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Ausgabe:

Januar/2017

Spalte:

17–34

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Yauheniya Danilovich

Titel/Untertitel:

Deutsch als Zweitsprache

Religionspädagogische Herausforderungen und Chancen.



Dieser Beitrag befasst sich mit der Problematik des Deutschen als Zweitsprache sowie der Mehrsprachigkeit im Religionsunterricht und macht einen Vorschlag, wie sprachsensibler Religionsunterricht aufgefasst werden kann. Zunächst werden die Ausgangspunkte des aktuell debattierten Themas geschildert. In einem weiteren Schritt werden die für den Diskurs relevanten Begriffe Bildungssprache und sprachsensibler Fachunterricht vorgestellt und deren Bezug zum Religionsunterricht diskutiert. Aus der Analyse vorhandener Vorschläge für sprachsensiblen (Religions-)Unterricht und deren Defiziten werden Aspekte abgeleitet, die beim Konzipieren eines sprachsensiblen Religionsunterrichts berücksichtigt werden sollten. Der Beitrag schließt mit einem Plädoyer für eine breitere Auffassung der Mehrsprachigkeit in Kontexten des religiösen Lernens.

I Ausgangspunkte und Hintergründe:
Deutsch als Zweitsprache in der Lehrerausbildung am Beispiel Nordrhein-Westfalen

2009 wurde in Nordrhein-Westfalen ein neues Lehrerausbildungsgesetz verabschiedet (LABG 2009), laut dem alle Lehramtsstudierenden eine Ausbildung in Deutsch für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte (im Weiteren als DaZ verkürzt) absolvieren müssen:1 »Leistungen in Deutsch für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte sind für alle Lehrämter zu erbringen.«2

In der Literatur steht die Abkürzung DaZ überwiegend für »Deutsch als Zweitsprache«. Da sich die beiden Deutungen – Deutsch für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte und Deutsch als Zweitsprache – überschneiden, beinhaltet der Begriff DaZ im Artikel beide Bedeutungen. Der grundsätzliche Unterschied zwischen DaZ (Deutsch als Zweitsprache) und DaF (Deutsch als Fremdsprache) liegt im Lernkontext. Von DaF spricht man gewöhnlich, wenn Deutsch als eine Fremdsprache in der Schule oder in Sprachkursen (in einem nicht-deutschsprachigen Umfeld [Ausland]) gelernt wird. In diesem Fall wird Deutsch hauptsächlich im Unterrichtskontext erworben. Die Bezeichnung »Deutsch als Zweitsprache« bezieht sich hingegen auf den deutschen Sprachraum, in dem Deutsch sowohl die Schul- als auch Umgebungssprache darstellt.3

1. Kinder und Jugendliche mit Deutsch als Zweitsprache


Den zentralen Ausgangspunkt und die zentrale Begründung für die Beschäftigung mit DaZ im Lehramtsstudium bilden Kinder und Jugendliche und das in mehreren Hinsichten:

Als Erstes ist hier die steigende Heterogenität in den Schulklassen zu nennen, die eine Herausforderung für Lehrerinnen und Lehrer darstellt. Laut dem jüngsten Bildungsbericht 2016 nimmt der Anteil jüngerer Menschen mit Migrationshintergrund im Verhältnis zur gleichaltrigen Bevölkerung zu: »Insbesondere in den jungen Jahrgängen ist der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund hoch: Ihr Anteil beträgt bei den 15- bis unter 20-Jährigen 28%, bei den 10- bis unter 15-Jährigen 31 %, bei den 5- bis unter 10-Jährigen sowie bei den unter 5-Jährigen jeweils rund 35 %.«4 Mit Blick auf die beispiellose Flüchtlingswelle der letzten Jahre dürften diese Zahlen nochmals nach oben korrigiert werden.5

Die Zuwanderungsgeschichte an sich gibt noch keine Auskunft über die Sprachverhältnisse. »Die Zahl der Kinder, die Deutsch als Zweitsprache erwerben bzw. mehrsprachig aufwachsen, und ihr Anteil an der Bevölkerung ist nicht bekannt.«6 Bekannt ist jedoch die Zahl der Kinder, die in der Familie nicht deutsch sprechen. Sie liegt gemessen an allen Kindern mit Migrationshintergrund zwischen null und unter sieben Jahren bei 60 %.7 Aufgrund dessen kann vermutet werden, dass ein Kind, das zuhause überwiegend nicht deutsch spricht, entweder mehrsprachig aufwächst oder erst etwa mit dem Besuch eines Kindergartens dem Deutschen als Zweitsprache begegnet.8

Eine weitere Problematik des Deutschen als Zweitsprache wird an den Ergebnissen der bildungspolitisch wirkungsmächtigen Studie PISA 2000 deutlich. So sind es gerade Jugendliche mit Migrationshintergrund, die die Risikogruppe für geringe Lesekompetenz bilden (40 % gegenüber 14 % ohne Migrationshintergrund).9 Dabei sind sprachliche Kompetenzen im Deutschen eine wesentliche Voraussetzung für den Schulerfolg.

Ferner sind Kinder und Jugendliche mit Deutsch als Zweitsprache in Bezug auf sprachliche Kompetenzen mehrsprachige Kinder. In der sprachwissenschaftlichen Forschung wurde Mehrsprachigkeit lange Zeit als Defizit oder als »doppelte Halbsprachigkeit« aufgefasst. Heutzutage wird Mehrsprachigkeit überwiegend als Ressource angesehen, welche aber auch entsprechender Förderung be?darf. So ist es eine große Chance und eine neue Herausforderung für die Lehrerinnen und Lehrer zugleich, mit dieser Ressource kompetent und produktiv im Unterrichtsalltag umzugehen.

Schließlich ist hier an Kinder und Jugendliche selbst zu denken, die mehrsprachig aufwachsen bzw. der sprachlichen Heterogenität im Schulalltag begegnen. Es soll also danach gefragt werden, wie Kinder und Jugendliche ihre eigene Mehrsprachigkeit und das mehrsprachige Umfeld wahrnehmen und wie sie damit umgehen.

Die konkrete Auseinandersetzung mit DaZ an den nordrhein-westfälischen Hochschulen ist in Bezug auf die gesellschaftliche Realität gerechtfertigt und auf Bundesebene kein Sonderfall. Je?doch kann man von einer systematischen und flächendeckenden Einbindung des DaZ-Bereiches in die einzelnen Studiengänge bzw. die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte noch nicht sprechen. Es ergibt sich ein sehr differenziertes Bild hinsichtlich der Vorgaben (fakultativ oder obligatorisch), der Dauer und der Studieninhalte zwischen den Bundesländern.10 Nordrhein-Westfalen ist bisher das einzige Bundesland, das für alle Lehrämter aller Fächer das Studium eines verpflichtenden DaZ-Moduls festgelegt hat. So umfasst das Pflichtmodul DaZ beispielsweise an der WWU Münster sechs Leistungspunkte, die in einer Vorlesung »Einführung in Deutsch als Zweitsprache« sowie einem Seminar »Mehrsprachigkeit in der Schule« erworben werden.11 Im Unterschied zur Vorlesung, die im Allgemeinen sprachwissenschaftliche Grundlagen vermittelt und dementsprechend dem Bereich Germanistik zugeordnet ist, werden Seminare in der Regel fachspezifisch verantwortet.

2. Sprache als Medium und Herausforderung in Lernprozessen


In der Schule begegnen Kinder (mit und ohne Migrationshintergrund) dem Deutschen auf neue Weise. Die Sprache der Fachtexte in den Lehrbüchern, die Sprache, in der die Aufsätze geschrieben sein sollen usw., unterscheidet sich von der Alltagssprache, die etwa im Freundeskreis oder zuhause gesprochen wird. Eine Präzisierung dieser Unterschiede unternimmt J. Cummins. Er unterscheidet zwischen »basic interpersonal communicative skills (BICS)«, also den Sprachkompetenzen, die in der alltäglichen Kommunikation erworben und eingesetzt werden, und »cognitive/academic language proficiency (CALP)«, den sprachlichen Kompetenzen, die im Bildungsprozess gebraucht werden.12 In der gegenwärtigen Diskussion wird für CALP immer öfter der Begriff »Bildungssprache« synonym verwendet.13 I. Gogolin definiert diesen Begriff folgendermaßen: »Sie (Bildungssprache – Anm. der Vfn.) ›unterscheidet‹ sich von der ›Umgangssprache‹ durch die Verwendung fachlicher Terminologie und die Orientierung an syntaktischen Strukturen, Argumentations- und Textkompositionsregeln, wie sie für schriftlichen Sprachgebrauch gelten.«14

Der gegenwärtigen Diskussion in Bezug auf Sprache und Bildungsprozesse ist vor allem Folgendes zu entnehmen: Fachliches Lernen ist an sprachliche Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler gebunden. Sprache ist das entscheidende Medium, durch das fachliche Inhalte vermittelt und ausgedrückt werden. Vor diesem Hintergrund erweitert sich die Relevanz des Themas auch auf die Kinder und Jugendlichen, deren Muttersprache zwar Deutsch ist, die jedoch Probleme mit dem Erwerb von CALP bzw. dem o. g. Register15 der Bildungssprache haben. Hier spricht man oft von Kindern und Jugendlichen aus sogenannten bildungsfernen Elternhäusern, die sprachlich ähnlich wie Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund als »Risikogruppe« eingestuft werden. Insgesamt ist also das Lehrangebot zu DaZ in der Lehrerausbildung der Versuch bzw. eine konkrete Maßnahme, der Herausforderung der (sprachlichen) Heterogenität in Schulklassen gerecht zu werden sowie Integrationsprozesse, die auch mit der Sprache einhergehen, zu fördern.16

Die Ergebnisse der internationalen Leistungsbeurteilungsstudien (PISA, IGLU) wurden auch in der Religionspädagogik rezipiert, vor allem in der Diskussion um die Kompetenzorientierung. Nach der Definition von F. E. Weinert sind Kompetenzen »die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können«17. Kompetenzorientierung im Unterricht zielt darauf ab, im Blick zu haben, was die Schüler und Schülerinnen am Ende des Unterrichts gelernt haben. Dabei geht es nicht länger um die Fülle des informativen Wissens, sondern um den Erwerb solchen Wissens, das in Verbindung mit Können und Wollen zur Bearbeitung situativer Anforderungen nutzbar gemacht werden kann, also in konkreten Situationen von den Schülerinnen und Schülern praktisch angewendet werden kann.18 Auch in den vor etwa zehn Jahren erstellten Bildungsplänen ist deutlich die Wirkung dieser Kompetenzdiskussion zu spüren.19 Doch die eigentliche Problematik der o. g. Studien wurde in der religionspädagogischen Diskussion nicht wirklich wahrgenommen bzw. ist übergangen worden.20 Zwar wird immer wieder versucht, einen kompetenzorientierten Religionsunterricht zu konzipieren, doch von der Förderung der konkreten sprachlichen Kompetenz ist nur wenig bzw. kaum die Rede. Somit fehlt die Auseinandersetzung mit der grundlegenden Kompetenz, durch die weiteres Wissen und Können erst vermittel- und anwendbar wird.

Am Beispiel des LABG 2009 sieht man deutlich, dass der Religionsunterricht bzw. die Religionspädagogik nolens volens in die Diskussion rund um DaZ und die sprachliche Bildung eingebunden wird bzw. spätestens jetzt in die Diskussion einsteigen muss. Der Religionsunterricht muss auf die »neuen« Anforderungen in Bezug auf die sprachliche Heterogenität in der Schule reagieren. »Deutsch in Wort und Schrift zu beherrschen, ist eine Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe sowie bessere Bildungs- und Arbeitsmarktchancen.«21 Da der Religionsunterricht sich als Teil der schulischen Bildung versteht und in den meisten deutschen Bundesländern hierzu zählt, kann er sich diesen Aufgaben nicht entziehen. In Bezug auf das Unterrichtsgeschehen ist festzustellen, dass Deutsch in der Regel die Unterrichtssprache ist und gute Deutschkenntnisse eine Voraussetzung für die Lernprozesse22 auch im Religionsunterricht sind. Hinweise auf Sprachanforderungen, sei es in schriftlicher oder mündlicher Form, zeigen z. B. Operatoren, die in jüngeren Bildungsplänen23 zu finden sind: »be?nennen«, »erläutern«, »erörtern«, »formulieren«, »beschreiben« usw. Ein kleiner Ausschnitt aus dem Kernlehrplan (NRW) soll an dieser Stelle die enge Verknüpfung zwischen dem fachlichen und sprachlichen Lernen veranschaulichen: »Die Schülerinnen und Schüler identifizieren und unterscheiden Formen und Merkmale des Gottesglaubens in Judentum, Christentum und Islam, benennen Formen der Lebensgestaltung in Judentum, Christentum und Islam als Konsequenz des Glaubens.«24

II Neue Begriffe:

Bildungssprache und sprachsensibler (Fach-)Unterricht

In der Diskussion rund um DaZ und sprachliche Bildung werden die Begriffe Bildungssprache und sprachsensibler (Fach-)Unterricht zwar intensiv, aber nicht immer der Spezifik der einzelnen Fächer angemessen gebraucht. Im Folgenden wird diese Problematik näher angegangen.

1. Bildungssprache


Wie bereits erwähnt, wird im DaZ-Diskurs öfter der Begriff »Bildungssprache« synonym zu CALP »cognitive/academic language proficiency« verwendet. An die Verwendung des Begriffs »Bildungssprache« sind m. E. zumindest zwei Anfragen zu stellen. Erstens wird der Begriff »Bildungssprache« in der Diskussion oft in Anlehnung an J. Habermas, und zwar seinen Aufsatz »Umgangssprache, Bildungssprache, Wissenschaftssprache« (1977), gebraucht.25 I. Gogolin bezieht sich folgendermaßen auf J. Habermas: »Er [Habermas – Anm. d. Vfn.] bezeichnete in Erwägungen über den unterschiedlichen Sprachgebrauch im Alltag, Schule und Universität mit Bildungssprache dasjenige sprachliche Register, mit dessen Hilfe man sich in der Schulbildung Wissen verschaffen kann.«26 Doch J. Habermas benutzt in seinem o. g. Aufsatz den Begriff »Bildungssprache« in Bezug auf die Öffentlichkeit, und zwar in der ersten Linie auf die Massenmedien, und weder auf die Bildungsinstitutionen wie etwa Schule noch auf die Lernprozesse etwa im Unterricht: »In der Öffentlichkeit verständigt sich ein Publikum über Angelegenheiten allgemeinen Interesses. Dabei bedient es sich weitgehend der Bildungssprache. Die Bildungssprache ist die Sprache, die überwiegend in den Massenmedien, in Fernsehen, Rundfunk, Tages- und Wochenzeitungen benutzt wird. Sie unterscheidet sich von der Umgangssprache durch die Disziplin des schriftlichen Ausdrucks und durch einen differenzierten, Fachliches einbeziehenden Wortschatz; andererseits unterscheidet sie sich von Fachsprachen da?durch, dass sie grundsätzlich für alle offensteht, die sich mit den Mitteln der allgemeinen Schulbildung ein Orientierungswissen verschaffen können.«27 Dazu ist weiter hinzuzufügen, dass J. Ha?bermas sich selbst in der Verwendung des Begriffs auf Max Scheler bezieht: »Und diesem Bildungs- oder Orientierungswissen hat er [M. Scheler – Anm. der Vfn.] die Bildungssprache zugeordnet. Sie wird durch die Funktion, Fachwissen in die einheitsstiftenden Alltagsdeutungen einzubringen, definiert. Die Bildungssprache ist ein Medium, durch das Bestandteile der Wissenschaftssprache von der Umgangssprache assimiliert werden.«28 Eine zweite Anfrage an die Verwendung des o. g. Begriffs richtet sich an dessen Ungenauigkeit bei der Anwendung im Kontext der schulischen Bildung. Es ist m. E. sehr schwierig, in Bezug auf die teilweise sehr unterschiedlichen Profile der Schulfächer und die in diesen Fächern unterschiedlich ausgeprägten sprachlichen Herausforderungen einen einheitlichen Begriff zu definieren. In welchem Verhältnis stehen z. B. Bibeltexte oder Glaubensbekenntnis zur Bildungs-sprache?

2. Sprachsensibler (Fach-)Unterricht


Im Kontext der Diskussion rund um DaZ und Mehrsprachigkeit tritt immer stärker der Begriff »sprachsensibler (manchmal »sprachintensiver« oder »sprachbewusster«) Fachunterricht« hervor. Sprachsensibler (Fach-)Unterricht ist ein junger Begriff und wird in der Literatur erst seit Kurzem gebraucht. In Anlehnung an J. Leisen29 hat solch sprachsensibler Unterricht zweierlei im Blick: Erstens muss die Sprache als ein Medium des fachlichen Lernens aufgefasst werden. Hier müssen die möglichen sprachlichen Schwierigkeiten rechtzeitig von einer Lehrperson erkannt und entsprechend didaktisch begleitet werden. Und zweitens sollen die Prozesse der sprachlichen Bildung in Bezug auf das eigene Fach wahrgenommen werden. Die jeweilige (Fach-)Sprache wird demzufolge im Fach und durch die Fachinhalte gelernt. J. Leisen selbst bietet folgende Definition an: »Sprachsensibler Fachunterricht ist der bewusste Umgang mit Sprache beim Lehren und Lernen im Fach.«30

Bezüglich der Ziele und Vorgehensweisen von sprachsensiblem Fachunterricht lassen sich grob zwei Sichtweisen erkennen, die sich nicht ganz klar voneinander trennen lassen und sich oft überschneiden. Die erste Sichtweise31geht davon aus, dass es Gruppen von Kindern und Jugendlichen gibt, die im Unterricht Probleme mit CALP bzw. dem Register Bildungssprache haben. Oft spricht man hier von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sowie aus bildungsfernen Familien. Als einer der Wege der Förderung wird eine enge Kooperation aller Fächer in der Schule32 vorgeschlagen. Die Bildungssprache soll in allen Fächern gefördert werden. Für die o. g. Gruppe der Kinder soll dies mehr Bildungschancen eröffnen und somit eine gerechte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen sowie konkret zu größerem Schulerfolg führen. Die zweite Sichtweise betont stärker die Mehrsprachigkeit der Kinder und Jugendlichen als Potenzial und Chance, die man positiv nutzen kann. Demzufolge soll die Mehrsprachigkeit dieser Kinder und nicht nur das Register Bildungssprache gefördert werden. Der Akzent wird darauf gelegt, dass alle Sprachen der Kinder eine Akzeptanz und mögliche Förderung in der Schule erfahren sollen. Die Erstsprache ist in diesem Fall ein gutes Gerüst für den Erwerb der Zweitsprache Deutsch. Dadurch werden positive Einflussfaktoren für die Sprachbildung geschaffen. Diese zwei Sichtweisen schließen sich gegenseitig nicht aus, wobei sie in den verschiedenen Schulformen jeweils eine besondere Akzentuierung erfahren. In der Grundschule geht es vor allem um den elementaren Spracherwerb. Hier ist es vielleicht noch zu früh, von einer Förderung der CALP zu sprechen. Ab der Sekundarstufe I gewinnt das Register Bildungssprache in den einzelnen Fächern jedoch immer mehr an Bedeutung. Die Wahrnehmung und die Förderung der Mehrsprachigkeit sollen und können dagegen nicht nur als eine Herausforderung, sondern auch als Bereicherung für alle Kinder erfahrbar werden. Als Beispiel aus der Praxis, die die beiden aufgeführten Sichtweisen berücksichtigt, kann hier das Modell der durchgängigen Sprachbildung33 genannt werden.

III Sprachsensibler Religionsunterricht?

Vorhandene Vorschläge und Weiterentwicklungsbedarf

Was bedeutet das konkret für den Religionsunterricht? Wie ist ein sprachsensibler/sprachbewusster/sprachintensiver Religionsunterricht zu beschreiben? Hinsichtlich des Religionsunterrichts muss festgehalten werden, dass es zur heutigen Zeit kein eindeutiges Konzept dessen gibt, was einen sprachsensiblen Religionsunterricht ausmacht. Dennoch sind in der Literatur bereits mehrere Versuche einer Annäherung an das Thema zu finden. Dabei sind gewisse Ähnlichkeiten in den einzelnen Sichtweisen erkennbar. Zum einen werden vielfältige im Religionsunterricht vorkommende Sprachformen wahrgenommen und als fachspezifische sprachliche Herausforderungen bestimmt: diverse literarische Gattungen, Metaphern, Symbole, Gebetssprache, Bekenntnistexte oder Lieder aus dem Gesangbuch.34 Oft wird die herausragende Rolle der Sprache gerade im Religionsunterricht betont.35 Entgegen all diesen Gemeinsamkeiten in der Wahrnehmung der im Grunde genommen schon immer vorhandenen fachspezifischen Ausgangsbedingungen bleibt doch das Ziel eines sprachsensiblen Unterrichts unklar. Methoden wie etwa »kreatives Schreiben« oder »Religionsunterricht mit Jugendliteratur«, die angeboten werden, stammen hauptsächlich aus der Religionsdidaktik. Es ist einerseits erfreulich, dass dadurch eine gewisse Sprachsensibilisierung im Fach angestrebt wird und dementsprechend fachbezogene didak-tische Vorschläge gemacht werden. Andererseits gehen solche Modelle und Versuche nicht konsequent auf die mit DaZ und Mehrsprachigkeit gegebenen Herausforderungen ein. So bleibt z.B. die Frage, wie man im Religionsunterricht mit der Mehrsprachigkeit der Kinder produktiv umgeht, offen. Auch die Schwerpunktsetzung auf die sprachlichen Anforderungen des Religionsunterrichts vernachlässigt oft die Schülerinnen und Schüler in ihren sprach-lichen Lebenslagen. Hier ist ein aktueller Bedarf an didaktischen Vorschlägen festzustellen. Nun kann man sagen, dass Theologie und Religionspädagogik sich schon immer mit Sprache implizit und explizit beschäftigt haben.36 Doch in der konkreten linguis-tischen Form wie bei der DaZ-Problematik, Mehrsprachigkeit und sprachlichen Bildung hat Sprache noch keine angemessene religionspädagogische Beachtung erfahren.

Schon die Bezeichnung DaZ (Deutsch für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte/Deutsch als Zweitsprache) lässt eine enge Verbindung zum Bereich der Germanistik erkennen. So bietet sich an, nach den didaktischen Erfahrungen dort zu fragen, um an sie anzuknüpfen. Für die Religionspädagogik, die auch an Ergebnisse aus anderen Wissenschaftsbereichen anschließt und deren Methoden im eigenen Feld anwendet (Soziologie, Psychologie usw.), ist das kein neues Vorgehen. Doch stellt die DaZ-Didaktik selbst für den germanistischen Bereich ein relativ neues Arbeits- und Forschungsfeld dar. Die Übergänge zwischen DaZ und DaF (Deutsch als Fremdsprache) sind fließend und der grundsätzliche Unterschied begrenzt sich oft auf den Lernkontext. In der Forschung ist DaZ als Teilgebiet des wissenschaftlichen Faches DaF etabliert.37 Die Aufgabenbereiche überschneiden sich oft. Auch was die Methoden angeht, gibt es keinen endgültigen Konsens, wie sich etwa die Methoden von DaZ von den Methoden von DaF unterscheiden. Es wird dabei angestrebt, den DaZ-Bereich sowohl von dem »regulären« Deutschunterricht als auch von DaF zu unterscheiden und dementsprechend eigene, für den DaZ-Be?reich passende und deren Besonderheiten berücksichtigende angemessene didaktische Vorschläge auszuarbeiten. Es gibt bereits di?daktische Literatur, die Besonderheiten der DaZ-Didaktik deutlich zu machen sucht. 38 Dabei hat diese didaktische Literatur hauptsächlich den Deutschunterricht im Blick und ist nur schwer auf einen sprachsensiblen Fachunterricht, in unserem Fall den Religionsunterricht, übertragbar bzw. auf ihn anwendbar.

Für einige andere Fächer gibt es bereits Literatur zu einem sprachsensiblen Fachunterricht. Auch Religionsunterricht kommt in diesem Diskurs vor, jedoch nur flüchtig.39 Die konkreten Beispiele zur Sprachförderung im Fachunterricht beziehen sich in der vorhandenen Literatur in der Regel auf die naturwissenschaftlichen Fächer (Physik, Chemie, Biologie) und die entsprechenden Fachtexte.40 Bei der Übernahme der jeweiligen didaktischen Vorschläge für den Religionsunterricht sind mindestens zwei Punkte zu klären. Erstens: Welche Art von Texten, die im Religionsunterricht behandelt werden, sind als »Fachtexte« zu kennzeichnen? Sind es die Texte, bei denen die meisten Schwierigkeiten auftauchen? Sind z.B. Bibeltexte, Texte aus dem Schulbuch und ein Bekenntnis als Fachtexte zu identifizieren? Zweitens ist die Spezifik des Religionsunterrichts im Vergleich zu den anderen Fächern zu berücksichtigen. Hier ist z. B. an die verschiedenen Textsorten (biblische Texte, Sachtexte, historische Quellentexte usw.) und den hermeneutischen Zugang zu den Texten im Religionsunterricht zu denken.41

IV Sprachsensibler Religionsunterricht:

Religionspädagogische Hintergründe und Perspektiven

Im Weiteren werden Aspekte ausgeführt, die in einem sprachsensiblen Religionsunterricht berücksichtigt werden sollten. Sie sollen sowohl in den Ausgangsbedingungen des Religionsunterrichts, der steigernden Heterogenität und Pluralität auf allen Ebenen, als auch in der fachlichen Spezifik des Religionsunterrichts begründet sein.

1. Das Verhältnis von Sprache und Konfession/Religion


Die Zuwanderungsgeschichte kann über die Mehrsprachigkeit hinaus weitere Heterogenitätsmerkmale mit sich bringen, die insbesondere für den Religionsunterricht relevant sind. Ein solches Merkmal ist die Zugehörigkeit zu einer anderen Religion oder einer anderen christlichen Konfession, z. B. einer der orthodoxen Kirchen.42 Als prominentes Beispiel für eine andere Religionszuge-hörigkeit ist hier der Islam zu nennen.43 Dass die Kinder und Jugendlichen bereits im Kindergartenalter der religiösen Pluralität begegnen, wird in der Religionspädagogik durchgehend wahrgenommen.44 Dabei wird vor allem auf die religiöse und weltanschauliche Pluralität der Akzent gesetzt. Doch beim Umgang mit der religiösen und weltanschaulichen Pluralität wurde die oft damit einhergehende Mehrsprachigkeit noch nicht explizit religionspädagogisch thematisiert.

Eine andere Religion oder Konfession kennenzulernen, bedeutet zugleich eine andere Sprache kennenzulernen, ja vielleicht sogar eine »Fremdsprache«45. Denn jede Religion, aber auch jede christliche Konfession hat ihre eigenen Ausdrucksweisen, wobei der Begriff der Sprache breiter als nur linguistisch zu deuten ist. Zu denken wäre hier z. B. in Anlehnung an P. Tillich an das Symbol als Sprache der Religion.46 Was für einen orthodoxen Christen selbstverständlich ist, z. B. das Beten vor einer Ikone oder das Küssen einer Ikone, kann einem reformierten Christen durchaus als fremd und vielleicht sogar als abstoßend erscheinen. Man könnte die religiöse Sprache innerhalb der eigenen Konfession als Muttersprache bezeichnen, während zum Verstehen einer divergenten Konfessions- bzw. Religionszugehörigkeit das Erlernen einer »Fremdsprache« nötig ist. Oft ist es aber so, dass die Zugehörigkeit einer Konfession noch nicht oder nicht unbedingt mit Kenntnissen der eigenen religiösen »Muttersprache« verbunden ist. So erlernen Kinder und Jugendliche manchmal ihre religiöse Muttersprache erst bei einer besonderen Gelegenheit – z. B. während der Konfirmandenzeit oder beim Besuch einer Sonntagsschule (z. B. in der orthodoxen Kirche). Durch diese Differenzierung von Mehrsprachigkeit sollen auch die »Sprachunterschiede« innerhalb der eigenen Konfession oder auf der Ebene einer Gemeinde in den Blick genommen werden. Festzuhalten ist auf jeden Fall, dass die Mehrsprachigkeit im Religionsunterricht den Schülerinnen und Schülern nicht nur auf der Ebene der Sprache in ihrem linguistischen Aspekt begegnet, sondern sie gehört unmittelbar zum Phänomen Religion und ist auch in dieser Hinsicht zu fördern. Doch auch die linguistische Ebene darf nicht zu kurz kommen. Benutzen etwa Katholiken, Protestanten und Muslime ein gleiches Sprachregister und gleiche Ausdrücke, wenn sie von Gott reden? Gibt es so etwas wie konfessionelle und religiöse Ausprägungen von Sprache?

Jede Konfession hat sprachliche Besonderheiten. In der sowohl theologischen als auch sprachwissenschaftlichen Forschung ist das Verhältnis zwischen Sprache und Konfession noch wenig erforscht. J. Macha verweist darauf, dass es schwierig ist, die Sprache der Konfession in einen Forschungsrahmen einzuordnen. Auch solche Versuche, wie etwa die Einordnung der Sprache einer Konfession zur Gruppensprache, ›Glaubenssprache‹ oder zu einem ›Konfessiolekt‹, sind problematisch und nur bedingt geeignet.47 Als Alternative schlägt J. Macha den Begriff ›Konfessionalismen‹ (nicht zu verwechseln mit ›Konfessionalismus‹) vor: »Der Terminus soll dazu dienen, Klassen von Erscheinungen sprachlicher Art zusammenzufassen, bei de?nen der Erklärungsgröße ›Konfession‹ ein besonderer Stellenwert zukommt. Diese Begriffsbildung geschieht in Analogie zu anderen, mittlerweile fest etablierten linguistischen Fachausdrücken wie ›Anglizismen‹, ›Regionalismen‹ oder dergleichen.«48 Eine der diesbezüglichen Fragen, die bis jetzt vor allem im sprachwissenschaftlichen Forschungsraum aufgenommen wurde, ist, welchen Einfluss eine Konfession auf die Sprache hat.49 Konfession wird als einer der außersprachlichen Faktoren angesehen, die die Sprache in bestimmten Kontexten beeinflussen können.50

Schon die unterschiedlichen Bezeichnungen für ähnliche Sachverhalte zeigen in Bezug auf die Sprache deutliche konfessionelle Divergenzen. Hier seien nur wenige Beispiele zur Veranschaulichung genannt: Priester und Pfarrer; Abendmahlsgottesdienst, Heilige Messe und die Liturgie; Maria und Mutter Gottes. Im Russischen wird sogar das Kirchengebäude bei den Katholiken und Orthodoxen anders genannt: »??????« (kostjol) und »???????« (cerkov'). Auch die Art und Weise der Nennung des Gottesnamens unterscheidet sich in den Konfessionen. In der orthodoxen Tradition ist der Gebrauch des allein stehenden Wortes »Jesus« kaum zu finden. Dagegen begegnet »unser Herr und Gott Jesus Christus« oder nur »Christus« viel öfter. Liegen solche Unterschiede nur auf der linguistischen Ebene der Sprache oder wurzeln sie schon auf der theologischen Ebene? Für die zweite Vermutung spricht das Beispiel mit Maria. Hier sind die theologischen Divergenzen zwischen Konfessionen deutlich, wenn man allein an die Stellung Marias in der orthodoxen und evangelischen Theologie denkt. Dies zeigt sich etwa in folgenden Akklamationen in der orthodoxen Tradition: » Meine Allheilige Gebieterin, Gottesgebärerin«, »o Gottesbraut«, »o wunderbares Gemach des Gebieters«, »Allerreinste«, »heiligste Jungfrau«, »Die Du erhabener bist als die Engel«, »Du Licht tragendes himmlisches Gemach«, »Du überaus Makellose« usw.51

In gleicher Weise ist zu fragen, inwiefern heute die Konfession die Sprache der Kinder und Jugendlichen beeinflusst. Aus den Er?gebnissen der Tübinger Untersuchung zum konfessionell-kooperativen Religionsunterricht geht hervor, dass die konfessionellen Profile bei den befragten evangelischen und katholischen Kindern und Jugendlichen nur sehr schwach ausgeprägt sind. Die Unterschiede zwischen den Konfessionen sind für die Mehrheit nicht klar.52 »Vieles erscheint ihnen gleichwertig, gleichartig und damit austauschbar.«53 Hat deshalb auch die Konfession keinen Einfluss auf die Sprache? Zu vermuten wäre, dass, wenn konfessionelle Divergenzen gar nicht erst bewusst sind, es unwahrscheinlich ist, dass sie in einem konfessionellen Register zum Ausdruck gebracht werden. Andererseits erschließen sich vielleicht konfessionelle Besonderheiten gerade durch die äußeren Unterschiede in der Sprache: z. B. Konfirmation und Firmung, Priester und Pfarrer usw. Diese Problematik kann nicht im Rahmen dieses Artikels ausführlich behandelt werden und bedarf einer weiteren, u. a. auch einer empirischen Untersuchung.

Über die sprachlichen Besonderheiten zwischen den Konfessionen und Religionen hinaus muss auch an Kinder und Jugendliche ohne konfessionelle oder religiöse Bindung gedacht werden. Auch sie sollen Akzeptanz, Toleranz und eine entsprechende Förderung erfahren. Denn aus religionspädagogischer Sicht darf kein Kind aufgrund seiner Konfessionslosigkeit ausgeschlossen werden.54 Bei konfessionslosen Kindern und Jugendlichen muss die Frage nach der möglichen Förderung der religiösen Sprache oder der Mehrsprachigkeit gesondert gestellt werden. Zwar sind nicht alle Konfessionslosen auch areligiös, dennoch steht hinter dem Begriff »Konfessionslosigkeit« vor allem in Ostdeutschland ein klarer und jahrzehntelanger fester Trend – eine schon zur Tradition gewordene »religiöse Indifferenz«55. Hier stellen sich weitere Fragen: Welche religiöse Sprache kommunizieren Konfessionslose? Oder sind sie in dieser Hinsicht »sprachlos«? Oder in welcher »Sprache« bzw. welchem Sprachregister soll man mit solchen Schülerinnen und Schülern kommunizieren? Es bleibt also festzuhalten, dass beim Versuch eines sprachsensiblen Religionsunterrichts der Blick in der ersten Linie auf Schülerinnen und Schüler und deren Lebenslagen gerichtet werden muss.

2. Mehrsprachigkeit — nicht nur auf der linguistischen Ebene



In der heutigen Diskussion rund um DaZ und Mehrsprachigkeit wird schnell das Defizit einer Begriffsbestimmung von Mehrsprachigkeit allein auf der linguistischen Ebene offenkundig. Zum Teil wurde das bereits oben angedeutet. Gerade im Religionsunterricht ist es sowohl gegenüber den Schülerinnen und Schülern als auch dem Fach selbst wichtig, die Mehrsprachigkeit als Begriff in einem breiteren Sinne wahrzunehmen, aufzufassen und anzuwenden. Schauen wir zuerst auf das Spezifikum des Faches Religion. Die Mehrsprachigkeit, wenn wir sie als das Zugreifen auf verschiedene sprachliche Register auffassen,56 betrifft hier bereits Texte, die im Religionsunterricht vorkommen, wofür das prominenteste Beispiel die Bibel ist. Die Sprache der Psalmen (Klage, Lob, Dank), der prophetischen Literatur, der Evangelisten und der Apokalypse weist solche Unterschiede und Besonderheiten auf, dass fast zu jeder solchen Gattung eine gesonderte »domänenspezifische« Le-sekompetenz erforderlich ist. Sicherlich können an dieser Stelle zumindest allgemeine Lese- und Verstehenstechniken zum Ansatz kommen. Doch beim Lesen der Fachtexte im Religionsunterricht kommt man nicht nur mit Hilfe der Techniken und Lesestrategien aus, die ausschließlich auf der kognitiven Ebene den Text erschließen lassen. Die Breite der Möglichkeiten und der Notwendigkeit der Texterschließung am Beispiel der Bibel verlangt auch eine entsprechend vielschichtige Methodik. So lässt sich ein Bibeltext im Religionsunterricht durch mehrdimensionale Wege erschließen, die über die linguistische Ebene hinausgehen. Zu denken wäre hier z.B. an Bibliolog, Bibliodrama, Godly Play oder Arbeit mit Bildern.

Insofern stellt die Problematik des DaZ und der Mehrsprachigkeit die Religionspädagogik vor Herausforderungen in doppelter Hinsicht. Einerseits soll die Mehrsprachigkeit im linguistischen Kontext gefördert werden, gleichzeitig aber muss die Sprache in Bezug auf den Religionsunterricht fachspezifisch breiter gedeutet werden. Zwar ist das Wort im linguistischen Sinne gerade im Chris?tentum von einer zentralen Bedeutung (die Heilige Schrift ist in Sprache verfasst), doch auch hier stößt das menschliche Wort an seine Grenzen. Man kann schon allein in Bezug auf die Transzendenz Gottes nicht alles, was man ausdrücken möchte, mit Worten zum Ausdruck bringen. Denn das Wesen Gottes übersteigt die Erkenntnismöglichkeiten und Denkmöglichkeiten und somit auch die verbale Ausdrucksfähigkeit des Menschen. Der Ikonengestal-ter und Theologe L. Ouspensky konstatiert zu den Grenzen des menschlichen Ausdrucksvermögens in Bezug auf die Ikonenmalerei in der orthodoxen Kirche: »Die Ikonenmalerei beschreitet, um das auszudrücken, was sich auf Gott bezieht, dieselben Wege wie die Theologie. Die eine wie die andere müssen aussagen, was mit menschlichen Mitteln nicht ausgedrückt werden kann, weil jeder Ausdruck stets unvollkommen und ungenügend sein wird. Es gibt keine Worte, Farben oder Linien, mit welchen wir das Reich Gottes ebenso schildern könnten, wie wir unsere Welt darstellen und beschreiben. Die Ikonenmalerei und die Theologie stehen wissentlich vor einem unlösbaren Problem, dem Problem, mit Mitteln der e rschaffenen Welt das auszudrücken, was unendlich über das Geschöpf erhaben ist. In diesem Plane gibt es keine endgültigen Errungenschaften, weil das Dargestellte selbst nicht erfassbar ist. So hoch ihrem Inhalte nach und so schön eine Ikone auch sein mag, kann sie doch nie vollkommen sein, ebenso wie kein wörtliches Bild vollkommen sein kann.

In diesem Sinne bleibt die Ikonenkunst gleich wie die Theologie immer eine Niederlage. Doch gerade in dieser Niederlage liegt der Wert sowohl der einen als auch der anderen. Er besteht darin, dass die Ikonenkunst und die Theologie die Höhepunkte der menschlichen Möglichkeiten erreichen und sich dennoch als ungenügend erweisen. Deshalb können die Mittel, deren sich die Ikonenmalerei bedient um das Reich Gottes anzudeuten, nur symbolisch sein, den Gleichnissen der Heiligen Schrift verwandt. Der Inhalt aber, der in dieser symbolischen Sprache ausgedrückt wird, ist im liturgischen Bilde wie in der Heiligen Schrift ein und derselbe.«57

Diese verschiedenen Zugänge zum Religiösen und verschiedene Phänomene der Religion legen die Vermutung nahe, dass die Religion sich eben in verschiedenen Sprachen (Sprache im linguistischen Sinne, Bildersprache, Sprache der Musik, ja auch Körpersprache) als Phänomen wahrnehmen, verstehen und darstellen lässt. Diese ›Sprachen‹ überschneiden sich oft und bedingen sich gegenseitig und ohne die eine wäre die andere nicht verständlich. Als Beispiel können hier wieder die Ikonen in der orthodoxen Tradition genannt werden. Eine Ikone lässt sich visuell wahrnehmen, sie ist eben ein Bild. Weiter lässt sich eine Ikone lesen, da sie mit einer Beschriftung signiert wird. Die Beschriftung gibt an, wer oder was (ein Ereignis) auf der Ikone dargestellt wird, bringt aber auch eine enge Verbindung zum Ausdruck, die zwischen dem Namen und der Person, zwischen dem Wort und dem Bild besteht.58 Viele Ikonen stellen Geschichten aus der Heiligen Schrift dar und somit ist der Bezug zu einem bestimmten biblischen Text anschaulich. Die Ikone hat hindeutenden Charakter, indem sie (als Abbild) auf das Urbild verweist.59 Anders gesagt: Die Ikone ist ein Symbol, das die Realität außerhalb des konkreten Bildes repräsentiert.60 Für die orthodoxen Christen ist die Ikone eine Art religiöser Sprache.61 Darüber hinaus ist eine Ikone auch mit der Tastsinnebene verbunden, denn sie wird von den Gläubigen z. B. geküsst. Das Küssen wird vom Sich-Bekreuzigen, Sich-Verbeugen und (manchmal) Sich-Niederknien umrahmt, so dass man hier von einer bestimmten Körpersprache sprechen kann. Und als Letztes wird durch die Ikonenverehrung auch der Geruchssinn »angesprochen«, denn eine Ikone wird in bestimmten Momenten des Gottesdienstes mit Weihrauch beräuchert (inzensiert).

Dieses kleine Beispiel aus der Tradition der orthodoxen Kirche zeigt, dass manches religiöse Phänomen, wie etwa hier die Frömmigkeit in Bezug auf die Ikonen, sich nicht allein auf der linguistischen Ebene der Sprache wahrnehmen bzw. darstellen lässt. Die religiöse Sprache, mit der sich u. a. der Religionsunterricht beschäftigt, kann nicht auf ein rein linguistisches Verständnis reduziert werden. Religiöse Sprache besteht, wie das Beispiel der Ikonen zeigt, ähnlich wie jede Sprache aus verschiedenen sprachlichen Re?gistern oder eben Sprachen. So ist nach einem breiten Verständnis der Sprache und Mehrsprachigkeit im Religionsunterricht zu fragen. Ähnlich, wie jeder Mensch mehrsprachig ist, da er zu unterschiedlichen sprachlichen Registern greift und sie kreativ anwendet, kann ein Mensch auch in Bezug auf die religiöse Sprache mehrsprachig sein. Es ist m. E. sogar erforderlich, im Religionsunterricht diese Art von Mehrsprachigkeit zu fördern.

3. Sprachsensibler Religionsunterricht: neue Aufgaben und Chancen für die Religionspädagogik


Nachdem das neue LABG 2009 verabschiedet wurde, stellt sich die Frage nach dem Curriculum für den neuen Bereich.62 Was müssen die Studierenden im DaZ-Modul erlernen, um auf die berufliche Praxis als Lehrende an öffentlichen Schulen vorbereitet zu sein? Um die Frage zu beantworten, ist zuerst das Profil eines sprachsensiblen Religionsunterrichts deutlich herauszuarbeiten. Wie bereits oben angedeutet wurde, gibt es zurzeit kein Konzept dessen, was einen sprachsensiblen Religionsunterricht ausmacht. Im Folgenden möchte ich einige Hinweise geben, was in einem sprachsen-siblen Religionsunterricht zu berücksichtigen ist:

Im Bericht der Kultusministerkonferenz zur Zuwanderung wird bereits 2002 die »Notwendigkeit der Entwicklung einer Didaktik der Mehrsprachigkeit« festgehalten.63 Ein sprachsensibler Religionsunterricht soll m. E. anstreben, die Mehrsprachigkeit der Schülerinnen und Schüler als eine Bereicherung für die Lernprozesse wahrzunehmen, zu nutzen und womöglich auch weiter zu fördern. Für diese Sichtweise sprechen mehrere Gründe.

Zuerst sind die Schülerinnen und Schüler selbst zu nennen. Hat man nur Deutsch (als Zweitsprache) im Blick, so berücksichtigt man nur einen Teil der sprachlichen Kompetenz der Kinder und Jugendlichen, die sie in die Schule mitbringen. Versteht man jedoch die Sprache als ein Medium des Lernens, so soll man den mehrsprachigen Kindern gerechte Zugänge zum Lernen schaffen und insofern die Mehrsprachigkeit als eine der Ausgangsbedingungen der Lernprozesse im Unterricht wahrnehmen. Die Kinder und Jugendlichen mit Deutsch als Zweitsprache sind mehrsprachig und müssen so in den Unterricht einbezogen werden.

Zweitens dürfen Sprache und Religion weder in der Schule noch im Religionsunterricht diskriminiert werden. Die Gründe liegen hier nicht nur auf der rechtlichen Seite (Menschenrechte und Grundgesetz), sondern auch darin, dass gerade Kinder und Jugendliche der dritten Generation dem Integrationsdruck und den Er?fahrungen von Ambivalenz besonders ausgesetzt sind.64 Hier könnte die Wertschätzung ihrer Religion und Muttersprache (bzw. Familiensprache) einen positiven Beitrag zur Stärkung der Identität und ihres Selbstwertgefühls leisten.

Nun stellt der Anspruch eines solchen Umgangs mit der Mehrsprachigkeit im Fachunterricht eine Herausforderung neuer Art an die Religionsdidaktik. Im Moment ist der Bereich der didaktischen Vorschläge für den Einsatz der Herkunftssprachen im Unterricht, die dieses Vorhaben in der Praxis der einzelnen Fächer unterstützen könnten, noch stark ausbaufähig.65 Das gilt auch für den Religionsunterricht. Die Frage, wie die gesamte sprachliche Kompetenz der mehrsprachigen Kinder konkret gefördert werden kann, ist dringend zu erforschen. Die Grenzen, mit denen Lehrkräfte konfrontiert werden, sind hier schnell zu erkennen. Das Unterrichten in den Herkunftssprachen der Kinder erfordert in der ersten Linie entsprechende Sprachkenntnisse und ist in diesem Fall in der schulischen Praxis meist nicht realisierbar. Was jedoch vorstellbar ist, sind kleinere Schritte: das Einbauen von sprachkontrastiven Elementen in den Unterricht wie etwa Vergleich von Begriffen in den Sprachen der Kinder, der Einbezug von Wörterbüchern und Lexika im Fachunterricht oder mehrsprachig ausgestattete Schulbibliotheken, die den Zugriff auf Quellen in den Herkunftssprachen er?möglichen,66 das Stärken der Kinder und Jugendlichen als »Sprachexperten« usw. Eine weitere Form, wie die Herkunftssprache im Unterricht zum Ausdruck gebracht werden kann, ist z. B. das Vorlesen eines bekannten Textes (Vaterunser) in verschiedenen Muttersprachen. In vielen christlich-orthodoxen Gemeinden in Deutschland hat sich eine mehrsprachige liturgische Praxis bereits gut etabliert. So werden z. B. Schriftlesung, Glaubensbekenntnis und Vaterunser nacheinander in zwei Sprachen gesprochen – in der Muttersprache bzw. Gottesdienstsprache und in Deutsch.

Wie es bereits angedeutet wurde, schließt die Förderung im Deutschen nicht die der Mehrsprachigkeit aus. In den Sprachwissenschaften hat sich schon seit einiger Zeit die Einsicht etabliert, dass ein deutscher Sprachunterricht, der mit der Förderung der bereits vorhandenen Sprachen einhergeht, bessere Lernerfolge zeitigt. So zeigen einige empirische Untersuchungen im sprachwissenschaftlichen Feld, dass wenn L1 (Muttersprache) gefördert wird, sich auch der L2-Erwerb (Deutsch) gut entwickelt.67 Für den Religionsunterricht und die Religionspädagogik ergeben sich in?teressante Überschneidungen. Am Beispiel der Prozesse des interreligiösen und interkonfessionellen Lernens wird dies deutlich. Auch hier stellt man fest, dass das gängige Modell – zuerst die eigene Konfession kennenzulernen und eine eigene konfessionelle Identität zu stiften, und erst dann sich mit anderen Konfessionen und Religionen zu beschäftigen – der Pluralität als gegenwärtigem Kontext nicht mehr gerecht wird. Vielmehr geschieht heutzutage der Kontakt zu den Angehörigen der anderen Religionen bereits im Vorschulalter. Dabei ist die »religiöse und interreligiöse Sprachfähigkeit« eine notwendige Voraussetzung, die die Kommunikation über die religiösen Inhalte ermöglicht.68 Die Pluralitätsfähigkeit wird von der EKD in ihrer neuen Denkschrift zum Religionsunterricht sogar als Bildungsziel formuliert.69

Daraus ergibt sich eine weitere Frage: Mit welchem Begriff der Mehrsprachigkeit soll im Religionsunterricht gearbeitet werden? Soll Mehrsprachigkeit nur linguistisch aufgefasst werden? Diese Frage ist für den Religionsunterricht aus zwei Perspektiven anzugehen: aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen und aus der des Faches selbst.

Aus linguistischer Sicht ist die Mehrsprachigkeit nicht nur auf das Beherrschen von zwei und mehr Sprachen zu begrenzen. Es wird auch von der individuellen Mehrsprachigkeit70 gesprochen: wenn z. B. eine Person zwischen unterschiedlichen sprachlichen Registern oder Dialekten wechselt. Die individuelle Mehrsprachigkeit der Kinder und Jugendlichen, die sie in den Religionsunterricht mitbringen, wurde bisher in der Religionspädagogik wenigin den Blick genommen. Als Beispiel kann hier die Jugendsprache genannt werden, die u. a. ein internationales Phänomen und eine Art Gruppensprache darstellt.71 Im gesellschaftlichen Diskurs stößt die Jugendsprache (und ähnlich Kiezdeutsch) oft auf eine abwertende Haltung und wird oft mangelnder sprachlicher Kompetenz gleichgestellt. Im sprachwissenschaftlichen Forschungsfeld gibt es dazu alternative Ansichten. Jedenfalls eröffnet sich aus religionspädagogischer Sicht ein interessanter Diskurs etwa in Bezug auf das Verhältnis zwischen Jugendsprache und Jugendtheologie. Welche Bedeutung kann der Jugendsprache im Kontext des Theologisierens mit Jugendlichen beigemessen werden? Die Frage kann im Rahmen dieses Artikels nicht weiter vertieft angegangen werden, zeigt aber eine Möglichkeit und vielleicht sogar die Notwendigkeit eines interdisziplinären Zugangs zum religionspädago-gischen Forschungsfeld.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Begriff der Mehrsprachigkeit sowohl im interkonfessionellen und interreligiösen Kontext als auch in Bezug auf Religion aus phänomenologischer Sicht breiter aufzufassen ist. Diese Vorgehensweise wird m. E. nicht nur den Kindern mit Deutsch als Zweitsprache, sondern auch allen Schülerinnen und Schülern und der Spezifik des Faches Religion gerecht werden.

V Ausblick und weiterführende Perspektiven


Die DaZ-Thematik und die Mehrsprachigkeit eröffnen aus sprachwissenschaftlicher Sicht eine neue Perspektive auf das Feld der Religionspädagogik und bringen neue Fragestellungen mit sich. Aus den vorhergehenden Überlegungen legt es sich nahe, die religionspädagogische Arbeit interdisziplinär auf die sprachwissenschaftliche Richtung hin zu öffnen. Die Einführung des DaZ-Moduls als Teil der Lehrerausbildung ist durchaus sinnvoll und realitätsgerecht. Doch sollte es hinsichtlich seines Profils noch an Klarheit und Schärfe gewinnen. Die sprachliche Heterogenität in der Schule bzw. die Mehrsprachigkeit scheint ein Thema zu sein, das min destens von zwei Richtungen in die religionspädagogische Dis-kussion aufzunehmen ist: erstens von außen, und zwar aus der bildungspolitischen Perspektive, und zweitens von der Religionspädagogik mit der ihr schon immer implizit präsenten Dimension der Sprache. Dem ist hinzuzufügen, dass, wenn ein guter Reli-gionsunterricht vom Kinde ausgeht und Mehrsprachigkeit für immer mehr in Deutschland aufwachsende Kinder eine Gegebenheit ist, auch die Religionspädagogik die Mehrsprachigkeit als eine der Ausgangslagen der Kinder unsd Jugendlichen wahrnehmen und die Wege dafür bieten muss, damit produktiv im Unterricht umzugehen.

Es besteht also aktuell in Bezug auf Lehrerausbildung und Religionsunterricht der Bedarf, die Problematik des DaZ, der Mehrsprachigkeit und der Sprachförderung auch religionspädagogisch aufzuarbeiten. Zwar soll Religionsunterricht zu einem sprach-sensiblen bzw. sprachintensiven oder sprachbewussten Un?terricht werden, aber er bleibt in erster Linie Religions- und damit Fachunterricht.

Abstract


In the light of the growing number of children and young people of immigrant status, German as a second language and multilingu-alism are becoming major topics and a new challenge for religious education. The paper draws attention to the background of the discussion – multi-lingualism as well as the relationship between linguistic competencies and professional learning – and notes that religious pedagogy has not yet developed its own concept of language-sensitive religious instruction. The paper then presents aspects that must be considered for such an approach. In particular, the relationship between language and denominational affiliation as well as religion more generally is taken into consideration. The paper concludes with a proposal for language-sensitive religious instruction that advocates placing language and multilingualism in a broader context.

Fussnoten:

1) Dazu ausführlicher: B. Seipp, Deutsch als Zweitsprache in der Lehrerausbildung – Spagat zwischen Hoffnung und Realität, in: M. Michalak/M. Kuchenreuther (Hrsg.), Grundlagen der Sprachdidaktik Deutsch als Zweitsprache, Baltmannsweiler 2012, 10 ff.
2) Gesetz zur Reform der Lehrerausbildung. Gesetz über die Ausbildung für Lehrämter an öffentlichen Schulen (Lehrerausbildungsgesetz – LABG), Abs. III, §11, (7). Zuletzt abgerufen von: recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_ nr=6&vd_id=11419&vd_back=N308&sg=0&menu=1 am 04.11.2016.
3) Zur Unterscheidung zwischen DaZ und DaF vgl. z. B.: G. Pagonis/D. Salomo, Explizit oder implizit? Ein Dilemma der Sprachvermittlung, in: Fremdsprache Deutsch. Zeitschrift für die Praxis des Deutschunterrichts 51 (2014), 11; B. Hufeisen/I. Thonhauser, Die »fremde« Sprache Deutsch in mehrsprachigen Lehr- und Lernkontexten, in: Goethe-Institut u. a. (Hrsg.), Fremdsprache Deutsch 50 (2014), 6; H. Barkowski/H.-J. Krumm (Hrsg.), Fachlexikon Deutsch als Fremd- und Zweitsprache, Tübingen 2010, 47.
4) Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.), Bildung in Deutschland 2016. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration, Bielefeld 2016, 19.
5) Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Aktuelle Zahlen zu Asyl. Ausgabe: September 2016. Zuletzt abgerufen am 04.11.2016 von: www.bamf.de/ SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/aktuelle-zahlen-zu-asyl-september-2016.html?nn=7952222, 7.
6) Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (Hrsg.), 10. Bericht über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland (Oktober 2014). Zuletzt abgerufen am 04.11.2016 von: www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/IB/2014-10-29-Lagebericht-lang. pdf?__blob=publicationFile&v=3, 44.
7) Vgl. a. a. O., 45.
8) Vgl. a. a. O., 44.
9) Vgl. a. a. O., 54.
10) Ausführlicher dazu: B. Seipp, Deutsch, 24. Einen Überblick über die Situation in ganz Deutschland gibt die aktuelle Studie des Mercator-Instituts: B. Baumann/M. Becker-Mrotzek, Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache an deutschen Schulen: Was leistet die Lehrerausbildung? Überblick, Analysen und Handlungsempfehlungen. Hrsg. vom Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, Köln 2014, 6.
11) Vgl. Ordnung zur Änderung der Prüfungsordnung für das Studium »Deutsch für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte« in den Studiengängen für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen, an Haupt-, Real- und Gesamtschulen und am Berufskolleg vom 24.07.2015. Zuletzt abgerufen am 04.11.2016 von: http://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/germanistik/cemes/aenderungsordnung-med-gymgeshrgebk-abws1516-amtliche-bekanntmachungen-2015-08-04.pdf.
12) J. Cummins, Cognitive/Academic Language Proficiency, Linguistic Interdependence, the Optimum Age Question and Some Other Matters, in: Working papers on bilingualism 19 (1979), 198.
13) Vgl. dazu I. Gogolin, Mehrsprachigkeit und bildungssprachliche Fähigkeiten. Zur Einführung in das Buch ›Herausforderung Bildungssprache – und wie man sie meistert‹, in: I. Gogolin/I. Lange/U. Michel/H. H. Relich (Hrsg.), Herausforderung Bildungssprache und wie man sie meistert, Münster 2013, 11.
14) I. Gogolin, Herausforderung Bildungssprache, in: Die Grundschulzeitschrift, 22, 215/216 (2008), 26.
15) Das Register bezeichnet hier die Geformtheit der Sprache in Bezug auf den jeweiligen Kontext, wie etwa Beruf, Gruppenzugehörigkeit oder Fachwissen.
16) Vgl. dazu z. B. KMK, Sekretariat der ständigen Konferenz der Kultusmi-nister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.), Bericht »Zuwanderung« (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 24.05.2002 i. d. F. vom 16.11.2006). Zuletzt abgerufen am 04.11.2016 von: www.kmk.org/fileadmin/ver-oeffentlichungen_beschluesse/2002/2002_05_24-Zuwanderung.pdf, 4.
17) Vgl. F. E. Weinert (Hrsg.), Leistungsmessung in Schulen, Weinheim/Basel 12001, 27. S. Heil/H.-G. Ziebertz weisen darauf hin, dass die Definition von F. E. Weinert nur kognitive Lernleistungen beinhaltet und somit eine Begrenzung in sich trägt. So schlagen sie vor, auch das Kompetenzverständnis (vor allem für den Religionsunterricht) von U. P. Kanning zu berücksichtigen. Vgl. U. P. Kanning, Diagnostik sozialer Kompetenzen, Göttingen 2003; S. Heil/H.-G. Ziebertz, Zur Konzeption von Bildungsstandards für den Religionsunterricht, in: ZPT 57 (2005), 229.
18) Vgl. B. Schröder, Fachdidaktik zwischen Gütekriterien und Kompetenzorientierung, in: A. Feindt/V. Elsenbast/P. Schreiner/A. Schöll (Hrsg.), Kompetenzorientierung im Religionsunterricht. Befunde und Perspektiven, Münster 2009, 40.
19) Vgl. dazu exemplarisch den Bildungsplan 2004 von Baden-Württemberg. Zuletzt abgerufen am 28.05.2015 von: www.bildung-staerkt-menschen.de/service/downloads/Bildungsstandards/Gym/Gym_evR_bs.pdf.
20) Auf die Problematik des Umgangs mit Mehrsprachigkeit im schulischen Kontext verweist M. Jäggle. Vgl. M. Jäggle, Herausforderung der religiösen Pluralität für die Schule, in: R. Polak/W. Reiss (Hrsg.), Religion im Wandel. Transformation religiöser Gemeinschaften in Europa durch Migration – In?ter?disziplinäre Perspektiven, Göttingen 2015, 184.
21) Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, 10. Bericht, 43.
22) Vgl. a. a. O., 49.
23) Vgl. z. B. den Bildungsplan Evangelische Religionslehre 2016 für Gymnasien in Baden-Württemberg. Zuletzt abgerufen am 04.11.2016 von: www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/Startseite/BP2016BW_ALLG/BP2016BW_ALLG_GYM_REV, 41 ff.
24) Kernlehrplan für das Gymnasium – Sekundarstufe I in Nordrhein-Westfalen, Evangelische Religionslehre, 2011. Zuletzt abgerufen am 04.11.2016 von: www.schulentwicklung.nrw.de/lehrplaene/upload/lehrplaene_download/gymnasium_g8/G8_Ev_Religionslehre_Endfassung.pdf, 23.
25) Vgl. J. Habermas, Umgangssprache, Bildungssprache, Wissenschaftssprache, in: Ders., Die Moderne – ein unvollendetes Projekt, Leipzig 31990, 9–31.
26) I. Gogolin, Mehrsprachigkeit, 11. Vgl. auch eine ähnliche »Anlehnung« bei: H. J. Vollmer/E. Thürmann, Sprachbildung und Bildungssprache als Aufgabe aller Fächer der Regelschule, in: M. Becker-Mrotzek/K. Schramm/E. Thürmann/H. J. Vollmer (Hrsg.), Sprache im Fach: Sprachlichkeit und fachliches Lernen, Münster 2013, 42.
27) Vgl. J. Habermas, Umgangssprache, 13 f.
28) Vgl. a. a. O., 14.
29) Vgl. z. B. J. Leisen, Handbuch Sprachförderung im Fach. Sprachsensibler Fachunterricht in der Praxis. Grundlagenteil, Stuttgart 12013.
30) A. a. O., 3.
31) Vgl. z. B. H. J. Vollmer/E. Thürmann, Sprachbildung, 41–57.
32) Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Förderung in der deutschen Sprache als Aufgabe des Unterrichts in allen Fächern. Empfehlungen. Zuletzt abgerufen am 04.11.2016 von: www.studienseminare-ge-gym.nrw.de/D/ausbildung/tobe/00foerderempfehlung.pdf.
33) I. Lange/I. Gogolin, Durchgängige Sprachbildung: Eine Handreichung, Münster 2010.
34) S. Altmeyer, Die (religiöse) Sprache der Lernenden. Sprachempirische Zugänge zu einer großen Unbekannten, in: M. Becker-Mrotzek/K. Schramm/E. Thürmann/H. J. Vollmer (Hrsg.), Sprache im Fach: Sprachlichkeit und fachliches Lernen, Münster 2013, 367; S. Pietz/S. Volke/N. Voßen, Sprache und Glaube? – Eine Herausforderung für den Religionsunterricht. Zuletzt abgerufen am 04.11.2016 von: www.uni-due.de/imperia/md/content/prodaz/pietz_volke_vossen_sprache_und_glaube.pdf.
35) S. Altmeyer, Die (religiöse) Sprache, 366. Mit Anlehnung an A. Grözinger; N. Voßen, Im Anfang war das Wort. Sprachförderung als Aufgabe des Religionsunterrichts? Zuletzt abgerufen am 04.11.2016 von: www.uni-due.de/imperia/ md/content/prodaz/vossen_im_anfang_war_das_wort.pdf.
36) Vgl. dazu z. B. F. Melzer, Unsere Sprache im Lichte der Christus-Offenbarung, Tübingen 1946; A. Grözinger, Die Sprache des Menschen. Ein Handbuch. Grundwissen für Theologinnen und Theologen, München 1991; A. Schulte, Die Bedeutung der Sprache in der religionspädagogischen Theoriebildung, Frankfurt a. M. 2001; H. Halbfas, Religiöse Sprachlehre. Theorie und Praxis, Ostfildern 2012.
37) H. Barkowski/H.-J. Krumm (Hrsg.), Fachlexikon, 50.
38) Als Beispiel siehe den Sammelband von M. Michalak/M. Kuchenreuther (Hrsg.), Grundlagen der Sprachdidaktik Deutsch als Zweitsprache, Baltmannsweiler 22013.
39) Vgl. z. B. J. Leisen, Handbuch. Grundlagenteil, 116.
40) Vgl. dazu das prominente Buch von J. Leisen, Handbuch Sprachförderung im Fach: Sprachsensibler Fachunterricht in der Praxis. Praxismaterialien, Stuttgart 2013.
41) Ausführlich zu den verschiedenen Textsorten und zur Arbeit mit Texten im Religionsunterricht G. Röckel/G. Bubolz, Texte erschließen: Grundlagen – Methoden – Beispiele für den Deutsch- und Religionsunterricht, Düsseldorf 2006.
42) Vgl. auch den Hinweis darauf von F. Schweitzer: »Auch wenn zwischen Migration und Religionszugehörigkeit natürlich kein zwingender Zusammenhang besteht, verbindet sich mit dem Migrationshintergrund in vielen Fällen doch eine bestimmte religiöse Prägung, die sich von der in Deutschland vorherrschenden christlichen Tradition unterscheidet«. F. Schweitzer, Interreligiöse Bildung. Religiöse Vielfalt als religionspädagogische Herausforderung und Chance, Gütersloh 2014, 120.
43) M. Khorchide, Die Dialektik von Religiosität und Gesellschaft– Zur Identitätskonstruktion junger Muslime in Europa, in: B. Ucar (Hrsg.), Die Rolle der Religion im Integrationsprozess: Die deutsche Islamdebatte, Frankfurt a. M. 2010, 371 ff.
44) Vgl. dazu z. B. EKD (Hrsg.), Religiöse Orientierung gewinnen. Evangelischer Religionsunterricht als Beitrag zu einer pluralitätsfähigen Schule. Eine Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Gütersloh 2014, 15 ff.
45) Zu Recht vergleicht F. Martin die Prozesse des religiösen Lernens mit »Sich-Hineindenken in eine fremde Sprachwelt«. Vgl. F. Martin, Sprache im Religionsunterricht, in: I. Bosold/P. Kliemann (Hrsg.), »Ach, Sie unterrichten Religion?« Methoden, Tipps und Trends, Stuttgart 2003, 115 f.
46) Vgl. Überblick bei C. Schwöbel, Symbolische Rede von Gott. Tillichs Beitrag zur Gotteslehre, in: C. Danz/W. Schüßler/E. Sturm (Hrsg.), Das Symbol als Sprache der Religion, Wien/Berlin 2007, 9–29.
47) Bei der Zuordnung zu einem ›Konfessiolekt‹ geschieht »möglicherweise eine Hypostasierung sprachlicher Differenzen«, die der Realität nicht gerecht ist. »Außerdem wird eine sprachstrukturelle Vollständigkeit suggeriert, die im Falle von ›Konfessiolekten‹ eher nicht vorhanden zu sein scheint.« Vgl. J. Macha, Der konfessionelle Faktor in der deutschen Sprachgeschichte der Frühen Neuzeit, Würzburg 2014, 28 ff., hier 30.
48) A. a. O., 32.
49) Überblick über den Forschungsstand bei: A.-M. Balbach, Sprache und Konfession: Frühneuzeitliche Inschriften zum Totengedächtnis in Bayerisch-Schwaben, Würzburg 2014, 15 ff.
50) Durch den Überblick über die Studien zum Einfluss der Konfession auf die Sprache fasst A.-M. Balbach zusammen: »Die genannten Studien deuten allesamt darauf hin, dass dem Faktor Konfession ein nicht zu unterschätzender Einfluss auf festgestellte Schreibwandelerscheinungen zugesprochen werden muss.« A. a. O., 18.
51) Alle angegebenen Beispiele entstammen dem Gebet »zur allheiligen Gottesgebärerin« (Morgengebete). Vgl. Orthodoxes Gebetsbuch. Hrsg. von Berliner Diözese der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, Berlin 2006, 12 f.
52) Vgl. F. Schweitzer/A. Biesinger/J. Conrad/M. Gronover, Dialogischer Religionsunterricht. Analyse und Praxis konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts im Jugendalter, Freiburg i. Br. 2006, 15 ff.
53) A. a. O., 17.
54) Vgl. dazu: M. Domsgen, Konfessionslosigkeit als religionspädagogische Herausforderung: Überlegungen am Beispiel des schulischen Religionsunterrichts in Ostdeutschland, in: M. Rose/M. Domsgen (Hrsg.), Konfessionslosigkeit heute: Zwischen Religiosität und Säkularität, Leipzig 2014, 276 f.
55) A. a. O., 278.
56) Vgl. dazu ausführlich M. Wandruszka, Die Mehrsprachigkeit des Menschen, München 1979.
57) L. Ouspensky/W. Lossky, Der Sinn der Ikonen, Bern und Olten 1952, 51.
58) Vgl. dazu auch S. Nes, The Mystical Language of Icons, Michigan 22004, 21.
59) Vgl. T. Nikolaou, Die Ikonenverehrung als Beispiel ostkirchlicher Theologie und Frömmigkeit nach Johannes Damaskos, in: Ostkirchliche Studien 25 (1976), 147 f.
60) Vgl. a. a. O., 148.
61) »Diese Einstellung zur Ikone entspricht ihrer Bedeutung: sie ist eine Sprache der Kirche, die jener der Heiligen Schrift gleicht (Oros des VII. Ökumenischen Konzils) und an die optische Aufnahmefähigkeit des Menschen gerichtet ist, ein Ausdruck der Orthodoxie als solcher«. L. Ouspensky, Symbolik des orthodoxen Kirchengebäudes und der Ikone, in: E. Hammerschmidt/P. Hauptmann/P. Krüger/L. Ouspensky/H.-J. Schulz (Hrsg.), Symbolik des orthodoxen und orientalischen Christentums, Stuttgart 1962, 69.
62) Vgl. dazu: B. Seipp, Deutsch, 11 f.
63) A. Binanzer/J. Gamper/V. Wecker, Kasus als Unterrichtsgegenstand in sprachlich heterogenen Grundschulklassen, in: K.-M. Köpcke/A. Ziegler (Hrsg.), Schulgrammatik und Sprachunterricht im Wandel, Berlin 2013, 355.
64) Vgl. dazu: M. Khorchide, Die Dialektik, 371 f.
65) Vgl. auch A. Binanzer/J. Gamper/V. Wecker, Kasus, 359.
66) Vgl. auch I. Lange/I. Gogolin, Durchgängige Sprachbildung, 46 f.
67) Vgl. dazu exemplarisch: I. Ezhova-Heer, Untersuchungen zur Förderung der Schreibkompetenz der zugewanderten Kinder und Jugendlichen aus der ehemaligen Sowjetunion, in: R. S. Baur/B. Hufeisen (Hrsg.), »Vieles ist sehr ähnlich«. Individuelle und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit als bildungspolitische Aufgabe, Baltmannsweiler 2011, 113–135.
68) K. Dubiski/I. Essich/F. Schweitzer/A. Edelbrock/A. Biesinger, Religiöse Differenzwahrnehmung im Kindesalter. Eine qualitativ-empirische Untersuchung mit Kindern im Alter zwischen 4 und 6 Jahren, in: A. Edelbrock/F. Schweitzer/A. Biesinger (Hrsg.), Wie viele Götter sind im Himmel? Religiöse Differenzwahrnehmung im Kindesalter, Münster 2010, 190.
69) Vgl. EKD (Hrsg.), Religiöse Orientierung, 54 ff.
70) Vgl. M. Wandruszka, Die Mehrsprachigkeit.
71) Vgl. dazu ein Überblick bei E. Neuland, Mehrsprachig – kontrastiv – interkulturell: Zur Heterogenität und Typizität von Jugendsprachen, in: Dies. (Hrsg.), Jugendsprachen: mehrsprachig – kontrastiv – interkulturell, Frankfurt a. M. 2007, 11–29.