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Ausgabe:

November/2016

Spalte:

1250

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Binkelmann, Christoph, u. Nele Schneidereit [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Denken fürs Volk? Popularphilosophie vor und nach Kant.

Verlag:

Würzburg: Königshausen & Neumann 2015. XIX, 232 S. = Kultur – System – Geschichte, 6. Kart. EUR 49,80. ISBN 978-3-8260-5716-8.

Rezensent:

A. B.

Der Band dokumentiert Beiträge eines Workshops, der im November 2011 an der Technischen Universität Dresden stattfand. Die von den beiden Herausgebern verfasste »Einleitung« gibt einen guten, bündigen Überblick zu Begriff und Intention der deutschsprachigen aufklärerischen Popularphilosophie. Dabei wird der kritischen Philosophie Immanuel Kants diesbezüglich eine zäsurale Bedeutung zugemessen.
Demgemäß bietet das erste Kapitel prosopographische Studien zur »Popularphilosophie vor Kant«, in denen einschlägige Publikationen von Christian Thomasius, Johann Jakob Engel, Christoph Martin Wieland, Johann Karl Wezel und Moses Mendelssohn sorgfältig analysiert werden. Das zweite Kapitel widmet sich sodann der »Popularphilosophie zur Zeit Kants und danach«. Dabei findet neben dem Königsberger Meisterdenker vor allem Johann Gottlieb Fichte bevorzugte Aufmerksamkeit; weitere Studien gelten den einschlägigen Bemühungen von Ernst Platner, Jacob Hermann Obereit, Friedrich A. Bouterwek, August Ludwig Hülsen und Fried rich Schlegel. Das dritte Kapitel beschließt den Band mit einer klugen Studie zur aktuellen Bedeutung der Popularphilosophie (Tamilo van Zantwijk).
Das größerenteils von Nachwuchswissenschaftlern bestückte Sammelwerk leistet einen wichtigen Beitrag zur intellektuellen Physiognomie der deutschsprachigen Spätaufklärung, indem es das von der Schulphilosophie zumeist hochmütig vernachlässigte Anliegen, die Bürger zu selbstständiger Daseinsreflexion anzuleiten, das in der Maxime Georg Christoph Lichtenbergs »Lernt denken Leute!« seinen bündigsten Ausdruck fand, als einen ponderablen Gegenstand der philosophiehistorischen Vergewisserung ausweist. Eine empfindliche Blickverengung ist freilich darin zu erkennen, dass zwar die Theologen Johann August Ernesti und Johann Joachim Spalding als Verfasser von »Gründungsschriften« (V) der Popularphilosophie identifiziert werden, die mit dieser aufs Engste korrespondierende aufklärerische Gattung der protestantischen Populartheologie dann aber ganz außer Betracht bleibt. Der Anhang bietet eine repräsentative Bibliographie und das Verzeichnis der Beiträger, hat aber leider auf ein Personen- und Sachregister verzichtet. Die Druckfehlerquote des Inhaltsverzeichnisses ist für die darin angezeigten Beiträge glücklicherweise nicht repräsen-tativ.