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Ausgabe:

März/2015

Spalte:

243–244

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Jadatz, Heiko, u. Christian Winter [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen. Vierter Band. 1535–1539.

Verlag:

Wien u. a.: Böhlau 2012. 808 S. Geb. EUR 99,80. ISBN 978-3-412-20547-8.

Rezensent:

Ernst Koch

Mit diesem Band wird ein großes Editionsvorhaben abgeschlossen, das 1896 von der Sächsischen Kommission für Geschichte auf den Weg gebracht und 1905 mit dem ersten Band begonnen worden war. 1917 lag der zweite Band der Edition vor, 2010 konnte der dritte Band, herausgegeben von Heiko Jadatz und Christian Winter, vorgelegt werden. Der vierte Band weist den im Vergleich geringsten Zeitabstand zum vorausgehenden Band auf. »Der Gess«, benannt nach dem Bearbeiter und Herausgeber der ersten beiden Bände Felician Gess, war und ist ein Begriff unter den Historikern für das 16. Jh.
Die Bedeutung des großen sächsischen Herzogs für die Ge­schichte der Reformation steht außer Frage. Die Edition umfasst entsprechend der ursprünglichen Planung die einschlägigen Do­kumente zwischen dem Beginn des Ablasshandels 1517 und dem Tod der Herzogs 1539. Es war wohl in dem großen zeitlichen Abstand seit dem Erscheinen der ersten beiden Bände wie auch den speziellen Umständen der deutschen Teilung und den damit verbundenen Problemen der Buchproduktion begründet, dass 1985 ein Nachdruck der Bände 1 und 2 sowohl beim Verlag Böhlau in Köln als auch beim Zentralantiquariat der Deutschen Demokratischen Republik in Leipzig erschien. Die beiden letzten Bände entsprangen dem 1992 entworfenen Projekt »Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte«, initiiert durch die Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig.
Von Beginn der Edition an musste der Vorsatz, die Quellen der Kirchenpolitik – und nur dieser – des sächsischen Herzogs darzubieten, zu Unsicherheiten in der Auswahl der Dokumente führen. Die Trennung von politischen und kirchenpolitischen Quellen konnte von der Sache her nicht in jedem Falle gelingen, was schließlich auch dem Nutzen des großen Vorhabens diente. So blieb es auch im vorliegenden Band dabei, »die für die Kirchenpolitik Herzog Georgs besonders aussagekräftigen Passagen im buchstabengetreuen Wortlaut wiederzugeben« und im Übrigen »die Texte in der Regel in einem ausführlichen Regest unter Nennung aller Personen und Orte zusammenzufassen« (7). Dass es im Einzelfall auch mit dieser Entscheidung noch Probleme geben könnte, liegt auf der Hand. Armin Kohnle als Leiter des Projekts von 1992 weist im Vorwort darauf hin, dass alle aufgenommenen Archivalien als Kopien in der Arbeitsstelle der Sächsischen Akademie der Wissenschaften auf weitere Nachfragen bereitstehen.
Band 4 enthält die Texte der Zeit zwischen 1535 und dem 17. April 1539, dem Todestag des Herzogs. Das letzte Dokument gibt in voller Textedition das Testament Georgs wieder, verfasst vor dem 28. März 1539. Die übrigen 2039 aufgenommenen Aktenstücke und Briefe, darunter sechs Nachträge zu den Bänden 1 bis 3, lassen die Gesamtzahl der insgesamt in der Ausgabe enthaltenen Stücke einschließlich der ohne Nummer in den Fußnoten zitierten Texte auf knapp 5000 anwachsen. Mit Recht stellt Armin Kohnle fest, dass es abgesehen von der bereits vorliegenden Edition der Korrespondenz des Kurfürsten Moritz von Sachsen »für keinen anderen Fürsten des 16. Jahrhunderts ein derartiges Arbeitsinstrument« gebe (8).
Den vorangehenden Bänden folgend bieten die Herausgeber auch für diesen Band eine ausführliche und instruktive Einleitung zu den edierten Quellen (19–47). Sie betrifft die Themen der Reichspolitik des Herzogs und seines Verhältnisses zu den Ernestinern, die Familie einschließlich seiner Schwiegertochter Elisabeth, Herzog Georg als Landesherrn wie auch die herzoglichen Räte sowie Klostervisitation und Kirchenreform.
Die Benutzbarkeit auch dieses Bandes wird durch das detaillierte Orts- und Personenregister außerordentlich gefördert.
Eine Stichprobe hat ergeben, dass S. 770 unter dem Stichwort »Gotha« die sonst geübte numerische Reihenfolge nicht eingehalten ist. Auch scheint mir hier die Nummer 3351a nicht einschlägig zu sein. In manchen Fällen mag in Bezug auf das bereits erwähnte Problem der Aufnahmekriterien gefragt werden, ob weitere einschlägige Quellen nicht hätten aufgenommen werden sollen. Das betrifft z. B. den im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar Reg. Oo pag. 792, Nr. 910 dokumentierten Briefwechsel vom Juni 1537 zwischen Kurfürst Johann Friedrich und Herzog Georg oder auch (als eventuellen Nachtrag zu Band 3) den Bezug zu Nr. 3130.3 des vorliegenden Bandes im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden 10024 Geheimes Archiv, Loc. 8936.
Angesichts des letzten Bandes der Edition kann nur ohne Einschränkung in großer Dankbarkeit gegenüber allen Beteiligten die Tatsache gewürdigt werden, dass es gelungen ist, ein für die Grundlagenforschung wichtiges Vorhaben ohne Abstriche in der Qualität zum Abschluss zu bringen, ein Faktum, das in der historischen Forschung der Gegenwart nicht mehr selbstverständlich ist.