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Ausgabe: | November/2015 |
Spalte: | 1246-1247 |
Kategorie: | Kirchengeschichte: Reformationszeit |
Autor/Hrsg.: | Unterburger, Klaus |
Titel/Untertitel: | Unter dem Gegensatz verborgen. Tradition und Innovation in der Auseinandersetzung des jungen Martin Luther mit seinen theologischen Gegnern. |
Verlag: | Münster: Aschendorff Verlag 2015. 155 S. = Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung, 74. Kart. EUR 24,80. ISBN 978-3-402-11092-8. |
Rezensent: | A. B. |
Das anregende Büchlein des in Regensburg lehrenden katholischen Kirchenhistorikers Klaus Unterburger geht auf einen Vortrag zurück, den dieser 2012 gehalten und ein Jahr später ver-öffentlicht hat. Obschon der Feststellung, die wissenschaftliche Beschäftigung mit Luther sei insofern von einem »latente[n] Anachronismus« bedroht, als dabei »in erheblichem Maße stets die Kategorien und Deutungsmuster späterer Zeiten« (9) in die historische Wahrnehmung einflössen, eine durchaus transkonfessionelle Relevanz zukommt, sucht der Vf. das von Gerhard Ebeling formulierte Postulat einer »Befreiung Luthers aus seiner Wirkungsgeschichte« (7) erklärtermaßen vornehmlich ad intra, nämlich für die eigene Forschungstradition geltend zu machen.
Das erste Kapitel rekonstruiert das »problematische katholische Lutherbild« in seiner kontroverstheologischen Entstehung und seiner seit dem 20. Jh. deutlich voranschreitenden Überwindung. Danach analysiert der Vf. die bereits in der Ersten Psalmenvorlesung hervortretenden theologischen Konturen des frühen Luther, in denen er nicht allein »zentrale Theologoumena, die sein [i. e. Luthers] ganzes Leben bestimmend bleiben sollten« (50 f.), erkennt, sondern zugleich auch den dort waltenden ursprünglichen Zusammenhang von Christologie, Soteriologie und Ekklesiologie. Diese integrale Ausgangslage erkläre dann ebenso die antiaristotelische und antischolastische Stoßrichtung Luthers wie dessen organische Einbindung kirchenrechtlicher, institutioneller und lehramtlicher Aspekte in den Gesamtzusammenhang frühreformatorischer Theologie.
Als ein historiographisch und ökumenisch gleichermaßen bedeutsames Ergebnis seiner Untersuchungen hält der Vf. abschließend fest, »der Reichtum der denkerischen Traditionen des Christentums und die Vielfalt der dahinter stehenden Erfahrungen« machten die Einsicht unabweislich, »dass Pluralität nicht einfach nur Defizienz bedeutet« (151). Und im Blick auf die mit dem Jubiläumsjahr 2017 verbundene »Gefahr identitätsstützender Aktualisierung und konfessioneller Abgrenzung« aktualisiert diese lesens- und bedenkenswerte Studie die einst von Peter Manns eingebrachte Empfehlung, in Luther konfessionsübergreifend zuerst und zutiefst einen »Vater im Glauben« (152) zu sehen.