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Ausgabe:

Juni/2017

Spalte:

616–617

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

MacDonald, Nathan [Ed.]

Titel/Untertitel:

Covenant and Election in Exilic and Post-Exilic Judaism. Studies of the Sofja Kovalevskaja Research Group on Early Jewish Monotheism. Vol. V.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2015. XI, 193 S. = Forschungen zum Alten Testament. 2. Reihe, 79. Kart. EUR 59,00. ISBN 978-3-16-153267-2.

Rezensent:

Ruth Ebach

Der Band geht auf ein im Mai 2013 in Göttingen gehaltenes Kolloquium zu den theologischen Kern-Themen »Bund« und »Erwählung« zurück. Die thematische Fokussierung und die temporale auf die Exils- und besonders auf die Perserzeit ermöglicht eine breite Textbasis, die alle Großbereiche des Alten Testaments umfasst. Ein Stellen- und Autorenregister schließt die acht englischen und deutschen Aufsätze ab.
Nathan MacDonald fasst die Artikel in der Einleitung systematisierend zusammen, wobei ein stärkerer Vergleich der Konzeptionen für den Gesamtzusammenhang hilfreich gewesen wäre.
Matthias Köckert argumentiert in »Gottes ›Bund‹ mit Abraham und die ›Erwählung‹ Israels in der Genesis« dafür, dass der einheitliche Text Gen 17 allein auf die Abraham-Isaak-Linie ziele und keine multinationale Deutung des Bundes ermögliche. Die Spannungen im Text erklärt er mit einem Erkenntnisfortschritt Abrahams und auch des Lesers. Doch müsse man, in Analogie zu seiner Argumentation zu 17,19, dass ein zusätzliches »auch« hätte klarmachen können, dass der Bund auch mit Ismael geschlossen sei (9), nicht eine solche Klarheit auch bezüglich anderer Unterschiede zwischen V. 7 f. und 19–21 erwarten, wenn die Intention in der Korrektur der Annahmen des Lesers läge?
Christoph Koch beleuchtet mit »Bundestheologie und autoritativer Text im Deuteronomium« das »Tafelmotiv in Deuteronomium 5; 9–10 vor dem Hintergrund altorientalischer Vertragspraxis«. Dabei knüpft er an Studien zum Tafelmotiv an, verweist aber auf das Vertragsrecht. Diese Tafeln hatten teils eine dem Kultbild gleichende göttliche Autorität (Aufstellung im Heiligtum, Gottessiegel, Götter als Vertragspartner). Dies ist weiterführend, die Singularität eines göttlichen Verfassers hätte noch stärker ausgewertet werden können.
Anselm Hagedorn beleuchtet »Covenant, Election, and War in Deuteronomy 7« und bestimmt Israels »ethnic and religious identity« als Leitmotiv. Dabei verdeutlicht er, wie der Freiraum durch die (religions-)politische Praxis der Perser genutzt wird. Als Ausgangspunkt wählt er die im Gegensatz zu den späteren Ergänzungen wenig religiös motivierte Grundschicht (7,1*.2.3a.6), in der die Erwählung Israels – gerade nicht der Bund – die Kernaussage bildet.
Stephen Chapman gibt in seinem Beitrag »The Covenant God of Israel: Joshua 8, Divine Concession, and Jesus« einen ausführlichen Forschungsüberblick zu Bundeskonzeptionen und betont (ausgehend von Jos 8,2 im narrativen Kontext) die Rolle von Gottes Zugeständnissen zur Rettung des Bundes. Auf dieses Motiv der Selbstbeschränkung weist er auch in Gen 9; 15; 1Sam 8–12 und Hos 11 hin. Die verwunderliche Betonung Jesu im Titel zeigt sich nur im kurzen chris­tologischen Abschluss.
Karin Finsterbusch vergleicht die Konzepte von »Auszugs-Bund, neuer Bund und weitere Bünde: ›Berit‹ im älteren (hebräische Vorlage LXX–Jer) und im jüngeren Jeremiabuch (MT–Jer)«. Durch die Gesamtlektüre der Bundestexte der rekonstruierten LXX-Vorlage kann sie die These Schenkers einer bundeslosen Zeit widerlegen und zeigen, dass der Bund zwar von den Menschen gebrochen wurde, von Gott aber – trotz seines Rechts – nie (vollständig) annulliert wurde. Dies erfolgt erst durch den »weltzeitlichen« Bund. In früher hellenistischer Zeit sorgten dann protomasoretische Redaktoren für Verschärfungen und Neuakzentuierungen.
Sebastian Grätz beleuchtet »Bund und Erwählung in Esra-Nehemia«. Auch ohne häufige Nennung kommen die Konzeptionen durch eingespielte Rezeptionstexte zum Tragen, so in der Aufnahme von Dtn 7 im Kontext der Heiligkeit in Esra 9. So wird die Tora zum Mittel der Selbstvergewisserung der Erwählung und zugleich zur Handlungsanweisung. Ähnliches gilt für die Aufnahme prophetischer Traditionen. Stadtmauer, Tempel und genealogische Listen dienen der Festigung der Erwählungstradition.
Die Chronikbücher betonen Bund und Erwählung. Garry Knoppers fokussiert mit »Judah, Levi, David, Salomon, Jerusalem, and the Temple: Election and Covenant in Chronicles« stärker die Erwählung von Gruppen und Einzelpersonen (Salomo!). Dabei verweist er überzeugend auf den Umgang mit Vorlagen und betont etwa, dass es in Chr keine Verwerfung eines Erwählten gibt. Durch die Erwählungen wird die Zeit vor der Reichsteilung hervorgehoben.
Matthew Lynch beleuchtet mit »The Davidic Covenant and Institutional Integration in Chronicles« stärker den Bund und analysiert, dass nach Chr ein erneutes Königtum – in Unterordnung zum Tempel – möglich, aber nicht zwingend nötig ist.
Insgesamt liegt ein gerade im Vergleich der Ergebnisse interessanter Band vor, was an den Akzentuierungen des Bundesbegriffs oder der Frage nach Reichweite und Bruch deutlich wird. Grätz und Knoppers zeigen die Neuakzentuierungen besonders im Rezep-tionsvorgang und somit, dass die Themen in ihrem Facettenreichtum in je neuer politischer Situation und Intention wahrzunehmen sind.