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Ausgabe:

November/2017

Spalte:

1255–1257

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Beinert, Wolfgang, u. Bertram Stubenrauch[Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Neues Lexikon der katholischen Dogmatik. 1. Aufl. d. Neubearbeitung (6., völlig neu bearb. Aufl. d. »Lexikons der katholischen Dogmatik«).

Verlag:

Freiburg i. Br.: Herder 2012. 752 S. m. CD-ROM. Geb. EUR 28,00. ISBN 978-3-451-34054-3.

Rezensent:

Martin Hailer

Der Band ist die komplette Neubearbeitung des 1987 erschienenen »Lexikons der katholischen Dogmatik«, das der erste Herausgeber des vorliegenden Werks verantwortete und das weite Verbreitung fand. 14 Autorinnen und Autoren unternehmen es, »wissenschaftlich genaue, auf dem gegenwärtigen Erkenntnisstand beruhende Auskunft über die Themen, Probleme und Fragepunkte der zentralen theologischen Disziplin« zu geben (7, i. O. herv.). Die Besonderheit des Vorgängerwerks bleibt auch in der Neubearbeitung erhalten: Die Artikel werden in alphabetischer Reihenfolge dargeboten, sind aber, nach Traktaten der katholischen Dogmatik sortiert, von jeweils einer Autorin/einem Autor verfasst. Das gängige Prinzip, eine möglichst große Zahl von jeweils spezialisierten Autoren heranzuziehen, wurde also zugunsten der Idee, einen Traktat aus einer Hand präsentieren zu lassen, verabschiedet. Die Autoren und Autorinnen waren auch für die Stichwortauswahl in ihrem jeweiligen Traktat verantwortlich, was sich in teils interessanten Verschiebungen/Ergänzungen gegenüber dem 25 Jahre älteren Werk zeigt.
Diese Ausrichtung macht das Lexikon unverwechselbar. Sie ermöglicht zwei Formen der Verwendung: Es kann einmal als Nachschlagewerk benutzt werden, genauso aber als eine Dogmatik in Lexikonform, bei der man einen Traktat anhand der Übersicht quer durch die Lexikonartikel verfolgt und ihn mit deutlich höherer Kohärenz präsentiert bekommt, als das in herkömmlichen Lexika der Fall sein kann. Insbesondere für nicht-katholische Leser, die ein dogmatisches Themenfeld in lesbarer Kürze aus katholischer Feder studieren wollen, ist die zweite Herangehensweise lohnend. Das kann, zumal in Lexikonform, anderen Konfessionen als Vorbild nur empfohlen werden.
Trotz dieser Besonderheit handelt es sich um ein vollwertiges Lexikon. Die theologische Position der Verfasser und Verfasserinnen ist für Kundige erkennbar, tritt aber hinter der Informationspflicht des Nachschlagewerks jederzeit zurück. Die Artikel sind gleichförmig aufgebaut: Nach einer kurzen Beschreibung des Begriffs folgen 1. biblische Grundlagen, 2. dogmengeschichtliche Informationen, 3. die lehramtliche Position, 4. Informationen aus der Ökumene und 5. theologische Erwägungen. Die Schwerpunkte sind erwartbar unterschiedlich, erkennbar ist aber eine deutliche biblisch-theologische Orientierung – erheblich ausführlicher als etwa im LThK – und die Heranziehung von Informationen aus der Ökumene, wobei vor allem die Orthodoxie und die großen Kirchen der Reformation im Blick sind. Kleinere Kirchen und ihre Theologien werden an neuralgischen Punkten (Kindertaufe, 392) genannt, sind aber, genauso wie die neuen Strömungen und pentekostalen Kirchen, kaum im Blick. Letztere hätten etwa bei den Artikeln zur Pneumatologie eine Rolle spielen sollen.
Bereits der Blick ins Autorenverzeichnis macht deutlich, dass es sich um ein Werk handelt, das dem Erbe des II. Vaticanums verpflichtet ist; so bearbeitet Christoph Böttigheimer die Theologische Erkenntnislehre, Hans-Joachim Sander die Gotteslehre, Erwin Dirscherl die Anthropologie und Dorothea Sattler die Sakramentenlehre. In nahezu jedem Artikel – auch bei den hier lediglich aus Raumgründen nicht genannten – wird deutlich, wie das II. Vaticanum der biblisch-theologischen Orientierung, einem dialogischen und existenziellen Glaubensverständnis, der ökumenischen Öffnung bei zugleich fröhlicher Gewissheit und überhaupt dem Dialog mit Denken, Glauben und Zweifeln in der Gegenwart Raum gab.
Ein Lexikon ist immer auch Zeuge seiner Zeit. Aufschlussreich ist deshalb, welche Artikel gegenüber der Erstausgabe von 1987 hinzukamen. Die Gotteslehre hat hier entscheidend an Differenzierungen gewonnen, vor allem in der Eigenschaftslehre, aber auch durch den neuen Artikel zur Negativen Theologie. Auch bei der Ekklesiologie ist mit u. a. »Fundamentalismus« und »Gemeinsames Priestertum« die veränderte Gegenwartsorientierung zu spüren.
Katholischen Theologen ist das Lexikon als knapper, konziser und glänzend aktueller Überblick über die gesamte Dogmatik zu empfehlen, denen aus anderen Konfessionen als ein Nachschlagewerk, das durch seine Besonderheit auch als Dogmatik in Einzelartikeln gelesen werden kann. Ausführliche Register (711–752), spezielle Literaturverweise in jedem Artikel, Verweise auf Basisliteratur (17–21) sowie 36 Tabellen und Schaubilder erleichtern die Be­nutzung des Werkes, das einen Platz in Griffweite des Schreibtisches unbedingt verdient hat.