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Ausgabe:

September/2016

Spalte:

984–985

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Kundert, Lukas

Titel/Untertitel:

Die evangelisch-reformierte Kirche. Grundlagen für eine Schweizer Ekklesiologie. Vorwort v. G. W. Locher.

Verlag:

Zürich: Theologischer Verlag Zürich 2014. 160 S. Geb. EUR 22,90. ISBN 978-3-290-17750-8.

Rezensent:

Eva-Maria Faber

In einem schön ausgestatteten Buch (mit Lesebändchen) legt Lukas Kundert, Pfarrer des Basler Münsters, Kirchenratspräsident des Kantons Basel-Stadt und Titularprofessor für Neues Testament an der Theologischen Fakultät in Basel einen ekklesiologischen Beitrag zur Erneuerung (vgl. Klappentext sowie Geleitwort) der reformierten Ekklesiologie speziell in der Schweizer Kirche vor. An vier Thesen zu (1.) Katholizität und (2.) Sichtbarkeit der Kirche, (3.) das ordinierte Amt sowie (4.) – sehr knapp – die »Dreigliedrigkeit« der Kirche und ihrer Leitung (Kirchgemeinde, Regionalkirche, Ge­samtkirche) schließen sich Reflexionen über die Kirche als Anerkennungsgemeinschaft, die vier reformatorischen »Sola-Formulierungen« und über drei Dimensionen von Raum, Episkopé und kirchlichem Wirken an.
Die teils sehr disparaten Ausführungen orientieren sich an dem, was K. als Defizit der evangelisch-reformierten Kirchen in der Schweiz diagnostiziert. Die dadurch bedingte selektive Sicht reibt sich mit dem im Untertitel formulierten Anspruch, Grundlagen zu präsentieren (was eine ausgewogenere Sichtung konstitutiver Aspekte erwarten lässt). Das bald offenkundige und in mehreren Teilen wiederkehrende Hauptthema ist die Episkopé. K. vertritt aufgrund von seltsam anmutenden Rekonstruktionen die Meinung, die Schweizerischen Reformierten würden faktisch, da sie das biblisch begründete Bischofsamt nicht abgeschafft hätten, die Bischöfe der schweizerischen römisch-katholischen Diözesen als ihre eigenen Bischöfe ansehen, wenn auch ohne sie in all ihren Ansprüchen auf Befugnisse und Rechte anzuerkennen (62). Solche Aussagen, die vielleicht innerreformiert provozieren wollen, scheinen mir für eine seriöse Auseinandersetzung nicht wirklich hilfreich. Auch sonst fällt ein eigenwilliger Umgang mit Sachverhalten und Begriffen (wie z. B. die Verwendung von »versöhnte Verschiedenheit« oder »koinonia« ohne Rücksicht auf deren sonstige komplexe Verwendungszusammenhänge, oder der selbst kreierte Be­griff der »Bischofsökumene« [136]) auf. Die Behauptung, Bischöfe der römisch-katholischen Kirche würden in der Regel von Bischofssynoden gewählt und müssten vom Papst bestätigt werden (152), ist unzutreffend; bei anderen Formulierungen ist es nicht leicht, den Sinn zu erschließen (z. B. »Menschen sind historisch wahr«: 61). Eine ekklesiologische Vergewisserung würde einen stringenteren Gedankengang verlangen.