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Ausgabe:

Juni/2016

Spalte:

708-710

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Zimmermann, Mirjam, u. Hartmut Lenhard

Titel/Untertitel:

Praxissemester Religion. Handwerkszeug für Berufsanfängerinnen und Be­rufsanfänger.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2015. 222 S. m. 22 Abb. u. digitalem Zusatzmaterial = UTB 4266. Kart. EUR 19,99. ISBN 978-3-8252-4266-4.

Rezensent:

Stefanie Pfister

Der vorliegende Band von Mirjam Zimmermann, Professorin für Religionspädagogik an der Universität Siegen, und Hartmut Lenhart, bis 2012 leitender Direktor des Zentrums für schulpraktische Lehrerausbildung in Paderborn, stellt eine innovative, übersichtliche und hilfreiche Praxishilfe für das sogenannte Praxissemester dar, welches in den meisten Bundesländern in den Masterstudiengang integriert werden wird. So beginnt in NRW das Praxissemester für die meisten Hochschulen im Jahr 2015 und wird in Kooperation mit den Zentren für schulische Lehrerausbildung verantwortet (lt. § 12 LABG, 12.5.2009).
Zielgruppe des Bandes sind daher hauptsächlich die Studierenden für Lehrämter an Schulen, die dieses Praxissemester das erste Mal absolvieren, aber auch deren Begleiter in Schule, Hochschule und in den Zentren für schulische Lehrerbildung sowie die Berufsanfängerinnen und -anfänger, »die auf der Suche nach einer konzentrieren Einführung in professionelles Handeln sind« (11).
Die Autoren haben die Zielsetzung, »die konkreten Herausforderungen des – im Praxissemester noch weitgehend experimentierend erfahrenen – Berufsfeldes theoriegestützt, aber praxistauglich aufzuarbeiten« (13). Das Buch hat daher nicht den Anspruch eine ausgeführte Fachdidaktik Religion zu bieten. So sind bewusst Darstellungen zu fachdidaktischen Ansätzen, zur Bibeldidaktik, zur Kirchengeschichtsdidaktik, zu religiösen Entwicklungsverläufen, zu Methoden und zum Thema Inklusion nicht aufgenommen, es wird aber zugleich auf entsprechende Fachliteratur verwiesen.
Im 1. Kapitel wird das forschende Lernen – als selbständige Leistung des Studierenden, die Wechselwirkung von Theorie- und Praxisbezug mit konkreten Fragestellungen, eine Methodenkontrolle, die Reflexionskompetenz etc. – beschrieben und, wie man schrittweise eine professionelle Kompetenz im Praxissemester er­werben kann. Gelungen sind hier die konkreten alltäglichen Un­terrichtsbeispiele, die als Anlass für Fragestellungen und Projekte dienen können, so dass die Sorge der Studierenden vor einem großangelegten »Studien- und Unterrichtsobjekt im RU« direkt genommen wird. Weitere Fragen zu didaktischen, methodischen und medialen Aspekten, zum Unterrichtsklima und zur Lehrerrolle ergänzen dieses erste Kapitel und regen zur Weiterarbeit an.
Im 2. Kapitel setzen sich die Leser mit ihrer Praktikumsschule – unter anderem mit dem Stellenwert von Religion im Schulleben – auseinander, wobei zunächst eine Beispielschule mit Hilfe einer dichten Beschreibung (Geertz) vorgestellt und diese Vorgehensweise auch als Arbeitsvorschlag mit aufgenommen wird: eine gelungene Verbindung von Forschung und Praxisbezug und direkt für das Praxissemester umsetzbar. Anschließend erfolgt ein Kapitel mit Beispielen und Arbeitsfragen zur Rollenreflexion, um eine erste »religionspädagogische Reflexionskompetenz« als »Schlüsselkompetenz« laut der EKD anzubahnen. Hier sind auch gute Anregungen für die Seminararbeit zu finden.
Konkrete Hilfen für den Schulalltag – Materialien, Medien, Planungshilfen, Mediotheken, Organisation der Schultasche, spontane Aufgabenideen für einen möglichen Vertretungsunterricht etc. – finden sich im 4. Kapitel. Es schließen sich die Gütekriterien guten Religionsunterrichts, Grundlagen von Unterrichtsforschung und Kompetenzen des Religionsunterrichts an (5. Kapitel). Zudem werden bekannte »Anfängerfehler« von Lehrkräften – Unterricht als Irrgarten, als »Ostereisuche«, zielloser oder langatmiger Unterricht, ständiger Methodenwechsel etc. – humor- und eindrucksvoll ge­schildert, so dass einige Fallstricke in der Praxis sicherlich vermieden werden können, ohne dass es jedoch belehrend wirkt. Im 6. Kapitel steht die Materialsuche im Vordergrund. Hier werden wichtige theologische Werke (TRE, RGG), Methodenbücher, religionspädagogische Zeitschriften und Schulbücher (mit jeweiliger zugelassener Schulform, Erscheinungsjahr und Verlag) mit genauen bibliographischen Angaben bzw. Internetadressen übersichtlich und teil-weise tabellarisch aufgeführt. Der institutionelle Rahmen des Religionsunterrichts – Bildungsstandards, Kompetenzen, Schulrecht, rechtliche Vorgaben – wird im 7. Kapitel geschildert.
Strukturierte Schritte zur Unterrichtsplanung erfolgen im 8. bis 10. Kapitel, wobei die Autoren ausgehend von Beobachtungskriterien, Beratungsgesprächen und Feedbackmöglichkeiten (8. Kapitel) konkrete Hilfen für die Unterrichtsplanung geben: Beschreiben der Lerngruppe, Eruieren der Lernausgangslage, Schaffen von Anforderungssituationen im kompetenzorientierten Religionsunterricht, Formulieren von Themen, Darstellen der fachlichen Aspekte in Bezug auf die Lerngruppe, Formulieren der Ziele des Unterrichts, Erarbeiten von Differenzierungsaufgaben, Strukturieren des Unterrichts, Auswahl kompetenzförderlicher Aktions- und Sozialformen und Kompetenzsicherungsmöglichkeiten. Eine zusammenfassende Checkliste mit zehn Fragen dient einem knappen Überblick bzw. einer »Kurzvorbereitung« (9. Kapitel). Anschließend erfolgt dann das konkrete Verfassen eines Unterrichtsentwurfs, welcher sowohl als »Langentwurf« als auch als »Kurzentwurf« mit Arbeitshinweisen vorgestellt wird (10. Kapitel).
In­nerhalb der didaktischen Analyse erfolgt auch folgerichtig der Verweis auf fachdidaktische Ansätze (Elementarisierung, Kindertheologie etc.). Die abschließenden Bewertungskriterien – Authentizität, Stimmigkeit, Offenheit, Fachlichkeit – sind ebenso hilfreich für die Planung des Unterrichts.
Im 11. Kapitel werden konkrete Motivierungsstrategien für den Unterricht benannt und Hilfen für den Unterrichtseinstieg gegeben. Anschließend erfolgen Hinweise für das Führen von (theologischen) Unterrichtsgesprächen, wobei anhand von Fallbeispielen Unterrichtsgespräche eingeübt werden können (12. Kapitel). Im 13. Kapitel beschäftigen sich die Autoren mit der religionspädagogischen Förderkompetenz, z. B. mit dem Diagnostizieren von Lernständen und den verschiedenen Formen von Leistungsmessung. In der Weiter- oder Seminararbeit können Studierende selber einen Diagnosetest und eine Klassenarbeit/Klausur konzipieren lernen. Hilfreiche Tipps für den Umgang mit Unterrichtsstörungen erfolgen im 14. Kapitel, wobei sowohl Gründe, Prävention und Reaktionen der Lehrkräfte benannt werden. Die abschließenden Übungen sind hervorragend in der Seminararbeit um­zusetzen. Es schließen sich Feedbackmethoden und -möglichkeiten an (15. Kapitel). Das Kapitel zum Vorbereiten eines Unterrichtsbesuchs (16. Kapitel) betont die Lern- und Entwicklungsphase im Rahmen des Studiums, so dass deutlich wird, dass das Praxissemester hauptsächlich ein »Erprobungs- Forschungs- und Lernfeld« (196) darstellt und kein vorgezogener Vorbereitungsdienst ist, wie es teilweise in der Praxis suggeriert wird. Hilfreich sind auch die Aspekte zur Nachbesprechung. Im 17. Kapitel erhalten die Leser Tipps zur Bilanzierung der Praxisphase.
Insgesamt stellt der Band eine wichtige und gute Begleitlektüre für das Praxissemester dar. Die meisten Kapitel (Unterrichtsplanung, Umgang mit Unterrichtsstörungen, Rollenreflexion, Organisation des Schulalltags, Leistungsmessung, Bilanzierung etc.) lassen sich dabei nicht nur religionsunterrichtsspezifisch, sondern auch auf andere Fächer übertragen. Damit ist der Band als Ergänzung zu einer Fachdidaktik Religion, zu religionspädagogischen Einführungen und zu einem Überblickswerk zu fachdidaktischem Orientierungswissen zu lesen.
Der Band ist so konzipiert, dass der Einsatz sowohl praxissemes-terbegleitend im Selbststudium als auch in der Seminargruppe erfolgen kann. Besonders leserfreundlich sind die zahlreichen Praxisbeispiele, die grau unterlegten knappen Fazits, der ansprechende – nicht belehren wollende – Schreibstil, die zahlreichen Arbeitsaufgaben und die gelungenen Anregungen zur Weiterarbeit.