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Ausgabe:

März/2017

Spalte:

195–199

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Dozeman, Thomas B.

Titel/Untertitel:

Joshua 1–12. A New Translation with Introduction and Commentary.

Verlag:

New Haven u. a.: Yale Univer-sity Press 2015. 656 S. m. 4 Ktn. = The Anchor Yale Bible Commentaries, 6B. Lw. US$ 100,00. ISBN 978-0-300-14975-3.

Rezensent:

Erasmus Gaß

Der vorliegende Kommentar ist der erste Teil einer umfassenden Kommentierung des biblischen Josuabuches für die renommierte amerikanische Kommentarreihe The Anchor Yale Bible durch Thomas B. Dozeman, Professor am United Theological Seminary in Ohio. Dieses Werk tritt die Nachfolge des Josuakommentars von Robert G. Boling und George E. Wright an, der in der gleichen Reihe im Jahr 1982 erschienen ist. Der aktuelle Kommentar von D. ist jedoch wesentlich ausführlicher und daher auf zwei eigenständige Bücher verteilt. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass in den vergangenen 30 Jahren der bisherige Forschungsstand zum Josuabuch und zum DtrG nicht nur massiv in Frage gestellt worden ist, sondern auch gerade die literarhistorische Forschung am Josuabuch eine Neubewertung erfahren hat. Es verwundert daher nicht, dass bereits der erste Teil umfangreicher ist als der Vorgängerkommentar von Boling/Wright (580 Seiten). Trotzdem ist die Darstellung bei D. an keiner Stelle redundant. Der komplexe Befund kann nur bei einer gewissen Ausführlichkeit angemessen und verständlich präsentiert werden.
Bereits die Introduction umfasst fast 100 Seiten (1–94). Hier stellt D. alle wichtigen Dinge vor, die zu einem adäquaten Verständnis des Josuabuches nötig sind. In einem ersten kurzen Abschnitt (3–5) bietet D. einen Überblick über das Josuabuch. Diese Erzählung von der Inbesitznahme des Verheißungslandes unter Josua dient als Abschluss der Exodus- und Wüstenerzählung. Es handelt sich hierbei aber nicht um eine normale Übernahme des Landes. Vielmehr wird das Land dem Bann unterworfen, die Städte werden zerstört, die Könige hingerichtet. Darüber hinaus wird ein Leben auf dem Land, frei von Städten, Königen und der indigenen Bevölkerung propagiert. Für D. sind die beiden Teile Jos 1–12 (Landnahme) und Jos 13–24 (Landverteilung) wie zwei Seiten der einen Medaille eng miteinander verbunden. Das Buch endet schließlich mit zwei Josua-Reden, dem Tod Josuas und Eleasars sowie der Verlegung der Gebeine Josefs.
In einem zweiten Abschnitt bezieht D. Stellung zur Entstehungsgeschichte des Josuabuches (5–32), wobei er konzis vier forschungsgeschichtliche Etappen skizziert, bevor er seinen eigenen Entwurf präsentiert. Zunächst weist D. darauf hin, dass das Josuabuch an einer Schnittstelle zwischen Tora und Vorderen Propheten steht und dementsprechend unterschiedlich gedeutet werden kann. So kann man das Josuabuch entweder im Rahmen eines Hexateuchs als Erfüllung der Landverheißung, oder im Rahmen des DtrG als Kontrast zum Landverlust lesen (5).
In einer ersten forschungsgeschichtlichen Phase wollte man die Quellenschichten des Pentateuchs auch noch im Josuabuch nachweisen. Man ging folglich von einem Hexateuch aus und war überhaupt nicht an historischen oder archäologischen Fragen interessiert. Nach der Verknüpfung der Pentateuchquellen hätte man zudem das Josuabuch noch dtr. und priesterlich überarbeitet, wobei die P-Anteile vor allem in den Landverteilungstexten Jos 13–22 zu finden sind (Kuenen; Wellhausen). D. blendet die letzte Beobachtung in seinem Kommentar aus, obwohl gerade die P-Anteile in den Landverteilungstexten in einigen Studien besonders betont werden (Auld, A. G., Joshua, Moses and the Land, Edinburgh 1980; Cortese, E., Josua 13–21 [OBO 94], Fribourg 1990; de Vos, J. C., Das Los Judas [VT.S 95], Leiden 2003; Rösel, H. N., The Book of Joshua and the Existence of a Hexateuch, in: Galil, G. [Hrsg.], Homeland and Exile [VT.S 130], Leiden 2009, 559–570).
In einer zweiten forschungsgeschichtlichen Phase verschob sich das Interesse hin zur Überlieferungsgeschichte, zur Archäologie und zur historischen Geographie. Verschiedene Theorien zur Landnahme werden kritisch vorgestellt: das Invasionsmodell bei Albright und das Infiltrationsmodell bei Alt. Beide Forschungsrichtungen gehen von gleichen Voraussetzungen aus, auch wenn unterschiedliche Schlüsse gezogen werden. Sowohl die Archäologie als auch die ätiologischen Erzählungen des Josuabuches werden bei beiden Ansätzen als Fenster in die vorstaatliche Zeit betrachtet. Allerdings werden beide Zugangsweisen unterschiedlich bewertet, was zu den gegensätzlichen Ergebnissen geführt hat. Im Gegensatz dazu ist nach D. davon auszugehen, dass das Josuabuch erst sehr spät entstanden ist. Denn in der Merenptah-Stele wird Israel als indigene Gruppe gezeichnet, die von Ägypten abhängig ist. Da im Josuabuch aber kein Hinweis auf Ägypten zu finden sei, könne hier nicht ein Dokument der vorstaatlichen Zeit vorliegen.
In einer dritten forschungsgeschichtlichen Phase ging man nicht mehr nur von einer dtr. Überarbeitung des Josuabuches aus, sondern vermutet einen dtr Autor, der den gesamten Erzählzusammenhang Dtn–2Kön geschaffen hat (Noth, M., Das Buch Josua [HAT 7], Tübingen 31971). Da die Pentateuchquellen J und E im Josuabuch fehlen, ist das Josuabuch später als der königszeitliche Tetrateuch in der exilischen Zeit entstanden. Die P-Anteile im Josuabuch können folglich nur post-dtr Ergänzungen sein. Hier wäre zu ergänzen, dass gerade der Abschnitt Jos 13–22 selbst nach Noth ursprünglich nichts mit dem dtr Josuabuch zu tun gehabt hat (Noth 1971, 10). Erst sekundär ist die Landverteilung in das bestehende Josuabuch eingetragen worden.
In einer vierten forschungsgeschichtlichen Phase erodierte das Modell des DtrG und neue literarische Modelle, die das Josuabuch in den Hexateuch und in den Enneateuch einbinden, wurden stattdessen entwickelt. Hier verschweigt aber D. die Theorie eines DtrL, das die beiden Bücher Deuteronomium und Josuabuch verbindet (Braulik, G., Die deuteronomistische Landeroberungserzählung aus der Joschijazeit in Deuteronomium und Josua, in: Stipp, H.-J. [Hrsg.], Das deuteronomistische Geschichtswerk [ÖBS 39], Frankfurt am Main 2011, 89–150 mit Literatur), obwohl die sprachlichen, formalen und inhaltlichen Verbindungslinien zwischen diesen beiden Büchern auffällig sind. Allerdings reichen die Bezüge zum Dtn nur in den ersten Teil Jos 1–12, während sie bei den Landverteilungstexten kaum zu finden sind. Die These eines Joschijanischen DtrL (Dtn 1–Jos 12.23 f.) spricht zudem gegen mehrere Grundannahmen D.s: a) die unabhängige Entstehung des gesamten Josuabuches als nordisraelitisches Produkt und der späte Einschub des Josuabuches zwischen Dtn und Ri (22–24), b) die notwendige Verwiesenheit der beiden Buchteile Jos 1–12 und Jos 13–24 aufeinander (24), c) die Vermischung von D- und P- Sprache, die kaum noch literarkritisch voneinander getrennt werden kann (25). Insofern ist verständlich, dass er diese wichtige Position der deutschsprachigen Exegese nicht rezipiert. Darüber hinaus muss D. noch weitere Dinge postulieren, die nicht notwendigerweise konsensfähig sind. So sind die Wiederholungen aus dem Richterbuch im Josuabuch nach D. dadurch zu erklären, dass das Josuabuch diese Traditionen aus dem Richterbuch kannte und verwandte (25). Selbst wenn dies zutreffen sollte, dann ist damit lediglich gesagt, dass diese Einschübe möglicherweise erst spät ins Josuabuch gelangt sind.
Damit ist aber noch lange nicht ausgemacht, dass auch das sonstige Josuabuch spät zu datieren ist. Hinzu kommt, dass es durchaus den Anschein hat, dass das dtr Richterbuch erst spät zwischen das Josuabuch und die Samuel-bücher gekommen ist (Focken, F.-E., Zwischen Landnahme und Königtum [FRLANT 258], Göttingen 2014) und Ri 1 erst nachexilisch entstanden ist (Groß, W., Richter [HThKAT], Freiburg 2009, 91 f.). Insofern wäre auch möglich, dass die beobachteten Doppelungen damit zusammenhängen könnten, dass diese Traditionen unabhängig voneinander in beide Bücher aufgenommen wurden. Außerdem weisen die meisten Bezüge zum Richterbuch, die D. aufführt, in den zweiten Teil Jos 13–24, der nicht notwendigerweise schon mit dem ersten Teil verbunden war (s. o.). Zu Recht weist D. auf die inhaltlichen Unterschiede zum Richterbuch hin, die gegen ein großangelegtes und einheitlich konzipiertes DtrG sprechen. Aber hier überspannt er den Bogen, wenn er von einer unterschiedlichen Rolle Josuas ausgeht. Die »less defined role in Judges« (25) geht schon darauf zurück, dass man auf Josua im Richterbuch weitgehend verzichten konnte, zumal er eigentlich schon nach Ri 1,1 verstorben war. Auch die Differenzierung D.s zwischen der einen Nation Israel im Josuabuch, die das Land erobert, und den Stämmen im Richterbuch übersieht den Umstand, dass in Ri 1,1–2,6 nicht die Fehler Gesamt-Israels, sondern die Versäumnisse der einzelnen Stämme in den Blick genommen werden, was ebenfalls schon Thema in Jos 18 gewesen ist. Auch in Jos 18 werden wie in Ri 1,1–2,6 bestimmte Stämme gerügt, dass sie das Verheißungsland noch nicht in Besitz genommen haben. Insofern ist diese Differenzierung nur für den ersten Teil Jos 1–12 zutreffend. Richtig ist hingegen, dass im Josuabuch weitgehend jede projudäische Perspektive fehlt. Aber auch diese ist im Richterbuch nur in Ri 1 nachgetragen worden, während Israel sich ansonsten um einen Retter versammelt. Gerade in den Rettererzählungen zeigt sich eine panisraelitische Perspektive.
Trotz dieser Überbewertungen macht D. auf einige wichtige Punkte aufmerksam, die in der Diskussion bislang meist übersehen wurden. Gerade die Ladeprozession nach Sichem verdeutlicht, dass hier offenbar Nordreichstraditionen nicht nur aufgegriffen werden, sondern auch in Opposition zu Jerusalem nördliche Traditionen stark gemacht werden sollen. Allerdings rechtfertigt dieser Befund noch lange nicht eine nachexilische Datierung des Josuabuches. Spuren einer nördlichen Verortung finden sich auch im Deuteronomium, z. B. der Segen und Fluch am Garizim bzw. Ebal. Eine nördliche Polemik gegen Könige und Städte könnte nach der assyrischen Eroberung des Nordreichs und der Zerstörung seiner Städte durchaus schon im 7. Jh. v. Chr. entstanden sein. Die Opposition des Josuabuches gegen Städte, die unbedingt zerstört werden müssten, lässt sich zudem nur im ersten Teil nachweisen, während bei der Landverteilung in den Ortslisten geradezu selbstverständlich von Städten und Filialorten bzw. Gehöften die Rede ist. Durch die Aufnahme bestimmter nördlicher Texte in ein joschijanisches DtrL Jos 1 ,12.23 f. hätte zudem die samarische Bevölkerung gewonnen werden können. Der Makel, dass Jerusalem nicht als Ziel der Lade gesehen wird, kann in der joschijanischen Konzeption vernachlässigt werden, da Sichem nur ein zeitweiliger Aufenthaltsort in der vorstaatlichen Zeit gewesen ist. Eine Spätdatierung des Josuabuches ist zudem vor dem Hintergrund unwahrscheinlich, dass es in der Perserzeit mit der allmählichen Entfremdung zwischen Samariern und Judäern – D. muss zwangsläufig das Schisma spät ansetzen – kaum noch Gründe für ein samarisches Buch im judäischen Kanon gibt. Außerdem sollte die Beobachtung, dass man die P- und D-Anteile nicht mehr trennen könne, nicht ohne weitere schlagende Argumente zu einer Spätdatierung des Josuabuches verführen.
In einem dritten Abschnitt bespricht D. die unterschiedlichen Textzeugen (32–43). D. geht von einem dynamischen Verhältnis zwischen MT und LXX aus, zumal es in beiden Texttraditionen Ergänzungen gibt. Es habe seit jeher eine Pluriformität verschiedener Textversionen gegeben, so dass man keine lineare Entwicklung ausgehend von einem Urtext annehmen kann, denn es habe bis in hasmonäische Zeit Ergänzungen gegeben. In Appendix I bietet D. zudem eine Übersetzung der LXX. Außerdem weist D. auf die markanten Differenzen zum MT in den Texten von Qumran hin, die teils der Version von LXX verpflichtet sind, z. B. die Auslassung von Jos 8,11b–13.
Im vierten Teil der Introduction stellt D. verschiedene zentrale Themen des Josuabuches vor (43–77). Der Heilige Krieg (43–44) wird in zwei Abschnitten (Jos 2–8 und Jos 9–12) ausgeführt. Erst nach der Ausrottung der Könige und der Zerstörung ihrer Königsstädte kann Israel in Frieden leben. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Ladeprozession (44–54) über verschiedene Orte bis nach Sichem, wo die Lade schließlich zur Ruhe kommen kann. Diese Beobachtung spricht gegen einen primären Anschluss von Jos 13–24 an den ersten Teil, da die Landverteilung von Gilgal bzw. Schilo, nicht aber von Sichem ausgeht. Darüber hinaus bespricht D. das theologisch schwierige Thema des Banns (54–59), wobei er aber keine historische Verortung unter Aufnahme von außerbiblischen Texten vornimmt (Monroe, L. A. S., Israelite, Moabite and Sabaean War-ḥērem: VT 57 [2007], 318–341), sondern sich allein auf innerbiblische literarische Beobachtungen beschränkt. In D-Texten wird mit dem Bann die absolute soziale und religiöse Absonderung von der indigenen Bevölkerung durch Zerstörung und Vernichtung be­tont, während nach den P-Texten das Banngut nicht zerstört wird, sondern von der profanen zur sakralen Ebene übergeht, wobei aber eine spätere Auslösung nicht mehr möglich ist. Im Josuabuch werden nach D. beide Konzeptionen miteinander verbunden, was zu einer extremen politisch-religiösen Form des Genozids führt, der nötig ist, um die göttliche Präsenz sicherzustellen.
Als weiteres spezifisches Thema im Josuabuch wird der auffällige Anikonismus (59–61) genannt, was die antimonarchische Tendenz insofern verstärkt, als es gerade in der Königszeit eine reichhaltige Ikonographie gegeben habe. Im Josuabuch wird hingegen jegliche Bearbeitung von Steinobjekten untersagt. Darüber hinaus wird eine exklusive Form des Monotheismus propagiert (61–65), die revolutionär und gewaltsam auftritt.
Der Kampf gegen Könige und Städte wird ebenfalls stark betont (65–74), wobei in Jos 3–8 mit der Ladeprozession die kultische Begründung für die Landeroberung gegeben wird, die schließlich in Jos 9–12 erfolgt, so dass Religion und Krieg eine heilige Einheit bilden. Zunächst wandert die Lade von der Peripherie ins Zentrum, danach nehmen die Israeliten das Verheißungsland vom Zentrum bis in die Peripherie in Besitz. Auf diese Weise wird das Land in Jos 1–12 entvölkert, so dass in Jos 13–24 die Landverteilung folgen kann, die im Gegensatz zur Zeit davor ländlich und antimonarchisch geprägt ist. Nach diesen eher allgemeinen Bemerkungen zur Land­nahme wendet sich D. dezidiert gegen die Abhängigkeit der Landeroberungsberichte von den neuassyrischen Inschriften, da es zumindest zwei wesentliche Unterschiede gibt. Weder haben die kanaanäischen Könige gegen Israel rebelliert, so dass die politische und kosmologische Ordnung durch deren Handlungen gestört wurde, noch sind sie siegreich unterworfen worden. Es geht um Auslöschung, nicht um Eroberung, die ausgeübte Gewalt kennt keine Grenze. Außerdem betonen die neuassyrischen Inschriften, dass der Großkönig ein göttlich legitimiertes Recht auf das Land habe, während im Josuabuch ein Land ohne Könige das eigentliche Ziel ist. Der bisherige Status quo soll massiv geändert werden. Hier wird folglich nicht die Position des herrschenden Großkönigs, der die kosmologische Ordnung garantiert, sondern die des rebellischen Vasallen eingenommen. Andere Parallelen wie die Demonstration göttlicher Macht, die Furcht beim Feind, die Endgültigkeit des Feldzugs sowie die Exekution der feindlichen Könige finden sich hingegen in beiden Textkomplexen. Im Verheißungsland soll Israel schließlich ein Leben nach der Tora führen (75–77), was freilich eine Trennung von den Völkern erfordert. Nur so kann die Erwählung Israels gelebt werden.
Nach D. wird im Josuabuch eine ländliche Utopie als Gegenentwurf zum Imperialismus der Großmächte entworfen.
Im letzten Abschnitt der Introduction wird die Rezeptionsgeschichte des Josuabuches vorgestellt (77–94). Hier nimmt D. die Zeit des Zweiten Tempels, die Kirchenväterexegese, die rabbinische Auslegung, die arabische Josuatradition, die mittelalterliche Einordnung Josuas unter die Neun Helden sowie die Deutung des Josuabuches in der Neuzeit in den Blick, wobei er in der letzten Phase einen Schwerpunkt auf den Josuakommentar Calvins legt (85–88). Es ist verständlich, dass sich D. hier nur auf wesentliche Grundlinien der Rezeptionsgeschichte beschränken kann.
Nach der Introduction folgt ein umfangreiches Literaturverzeichnis (97–163) und eine Arbeitsübersetzung von Jos 1–12 (167–184). Danach beginnt die eigentliche Kommentierung von Jos 1–12 (187–500), die zunächst zentrale Themen und die literarische Struktur der einzelnen Einheiten vorstellt und anschließend noch einmal die Arbeitsübersetzung zitiert, was an sich nicht nötig wäre. Danach wird ein Einblick in die literarkritische Forschungsgeschichte gegeben, wobei sich D. mit literarkritischen Urteilen merklich zurückhält. Es werden schließlich zahlreiche Anmerkungen zur Übersetzung und zu textkritischen Beobachtungen angeführt, bevor er dann die Unterabschnitte der einzelnen Einheiten kommentiert. Dabei verzichtet er auf eine versweise Auslegung. Stattdessen ordnet er seine Erläuterungen zu den einzelnen Textabschnitten in die allgemeine Auslegungstradition und Religionsgeschichte ein und gliedert die Einheiten nach Motiven und Themen.
Auf einem ersten Appendix (501–534) mit einer Gegenüberstellung von MT und LXX in englischer Übersetzung folgt ein zweiter Appendix (535–555), der über die verschiedenen Namensformen der biblischen Toponyme informiert (hebräisch, englisch, griechisch) und die Vorkommen im Josuabuch auflistet. Hierbei hat er das gesamte Josuabuch im Blick. Leider verzichtet D. auf die Identifizierung der biblischen mit modernen Orten. Nähere Informationen hierzu findet man hingegen unter den Abschnitten Notes, wo D. eine Übersetzung des Toponyms, die biblischen Belege für den Ort und gelegentlich eine moderne Identifizierung angibt. Leider erklärt D. seine historisch-topographischen Entscheidungen nicht und wägt auch nicht verschiedene Vorschläge gegeneinander ab. Hier zeigt sich wiederum, dass die historisch-topographische Forschung trotz der zahlreichen neuen archäologischen Daten über den Kenntnisstand des letzten Jh.s nicht hinausgekommen ist (Abel, F.-M., Géographie de la Palestine, Bd. 2 [Études Bibliques], Paris 1938; Noth 1971). Ausführliche Indizes (Sachregister, Autorenregister, Stellenregister) beschließen den Kommentar (557–627).
Alles in allem liegt hier ein sehr ausführlicher Kommentar vor, der auf viele Fragestellungen hervorragende Antworten bietet. Leider werden die vielen literarkritischen Beobachtungen zu wenig fruchtbar gemacht und kaum in die Auslegung integriert. Das mag mit der Vorentscheidung zusammenhängen, dass das Josuabuch ein Spätling der biblischen Literargeschichte ist. Aus diesem Grund könne man ohnehin nicht mehr zwischen D- und P-Teilen unterscheiden. Darüber hinaus wird alles einer antimonarchischen, ländlichen, nördlichen Perspektive untergeordnet, was gelegentlich – wie gesehen – über das Ziel hinausschießt.
Trotz dieser kritischen Bemerkungen hat D. einen wichtigen Kommentar zum Josuabuch vorgelegt, den man jedem, der sich für dieses schwierige Buch interessiert, empfehlen kann, zumal D. die Problematik der göttlich legitimierten Gewalt nicht exkulpatorisch-apologetisch wegdiskutiert.