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Ausgabe:

Juni/2016

Spalte:

697-701

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Rhein, Matthias

Titel/Untertitel:

Von Betlehem bis zum neuen Jerusalem. Glaubenserfahrung im Neuen Testament.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2015. 108 S. = Theologie für die Gemeinde, II/2.Kart. EUR 9,90. ISBN 978-3-374-03195-5.

Rezensent:

Christian Grethlein

Neben dem angegebenen Titel in dieser Rezension besprochen:

Rösel, Martin: Von Adam und Eva bis zu den kleinen Propheten. Glaubenserfahrung im Alten Testament. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2013. 111 S. = Theologie für die Gemeinde, II/1. Kart. EUR 9,90. ISBN 978-3-374-03187-0.
Kähler, Christoph: Ein Buch mit sieben Siegeln? Die Bibel verstehen und auslegen. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2016. 118 S. = Theologie für die Gemeinde, II/3. Kart. EUR 9,90. ISBN 978-3-374-03192-4.
Dremel, Erik, u. Wolfgang Ratzmann: Nicht nur am Sonntagvormittag. Gottesdienst verstehen und gestalten. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2014. 196 S. = Theologie für die Gemeinde, III/2. Kart. EUR 12,90. ISBN 978-3-374-03190-0.
Schönfuß, Thomas: Fromm und frei. Geistlich leben. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2015. 106 S. = Theologie für die Ge­meinde, III/3. Kart. EUR 9,90. ISBN 978-3-374-03191-7.
Eckel, Rainer, u. Hans-Peter Großhans: Gegner oder Geschwister?Glaube und Wissen-schaft. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2015. 131 S. = Theologie für die Gemeinde IV/1. Kart. EUR 9,90. ISBN 978-3-374-03193-1.
Kuch, Michael: Richtig handeln. Glaube und Ethik. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2014. 110 S. = Theologie für die Ge­meinde, IV/2. Kart. EUR 9,90. ISBN 978-3-374-03188-7.
Seele, Christoph: Staat und Kirche. Christsein in pluralistischer Gesellschaft. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2014. 126 S. = Theologie für die Gemeinde IV/3. Kart. EUR 9,90. ISBN 978-3-374-03183-2.
Spenn, Matthias, u. Simone Merkel: Glauben lernen und lehren. Eine kleine Gemeindepädagogik. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2014. 105 S. = Theologie für die Gemeinde V/2. Kart. EUR 9,90. ISBN 978-3-374-03184-9.
Albrecht-Birkner, Veronika: Vom Apostelkonzil bis zum Montagsgebet. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2014. 241 S. = Theologie für die Gemeinde VI/1. Kart. EUR 12,90. ISBN 978-3-374-03189-4.
Kohnle, Armin: Luther, Calvin und die anderen. Die Reformation und ihre Folgen. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2016. 102 S. = Theologie für die Gemeinde VI/2. Kart. EUR 9,90. ISBN 978-3-374-03194-8.
Markert, Michael: Ein Herr und tausend Kirchen? Ökumenische Kirchenkunde. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2014. S.133 = Theologie für die Gemeinde VI/3. Kart. EUR 9,90. ISBN 978-3-374-03196-2.


Nachdem bereits sechs Bände der »Theologie für die Gemeinde« an­gezeigt wurden (s. ThLZ 139 [2014], 115 f.), liegen inzwischen zwölf weitere vor, die das Projekt abschließen. Die zeitlich komprimierte Form – die Bände erschienen innerhalb weniger Jahre – nötigt Respekt ab vor den Herausgebern Heiko Franke und Wolfgang Ratzmann.
Nachdem die drei Bände zur Reihe I »Die Grundlagen kennen« bereits in der vorausgehenden Rezension besprochen wurden, seien zuerst die drei Bände der Reihe II »Die Quellen verstehen« genannt. Gleich zu Beginn ist ein besonders gelungenes Exemplar der »Theologie für die Gemeinde« vorzustellen. Martin Rösel gelingt es, in hundert schmalen Seiten einen profunden Einblick in das Alte Testament zu geben, der sowohl häufige Fragen aufnimmt (etwa nach dem Gott des Gesetzes) als auch zentrale historische Einsichten unprätentiös erschließt. Der Band vereint – in vier Teilen – knappe Hinweise zur altorientalischen Umwelt, einen Abriss der Geschichte Israels, eine kursorische Bibelkunde sowie thema-tische Vertiefungen (etwa zu »Die Schöpfung« oder »Gebote und Gesetze«). Sachkundige Information und freundliche Einladung zum eigenen Lesen ergänzen sich immer wieder. Das Büchlein kann auch im Religionsunterricht der gymnasialen Oberstufe gute Dienste leisten – hoffentlich entdecken es die Religionslehrer und -lehrerinnen.
In fast demselben Aufbau führt Matthias Rein in das Neue Testament ein. Lediglich der zweite Teil – im AT-Band der Ge­schichte Israels gewidmet – ist jetzt mit »Personen und Geschichte« überschrieben und stellt neben Jesus von Nazareth Barnabas, Petrus und Paulus knapp vor. Im bibelkundlichen Teil werden recht kleinschrittig alle neutestamentlichen Schriften kurz präsentiert, lediglich die beiden Briefe an Timotheus und der an Titus werden gemeinsam vorgestellt. Vielleicht wäre hier größerer Mut zur Elementarisierung zu wünschen. Ansonsten zeichnet den Band die behutsame Hinfüh rung zu historischen Einsichten etwa hinsichtlich der Verfasserschaft einzelner Briefe aus. Auch ist der dogmatische Ausgangspunkt klar und wird im abschließenden Teil noch einmal kurz im hermeneutischen Zirkel zwischen neutestamentlichem Text und Glauben der Lesenden umrissen. Als Adressatenkreis ist hier deutlich ein eher kerngemeindliches, traditionell frommes Publikum im Blick. Dieses wird auf jeden Fall von der Lektüre des klar aufgebauten und geschriebenen Bandes profitieren.
In positivem Sinn erbaulich ist der dem grundsätzlichen Verstehen der Bibel gewidmete dritte Band der Abteilung ausgerichtet. Der frühere Leipziger Neutestamentler und spätere Bischof Christoph Kähler will einen »Reiseführer« bieten, »der wichtige Stationen eines Weges beschreibt« (7). Dabei ist ihm vor allem daran gelegen, auf den Reichtum der biblischen Bücher und Texte hinzuweisen. Behutsam bahnt er in mehrfachen Anläufen Zugänge zu einer moderat historischen Bibellektüre. Inhaltlich bildet die dogmatische Einsicht das Zentrum, dass die Bibel »Jesus Christus als die Offenbarung Gottes bis heute bezeugt« (48) Bibeldidaktische Reflexionen kommen dabei nur ganz am Rand in den Blick.
Erik Dremel und Wolfgang Ratzmann stellen in der Reihe III (»Gottesdienst feiern«) für liturgisch und homiletisch interessierte Gemeindeglieder den Gottesdienst vor. Dabei weist schon die Einführung (»Wozu Gottesdienst?«) eine erfreuliche Weite auf. Neben dem Sonntagsgottesdienst kommen nicht nur andere liturgische Formen in den Blick, sondern auch die grundsätzliche, über den kultischen Bereich hinausführende Sicht des Apostels Paulus in Röm 12,1 f. Die materialen Ausführungen beschränken sich dann aber auf die kirchlichen Feiern. Dabei ergänzen einander gut die Konzentration auf den Abendmahlsgottesdienst und die Vorstellung der Vielfalt liturgischer Formen etwa bei den Kasualien. Begrüßenswert ist ebenfalls, dass entsprechend dem mittlerweile erreichten Stand der evangelischen »Gottesdienstlehre« (Michael Meyer-Blanck) der Predigt ein eigener Teil gewidmet ist. Hier findet sich u. a. ein gut praktikables Schema zur Predigtvorbereitung, das einen einlinigen Weg vom Text zur Predigt hinter sich lässt (111–113). Prädikantinnen und Prädikanten – aber auch Theologie-Studierende in der homiletischen Ausbildung – werden sich dessen gern bedienen. Auch die abschließenden Tipps zur Gottesdienstvorbereitung wenden sich an sie. Kritisch kann bei dem insgesamt gut gelungenen Band nur die geringe Bedeutung des Taufgottesdienstes, der unter die Kasualien subsummiert wird, angefragt werden. Ist dies unserer heutigen missionarischen Situation angemessen?
Eher suchende Gemeindeglieder hat der von Thomas Schönfuß verfasste Band »Fromm und frei« im Blick. Nicht nur das »frei« des Titels bezieht sich auf Luthers Freiheitsschrift. Auch sonst ist der Reformator ein steter Gewährsmann, angefangen vom Schriftverständnis bis hin zu Luthers Morgensegen, der als eine mögliche Frömmigkeitsübung abgedruckt wird (70). Insgesamt finden sich sowohl bei den knappen geschichtlichen und ökumenischen Rückblicken als auch im letzten, fast die Hälfte des Bandes umfassenden Teil »Geistlich leben – Elemente gegenwärtiger evangelischer Spiritualität« eher konventionelle Formen gelebten Glaubens. Im Blick sind dabei wohl ältere Menschen, weniger Jugendliche und keine Kinder.
Eher intellektuell fragende und ambitionierte Gemeindeglieder hat der erste Band der vierten Abteilung (»In der Welt glauben«) im Blick. Der zum Dr. rer. nat. promovierte Rainer Eckel sowie der Dogmatik-Professor Hans-Peter Großhans führen hier anhand gut ausgewählter Beispiele in verschiedene Verhältnisbestimmungen von Wissenschaft und Glauben ein: »Gegner oder Geschwister? Glaube und Wissenschaft«. Dabei kommen zum einen historisch Interessierte auf ihre Kosten, wenn etwa Modelle von Thomas von Aquin, Martin Luther, aber auch Charles Darwin vorgestellt werden. Zum anderen erörtern die Autoren systematische Probleme, die sich aus Entwicklungen auf den Gebieten der Biologie, der Physik, der Neuro- sowie der Sozialwissenschaften ergeben. Dies wird nicht zuletzt im gymnasialen Oberstufen-Unterricht auf Interesse stoßen.
Formaler stellt Michael Kuch das Verhältnis von »Glaube und Ethik« dar. So dürften mit Gewinn wohl nur philosophisch und theoretisch Interessierte zu diesem konzeptionell dem theologischen Ansatz Luthers verpflichteten Band greifen. Fragen der materialen Ethik, also auch der konkreten Lebensführung, bleiben ausgeklammert. Lediglich die Frage der Macht wird in einem eigenen Teil erörtert.
Christoph Seele legt bei »Staat und Kirche« den Schwerpunkt auf eine historische Skizze und vor allem rechtliche Hinweise. Dabei dominiert ein klar apologetisches Interesse, Probleme kommen nur selten in den Blick. Soziologische Perspektiven, wie sie der Un­tertitel »Christsein in pluralistischer Gesellschaft« nahelegt, begegnen lediglich am Rand.
Eine deutliche ostdeutsche Handschrift trägt der Band »Glauben lernen und lehren. Eine kleine Gemeindepädagogik«, der zur V.Reihe »Gemeinde gestalten« gehört. Nach einleitenden grundsätzlichen Überlegungen zum Bildungsverständnis, die später durch recht knappe Hinweise zu »Gemeinde« ergänzt werden, stellen Matthias Spenn und Simone Merkel einige Handlungsfelder vor, am ausführlichsten die »Christenlehre« (43–48). Nicht nur westdeutsche Leser werden demgegenüber bedauern, dass die Konfirmandenarbeit lediglich en passant berührt, aber nicht eigens thematisiert wird. Auch die abschließenden Hinweise zum Berufsprofil nehmen z. B. die in einigen westdeutschen Gliedkirchen en­gagiert geführte Diskussion zum Diakonat nicht auf. Insgesamt wird in dem Bändchen nicht recht deutlich, welche konkrete Lesergruppe angesprochen werden soll.
Ein didaktisches Meisterstück stellt in der Reihe VI (»Geschichte wahrnehmen«) angesichts der Stofffülle der von Veronika Albrecht-Birkner verfasste Band zur »Kirchengeschichte im Überblick« dar: »Vom Apostelkonzil bis zum Montagsgebet«. In einer knappen Einleitung gelingt es ihr, die Bedeutung geschichtlicher Rekonstruktion, deren Perspektivität sowie deren Grenze plausibel darzustellen. Dass dabei der Fokus auf Entwicklungen liegt, die für sächsische (bzw. lutherische) Gemeindeglieder von besonderer Bedeutung sind, erklärt sich aus dem Zuschnitt der ganzen »Theologie für die Gemeinde«. Die den Hauptteil des Bandes bildende materiale Darstellung gewährt in vielfacher Weise »Durchblicke«. Neben realhistorischen werden auch theologiegeschichtliche Entwicklungen präsentiert. Dabei öffnen sich die geschichtlichen Darstellungen immer wieder auf die Gegenwart hin. Der Band gibt sogar wichtige konfessionskundliche Informationen, etwa zur anglikanischen Kirche. Besonders lobend hervorzuheben ist, dass auch dunkle Epochen und Episoden der Kirchengeschichte wie die Kreuzzüge, der Antijudaismus des älteren Luther oder das Schweigen der Kirche zur Judenverfolgung im Dritten Reich differenziert und zum Nachdenken anregend dargestellt werden. Besonders Aufmerksamkeit findet die DDR-Zeit. In einem kurzen abschließenden Kapitel macht die Vfn. noch einmal anschaulich auf die Relativität kirchengeschichtlicher Darstellung aufmerksam. So kann man diesen Band auf jeden Fall an der Kirchen- bzw. Christentumsgeschichte Interessierten empfehlen und an die Hand geben. Auch Theologie-Studierende können hier einen ersten und zugleich differenzierten Überblick für ihr Kirchengeschichtsstudium gewinnen.
Der reformationsgeschichtliche Band, vom Leiziger Reforma­-tionshistoriker Armin Kohnle verfasst, ist ebenfalls ein Muster-bei­spiel für eine elementare und zugleich differenzierte Ge­schichtsschreibung. Im mitunter geradezu spannend geschriebenen Haupttext werden die Leser zuverlässig über wichtige Entwicklungen im Reformationsjahrhundert informiert. Dazwischen geschaltete und graphisch abgesetzte, insgesamt 17 »Infoblöcke« geben für Interessierte Hintergrundinformationen, ohne aber den Lesefluss der Darstellung zu stören. Dabei gelingt es dem Vf., in mehrfacher Weise weit auszuholen. Neben Luther werden nicht nur Melanchthon, Zwingli und Calvin, sondern auch sogenannte radikale Reformatoren vorgestellt. Dazu wird abschließend neben der Wirkung der Reformation die Frage nach einem heute angemessenen Umgang mit ihr wenigstens kurz gestreift. Auch hier liegt ein für die gymnasiale Oberstufe – im Religions-, aber auch Ge­schichtsunterricht – attraktiver Band vor.
Die von Michael Markert verfasste »Ökumenische Kirchenkunde« (»Ein Herr und tausend Kirchen?«) bildet einen sinnvollen Abschluss des gesamten Projekts »Theologie der Gemeinde«. Standen in den meisten bisherigen Bänden die evangelische Kirche bzw. lutherische Theologie im Mittelpunkt, so weitet dieser Band den Horizont in theologisch sinnvoller Weise. Nach einem kurzen Abriss zur Entwicklung der ökumenischen Bewegung werden wichtige Kirchen kurz vorgestellt. Die dazu jeweils beigegebene Literatur ermöglicht bei besonderem Interesse gut ein vertieftes Studium. Auch bei diesem Band können einzelne Abschnitte gute Hilfen für den Religionsunterricht der oberen gymnasialen Klassen geben.
Die mit den beiden von Kähler und Kohnle verfassten Bänden abgeschlossene Reihe trägt den Titel »Theologie für die Gemeinde« zu Recht. Sie präsentiert – für Menschen etwa ab dem formalen Bildungsgrad des Abiturs – verständlich wichtige Einsichten zu zentralen theologischen Themen. Dabei zeigt sich, dass »Gemeinde« recht unterschiedliche Personen umfasst: die sonntäglich den Gottesdienst Feiernden, Prädikantinnen und Prädikanten, andere Ehrenamtliche, aber auch um ein Verständnis ihres Glaubens in der modernen, technisch-naturwissenschaftlich geprägten Kultur Ringende. Einzelne Bände sollten – ich wies darauf jeweils kurz hin – im Religionsunterricht der gymnasialen Oberstufe Verwendung finden. Allerdings hat der schulische Religionsunterricht selbst keine Aufnahme in die behandelten Themen der Reihe gefunden. Dies ist angesichts seiner Reichweite zu bedauern. Eltern mit schulpflichtigen Kindern wären gewiss an Informationen zu diesem Fach und seiner heutigen didaktischen Profilierung interessiert.
Insgesamt haben die meisten Bände einen historischen Schwerpunkt. Inhaltlich ist Martin Luther der am meisten aufgerufene Autor der Bücher, die sich durchwegs darum bemühen, auch Leser mit konservativer Einstellung nicht zu verunsichern.
Abschließend seien die gefällige Aufmachung und die günstige Preisgestaltung lobend hervorgehoben. Sie begünstigen die sachlich naheliegende Verbreitung der Bände an ehrenamtlich in der Kirche Tätige und andere an Christentum und Kirche Interessierte.