Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

September/2017

Spalte:

940–941

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Buntfuß, Markus, u. Friedemann Barniske [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Luther verstehen. Person – Werk – Wirkung.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2016. 370 S. m. Abb. Kart. EUR 38,00. ISBN 978-3-374-04556-3.

Rezensent:

A. B.

Der vorliegende, von Dozentinnen und Dozenten der Augustana-Hochschule Neuendettelsau verfasste Band versammelt die Bei-träge einer dort im Sommersemester 2015 abgehaltenen Studien-woche. Anders als der kompendienhaft anmutende Untertitel zu­nächst glauben macht, wird hier kein handbuchartiger Überblick zu Person, Werk und Wirkung Martin Luthers, sondern das aus ganz heterogenen Fach-, Problem- und Deutungsperspektiven zu­sammengesetzte »Kaleidoskop« (16 f.) einer zeitgenössischen Schau auf den Reformator aus Wittenberg vorgelegt.
Naturgemäß sind die Beiträge nicht nur thematisch, sondern auch in der Art und Tiefe des Zugriffs ganz unterschiedlicher Art. Stefan Seiler trägt gewichtige philologisch-theologische Überlegun-gen zu Luthers Übersetzung des Alten Testaments vor, Christian Strecker bietet eine profunde Erhellung der »Debatte über die ›Entlutherisierung‹ der paulinischen Soteriologie«, Ingo Klitzsch substantiiert die derzeit am dominantesten auftretende Debatte um Luthers Judenschriften durch minutiöse einschlägige Analysen der von Johannes Aurifaber besorgten Tischredensammlung. Andere Autorinnen und Autoren bemühen sich um die im reformatorischen Wittenberg ausgebildete Sichtweise auf die Kaiser des Mittelalters (Andreas Gößner), Luthers »Folgen für das Theater« (Klaus Raschzok) und die gendergerechte Bedeutung des Christkinds (Konstanze Kemnitzer) oder bringen Figuren wie Friedrich Brunstäd (Friedemann Barniske) und Marcus Antonius de Dominis, der gewiss »kein Lutheraner« (335) war (Jörg Dittmer), ins Spiel.
Die im Vorwort mitgeteilte Diagnose, »das dogmatische Interpretament des 16. Jahrhunderts« erweise sich »kaum mehr als tauglich […], um den Sinngehalt der christlichen Religion protestan-tischer Couleur für heutige Zeitgenossen zu erschließen« (5), er­scheint frag-, zumindest aber erklärungswürdig und hätte wohl besser eine aktuelle, systematisch verfahrende Glaubensrechenschaft präludiert. Gleichwohl mag, wer heute, in Aufnahme des Obertitels, »Luther verstehen« will, diesem Band einige hilfreiche Anregungen entnehmen. Erst recht aber wird er darüber in Kenntnis gesetzt, wie man derzeit in Neuendettelsau den Reformator versteht.