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Ausgabe:

Juli/August/1999

Spalte:

832 f

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Standop, Annette

Titel/Untertitel:

Leitbilder für die pastoralen Dienste - Ein Beitrag zur kirchlichen Organisationskultur. Darstellung und Reflexion der kirchenamtlichen Aussagen seit dem II. Vatikanum.

Verlag:

Würzburg: Echter 1997. 184 S. gr.8 = Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge, 23. Kart. DM 39,-. ISBN 3-429-01927-3.

Rezensent:

Paul M. Zulehner

Das Verhältnis zwischen den nur zum Teil neuen kirchlichen Berufen (Diakon, hauptamtliche Laienberufe) und dem Weiheamt ist in der katholischen Kirche weithin ungeklärt. Das ist der Ausgangspunkt der Doktorarbeit von Annette Standop. Ihr Ziel ist es, im Dialog mit der Organisationswissenschaft ein Modell zu entwickeln, nach dem künftig solche berufliche Anforderungsprofile (in Rahmenordnungen, Dokumenten zu Fragen der kirchlichen Ordnung, Pastoralplänen) unter Mitarbeit der Betroffenen, und damit in Berücksichtigung der jeweiligen lokalen Verhältnisse, als Beitrag zu einer kirchlichen Organisationskultur entwickelt werden können.

Auf dieses Ziel geht sie in folgenden Schritten zu, welche auch den Aufbau der Studie widerspiegeln:

Zunächst stellt sie kompendienartig die seit dem II. Vatikanum verfaßten kirchlichen Dokumente auf römischer und deutscher Ebene vor (32-96). Sie ist bestrebt, Spannungen aufzudecken, die sich durch einen Vergleich der Dokumente zeigen: die Zuordnung des Diakonats zum Priesteramt, der ekklesiologische Ort der Laienberufe, das Offenbleiben der Amtstheologie am Ende des Zweiten Vatikanums. Das Auseinandertriften von Aussagen (und darin begründet ihre Rezeptionskrise: 114-122) erklärt sie mit unterschiedlichen Motivationen, welche diese Aussagen tragen (Ermutigung, Ermahnung, Disziplinierung) (97-113). Sie kritisiert vor allem, daß wenig Rücksicht auf die konkreten Situationen der Ortskirchen genommen wird.

Um pastoraltheologisch aus der unbefriedigenden Lage einen Ausweg zu eröffnen, nimmt sie den Dialog mit der Organisationskulturforschung auf (123-152). Deren Einsichten hält sie zwar für nicht leicht übertragbar, weil sich die kirchliche Organisationskultur subkulturell in jeder Teileinrichtung anders gestaltet. Dennoch hält sie insgesamt diesen Dialog für hilfreich: Denn es lassen sich Leitbilder und Organisationsgrundsätze entwickeln, die der Kirche ihre externe Anpassung (als die Positionierung im soziokulturellen Umfeld) und ihre interne Integrität (nämlich die ekklesiologische Einbindung etwa der pastoralen Berufe) erleichtern. Kirchenamtliche Aussagen können daher als Leitbilder betrachtet werden: als solche signalisieren sie, wie die Kirche sein soll, ohne schon zu behaupten, daß sie auch so ist.

Der Dialog zwischen der Pastoraltheologie und der Organisationskulturforschung führt zum Entwurf eines Modells für die Entwicklung zukünftiger Leitbilder für pastorale Dienste. Das entscheidende Merkmal besteht im partizipativen Einbezug der Betroffenen und damit der Rücksichtnahme auf die konkreten ortskirchlichen Entwicklungen und Bedürfnisse (153-163).

Ein Verzeichnis der Abkürzungen und einschlägiger Literatur (164-184) schließt die überschaubare Studie ab.

Insgesamt ist die Studie um einen gediegenen Überblick über die vorhandenen kirchenamtlichen Dokumente bemüht und evaluiert diese aus pastoraltheologischer Warte. Erfreulich ist der Versuch des Dialogs zwischen Pastoraltheologie und moderner Organisationsentwicklung: Hier tut sich für die weitere Entwicklung der Praktischen Theologie eines der wichtigsten Forschungsfelder auf, auf die zur Zeit zu wenig Energie verwendet wird (sieht man von Arbeiten von Rolf Zerfaß oder Andreas Heller und den soliden Aufbauprojekten zur Förderung der Leitungskultur im Umkreis der Gemeindeberatung sowie den Leitungskursen in kirchlichen Weiterbildungseinrichtungen ab). Der weiterführende Ertrag dieses Dialogs ist mit schmalen zehn Seiten doch eher bescheiden. Auch wäre es sinnvoll gewesen, wenn die Autorin zumindest an einem beruflichen Leitbildprozeß inhaltlich dargestellt hätte, wie ihr Modell im Kirchenalltag realisiert werden könnte. Sie nennt in ihrer Arbeit für einen solchen Arbeitsprozeß lediglich die erforderlichen Schritte (159 f.). Der Titel der Studie verspricht jedenfalls mehr als sie tatsächlich hält. Man merkt ihr an, daß sie sich dem fragwürdigen Veröffentlichungsdruck der deutschen Promotionsordnung verdankt.