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Ausgabe:

Dezember/1999

Spalte:

1223–1225

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Kapera, Zdzislaw J. [Ed.]

Titel/Untertitel:

Mogilany 1995. Papers on the Dead Sea Scrolls. Offered in memory of Aleksy Klawek.

Verlag:

Krakow: Enigma Press 1998. 8 =Qumranica Mogilanensia, 15. Zl. 80.-. ISBN 83-86110-29-5.

Rezensent:

Martin Meiser

Der hier anzuzeigende Band enthält die Referate des 5. internationalen Qumran-Kolloquiums von 1995 in Mogilany, organisiert durch das Orientalische Komitee der Polnischen Akademie der Wissenschaften (Zweig Krakau), und ist vornehmlich archäologischen und hermeneutisch-theologischen Fragen zu Qumran gewidmet.

Zdzislaw Kaperas Aufsatz "Archaeological Interpretations of the Qumran Settlement" (15-33) erinnert unter Aufnahme eines entsprechenden Vorbehaltes von R. de Vaux an die methodische Unabgeschlossenheit der Qumran-Forschung: Ein völlig zureichender Beweis für das Recht, die Ruinen, die Schriftrollen und die Höhlen zu einem Gesamtbild von "Qumran" zu verbinden, stehe aus. - Norman Golbs These, die in Qumran gefundenen Schriftrollen entstammten bis auf 3Q15 verschiedenen Bibliotheken außerhalb Qumrans, hält Bruno Dombrowski, "Golb’s Hypothesis: Analysis and Conclusions" (35-54), entgegen, daß Schriften wie 1QS, 4QMMT, CD und 1QM schon durch die Vielzahl der Kopien den Charakter von Qumran als Standort einer religiösen Sondergemeinschaft sicherstellen. - Für Jodi Magness, "The Chronology of Qumran, Ein Feshkha and Ein el-Ghuweir" (55-76) zeigen der keramische und der numismatische Befund, daß von den drei im Titel genannten Siedlungen nur Qumran selbst in der Zeit vor dem Erdbeben von 31 v. Chr. besiedelt war. - Nach Z. Kapera, "Recent research of the Qumran Cemetery" (77-86) weisen die Befunde (Einzelgräber in Nord-Süd-Orientierung, 1,20-2 m tief angelegt, wenige Gräber von Frauen und Kindern, junges Lebensalter der Bestatteten) auf die Vermutung "that the cemetery is an ordinary cemetery of the period and area, albeit a sectarian one" (86). - Robert Donceel, "Pursuite des travaux de publication du matérial archéologique de Khirbet Qumran. Les lampes en terre-cuite" (87-104. hier 99) zeigt, daß der von intensiven ökonomischen Außenbeziehungen zeugende (94) keramische Befund der Siedlung vornehmlich in R. de Vaux’ Epoche Ib fällt. - Nach Jerzy Ciecielag, "Coins from the So-called Essene Settlements on the Dead Sea Shore" (105-115) trägt der erreichbare numismatische Befund für die Beurteilung der These einer zweimaligen Zerstörung Qumrans (R. de Vaux: 31 v. Chr. durch Erdbeben und Feuer, 68 n. Ch. durch die Römer) nichts aus (108). Die Siedlungsperioden I und II von Ein Al Feshkha sind den Perioden Ib und II von Qumran (nach R. de Vaux) zu parallelisieren. In Ein Al Feshka fand man Münzen noch aus der Zeit von Antoninus Pius (138-161). - Jerzy Chmiel, "Quelle herméneutique est utile pour interpréter les textes du désert Juda?" (117-121), fordert eine historisch-kritisch orientierte Texthermeneutik, die als poetisch-philosophisch orientierte Hemeneutik die Dialektik und die Komplementarität von fiktionaler Erzählung und Historie bedenkt. - Für Stanislaw Cinal, "Les Anges-Prêtres dans les Sirôt ’Olat has-Sabbat de Qumrân et les ’Utria dans le Diwan Nahrawata des Mandéens" (123-136), ergibt der Vergleich von 4Q 400-407 mit mandäischen Texten, daß in beiden Bereichen himmlische Rituale im Bewußtsein der feiernden Gemeinde als Vor- und Urbild irdischer Rituale gelten. - Michael Conley "Understanding the Intent of 1Q Serek" (137-149) interpretiert - nicht unwidersprochen (vgl. das Vorwort, 10) - 1QS u. a. aufgrund der Disziplinarvorschriften für die "Söhne Zadoks" als Dokument einer totalitären Kaderorganisation. - Karl-Wilhelm Niebuhr, "4Q521 II - Ein eschatologischer Psalm" (151-168) liest in Frgm. 2 Col. II, Z. 7.9.10.11 jeweils mit Puech gegen Eisenman/Wise bzw. Wise/Tabor. Dieser wohl nicht in Qumran entstandene eschatologische Psalm hat seine nächsten Parallelen vielleicht in 4Q380.381.448, 1 I; 11Q05, vor allem aber in Sir 51,1-12 und den Psalmen Salomos. - Nach Stanislav Segert "Hebrew Essenes - Aramaic Christians" (169-184) markiert die Qumrangemeinde bereits durch die Wahl des biblischer Ausdrucksweise verpflichteten Hebräischen statt des Aramäischen ihre Selbstunterscheidung von der normalen Bevölkerung und von Gruppen wie den Pharisäern und den frühen Christen. - Nach Felipe Sen, "Qumran and Nag Hammadi" (185-210), lassen Ähnlichkeiten im Dualismus einerseits, das Fehlen spezifisch gnostischer Begriffe andererseits mit Helmer Ringgren Qumran und Gnosis als zwei verschiedene Zweige eines Stammes erscheinen, wenn man nicht von einem Prä- oder Protognostizismus sprechen will.

Es folgen eine Bibliographie zu "Qumran und Gnosis" (211-222) und eine Ergänzung zu der 1989 vorgelegten Bibliographie für die spanische Qumranforschung um die Literatur bis 1997 (223-228).

Abschließend gibt Z. Kapera, "The Rev. Aleksy Klawek (1890-1969) - The University Scholar" (229-246) ein durch die wechselvolle politische Geschichte bewegtes wie bewegendes Portrait seines akademischen Lehrers Klawek, Professor für Alttestamentliche Exegese, Hebräisch und Aramäisch sowie biblische Archäologie in Lemberg (Lvov, heute Ukraine) und für biblische Studien in Krakau. Wissenschaftliche Bedeutung kommt vor allem Klaweks biblisch-philologischen und onomastischen Beiträgen zu, aber auch seinen Beiträgen zur theologischen Wissenschaftsgeschichte Polens und zu neueren polnischen Bibelübersetzungen. Die Frage nach dem "Sitz im Leben" auf eigene Weise bedenkend, nimmt Klawek Einsichten späterer römisch-katholischer Exegese vorweg. Eine Bibliographie seiner fremdsprachlichen Beiträge (247-249) zeigt die Bandbreite seiner Interessengebiete.

Der Band wird durch ein Stellenregister abgeschlossen.