produziert eine Additions- und provoziert eine Selektionslogik und sie wird – je nach ekklesiologischer Leitvorstellung – unterschiedlich beurteilt und verschieden empfunden. Zwiespältig bleibt sie allemal! So lobt beispielsweise Christoph Morgenthaler mit Blick auf die Seelsorge die einzigartigen Möglichkeiten, »die sich aus dem spezifischen Mix von öffentlicher Präsenz, symbolischer Kraft, sozialem Status und der Vielfalt der für Seelsorge relevanten Tätigkeitsfelder am Ort ergeben.«95 Und Isolde Karle meint mit Blick auf die Belastungen, die sich aus diesem »Mix« ergeben, vorsichtig: »Es bleibt abzuwarten, wie sich der Pfarrberuf in Zu­kunft entwickeln wird. Es ist derzeit noch nicht abzusehen, ob und wie der Pfarrberuf mit seiner reichen Tradition es schafft, eine moderne Lebensführung, die ihr Recht auf Freizeit und Privatheit einklagt, mit einer hohen Verantwortungsbereitschaft, Intellektualität und einem engagierten Berufsethos zu verbinden.« 96

Pastoraltheologische Konzeptionen, die dem professionellen Paradigma folgen, fokussieren in der Regel das Proprium des Be­rufs. Sie erhellen die Gründe und Abgründe der Sonderstellung des Pfarramts und diskutieren allenfalls Entlastungsstrategien, um dem Überlastungssyndrom zu begegnen. Dafür vernachlässigen sie tendenziell die Reflexion des Zusammenspiels mit anderen kirchlichen Berufen. Aus deren Sicht ist die professionstheoretische Untermauerung der Schlüsselberufsthese denn auch nicht unproblematisch.97 Einerseits sind mit Anerkennungs- und Geltungsansprüchen auch berufsständische Interessen verbunden, andererseits besteht die Gefahr, dass die problematische Seite des pastoralen Faktotums ausgeblendet wird. Es sind aber nicht nur Fragen der öffentlichen Präsenz und der Leitung, die sich in diesem Zu­sammenhang stellen.

Langfristig führt die Glaubenskrise zu einer dramatischen Entkirchlichung.98 Die damit gegebenen Herausforderungen der Kirche betreffen längst nicht nur das Pfarramt. Im Schnittfeld von Berufs- und Kirchenentwicklung rücken auch die anderen Berufe, die Ehrenamtlichen und die Freiwilligen in den Fokus. Und der größere Zusammenhang der Mitarbeit macht eine Einbettung der Pastoraltheologie in eine Theologie der Ämter und Dienste zwingend. Er lässt danach fragen, was der Pfarrberuf im Verband mit anderen kirchlichen Berufen zur Kommunikation des Evangeliums beitragen kann und welche Funktion das Pfarramt für die Organisation hat, die sich in einem Prozess des intelligenten Rückbaus befindet.99

3. Die Unterscheidung von Amt und Beruf


Der Wandel, den Ulrike Wagner-Rau als Transformationskrise deutet, fordert eine Unterscheidung und Verhältnisbestimmung von Pfarramt und Pfarrberuf, die immer wieder neu den kirchlichen Verhältnissen angepasst werden muss. Der Gang durch das pastoraltheologische Jahrhundert beleuchtet die Gefahr, wie aus der Sonderstellung des Ministeriums das Faktotum eines Berufs wurde, das einsam macht.100 Bleibt der Pfarrer ein Sonderling, droht die Diskussion in immer dieselben Problemschlaufen zu geraten. Solange der Pfarrberuf einmal zum Schlüsselberuf und dann wieder zum Schlüsselproblem der Kirchenentwicklung erklärt wird, kommt auch die Ekklesiologie nicht vom Fleck. Durchbrochen wird die Isolierung und Fixierung der Pastoraltheologie auf den Pfarrberuf mit einer Theologie der Pastoral. Eine ekklesiologisch erweiterte Pastoraltheologie wird die Institutionskritik der Kirchenreform, die im Pfarramt ein Schlüsselproblem gesehen hat, genauso kritisch reflektieren wie die Tendenz, dem Schlüsselberuf die Aufgabe aufzubürden, die Kirche vor dem Untergang zu retten.101

Wenn kirchlich alles anders wird, hilft die Losung von der Pfarrerin, die anders ist, nicht weiter. Nötig ist eine Konzentration der vielen beruflichen Aufgaben auf die eine Kernaufgabe des Ministeriums, die der Berufung entspricht. Dies ist die Anleitung und Begleitung der Gemeinde auf ihrem Weg zum mündigen Christsein.102 Fehlt dieses Ziel, bleibt das Verhältnis von Beruf und Amt in der Pastoraltheologie unterbestimmt: sei es, dass theologische mit soziologischen Konzeptionen vermengt werden, sei es, dass die theologische Funktion des Amts und die Begabung und Beauftragung der Gemeinde nicht verbunden werden. Die Kirchenreform in den 1960er und 1970er Jahren hat das Problem erkannt, aber keine Lösungen präsentiert. Dasselbe gilt für die Figur der »theologischen Existenz«. Sie macht die Dimension der Berufung im Beruf stark, ist aber dort schwach, wo es darum geht, das Pfarramt als Funktion der Kommunikation des Evangeliums in der Gemeinde zu definieren. Mit Selektionsstrategien allein ist das Problem der Überdehnung und Überforderung des Berufs nicht in den Griff zu bekommen.

Auch die auf den ersten Blick elegante Idee, den Umgang mit der Überbelastung zur pastoralen Kompetenz zu erklären, hat etwas zutiefst Zwiespältiges. Sie blendet die Gemeinde als Ort der geistlichen Entlastung aus. Auf der einen Seite muss die Pastoraltheologie die Gemeinde als Dienstgemeinschaft wiederentdecken, auf der anderen Seite die Theologie der Pastoral ein konstruktives und po­sitives Verhältnis zum Amt (zurück)gewinnen.103 Gefragt ist eine ressourcenorientierte doppelte Neuperspektivierung: Es braucht ein starkes Pfarramt, um das Priestertum aller Gläubigen zu stärken. Ein Pfarrer, der seine Gemeinde zusammenhalten muss, zerbricht – eine Gemeinde, die ihren Pfarrer stützt, blüht auf.

4. Die Subsysteme der Großorganisation als Perspektiven


der Berufsentwicklung


Wer die Förderung der Gemeindekompetenzen zur Leitperspektive der Pastoraltheologie erklärt, plädiert für eine Verschiebung der Prioritäten und trifft eine theologische Entscheidung.104 Sie ist gut begründet, muss aber mit dem Widerspruch derer rechnen, die andere kirchliche Aufgaben priorisieren. Die Gefahr der »pastoralen Selbstabschottung«105 oder »Kongregationalisierung«106 ist ernst zu nehmen. Zweierlei darf beim Disput nicht vergessen werden: Letztlich schwächt und gefährdet eine »illusionäre Charismenkumulation«107 das Pfarramt, zweitens muss eine Schärfung der beruflichen Profile nicht auf einen Zielkonflikt zwischen den Ansprüchen der Kerngemeinde, der Kirche bei Gelegenheit und der Öffnung für die Gesellschaft hinauslaufen.

Möglicherweise verändert sich der Pfarrberuf in drei verschiedene Richtungen. Die Großorganisation Kirche ist zugleich ein religiöses Versorgungssystem im Kontext des Gemeinwesens und ein Netzwerk aus mehr oder weniger intensiven Beziehungen in der Gemeinde. Sie ist als missionarische Kirche auch entstehende und nicht nur bestehende Gemeinde. Die Versorgungs-, Gemeinschafts- und Entwicklungsorientierung der Kirche bildet drei unterschiedliche Subsysteme mit je eigenem Aufgabenprofil, die nicht zwingend in einer Parochie vereint sein müssen. Sowohl fürdas diakonische als auch für das missionarische Pfarramt eignen sich auch regionale, trans- oder überparochiale Strukturen.

Eine Ausdifferenzierung der Subsysteme könnte Impulse liefern, um zukünftig unterschiedliche Profile der Profession zu schärfen. Die Diskussion über Kompetenzen würde so an Brisanz und Prägnanz gewinnen. Das Pfarramt, das die öffentliche Kirche vertreten und im Gemeinwesen auftreten muss, erfüllt andere Funktionen als das Pfarramt, das die Entstehung einer Pioniergemeinde begleitet. Es wäre auch falsch, die Stärkung der Gemeinde, die nicht versorgt werden will, sondern als Dienstgemeinschaft mit anderen zusammen eine Kultur der gegenseitigen Sorge aufbaut, als »Kongregationalismus« zu denunzieren. Es ist und bleibt eine der vornehmsten Aufgaben des Pfarramts, als Mitarbeiter Gottes (1Kor 3,9) andere darin zu unterstützen, ihre Gaben zu entde-cken, zu pflegen und sich als Menschen, die Christen werden, in der Gemeinde einzubringen.

Ob und wie das Pfarramt das allgemeine Priestertum der Ge­tauften fördern kann, wird sich als eine Schlüsselfrage für die zu­künftige Berufsdiskussion erweisen. Weder die kybernetischen noch die hermeneutischen noch die energetischen Konzepte der Pastoraltheologie beantworten sie. Gefragt ist eine pastorale Synergetik, die das Zusammenspiel der Dienstgemeinschaft kybernetisch und energetisch entfaltet und dafür plädiert, dass die Ausbildung der Pfarrer und aller kirchlichen Berufe vehementer auf die Bildung der Gemeinde ausgerichtet wird.

5. Noch ist der Wald grün


Krisen haben ihr Gutes! Das Waldsterben in den 1980er Jahren hat da und dort zu einem Umdenken in der Forstwirtschaft geführt. Als man vor lauter kranken Bäumen wieder begann den Wald zu sehen, setzte man auf Biodiversität statt auf Monokulturen und verzichtete darauf, Altholz großflächig zu roden. Und die Wälder erholten sich. Möglicherweise lohnt es sich, Regeln der nachhaltigen Bewirtschaftung auch für die Pastoraltheologie zu beherzigen!? Der (selbst)kritische Blick auf die Verfallsdiskurse schärft nicht nur die Aufmerksamkeit für die Brennpunkte der Praktischen Theologie als Krisenwissenschaft. Er relativiert auch die Un­tergangsprognostik der Vergangenheit und schafft Raum für eine Gelassenheit des Glaubens, aus der heraus Impulse für die Weiterentwicklung des kirchlichen Schlüsselberufs »in der Schar derer, die da feiern« (Ps 42,4) diskutiert werden können.

Stirbt der Wald? Nein, noch ist er grün!

Abstract


The article recapitulates the pastoral-theological discussion in Prot­estant churches in German-speaking countries and tries to draw a summary of the current situation of the pastoral profession. For more than a hundred years the pluralisation of the ecclesial situation has led to questions about the self-understanding of the profession. The article identifies two kinds of motives that inform and structure the discussion.

On the one hand, the increasing and differentiating expecta-tions of the profession result in a logic of addition. In order to meet the cumulative demands, the profile of the pastoral profession widens and gets blurred at the same time. On the other hand, there is a decidedly theological emphasis on the one task of the pastoral profession, which is to proclaim the Word of God. In a radically selective logic an over-extended account of pastoral duties is re-focused on its core function. The future form of pastoral theology is challenged to find its way back from the mode of crisis inherent in both logics to a self-confident theology of the ecclesial office. What makes the pastorate must be spelled out in the context of a (still to be developed) theology of ecclesial offices.

Fussnoten:

1) Birgit Metzger, »Erst stirbt der Wald, dann du!«. Das Waldsterben als westdeutsches Politikum (1978–1986), Frankfurt a. M. 2015.
2) Vgl. dazu Birgit Weyel, Ist die Dauerkrise institutionalisierbar? Die Pastoraltheologie als Krisenwissenschaft im Spiegel von Zeitschriften, PrTh 50 (2015), 11–17, 11.
3) Zum Beispiel Uta Pohl-Patalong, Pastoraltheologie, in: Christian Grethlein/Helmut Schwier (Hrsg.), Praktische Theologie. Eine Theorie- und Problemgeschichte, Leipzig 2007, 515–574, 515, meint, die Bezeichnung »Kri­senwissenschaft« treffe auf Pastoraltheologie »in einem besonders ausgeprägten Sinne zu, insofern sie immer dann Blütezeiten erlebte, wenn Charakter und Aufgaben des Pfarrberufs fraglich und Identität und Rolle von Pfarrern (und mittlerweile auch Pfarrerinnen) brüchig werden«.
4) Volker Drehsen, Neuzeitliche Konstitutionsbedingungen der Praktischen Theologie. Aspekte der theologischen Wende zur sozialkulturellen Lebenswelt christlicher Religion, Gütersloh 1988.
5) So auch aus katholischer Sicht Ulrich Feeser-Lichterfeld, Berufung: eine praktisch-theologische Studie zur Revitalisierung einer pastoralen Grunddimension, Münster 2005, 26 f.
6) Inspirierend das Themenheft »Verfallsdiskurse der Praktischen Theologie«, PrTh 50 (2015/1).
7) Vgl. Weyel (s. Anm. 2), 12 f.
8) Eine Unterscheidung von Karl Jaspers, Philosophie II. Existenzerhellung, Berlin 31956. Die Lage ist die Summe der objektiven Gegebenheiten und objektiven Daten (201), die »Situation« eine sinnbezogene Wirklichkeit, die der Interpretation bedarf (202). Zitiert aus Andreas Kubik, Was ist eine homiletische Situation?, in: IJPT 15 (2011), 94–115, 98 f.
9) Erhellend dazu Christian Grethlein, Kirchenreform und Pfarrberuf – vom »Schlüsselproblem« zum »Schlüsselberuf« und wieder zurück, in: PTh 106 (2017), 13–19.
10) Ulrike Wagner-Rau, Wichtiger und unwichtiger zugleich: Pfarrberuf und religiöser Wandel, in: PTh 105 (2016), 169–184, 170.
11) Ebd., 172.
12) Paul Drews, Religiöse Volkskunde und religiöse Psychologie: Schriften zur Grundlegung einer empirisch orientierten praktischen Theologie, hrsg. v. Andreas Kubik, Tübingen 2016.
13) Wagner-Rau (s. Anm. 10), 175.
14) Ebd.
15) Ebd., 176.
16) Ebd., 184.
17) Vgl. Horst Gorski, Anders als die anderen. Die evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrer der Zukunft sollten Geistliche sein, Zeitzeichen 7 (2006), 26–29. Vgl. Pierre-Luigi Dubied, Die Krise des Pfarramts als Chance der Kirche, Zürich 1995. Das Büchlein (französisch: »Le pasteur: un interprète«) des Praktologen aus Neuenburg fand kaum Beachtung. Er plädiert für eine Konzentration auf die Interpretationsaufgabe. Pfarrer sollen übersetzen können, aber nicht überzeugen müssen. Letzteres ist eine Überforderung. Eine ausgezeichnete Darstellung von Dubied findet sich bei Bernhard Paul Rothen, Das Pfarramt. Ein gefährdeter Pfeiler der europäischen Kultur, Zürich 2009, 97–111.
18) Der Titel der kleinen Schrift von Hermann Kutter – einer charismatischen Pfarrerpersönlichkeit, die u. a. Karl Barth stark beeindruckte – drückt das Pathos aus. Vgl. Hermann Kutter, Wir Pfarrer, Leipzig 1907, 3 f.: »Was für ein Schauspiel wird es sein, wenn nicht nur die Sozialisten aller Schattierungen, nein, wenn die Pfarrer für Recht und Gerechtigkeit gegen Mammon und Schandtat im Namen des Evangeliums auftreten, dessen mächtige Töne den Entscheidungskampf zwischen Wahrheit und Lüge erst wachgerufen haben.«
19) Rudolf Roosen, Die Kirchengemeinde. Sozialsystem im Wandel. Analysen und Anregungen für die Reform der evangelischen Gemeindearbeit, Berlin/New York 1997, 560 (APTh Bd. 9). Informale Ordnungen sind eine Folge der Ausdifferenzierung eines Systems (358 ff.), das sich durch hohe Wandlungsresistenz ausweist. Nach Roosen sind es sieben Aspekte, die zu informalen Ordnungen im Pfarrberuf führen: der kirchliche Anspruch auf das »ganze« Leben des Mitarbeiters, die Ideologie des »freien« Berufs, die additive Aufgabenvermehrung, die zerschlissene Arbeitszeit und die Burnout-Gefahr.
20) Vgl. dazu das Kapitel »Rhetorik der Aufzählung« aus Umberto Eco, Die unendliche Liste, München 2009, 132–152.
21) Eine Übersicht zu Erhebungen der Berufszufriedenheit bietet Jan Hermelink, Pfarrberuf und Pfarramt, in: Ralph Kunz/Thomas Schlag (Hrsg.), Handbuch für Kirchen- und Gemeindeentwicklung, Neukirchen-Vluyn 2014, 132–139, besonders 132–134.
22) Vgl. dazu Søren Kierkegaard, Die Unzulänglichkeit des Nur-Menschlichen, in: Ders., Religion der Tat. Sein Werk in Auswahl, Hamburg 2013, 1–90, besonders 9.
23) Bei Karl Barth wird die Frage nach dem »Jenseits unserer Existenz« zur wahren Not des Menschen. Vgl. Karl Barth, Das Wort Gottes als Aufgabe der Theologie, in: Jürgen Moltmann, Die Anfänge der Dialektischen Theologie, Teil 1: Karl Barth, München 1966, 197–216, 204.
24) A. a. O., 198.
25) Vgl. Matthias Zeindler, Vom Sollen und Nicht-Können im Pfarrberuf. Kommunikation des Evangeliums als ›unmögliche Möglichkeit‹, in: Thomas Schaufelberger/Juliane Hartmann (Hrsg.), Zürich 2016, 75–88, besonders 75–78. Der Begriff »unmögliche Möglichkeit« taucht zum ersten Mal in der zweiten Auflage des Römerbriefkommentars auf: Karl Barth, Der Römerbrief, Zürich/Zollikon 21922, 114. In der Kirchlichen Dogmatik bezeichnet er die Realität der Sünde, aber keine von Gott vorgesehene und dem Menschen zugestandene Möglichkeit. (Karl Barth, KD III/3, 403)
26) So argumentiert beispielsweise Michael Klessmann, Pfarrbilder im Wandel. Ein Beruf im Umbruch, Neukirchen-Vluyn 2002, 37–39, oder Christian Grethlein, Praktische Theologie, Berlin/New York 2012, 467 f.
27) Zur Aufarbeitung dieser Emanzipationsgeschichte vgl. Volker Drehsen, Vom Amt zur Person. Wandlungen in der Amtsstruktur der protestantischen Volkskirche. Eine Standortbestimmung des Pfarrberufs aus praktisch-theologischer Sicht, in: IJPT 2 (1998), 263–280.
28) Die Pointe darf nicht überhört werden, sonst wird die Aussage witzlos. Das Bewusstsein, nicht über Gottes Wort verfügen zu können, zeichnet den Theologen aus. Vgl. Karl Barth, Einführung in die Theologie, Zürich 1968, 127.
29) Hier liegt ein mögliches Missverständnis der theologischen Position, die die Fundamentaldifferenz von Gott und Mensch zu vehement mit der epistemischen Unmöglichkeit identifiziert. Es führt zu dem, was Paul Schütz, Parrusia, 1985, 16, die Gefahr der existentialistischen Theologie nennt: ihre Tendenz, das Glaubensleben in ein »Als-ob der Reflexion« zu führen und seiner ontischen Basis zu berauben.
30) Barth (s. Anm. 23), 215.
31) Christian Grethlein (s. Anm. 9), 470.
32) So das Fazit einer Untersuchung der Kirchenreformen. Vgl. Stefanie Brauer-Noss, Die Öffnung der Kirche in die Gesellschaft hinein, in: EvTh 76 (2018), 7–20, 19.
33) Dieter Becker, Pfarrberufe zwischen Praxis und Theorie. Personalplanung in theologisch-kirchlicher und organisationsstrategischer Sicht, Frankfurt a. M. 2008, 240 ff., spricht vom Pfarrberuf nur noch im Plural.
34) Jan Hermelink, Kirche leiten in Person. Beiträge zu einer evangelischen Pastoraltheologie, Leipzig 2014, 14.
35) Ganz ähnlich in der katholischen Theologie: Ottmar Fuchs und Norbert Mette im Anschluss an die Kritische Theologie. Vgl. dazu Christian Bauer, Ortswechsel der Theologie, Berlin 2010, 795 f.
36) Hans-Dieter Bastian, Kirchliches Amt im Umbruch, München 1971, 13.
37) Kurt Marti, Guerillataktik und Parteilichkeit: Überlegungen eines Gemeindepfarrers, in: Bastian, Umbruch (s. Anm. 36), 105–114, 106 f.
38) Walter Neidhart, Theologie des kirchlichen Amtes: der Pfarrer – ein Pries­ter?, in: Bastian, Umbruch (s. Anm. 36), 29–43, 32. Als Vertreter dieser Richtung nennt Neidhart Otto Haendler und Jean Jacques von Allmen.
39) A. a. O., 32–34.
40) Walter Bernet, Zwischen Priester und Funktionär, Zürich 1966.
41) Neidhart (s. Anm. 38), 35.
42) Eine Einsicht, die zweifellos von der Exegese inspiriert ist und die Sensibilisierung für die theologische Vielfalt erhöhte. Viel zitiert und diskutiert wurde die These von Ernst Käsemann, Exegetische Versuche und Besinnungen, Göttingen 1960, 214–223, 221: »Die Variabilität des Kerygmas im NT ist Ausdruck des Tatbestandes, dass bereits in der Urchristenheit eine Fülle verschiedener Konfessionen nebeneinander vorhanden war, aufeinander folgte, sich miteinander verband und gegeneinander abgrenzte.«
43) Neidhart (s. Anm. 38), 36.
44) A a. O., 42.
45) Auch Neidhart, 40 f., nimmt Bezug auf die Erwachsenentaufe und stellt fest: Die Kirche lässt ihre Funktionäre radikale Thesen vertreten, solange sie nur im Sinne der Institution funktionieren. Dies sei der eigentliche Grund, weshalb die Ablehnung der Kindertaufe nicht geduldet werde. Anfang der 1970er Jahre war die Frage akut. Vgl. dazu Robert Leuenberger, Taufe in der Krise: Feststellungen, Fragen, Konsequenzen, Modelle, Stuttgart 1973.
46) Neidhart (s. Anm. 38), 42.
47) Reiner Anselm, Im Niemandsland zwischen Theorie und Praxis. Krisendiagnostiken zum Verhältnis der Praktischen Theologie zu den anderen theo-logischen Disziplinen, in: PrTh 50 (2015), 27–33, 29 f., meinte, dass die praktisch-theologische Theoriebildung mit ihrer vehementen Einforderung nicht-theologischer Perspektiven eine enorme Schubkraft für das Fach, aber zugleich eine Zentrifugalkraft hinsichtlich ihres eigenen Status im enzyklopädischen Verband entwickelte.
48) Hermelink (s. Anm. 34), 14. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Anforderung einer systematisch-theologischen Kompetenz, Lehrinhalte in sich stimmig und sachgemäß zu kommunizieren, und der pastoralen Aufgabe, die Sache des Glaubens als persönliche Überzeugung »mit den je eigenen Prägungen und Hoffnungen zu vermitteln« (35).
49) Karl-Wilhelm Dahm, Beruf: Pfarrer. Empirische Aspekte, München 31974.
50) Vgl. Michael Klessmann, Das Pfarramt: Einführung in Grundfragen der Pastoraltheologie, Neukirchen-Vluyn 2012, 157–159.
51) Vgl. dazu auch Wolfgang Steck, Der Pfarrer zwischen Beruf und Wissenschaft. Plädoyer für eine Erneuerung der Pastoraltheologie, München 1974, und ders., Die Wiederkehr der Pastoraltheologie. Wissenschaftsgeschichtliche Betrachtungen zum Wechsel des Titels, in: PTh 70 (1981), 10–27.
52) Grethlein (s. Anm. 9).
53) Zum Amt der Erinnerung vgl. Albrecht Grözinger, Die Kirche – ist sie noch zu retten?, Gütersloh 1998, 134–141, 135.
54) Zum Begriff der Anmutung vgl. Albrecht Grözinger, Toleranz und Leidenschaft, 238 f.
55) Grözinger, Amt der Erinnerung, 139.
56) Ebd.
57) Alexander Deeg, Pastor legens. Das Rabbinat als Impulsgeber für ein Leitbild evangelischen Pfarramts, in: Pastoraltheologie 93 (2004), 411–427. Der pastor legens orientiert sich am Weisen und nicht am Macher. Er leistet sich den Luxus der Muse des Lesens – nicht um sich zu informieren, sondern um sich von der Lektüre – zusammen mit und mitten in der Gemeinde – transformieren zu lassen.
58) Manfred Josuttis, Der Pfarrer ist anders, München 1982; Manfred Josuttis, Der Traum des Theologen, München 1988; Manfred Josuttis, Einführung in das Leben, Göttingen 1996. Zu Manfred Josuttis’ Pastoratheologie vgl. die ausgezeichnete Skizze von Dirk Kellner, Charisma als Grundbegriff der Praktischen Theologie: die Bedeutung der Charismenlehre für die Pastoraltheologie und die Lehre vom Gemeindeaufbau, Zürich 2011, 241–263.
59) Josuttis, Traum (s. Anm. 58), 9.
60) A. a. O., 34.
61) A. a. O., 80 f.
62) A. a. O., 158.
63) Manfred Josuttis, Der Weg in das Leben. Eine Einführung in den Gottesdienst auf verhaltenswissenschaftlicher Grundlage, München 1991.
64) Manfred Josuttis, Petrus, die Kirche und die verdammte Macht, Stuttgart 1993.
65) Treffend Kellner (s. Anm. 58), 253: »Die Verschiebung des Schwerpunktes von der pastoralen Existenz im Konfliktraum zum pastoralen Handeln im Macht-raum des Heiligen korreliert mit einer wissenschaftstheoretischen Neuorientierung.«
66) Josuttis, Einführung in das Leben (s. Anm. 58), 76.
67) A. a. O., 154.
68) A. a. O., 11 f.
69) A. a. O., 12–14.
70) A. a. O., 19.20 und 99.
71) A. a. O., 134.
72) Manfred Josuttis, Segenskräfte. Potentiale einer energetischen Seelsorge, Gütersloh 2000, 108–124.
73) Josuttis, Einführung (s. Anm. 58), 9.
74) A. a. O., 99.
75) Hermelink (s. Anm. 34), 9.
76) A. a. O., 24.
77) Hermelink (s. Anm. 34), 130.140.
78) Isolde Karle, Was heißt Professionalität im Pfarrberuf?, in: Deutsches Pfarrerblatt 11/1999.
79) Isolde Karle, Der Pfarrberuf als Profession. Eine Berufstheorie im Kontext der modernen Gesellschaft, Gütersloh 2001, 21 f.
80) A. a. O., 25.
81) A. a. O., 36.
82) Isolde Karle, Pastorale Kompetenz, PTh 89, 510–522, 510.
83) Karle (s. Anm. 79), 54.
84) Karle (s. Anm. 82), 520.
85) Isolde Karle, Pfarrerinnen und Pfarrer in der Spannung zwischen Professionalisierung und Professionalität, in: DtPfrBl 103; Karle, Professionalisierung, 629–634, 633.
86) Karle (s. Anm. 79), 202.
87) A. a. O., 208.
88) Vgl. dazu Ralph Kunz, Der Beitrag der Kybernetik zur Krisenbewältigung in der Kirche, in: Wolfgang Nethöfel/Klaus-Dieter Grunwald (Hrsg.), Kirchenreform strategisch, Glashütten 2007, 72–85.
89) Zu den daraus resultierenden kybernetischen Spannungen vgl. Ralph Kunz/Thomas Schlag, Diskurslandschaften gegenwärtiger Kirchen- und Gemeindeentwicklung, in: Dies. (Hrsg.), Handbuch (s. Anm. 21), 9–27, 18 ff.
90) Empirische Erhebungen zum Pfarrberuf belegen ein zunehmendes Gefühl der Überforderung. Vgl. dazu die Untersuchung von Dieter Becker, Pfarrberufe zwischen Praxis und Theorie. Personalplanung in theologisch-kirchlicher und organisationsstrategischer Sicht, Frankfurt a. M. 2008. Eine Übersicht gibt Jan Hermelink, Pfarrberuf und Pfarramt, in: Ralph Kunz/Thomas Schlag (Hrsg.), Handbuch (s. Anm. 21), 132–139, 134.
91) A. a. O., 135.
92) Vgl. dazu David Plüss, Bezugswissenschaften der Pastoraltheologie – am Beispiel des Zürcher Kompetenzstrukturmodells, in: PTh 106 (2017), 38–49.
93) Stefanie Brauer-Noss, Die Öffnung der Kirche in die Gesellschaft hinein, in: EvTh 76 (2018), 7–20, 19.
94) Faktotum (lat. fac totum »Tu alles!«) ist ein im 16. Jh. aufgekommenes Fremdwort zur Bezeichnung einer Person, die in einem Haushalt, Betrieb oder einer sonstigen Organisation (z. B. Kloster, Schule) eine Vielzahl von Aufgaben wahrnimmt.
95) Christoph Morgenthaler, Seelsorge, Gütersloh 2012, 306.
96) Isolde Karle, Professionstheoretische Reflexion des Pfarrberufs, in: Thomas Schaufelberger/Juliane Hartmann (Hrsg.), Perspektiven für das Pfarramt. Theologische Reflexionen und praktische Impulse zu Veränderungen in Berufsbild und Ausbildung, Zürich 2016, 158–162, 161.
97) Vgl. dazu die kritischen Überlegungen von Petra Brunner, Zur Professionalität des diakonischgemeindepädagogischen Handelns, in: PTh 105 (2016), 185–204.
98) Thomas Großbölting, Der verlorene Himmel. Glaube in Deutschland seit 1945, Göttingen 2013.
99) Der Impuls der Evangelischen Kirche von Westfalen, das Pfarramt in der Dienstgemeinschaft der Kirche zu diskutieren, ist richtungsweisend.
100) Das ist die Schattenseite der »theologischen Existenz«. Eine eindrückliche Beschreibung der »pathetischen Figur« des Pfarrers findet sich in der Vorlesung »Einsamkeit« bei Karl Barth, Einführung in die evangelische Theologie, Zürich 72010, 123.
101) Wie »Schlüsselfigur« und Ausfall eines theologischen Konzepts zusammenhängen, zeigt Christian Grethlein (s. Anm. 9) in seinem erhellenden Vergleich der KMU I und KMU V auf.
102) Nikolaus Schneider/Volker A. Lehnert, Berufen – wozu? Zur gegenwärtigen Diskussion um das Pfarrerbild in der Evangelischen Kirche, Neukirchen-Vluyn 2009, 65. Ähnlich auch Christian Grethlein, Pfarrer – ein theologischer Beruf, Frankfurt a. M. 2009, 72.
103) Wegweisend, aber kaum diskutiert der Versuch von Bernhard Petry, Leiten in der Ortsgemeinde. Allgemeines Priestertum und kirchliches Amt – Bausteine einer Theologie der Zusammenarbeit, Gütersloh 2001. Weiterführend: Cornelia Coenen-Marx/Beate Hofmann, Symphonie – Drama – Powerplay. Zum Zusammenspiel von Haupt- und Ehrenamt in der Kirche, Stuttgart 2017.
104) Mit Michael Herbst, Ordnungsgemäß berufen, regiolokal leiten, mündiges Christsein fördern, in: PTh 106 (2017), 6–12, 11 f.
105) Alexandra Eimterbäumer, Pfarrer/innen: Außen- und Innenansichten, in: Jan Hermelink/Thorsten Latzel (Hrsg.), Kirche empirisch. Ein Werkbuch zur vierten EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft und zu anderen empirischen Studien, Gütersloh 2008, 375–394, 377.
106) Hermelink (s. Anm. 90), 135 f.
107) Schneider/Lehnert (s. Anm. 102), 63.