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Ausgabe:

November/1999

Spalte:

1165 f

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Krolzik, Udo [Hrsg]

Titel/Untertitel:

Zukunft der Diakonie. Zwischen Kontinuität und Neubeginn.

Verlag:

Bielefeld: Luther 1998. 199 S. 8. ISBN 3-7858-0402-4.

Rezensent:

Reinhard Turre

Aus Anlaß des 100. Geburtstages von Karl Pawlowski, des Gründers des Evangelischen Johanneswerkes mit Sitz in Bielefeld, hat das heutige thologische Vorstandsmitglied dieser Einrichtung diesen Aufsatzband vorgelegt. Udo Krolzik hat im zweiten Teil seines Gedenkbandes allgemeine Aufsätze zur Geschichte der Diakonie von Jochen Christoph Kaiser, Johannes Michael Wischnath und Hans-Georg Schütz und spezielle Beiträge über die Geschichte der Westfälischen Diakonie und des Johanneswerkes zusammengestellt. Ihn bewegt die Frage, was aus der Rückbesinnung auf die historische Entwicklung für die gegenwärtige Bestimmung des christlichen Charakters der Diakonie folgt (9). Die Zwischenstellung zwischen Staat und Kirche will K. weiter erhalten wissen, weil sie sowohl eine kritische Distanz zu den politisch-ökonomischen Rahmenbedingungen als auch zu den wissenschaftlich-technischen Entwicklungen erlaubt. Entsprechend dieser Sicht sind auch im ersten Teil die der Situation und Perspektive diakonischer Arbeit gewidmeten Beiträge ausgewählt.

Von Jürgen Gohde wird ein Ausschnitt aus seinem Jahresbericht 1998 wiedergegeben, der die Aufmerksamkeit auf die Konfessionalität und Professionalität diakonischer Arbeit richtete (13-19). Die Beiträge von Wolfgang Nethöfel "Diakonie im Unternehmen Kirche" (21-36), Markus Rückert/Klothilde Staab "Diakonie im Wettbewerb" (51-60) und Alfred Jäger "Sozialbilanz und Social Controlling als Management-Führungsinstrumente der Zukunft" (61-74) untersuchen die Bedingungen und Folgen unternehmerischen Handelns in der Diakonie. Nethöfel fordert die Diakonie auf, ihre unternehmerischen Erfahrungen in die verfaßte Kirche einzubringen (35). Rückert/Staab erhoffen sich eine Entlastung der sozialen Aufwendungen durch die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der nun als Kunden begriffenen Hilfebedürftigen (59).Eindrücklich weisen sie auf die untauglich gewordenen, da noch immer von Alimentationsgedanken geprägten Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes hin (58).

Alfred Jäger macht am Beispiel der Zieglerschen Anstalten Wilhelmsdorf deutlich, wie durch Controlling und Qualitätsmanagement auch der Standard diakonischer Arbeit unter den heutigen Bedingungen aufrecht erhalten werden kann. Die Überprüfung der Konzepte durch die Führung und die Mitarbeiter einer Einrichtung dient der Umsetzung des Leitbildes einer diakonischen Einrichtung (73).

Martin Stiewe leitet das Profil einer evangelischen Einrichtung von Barmen IV ab (42). Michael Schibilsky berichtet aus der Alltagsarbeit diakonischer Öffentlichkeitsarbeit und benennt als ihre Grundaufgaben: Aktualität und Schnelligkeit, Gespür für Ereignisse, solide Information, Gewinnen von Spendern, Unterhaltung und Glaubwürdigkeit. Dabei gelte es besonders die Balance zwischen Menschenwürde und Werbung auszuhalten (91-94). In dem profunden Beitrag von Theodor Strohm wird der aktuelle Stand diakonisch-sozialer Arbeit in Europa zusammengefaßt (97-103) und die Erneuerung des Diakonats nun als eine vordringliche ökumenische Aufgabe (104-111) beschrieben.

Der vorliegende Aufsatzband kann den heute in der Diakonie Aktiven einen kurzgefaßten Einblick in die Sicht aktiv Handelnder und theologisch Reflektierender zu aktuellen Themen geben. Die Art der Darlegung ist eine Einladung zu eigener Urteilsbildung. Man sieht: Auch die Diakonie ist auf dem Weg der Selbstbesinnung und neuen Selbstbestimmung.