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Ausgabe:

Mai/2017

Spalte:

512–514

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Telford, William R.

Titel/Untertitel:

Writing on the Gospel of Mark.

Verlag:

Blandford Forum: Deo Publishing 2009. XIX, 575 S. = Guides to Advanced Biblical Research. Kart. £ 31,95. ISBN 978-90-5854-009-6.

Rezensent:

David du Toit

Bei dem hier anzuzeigenden Buch handelt es sich in erster Linie um eine zum Teil annotierte Bibliographie zur Markusforschung für die Zeitspanne von 1980 bis etwa 2005 (Kapitel 3: 209–533). Es ist der erste und bisher einzige erschienene Band in der Reihe Guides to Advanced Biblical Research. Das Werk umfasst ferner eine Übersicht über die in der Markusforschung praktizierten Methoden in der Form von Beispielexegesen (Kapitel 2: 45–208) sowie ein Kapitel zu dem State of Research (Kapitel 1: 1–44) und einen Ausblick Future of Research (Kapitel 4: 534–546). Dem Vorwort (XVII–XIX) zufolge zielt der britische Markusspezialist William Telford darauf, sowohl etablierten Markusforschern als auch Postgraduierten Werkzeuge zur Erforschung des Markusevangeliums zur Verfügung zu stellen: »Its purpose is to assist researchers […] with their choice of topic and methodology, to give practical assistance with […] bibliographies and to offer clear demonstrations of the various approaches […] to the Gospel.« (XVII)
Im 2. Kapitel, das sich mit methodischen Ansätzen befasst (45–208), werden anhand von 45 ausgewählten Auszügen aus der Literatur Approaches in der Markusforschung exemplarisch illustriert. Es werden fünf Kategorien solcher methodischer Ansätze unterschieden: 1. historische, 2. sozialwissenschaftliche, 3. literarische, 4. theologische sowie 5. ideologische (und ethische) Ansätze. Während unter historical approaches die klassisch historisch-kritischen Fragestellungen (Text-, Quellen-/Literar-, Form-, Redaktions-, Überlieferungs-/Traditions- und Rezeptionskritik) sowie Archäologie dargestellt werden, werden unter den social-scientific ap­proaches soziologische, kulturanthropologische und psychologische Analysemethoden in den Blick genommen. Der Abschnitt liter­ary approaches ist Fragestellungen wie literary criticism, Gattungs- und Kompositionskritik, rhetorischer Analyse, Erzählanalyse, Reader-Response, Linguistik, Semiotik, Strukturalismus, Dekonstruktivismus sowie Intertextualität gewidmet. Unter theological ap­proaches werden history of ideas, historical theology, Fundamentalismus, narrative und pastorale Theologie, canonical criticism sowie confessional approaches betrachtet, während in der Kategorie ideological approaches befreiungstheologische, materialistische, post-kolonialistische, feministische (und womanist) und ökologische Ansätze sowie people’s bzw. grassroots und culturally informed ap­proaches in den Blick genommen werden. Dazu wird jeweils ein Auszug von etwa drei bis fünf Seiten aus einem Aufsatz oder Buch zu dem jeweiligen Thema abgedruckt (in der Regel mit Bezug zu einer Textpassage im Markusevangelium), den der Herausgeber jeweils mit einer kurzen Einleitung versieht. So wird z. B. zur Überlieferungs-/Traditionskritik ein Ausschnitt aus einem Aufsatz von C. P. März zur Traditionsgeschichte von Mk 14,3–9 abgedruckt, zur rhetorischen Analyse fünf Seiten aus J. Deweys Dissertation Markan Public Debate, zu kulturanthropologischen Ansätzen ein paar Seiten aus B. Malinas The New Testament World, usw. Obwohl hier eine forschungsgeschichtlich interessante Auswahl aus der Literatur zum Markusevangelium präsentiert wird, halte ich es für recht unwahrscheinlich, dass das gesetzte Ziel (»familiarizing himself or herself with the methodologies currently being employed on the Gospel«, XVIII) in dieser Weise zu erreichen ist. Allerdings wird man die in diesem Teil abgedruckten Texte in Methodenseminaren zur ersten Orientierung mit Gewinn verwenden können.
Die Bibliographie, das Kernstück des Buches, umfasst fünf Themenbereiche: 1. General Aids and Tools (209–225: Bibliographien, Forschungsberichte, Übersichtswerke, Kommentare usw.); 2. Dissertations und Monographs (225–254: vor allem veröffentlichte und unveröffentlichte Dissertationen und Habilitationen); 3. Methods and Approaches (254–327: Literatur zu den vorhin dargestellten methodischen Ansätzen); 4. Themes and Topics (327–480: sortiert nach drei Themenbereichen: History and Social Context, Literature, Theology); 5. Passages (480–533: Literatur zu Textabschnitten des Evangeliums). Der umfangreiche vierte Teil bildet das Zentrum der Bibliographie. Er umfasst Rubriken zu 1. Mark as History (mit Subkategorien zu Einleitung, Quellen, Formen, Redaktion, Jesus, Jünger, Johannes der Täufer, Jüdische Führer: 328–363), 2. Social Context (mit Subkategorien zu Markus und Hellenismus bzw. Judentum; Jüdische Sekten; Landbevölkerung/Sünder; Gesetz; Sabbat; Reinheit; Tempel; Qumran: 363–379); 3. Literature (mit Subkategorien zu Markus als Literatur bzw. Erzählung; Intertextualität: 379–425) sowie 4. Theology (mit Subkategorien zu Markus als Theologe [Christologie, Soteriologie, Pneumatologie, Eschatologie, Ekklesiologie]); Markus und das Neue Testament; Ideologie und Ethik: 425–480) – die Rubriken werden in der Regel noch kleinteiliger gegliedert. Die übersichtliche Rubrizierung der Bibliographie ermöglicht eine schnelle und zielgerichtete Erschließung, die zudem durch ein Autorenregister (546–565) sowie ein markinisches Stellenregister (566–575) unterstützt wird.
Die meisten Einträge beinhalten nur die jeweilige bibliographische Angabe; manchmal wird eine kurze Annotation (meist im Umfang eines Satzes) zum Inhalt hinzugefügt. Obwohl die Beiträge in der Regel aus der Zeit ab 1980 stammen, werden häufig auch wichtige ältere Werke, vor allem aus den 1970er Jahren, genannt. Dies gilt insbesondere für die Kommentarliste (217–222): Dort werden alle bedeutenden englischen, französischen und deutschen Kommentare seit dem Beginn des 20. Jh.s angegeben. Kommentare in anderen Sprachen werden dort jedoch nicht aufgeführt, selbst wenn sie zu Spezialthemen genannt werden (vgl. etwa den dreibändigen spanischen Kommentar von J. Mateos/F. Cumacho, der an anderer Stelle [ Narrative Criticism; Linguistics] erwähnt wird). Soweit ich sehen kann, gibt es in der Bibliographie keine gravierenden Lücken: Bis etwa 2005 scheint die Bibliographie für den Zeitraum so gut wie vollständig zu sein. Sie umfasst zum Teil sogar sehr entlegene, schwer zugängliche Beiträge. Allerdings wird Ludger Schenkes wichtige Monographie Das Markusevangelium (1988) erstaunlicherweise recht stiefmütterlich behandelt – sie wird wider Erwarten weder unter Guides und Introductions: Specific (216) noch unter General Works (222) erwähnt, sondern nur zweimal zu Spezialfragen (Purpose, Message, 334 f.) genannt. Bei einem solchen Un­ternehmen ist Fehlerlosigkeit kaum zu erwarten – doch sind er­staunlich wenig Fehler festzustellen, vielmehr sind die Angaben in aller Regel präzise und korrekt erfasst. Mir aufgefallene Ausnahmen sind auf kleine Tippfehler zurückzuführen: »fundamentalischer« statt »fundamentalistischer«: 149.314 (jeweils bei E. Lerle); »W. S. Forster« statt »W. S. Vorster«: 223 (bei F. Hahn); »Byzanina« statt »Byzantina«: 334.437.513 (bei S. W. Cronjé).
Die Darstellung des Forschungstands (Kapitel 1: 1–44) ist leider wenig hilfreich, denn sie dupliziert die Struktur der Bibliographie und kommt über eine summarische Nennung einiger bedeutsamer Beiträge je Rubrik nicht hinaus. Zu einer kritischen Sichtung der Forschung dieses entscheidenden Vierteljahrhunderts der Markusforschung kommt es leider überhaupt nicht. Dies gilt noch mehr für den Ausblick (534–546), der über ein »Es wird in allen Bereichen weiter geforscht werden« nicht hinauskommt. Mit der Bibliographie allerdings hat T. Markusforschern sowie Studierenden einen großartigen Dienst geleistet: Die übersichtlich strukturierte Bibliographie und die Register ermöglichen für den erfassten Zeitraum einen schnellen und zielgerichteten Zugriff auf die Literatur zu einem bestimmten Thema, Textabschnitt, methodischen Ansatz usw. So mancher Markusforscher wird ihm künftig dafür danken.