Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Mai/2017

Spalte:

533–534

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Bremer, Thomas

Titel/Untertitel:

»Verehrt wird Er in seinem Bilde …«. Quellenbuch zur Geschichte der Ikonentheologie.

Verlag:

Trier: Paulinus Verlag 2014. 324 S. = SOPHIA, 37. Geb. EUR 29,90. ISBN 978-3-7902-1461-1.

Rezensent:

Philipp Stoellger

Der vorliegende Band ist vor allem eine Quellensammlung für den Lehrgebrauch, die vom Herausgeber mit einer ausführlichen Einleitung versehen wurde. Als »Darstellungen« überschrieben führt der Vf. 1. in die historischen Hintergründe des Bilderstreits und der Bilderverehrung in Byzanz ein (19–48); 2. legt er Themen und Argumente im Bilderstreit systematisiert dar (49–80); 3. werden »Ikonen als Zugang zur orthodoxen Theologie« erörtert (81–93), und 4. wird »Vom Umgang mit Ikonen« gehandelt (94–111).
Die zeitgenössisch quer zu den Konfessionen stehende Resonanz und Beliebtheit der Ikonen wird vom Vf. bemerkenswert begründet: »Durch ihren besonderen Stil […] sprechen sie viele Menschen an und vermitteln ihnen eine besondere Erfahrung des Göttlichen, weil sie auf sie authentisch wirken, also nicht als Darstellungen verstanden werden, wie sich ein Künstler Gott vorstellt, sondern als Abbildungen, wie Gott ist.« (12) Wäre dem so, wäre hier bildhermeneutische Differenzierung angebracht. Denn weder »Ab­bildung« noch gar, »wie Gott ist«, sind bildwissenschaftlich be­lastbare Formulierungen, wie u. a. das Handbuch zur Bildtheologie von Reinhard Hoeps darlegt.
Die Darstellung des Bilderstreits ist als Einführung in den Kontext der beigegebenen Quellen hilfreich und so sorgfältig ab- und ausgewogen, dass man gerade deswegen eine gewisse Rückbindung an die dahinterstehenden Forschungsdiskussionen vermissen kann. Die systematische Darstellung der Themen und Argumente im Bilderstreit ist so klar wie hilfreich (auch wenn hier die neuere Bildwissenschaft einzubeziehen weiterführen würde, etwa zur Vermeidung des Abbildungsmodells, u. a. 53.81). Überraschenderweise bleibt ganz außer Acht, dass Bilder ihrerseits Status und Funktion von Argumenten haben können, eine ikonische »Episteme« (klassisch und dem Vf. nur zu geläufig: der »Chludow-Psalter«). Die Rückbindung an die christologischen und trinitarischen Diskurse erhellt sowohl den (ideen-) politischen als auch den semantischen Kontext der Debatte, der »eucharistisch« bzw. durch die Frage der media salutis erweitert wird (Eucharistie als Bildereignis, vgl. 33 f.65 f.68.79.105; vgl. figura bei Augustin und den späteren Abendmahlsstreiten).
Den Zugang zur orthodoxen Theologie durch die Ikonen eröffnet der Vf. anhand einiger Ikonentypen. Im Zuge dessen bestimmt er Ikonen als sinnlichen »Ausdruck des Göttlichen«, bzw. sie »gewährleisten die Anwesenheit des Göttlichen« (81), was näherer Klärung so fähig wie bedürftig erscheint. Sie als Abbildung von Theologie bzw. »Theologie in Bildern« zu begreifen, trifft, auch wenn es ein platonisch ebenso übliches wie problematisches Abbildungsmo­dell für das Bildverständnis prolongiert (81, vgl. 94.98 f.104 f.107 u. ö.).
Den Umgang mit Ikonen (94 ff.) schildert der Vf. plastisch und bietet ein Schema der Ikonostase (100). Vor allem die religiösen Bildpraktiken werden nachvollziehbar und theologisch einsichtig gemacht, insbesondere gegenüber einer kunsthistorischen und ökonomischen Perspektive. Dass es in diesen Praktiken um die Produktion von Präsenz (bzw. deren Widerfahrung) geht, würde es nahelegen, die Komplikationen von Präsenz und Entzug im Bild als Bild weiterführend zu reflektieren (vgl. 104 ff.). Ein erheblicher Gewinn der Darlegungen des Vf.s besteht darin, gängige Vorverständnisse ›superstitiöser‹ Bildverehrung gründlich zu irritieren und zu korrigieren.
Die Quellen sind teils erstmalig übersetzt, ansonsten wird die Übersetzung (und Alternativen) nachgewiesen. Im Anhang werden Grundbegriffe, eine Zeittafel zum Bilderstreit und ein (recht knappes) Literaturverzeichnis beigegeben. Der Band ist in Dokumentation wie Einführung so kenntnisreich wie solide und wird sich in Lehrveranstaltungen sicher bestens bewähren.