Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Dezember/2016

Spalte:

1378–1379

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Filippini, Orietta

Titel/Untertitel:

Benedetto XIII (1724–1730). Un papa del settecento secondo il giudizio dei contemporanei (Ein Papst des 18. Jahrhunderts im Urteil der Zeitgenossen).

Verlag:

Stuttgart: Anton Hiersemann Verlag 2012. VII, 427 S. = Päpste und Papsttum, 40. Lw. EUR 158,00. ISBN 978-3-7772-1211-1.

Rezensent:

Malte van Spankeren

Benedikt XIII. (1649/1724–1730) zählt zu den selten behandelten Päpsten, nicht zuletzt aufgrund seines vergleichsweise kurzen Pontifikats. Insofern ist es begrüßenswert, dass Orietta Filippini diesen seit 1724 amtierenden Bischof von Rom in ihrer rund 400 Seiten umfassenden Studie ausführlich würdigt. Der von ihr gewählte memorialgeschichtliche Ansatz ist im Prinzip begrüßenswert, freilich resultiert aus diesem auch eine große Schwäche des Buchs. Denn ein roter Faden, der helfen könnte, die zahlreichen von F. gesammelten Urteilsbildungen über dieses zwar als fromm geltende, freilich von den alltäglichen Regierungsgeschäften überfor-derte Kirchenoberhaupt kritisch zusammenzufassen, fehlt. Als Einführung in das Leben und Wirken von Benedikt XIII. ist diese Studie somit nicht geeignet. Vielmehr handelt es sich um eine Spezialstudie, die auch gewisse Vorkenntnisse der Epoche und der italienischen (Kirchen-)Politik voraussetzt.
»Oggetto di questa recerca è la possibilità, per il pontefice romano, di dispiegare, nel pieno Settecento, rapporti di consiglio al principe e particolare prossimità e collaborazione che si incarnino nella figura di un favorito e Segretario dei memoriali.« (1) Dieser Zielstellung folgend wird nach einer kurzen »Einführung« (1–22) im ersten der beiden Hauptteile zunächst auf die »Memorie del pontificato« näher eingegangen (25–215). Dabei steht zunächst die Wahrnehmung des Pontifikats sowohl durch seine engsten Verwandten, die zeitgenössisch bedeutende Familie Orsini, als auch durch seinen Orden, die Dominikaner, im Vordergrund (27–105). Dabei skizziert F. u. a. die Versuche, nach Benedikts Tod diesem den Ruf der Heiligkeit zuzusprechen, und sie nimmt – begrüßenswerterweise – auch langfristige Folgen in den Blick (59–70). Aufschlussreich sind ihre diesbezüglichen Analysen von Briefen und Archivalien unter der Fragestellung, wie nach Benedikts Tod die Person und das Wirken dieses Papstes positiv hervorgehoben werden sollten.
Im zweiten Abschnitt »II. Memoria di santità, memorie di casa« (107–144) wird die sich um Benedikts Pontifikat entspannende Erinnerungskultur weiter untersucht. In diesem Abschnitt, der auf jede Untergliederung verzichtet, hätte man sich allerdings der Übersichtlichkeit halber noch Unterabschnitte gewünscht. Hier zeigt sich besonders deutlich die Schwäche der Darstellungsweise, denn statt resümierender Überlegungen werden oftmals einfach nur einzelne Quellenaussagen aneinandergereiht.
Im dritten Abschnitt »Lessico d’infamia« (145–214) werden weitere Aspekte in den Blick genommen. Ihrer Zielstellung folgend, zeigt F. sehr ausführlich, wie das Kirchenoberhaupt von den Zeitgenossen je nach Standpunkt, persönlicher Beziehung und theologischer Haltung dargestellt wurde und inwiefern diese jeweiligen Positionsbildungen die langfristige Perzeption dieses Pontifikats beeinflusst haben.
Um durch eine Rekonstruktion der Erinnerungen an Benedikts Pontifikat insbesondere dessen Regierungsstil detailliert in den Blick zu nehmen, werden im zweiten Hauptteil die »Memorie del governo« ausführlich untersucht (217–351). Dabei werden nicht nur Personen aus Benedikts Nähe berücksichtigt, wie der bekannte Kardinal Niccolò Coscia, der nach dem Tod Benedikts wegen Bereicherung angeklagt werden sollte, sondern auch Aussagen über Benedikts Pontifikat, die beispielsweise aus Spanien stammen, angeführt.
Aufs Ganze gesehen gelingt es F. zwar auf der einen Seite über die Rekonstruktion der zahlreichen zeitgenössischen Aussagen, ein facettenreiches Bild dieses Papstes zu entwerfen und den Nutzen einer auf die Memorialkultur konzentrierten historischen Analyse nachzuweisen. Auf der anderen Seite aber wünscht man sich als Leser mehr kritische Aussagen F.s, beispielsweise bezüglich der Relevanz der einzelnen Quellen.
Für den des Italienischen nicht mächtigen Leser bildet ein zehnseitiges Summary (369–377), das für eine internationale Rezeption der Arbeit wichtig sein dürfte, den inhaltlichen Schluss dieser Studie, auf das noch ausführliche Namen- und Ortsregister folgen.