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Ausgabe:

Oktober/2015

Spalte:

1162

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Rothgangel, Martin

Titel/Untertitel:

Religionspädagogik im Dialog I. Disziplinäre und interdisziplinäre Grenzgänge.

Verlag:

Stuttgart: Kohlhammer 2014. 303 S. = Religionspädagogik innovativ, 3.1. Kart. EUR 39,99. ISBN 978-3-17-022643-2.

Rezensent:

Erhard Holze

Die eigentlich wichtige Auskunft, dass diese Publikation gar nicht als Buch geschrieben worden ist, sondern im Wesentlichen aus einer Sammlung von ca. 15 Aufsätzen der letzten ca. zehn Jahre besteht, wird den Leserinnen und Lesern leider weder im Titel oder Untertitel noch in der Einleitung oder im Klappentext gegeben, sondern erschließt sich erst mühsam im Laufe der Lektüre. Daher sei im Rahmen dieser Rezension diese Auskunft gleich vorangestellt. Es handelt sich also um die Neuveröffentlichung von Einzelpublikationen, die »leicht« oder »stark überarbeitet« bzw. »aktualisiert« und durch eine Einleitung (13–24) und einen Rückblick und Ausblick (267–284) gerahmt worden sind. Diese Skriptgenese wird aber leider erst gen Ende der Lektüre ersichtlich: Hat man bis dahin vermeintliche »Kapitel« eines Buches gelesen, werden diese schließlich als »Aufsätze« (267) bezeichnet. Bis dahin hatte der Vf. diese Publikation teils als »Studie« (20), teils als »Studie(n)« (14), teils als »Monographie« (123) apostrophiert!
Was hier also mit gewissen Überarbeitungen neu vorgelegt wird, ist das gehaltvolle Unternehmen, die »Religionspädagogik im Dialog« in sogenannten »Grenzgängen« disziplinär und interdisziplinär zu positionieren, und zwar im Dialog »mit Wissenschaftstheorie« (25–73), »mit Soziologie« (74–120), »mit Theologie und Religionswissenschaft« (121–170), »mit Pädagogik und Psychologie« (171–221) sowie »mit Fachdidaktik und Spieltheorie« (222–266).
Diese Grenzgänge enthalten eine Vielzahl interessanter und den inner- wie außertheologischen Dialog fördernder Überlegungen, u. a. zum Verhältnis von Religionspädagogik und Theologie (Stichwort: Konvergenz und/oder Divergenz), von Religionspädagogik und Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaften und ihren verschiedenen Verhältnismodellen.
Im Blick auf das Verhältnis von Religionspädagogik und -didaktik sind die Ausführungen mitunter nicht gänzlich konsis­tent: Die vom Vf. erwähnte »begriffliche Distinktion« (22) von Religions-pädagogik und Religionsdidaktik erfolgt auf S. 28 zu­nächst im Sinne der Unterscheidung der »Allgemeinen Religionspädagogik« in eine »schulische« und in eine »gemeindliche«, doch auf S. 222 wird die erstaunliche Differenzierung vorgebracht, »Religionsdidaktik« beziehe sich auf den »Lernort Schule«, während »Religionspädago gik« sich »auch auf andere Lernorte wie die Gemeinde« beziehe. Hierzu ist kritisch anzumerken, dass auch gemeindliche Handlungsfelder wie z. B. Kindergottesdienst oder Konfirmandenunterricht ebenfalls explizite Orte auch von Religionsdidaktik sind.
Sehr anregend sind die Überlegungen a) zur akademischen Theologie, die in Deutschland – anders als in den USA – unter deutlichem »Realitäts- und Bedeutungsverlust« (237) leide, b) zum Chris­tentum auch »außerhalb der kirchlichen Gestalt« (53.236 ff.) sowie c) zu Bildungsstandards und Kompetenzen (172–188), die einerseits in differenzierter Auseinandersetzung mit Werner Ritters Grundsatzkritik geführt werden, andererseits aber klar die »nicht-operationalisierbaren Aspekte« des Religionsunterrichts verteidigen (188). Geradezu tröstlich ist der von Rothgangel (179) formulierte Ausblick, »dass die Kompetenz- und Bildungsstandarddiskussion ähnlich wie die Curriculumdiskussion ihr Ende finden wird!«
Da der Titel dieses Werkes »Religionspädagogik im Dialog« zusätzlich eine römische Ziffer I enthält, ist zu vermuten, dass eine Fortsetzung geplant ist. Diesen weiteren dialogischen Grenzgängen darf man mit Interesse und Neugier entgegengesehen.