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Ausgabe:

November/2015

Spalte:

1224

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Widder, Wendy L.

Titel/Untertitel:

»To Teach« in Ancient Israel. A Cognitive Linguistic Study of a Biblical Hebrew Lexical Set.

Verlag:

Berlin u. a.: De Gruyter 2014. XVIII, 238 S. = Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, 456. Geb. EUR 79,95. ISBN 978-3-11-033549-1.

Rezensent:

Karin Finsterbusch

Bei der zu besprechenden Monographie von Wendy L. Widder handelt es sich um die überarbeitete Fassung einer Dissertation, die unter der Betreuung von Cynthia L. Miller-Naudé (University of the Free State, South Africa) entstanden ist. Im Mittelpunkt steht die Untersuchung des Gebrauchs von vier Verben für Lehren (הרי Hifil, דמל Piel, עדי Hifil, רסי Piel) in den Schriften der Hebräischen Bibel und der Weisheitsschrift Ben Sira.
Die synchron angelegte Arbeit ist methodisch der Kognitiven Linguistik verpflichtet. Von jedem Verb werden »linguistische Daten« (vor allem zu den Satzstrukturen und zum direkten Wortkontext) und »konzeptionelle Daten« (vor allem zu den Lehrpersonen und zum Inhalt der Lehre) zusammengestellt; es folgen Überlegungen zu den spezifischen Aspekten, die das untersuchte Verb für das Thema »Lehren« in den Texten beiträgt. Im Folgenden können nur einige Hauptergebnisse der Studie vorgestellt werden. W. zeigt (im ausdrücklichen Anschluss an mehrere bereits vorliegende Studien zum Thema), dass דמל Piel das grundlegende Verb für Lehren im biblischen Hebräisch ist. דמל Piel kommt am häufigsten vor und ist, abgesehen von dem speziellen Gebrauch im Deuteronomium und in Ps 119, in Bezug auf Lehrende und Lernende nicht auf bestimmte Personen(gruppen) oder einen bestimmten Inhalt festgelegt. Das besondere Profil des Verbs erweist sich nach W. an Stellen, in denen der Prozess des Lehrens im Fokus steht, d. h. der Lernende lernt durch praktische Erfahrung, z. B. beim Kriegshandwerk (121). Für priesterliches Lehren wird vorzugsweise הרי Hifil verwendet, entsprechend ist der Inhalt häufig kultisch konnotiert. Besonders betont erscheint hier die autoritative Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden (in transitiven Satzkonstruktionen mit einem einzigen Objekt ist das Objekt zumeist der Lernende, nicht der Inhalt, 66 f.). Ein besonderer Akzent von עדי Hifil besteht darin, dass sich der Inhalt der Lehre mehrfach auf Erfahrungen mit JHWH bezieht (164). Bei רסי Piel geht es im Unterschied zu den drei anderen Verben nicht um Wissensvermittlung. Im Fokus steht die strafende bzw. auf Verhaltenskorrektur zielende Aktivität des Lehrenden (193).
W. hat eine solide Studie vorgelegt, die allen, die zum Thema Lehren und Lernen im Alten Israel arbeiten, nützen wird. Dass wichtige theologische Fragen wie die Bedeutung von Lehren und Lernen für die kollektive Identität Israels in den Hintergrund treten, ergibt sich aus der Methode der Arbeit und ist von daher nur bedingt kritisch vorzubringen.