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Ausgabe:

Oktober/2017

Spalte:

1013–1014

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Pirner, Manfred, Bielefeldt, Heiner, u. Johannes Lähnemann [Eds.]

Titel/Untertitel:

Human Rights and Religion in Educational Contexts. Menschenrechte und inter-religiöse Bildung: Referate und Ergebnisse des Nürnberger Forums 2013.

Verlag:

Cham: Springer International Publishing Switzerland 2016. VII, 346 S. m. Abb. = Interdisciplinary Studies in Human Rights, 1. Kart. EUR 149,79. ISBN 978-3-319-39350-6.

Rezensent:

Christian Grethlein

Der Band geht auf das 11. Internationale Nürnberg Forum 2013 zurück. Die hier vorgetragenen Beiträge, die großenteils bereits 2015 auf Deutsch publiziert wurden, sind jetzt in der englischsprachigen Ausgabe noch durch einige weitere Aufsätze ergänzt.
Eingangs skizziert Manfred Pirner durch Rekurs vor allem auf das pluralistische Verständnis von Menschenrechten bei John Rawls und Jürgen Habermans den systematischen Rahmen der Verhandlungen: »Human Rights, Religions, and Education«. Ihn nimmt er in seinem abschließenden Resümee wieder auf: »Human Rights and Religion in Educational Contexts. Foundations and Conceptional Perspectives«. Insgesamt geht es in drei großen Hauptteilen (Part II–IV) darum, die Beziehung der Bedeutung von Religion in pluralistischen, den Menschenrechten verpflichteten Gesellschaften zu pädagogischen Fragen und Konzepten zu eruieren.
In Part II geben acht Beiträge einen aus verschiedenen Religionen vorgenommenen Blick auf das Verhältnis von Menschenrechten und Religion. Schon hier beeindruckt die Fülle der Gesichtspunkte. Im Einzelnen finden sich Überlegungen aus der Perspek-tive des Islam in verschiedenen Auslegungen, Bahà`ì, Ahmadiyya, Shia und Buddhismus. Dazu weitet Mitherausgeber Heiner Bielefeldt, Inhaber des Erlanger Lehrstuhls für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik, den Horizont u. a. durch Hinweise auf konkrete Konflikte hinsichtlich der Geltung von Menschenrechten. Der Jurist Matthias Rohe gibt einen Einblick in konkrete diesbezügliche rechtliche Auseinandersetzungen im deutschen Schulwesen.
Part III spielt in ebenfalls acht Aufsätzen die pädagogische Perspektive ein. Neben bereits bekannten Positionen wie dem eindrücklichen Plädoyer Friedrich Schweitzers für das »Recht des Kindes auf Religion« finden sich auch neue Anregungen. So macht die niederländische Allgemeinpädagogin Wilna A. J. Meijer anhand von UNO-Dokumenten darauf aufmerksam, dass sich diese we­sentlich dem Diskurs »Dritte Welt« bzw. Globalisierung verdanken. Pädagogische Fragestellungen treten demgegenüber zurück bzw. werden entsprechend funktionalisiert. Dazu korrigiert Hans-Georg Ziebertz anhand empirischer Daten oft begegnende Vorurteile, etwa hinsichtlich der Reserve islamischer Jugendlicher ge­genüber den Menschenrechten.
Part IV öffnet dann die Diskussion wieder für internationale Perspektiven. Es finden sich Analysen aus den USA, Großbritannien, Nordirland und Südafrika. Johannes Lähnemann ergänzt sie noch um den Blick einer NGO, nämlich von »Religions for Peace«.
So liegt ein anregender Band zu einem in mehrfacher Hinsicht aktuellen Themenbereich vor. Für schnelle Leserinnen und Leser geben Einleitung und Zusammenfassung durch Pirner einen ers­ten Eindruck über die Fülle des verarbeiteten Materials. Auch die den Aufsätzen vorangestellten Abstracts ermöglichen eine schnelle Orientierung. Die unterschiedlichen religiösen und nationalen Herkünfte der Beiträgerinnen und Beiträger gewährleisten differenzierte Einblicke, wobei die theoretischen Gehalte durchaus unterschiedlich sind. Insgesamt liegt der Schwerpunkt auf der (re­ligions)pädagogischen Fragestellung, die aber überzeugend durch rechtliche, politologische und soziologische Einsichten an­gereichert wird. Es ist gut verständlich, dass dabei nicht die umfassende Diskussionslage, etwa auch in religionswissenschaftlicher und praktisch-theologischer Hinsicht erfasst werden konnte. Solche Lücken sind unvermeidlich, könnten aber vielleicht annonciert werden. Dazu wären im Anhang eine kurze Vita der Autorinnen und Autoren und ein Sachregister hilfreich gewesen.