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Ausgabe:

Mai/2015

Spalte:

540

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Nieden, Hans-Jörg

Titel/Untertitel:

Musik und Theologie. Ökumenische Perspektiven.

Verlag:

Münster u. a.: LIT Verlag 2013. 242 S. = Musik und Religion/Religion und Musik, 1. Kart. EUR 34,90. ISBN 978-3-643-12255-1.

Rezensent:

Konrad Klek

Im Generieren von »Reihen« agiert der LIT-Verlag offenbar munter. Zu »Musik und Text« und »Musik und Kultur« kommt nun noch »Musik und Religion«/»Religion und Musik«. Allerdings hat diese hier mit ihrem Erstling bestückte Reihe noch nicht Eingang ins Reihenverzeichnis des Katalogs (Wissenschaft Aktuell, Herbst 2014) gefunden.
Gibt es da vielleicht noch einen Vorbehalt? Den würde der Rezensent durchaus äußern wollen. Hinter vollmundiger Titulatur mit grundsätzlicher Diktion – »Musik und Theologie«, zudem »ökumenische Perspektiven« – verbirgt sich nämlich nicht mehr als eine Vortrags-/Aufsatzsammlung mit Einzelabhandlungen eines im Ruhestand seinen Neigungen nachgehenden Herren, dessen fachliche Interessen zwischen/in historischer Theologie, Hymnologie, Musikwissenschaft, Aszetik wie Pädagogik in die fachwissenschaftlichen Schemata nicht so recht passen wollen. Um seine überwiegend älteren Sachen, an entlegenen Stellen 1996–2001 (!) erstpubliziert, dazu drei unpublizierte Vorträge, auch nicht mehr aktuell (der jüngste von 2007), gewichtig platzieren zu können, hat er nun eine »Reihe« mit anspruchsvollem Titel begründet. Warum dieser gewissermaßen künstliche »Aufwand«? Warum nicht einfach eine Homepage mit den Texten ins Netz stellen, die der Nachwelt erhalten bleiben sollen? Gerade »Exoten« haben heutzutage via Internet viel größere Chancen, von Geistesverwandten entdeckt und rezipiert zu werden.
Als Buchveröffentlichung passt dies nicht (mehr) in die Landschaft. Abgesehen von den sehr weit gestreuten, teils tatsächlich grundsätzlichen, teils speziellen Themenstellungen – von »Immerwährendes Gotteslob« und »Zur Genese des Kyrie-Rufs« bis zu »Petrus Canisius aus evangelischer Sicht« und »Liturgische Bildung heute« – in vielem, z. B. bei den beiden Beiträgen zu J. S. Bach, aber auch bei den Ausführungen zu Augustins Musiktheologie, ist die aktuelle Forschungslage einfach viel weiter, gerade auch in musikhermeneutischer Hinsicht, was ein berechtigtes Anliegen des Vf.s ist. Der mehrfach unangenehm durchscheinende Habitus des »Ich weiß es besser« (als der Rest der Fachwelt) mag bei Vorträgen dem Auditorium gefallen, in einer Buchpublikation erwartet man eine solide Auseinandersetzung mit den aktuellen Fachdiskussionen. Lediglich in einem Vortrag zum Paul Gerhardt-Jahr 2007 (»An­dachts-Arie versus Kirchenlied?«) geht der Vf. mit einer umfänglichen, stichhaltigen und überzeugenden Argumentation gegen die vorschnelle liturgische Vereinnahmung der Gerhardtschen Lieder bei Chr. Bunners (P. Gerhardt, 2006) vor.
Die »ökumenischen Perspektiven«, im Vorwort als »konfessionelle Gemeinsamkeit des Gebets« (2) apostrophiert, werden außer mit der genannten Canisius-Studie eingeholt in einem kurzen, aber wieder vollmundig benannten Beitrag zu Palaestrinas Missa Papae Marcelli (»Konzil und Kirche«) und einer interessanten Studie »Herzenseinkehr«, welche die Gebetspraxis im Mönchtum und im Pietismus in Korrelation bringt. Gerne möchte man den Vf. ja unterstützen, »den gemeinsamen spirituellen Raum zu er­ schließen, ihn immer wieder neu kirchen-, musik- und liturgiegeschichtlich zu durchdringen« (Vorwort, 2), aber der Duktus dieser dezidiert eigenwilligen Einzelstudien lädt nicht gerade da­zu ein.