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Ausgabe:

Dezember/2015

Spalte:

1436–1437

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Aulenbacher, Christine, et Bernard Xibaut [Éds.]

Titel/Untertitel:

La Théologie Pratique appliquée à la Pastorale. Cinquantenaire de l’IPR de Strasbourg.

Verlag:

Münster u. a.: LIT Verlag 2014. 248 S. = Théologie Pratique – Pédagogie – Spiritualité, 5. Kart. EUR 24,90. ISBN 978-3-643-90432-4.

Rezensent:

Fritz Lienhard

Der Band ist dem 50. Geburtstag des Instituts für Religionspädagogik (Institut de Pédagogie Religieuse, IPR) an der katholischen Fakultät für Theologie der Straßburger Universität gewidmet. Nach dem Vorwort und den Eröffnungsreden für die Feier im März 2013 (J.-P. Grallet, M. Deneken, B. Xibaut, C. Aulenbacher), die eigentlich einem wissenschaftlichen Buch unangemessen sind, geht es in einem ersten Teil um die Geschichte der Praktischen Theologie. Hier wird die Arbeit des IPR in den vergangenen 50 Jahren dargestellt, genauso wie die pädagogische Frage 50 Jahre nach dem Zweiten Vatikanum erörtert wird wie auch die Religions-pädagogik generell in dieser Zeit: so J. Pirson, der interessanter-weise den Vernunftbegriff befragt; J.-P. Reichert, der die Frage der Beziehung zwischen objektiver normativer Sprache und einer Ge­sellschaft, in der allein die subjektive Erfahrung zum Kriterium wird, behandelt; P.-M. Gambarelli, F. Staehler, die ohne Verweise auf wissenschaftliche soziologische Werke zur Jugend in den letzten 50 Jahren Position beziehen, lediglich Zeitungen zitieren und überhaupt keine Theorie anbieten; autobiographisch sehr knapp A.-R. de Beaudrap, mit einem Schluss von M. Metzger.
Ein zweiter Teil betrifft die Herausforderungen der Praktischen Theologie heute, mit Beiträgen von É. Parmentier, F. Moog und C. Aulenbacher. Besonders É. Parmentier beschreibt die Praktische Theologie als eine kritische und hermeneutische Analyse der Praxis, die die Fragestellung der Zukunft dieser Praxis im Auge hat. Die vielen Ausrufezeichen sind in einem wissenschaftlichen Aufsatz unangenehm (genauso wie die Gedankensprünge), sie verweisen auf die bei der Verfasserin strukturelle Verwechslung zwischen Verkündigung des Evangeliums und kritischer Theologie. Die berechtigte Grundfrage verbleibt jedoch, wie Praktische Theologie sich mit Praxis verbindet. Das Beispiel vom Professor der Medizin, der selbstverständlich seine Praxis im Krankenhaus hat, ist dabei interessant. Vielleicht muss der Praktische Theologe tatsächlich mindestens exemplarisch seine »Praxis« haben. – F. Moog versucht seinerseits, die Praktische Theologie mit der sogenannten neuen Evangelisation in Verbindung zu bringen. Bei ihm geht es auch um die Positionierung der Kirche in der säkularen Gesellschaft. Er warnt insbesondere vor dem, was er Extrinsezismus nennt, wo die Kultur und die Kirche sich gegenüberstehen. Selbst eine Korrelationsmethode verbindet für ihn noch nicht eng genug die Offenbarung mit der Kultur. Für ihn gilt es, im Leben der Menschen selbst das Handeln Gottes zu entdecken. Dadurch wird die Praktische Theologie nicht zu einer Anwendungswissenschaft, sondern zu einer Fundamentaltheologie der kirchlichen Praxis. Sie ist eine gewisse Annäherung innerhalb der Theologie als Ganzes. Diese Position ist eigentlich seit den 60er Jahren klassisch und seither auch mit guten Gründen kritisiert worden. – Weniger zu lernen ist im Beitrag von Aulenbacher selbst, der viele Fragen stellt, die Gedanken zerstreut, Klischees verbreitet, ohne die Überlegungen zu vertiefen.
In einem dritten Teil werden pastorale Vorschläge entfaltet, zur Predigt (F.-X. Amherdt), zur Rezeption der letzten Enzyklika aus Rom (besonders unkritisch M.-L. Gondal), zum Umgang mit be­hinderten Menschen (M. Herrmann, die die betreffende Literatur nicht zu kennen scheint), zur kirchlichen Begleitung der Migranten (besonders interessant M. C. Hastetter, die sehr ausführlich die verschiedenen Ansätze kritisch darstellt), zum Tourismus im Vergleich mit den Wallfahrten (M. Ostrowski) und schließlich eine Überlegung zur Freundschaft beim hl. Augustin, von der sich fragen lässt, was sie eigentlich in diesem Band zu suchen hat (G. Rémy). Hier ist besonders auf den Beitrag von Amherdt einzugehen. Der Verfasser ist als Ricœurforscher bekannt und lässt seine diesbezüglichen Arbeiten in der Predigtlehre fruchtbar werden. Dabei vermittelt er wichtige Kenntnisse der nordamerikanischen und deutschen Homiletik. Insbesondere geht es ihm um eine performative Predigt, zu der es eher gilt zu fragen, was sie tut als was sie sagt. Auch die Ausbildung des Predigers ist hier im Blickwinkel.
Druckfehler gibt es unendlich viele. Die Diskurse sind oft intern und wenig einleuchtend für Leserinnen und Leser, die nicht zugleich katholisch und Elsässer sind. Einige Aufsätze sind lehrreich, aber das Buch als Ganzes lässt sich nicht empfehlen.