Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Dezember/2015

Spalte:

1413–1414

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Plant, Stephen J.

Titel/Untertitel:

Taking Stock of Bonhoeffer. Studies in Biblical Interpretation and Ethics.

Verlag:

Farnham: Ashgate Publishing 2014. 182 S. Kart. £ 30,00. ISBN 978-1-4094-4106-9.

Rezensent:

Ralf K. Wüstenberg

Stephen Plant, ein bekannter englischer Bonhoeffer-Interpret, legt in diesem Band elf Beiträge aus seiner bisher 25-jährigen Beschäftigung mit dem Theologen und Widerstandskämpfer vor. Verstreut publizierte Aufsätze des in Cambridge lehrenden P. finden sich hier erstmals in einem Band versammelt. Die Gliederung der Beiträge entspricht den thematischen Zugängen, die P. zum Werk Bonhoeffers sucht, nämlich über die Ethik sowie über die Bibel. Die Verbindung von Bibel, Ethik, Politik und Dietrich Bonhoeffer hat P. seit seiner Dissertation über die Bedeutung der Bibel in der Theologie Dietrich Bonhoeffers (Cambridge 1988, unveröffentlicht) beschäftigt. Entsprechend sind die Hauptkapitel der vorliegenden Aufsatzsammlung gegliedert: »Bonhoeffer and the Bible« (27 ff.) und »Bonhoeffer and Ethics« (87 ff.).
P. arbeitet in Entsprechung zu seiner Dissertation auch in seinen Aufsätzen die einfache Einsicht Bonhoeffers heraus, dass »die Bibel lesen« immer beides impliziert: einen kontemplativen und einen gemeinschaftlichen Akt, der auch sozialethische und politische Dimensionen einschließt. Eingerahmt werden die Hauptkapitel von einem historisch-kontextualisierenden Teil (u. a. zu Moltke und Bonhoeffer) am Anfang und einem Schlussteil, der die ökumenische Interpretation Bonhoeffers anreißt: »Reading Bonhoeffer in Britain« (149 ff.). Erwähnenswert ist auch der kleine Beitrag zum i nterreligiösen Verständnis Bonhoeffers »Bonhoeffer’s interfaith en­counters« (115 ff.), in dem sich P. vor allem mit dem jüdisch-christlichen Dialogpotential bei Bonhoeffer, ausgehend von dessen eigenem Verständnis des Alten Testaments, beschäftigt. Freilich wären in unseren Tagen auch Hinweise auf ein mögliches Dialogpotential für das christlich-islamische Gespräch interessant gewesen, auch wenn solche nur am Rande aus Bonhoeffers Theologie und Ethik schöpfen können.
Besonders fein zeigen sich die Verbindungslinien, die P. zwischen Bonhoeffer, der Bibel und den ethischen Herausforderungen des politischen Widerstands gegen Hitler erkennt, in dem Beitrag »Guilt and Promise in Bonhoeffer’s Jonah« (59 ff.). Es handelt sich hier um eine instruktive Interpretation des Gedichts von Bonhoeffer aus der Gefängniszelle von Berlin-Tegel. P. interpretiert dieses Gedicht Bonhoeffers im Querbezug auf eigene biblische Studien zur Jona-Geschichte. Tertium comparationis des Vergleichs ist der stellvertretende Akt. »The poem ›Jonah‹ distils Bonhoeffer’s sense of what is involved in vicarious representative action. In doing so, something of Bonhoeffer’s action in taking responsibility transfers to his representation of Jonah.« (70)
Insgesamt handelt es sich um eine anregende Sammlung im­pulsgebender Aufsätze, die besonders über die vielen Vergleiche mit anderen Personen und Sachbezügen aus dem Umfeld Bonhoeffers eine interdisziplinäre Leserschaft ansprechen wird.