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Ausgabe:

November/2016

Spalte:

1212–1213

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Maier, Christl M. [Ed.]

Titel/Untertitel:

Congress Volume Munich 2013.

Verlag:

Leiden u. a.: Brill 2014. XIV, 463 S. = Vetus Testamentum. Supplements, 163. Geb. EUR 162,00. ISBN 978-90-04-27823-3.

Rezensent:

Bernd Janowski

Wer den vorliegenden Band aufschlägt und als Erstes auf das Foto des mit einem Lebkuchenherzen behängten Präsidenten Prof. Dr. Chr. Levin stößt, wähnt sich entweder auf dem Münchener Oktoberfest oder auf dem 21. Internationalen Alttestamentlerkongress (IOSOT), der vom 4. bis zum 9. August 2013 in München stattgefunden hat. Das Zweite ist der Fall und steht ja auch auf dem besagten Lebkuchenherz. Wie immer bietet auch dieser Band, der von der Presidential Adress Chr. Levins (»Die Entstehung des Judentums als Gegenstand der alttestamentlichen Wissenschaft«, 1–17) und ihrer frohgemuten, aber nicht von allen geteilten Direktive eingeleitet wird, dass »sich unsere Wissenschaft in Zukunft mehr denn je auf das 5. bis 2. Jh. zu richten haben (wird), in denen die Blütezeit der alttestamentlichen Literaturgeschichte zu vermuten ist« (17), einen bunten Strauß mit Beiträgen, die jeweils an den Kongressvormittagen vorgetragen und diskutiert worden sind.
Im Einzelnen enthält der Band folgende Beiträge: B. Ego, Alexander der Große in der alttestamentlichen Überlieferung – eine Spurensuche und ihre theologischen Implikationen (18–39: Exegese von Sach 9,1–8; Dan 8,1–8; 11,3 f.; 1Makk 1,1–7; Jos. Ant. 11,329–339, Alexander d. Gr. als »Gedächtnisfigur«), Z. Talshir, Texts, Text-Forms, Editions, New Compositions and the Final Products of Biblical Literature (40–66: unter besonderer Berücksichtigung von 1 QIsaa.b; 4 Q Sama u. a.), J. Kugel, Is the Book of Jubilees a Commentary on Genesis or an Intended Replacement? (67–91), St. L. McKenzie, »My God is JHWH«: The Composition of the Elijah Stories in 1–2 Kings (92–110), Sh. Gesundheit, Die Midrasch-Exegese im Dienst der Literarkritik. Zum Beispiel: Krieg und Frieden in Dtn 2,24–32 (111–124: einer der Höhepunkte des Bandes, weil der Verfasser es versteht, die nachbiblische Midrasch-Exegese und die traditionelle Literarkritik fruchtbar aufeinander zu beziehen), O. Artus, Les enjeux socio-historiques de la composition d’ensemble du livre des Nombres (125–153), J. Vermeylen, Les écrivains deuteronomistes travaillaient-ils en Babylonie ou en Palestine? (154–181: die Argumente für Palästina sind belastbarer), I. Fischer, Forschungsgeschichte als Rezeptionsgeschichte in nuce (182–216: engagierte und kritische Evaluierung der gegenwärtigen Forschungslandschaft im Bereich Rezeptionsgeschichte der Bibel mit einem Vorschlag zur Neudefinition von »Forschungsgeschichte«, 213 ff.), L. C. Jonker, From Paraleipomenon to Early Reader: The Implications of Recent Chronicles Studies for Pentateuchal Criticism (217–254: gründlicher Überblick mit aufschlussreichen Vergleichstabellen!), Chr. Frevel, Alte Stücke – späte Brücke? Zur Rolle des Buches Numeri in der jüngeren Pentateuchdiskussion (255–299: beeindruckende tour d’horizon des künftigen Numeri-Kommentators in der Reihe HThK.AT, mit überzeugender Profilierung des »Brückencharakters« von Num), Y. Sherwood, Prophetic ›Postcolonialism‹: Per-forming the Disaster of the Spanish Conquest on the Stage of Jeremiah (300–332), A. Tsukimoto, Humor und Ironie in der jahwistischen Urgeschichte (333–346: ein Beitrag, der einen etwas ratlos zurücklässt, weil die Kategorien »Humor« und »Ironie« nicht zu den Ausführungen des Autors passen wollen), A. Mazar, Archaeology and the Bible: Reflections on Historical Memory in the Deuteronomistic History (347–369: klassische Behandlung des Themas am Beispiel von DtrG), E. Ben Zvi, Reshaping the Memory of Zedekiah and His Period in Chronicles (369–395), T. P. Harrison, Recent Discoveries at Tayinat (Ancient Kunulua/Calno) and their biblical Implications (396–425), und K. Schmid, Die Anfänge des Jesajabuchs (426–453: intensives Gespräch vor allem mit der deutschsprachigen Jes-Forschung). Abgeschlossen wird der Band durch ein Stellen-register (455–463).
Zu guter Letzt: Im Rückblick fällt auf, dass weite Bereiche alt-testamentlicher Forschung wie der Psalter, die Weisheitsliteratur, die Religionsgeschichte und Ikonographie Palästinas/Israels, die Theologie, Anthropologie und Ethik des Alten Testaments in diesem Band thematisch nicht vertreten sind. Das ist schade und vermittelt einen unausgewogenen, um nicht zu sagen: verzerrten Blick der gegenwärtigen Forschung. Es ist zu hoffen, dass sich das beim nächsten Mal ändert.