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Ausgabe:

November/2014

Spalte:

1385

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Tsikrikas, Zenon

Titel/Untertitel:

Der Sohn des Menschen. Theodizee oder Theogonie des christlichen Gottes?

Verlag:

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2012. 233 S. Kart. EUR 29,90. ISBN 978-3-506-77414-9.

Rezensent:

Helmut Hoping

Mit dieser Studie legt der griechisch-orthodoxe Theologe und Philosoph Zenon Tsikrikas eine Arbeit zur ewigen und zeitlichen Ge­burt des Gottessohnes vor. T. wendet sich gegen jede Form einer spekulativen Theodizee, die den Menschen zu einem dialektischen Moment der Wahrheit Gottes macht. Eine solche Theodizee er­kennt T. nicht nur in Hegels Philosophie des Absoluten. Die Tendenz dazu sieht er in der gesamten abendländischen Metaphysik, die mit dem »Tod Gottes« und dem Voluntarismus (Max Stirner, Friedrich Nietzsche) an ihr Ende kommt. Der Rezeption der Theodizee Hegels in der evangelischen, katholischen und orthodoxen C hris­tologie des 20. Jh.s setzt T., ausgehend von der chalkedonischen Christologie bei Maximus Confessor und Ps. Dionysius-Areopagita, ein Gottdenken entgegen, das unter dem schillernden Begriff der Theogonie firmiert. Gemeint ist damit nicht die Geburt von Göttern, sondern die Geburt des Gottessohnes aus dem ursprungslosen Vater und aus Maria, der Mutter Jesu. Darin offenbart sich für T. die transparente, protogene Wahrheit eines Gottes, der aus der sterblichen Natur des Menschen geboren wird. Eine moderne philosophische Theogonie erkennt T. im Spätwerk Schellings und in den Hölderlinvorlesungen Heideggers.
Die Studie T.s zielt auf die »Wahrheitsidee einer theogonischen Christologie«, die aus dem »Fehl« Gottes erfragt wird, der in seiner Wahrheit protogen entspringt. Auch wenn die Lektüre der von T. vorgelegten Studie durch einen recht enigmatischen Sprachstil und die Redundanz eigenwilliger begrifflicher Wendungen er­schwert wird, bietet sie für die Neuinterpretation der chalkedo-nischen Christologie doch einige Anregungen, vor allem den Ge­danken, dass Gott nicht ein Subjekt ist, das sich vermittelt und rechtfertigt, sondern sich vielmehr in der Offenbarung in seinem Sohn im Horizont der Wahrheitsfrage des sterblichen Menschen als erste Wahrheit zu erkennen gibt.