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Ausgabe:

November/2014

Spalte:

1302–1304

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Noort, Ed [Ed.]

Titel/Untertitel:

The Book of Joshua

Verlag:

Leuven u. a.: Peeters Pub-lish­ers 2012. XIV, 698 S. = Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium, 250. Kart. EUR 90,00. ISBN 978-90-429-2726-1.

Rezensent:

Christa Schäfer-Lichtenberger

Der Band dokumentiert das von Ed Noort organisierte und geleitete 59. Colloquium Biblicum Lovaniense vom 26. bis 28. Juli 2010, das unter dem Thema stand: »The Book of Joshua and the Land of Israel«. Publiziert werden insgesamt 35 Beiträge, darunter alle Hauptvorträge, die überarbeiteten Beiträge der Seminarsektionen sowie eine Auswahl der kürzeren Vorträge. Die niederländischen Beiträge sind ins Englische übersetzt worden, die deutschen und fran-zösischen Beiträge sind im Original erschienen. Das Kolloquium ist als offener Meinungsaustausch in sechs Sektionen geplant und durchgeführt worden. Die Sektionen waren: Text, Versions and Terminology; Tradition, Composition and Context; History, Archaeology and Geography; Crossing the Jordan; Jericho and Violence, History of Reception. Es ist Ed Noort gelungen, einen umfassenden Überblick zur Erforschung des Josuabuches anhand der unterschiedlichen methodologischen Zugänge am Beginn des 21. Jh.s zu präsentieren.
Eine informative Einführung des Herausgebers, in der alle Artikel skizziert werden, eröffnet den Band (1–19). Anschließend folgt der Beitrag von Ed Noort »Josua im Wandel der Zeiten: Zu Stand und Perspektiven der Forschung am Buch Josua« (21–47).
Text, Versions and Terminology. Der Beitrag von Hans Debel (Leuven) »A Quest for Appropiate Terminology: The Joshua Texts as a Case in Point« (51–63) hinterfragt die in der Forschung gebräuchlichen Bezeichnungen der literarischen Werke aus der Zeit des zweiten Tempels wie »Edition«, »Version« und »Rewritten Bible«. Seine Untersuchung der verwandten Terminologie für 4QJosha und das »Joshua Apocryphon« zeigt, dass eine allgemein in der Forschung akzeptierte Nomenklatur nicht in Sicht ist, sich aber vier verschiedene Lösungen anbieten: 1) »Rewritten Bible versus Variant Literary Editions«, 2) Definition der Reichweite der »Edition«, 3) »Imitation« und 4) Aufgabe der bisherigen Begrifflichkeit zuguns­ten entweder des materialen Überlieferungsaspektes »Scrolls of Joshua« oder der inhaltlichen Kontinuität »Stories of Joshua«. Debel präferiert »Stories of Joshua«, da diese Bezeichnung den Aspekt der Erzählung betone und Raum lasse für die mündliche Überlieferung im Hintergrund der Texte. Es folgt der Beitrag von Emanuel Tov, der »Literary Development of the Book of Joshua as Reflected in the MT, the LXX and 4QJosha« (65–85) vergleicht. Er sieht drei unterschiedliche literarische Traditionen im Hintergrund der Versionen. Anschließend legt Michaël N. van Der Meer mit »Clustering Cluttered Areas: Textual and Literary Criticism in Joshua 18,1–10« (87–106) eine textkritische und literarkritische Analyse vor.
Tradition, Composition and Context. André Wénin stellt »Josué1–12 comme récit« (109–135) vor. Jos 1 bilde den Prolog der Erzählung, Jos 12 ein Resumee. In Jos 2–11 seien zwei narrative Blöcke(2–8 und 9–11) miteinander verknüpft worden, ohne dass ein Ausgleich im Hinblick auf die Kontinuität der Handlungen erfolgt ist. Die Zäsur werde durch die Verlesung des Gesetzes auf dem Ebal (8,30–35) markiert. Die beiden Blöcke seien teilweise parallel konstruiert, der zweite reproduziere im Wesentlichen die Struktur des ersten. Die temporale Erzähltechnik der Ent- bzw. Beschleunigung erlaube es dem Erzähler, die Eroberung sowohl als zügig wie auch als umfassend zu schildern. Es folgen Erhard Blums »Überlegungen zur Kompositionsgeschichte des Josuabuches« (137–157). Der Beitrag von Tom Dozeman »Joshua 1:1–9: The Beginning of a Book or a Literary Bridge?« (159–182) nimmt die literarkritischen Thesen von Smend (Jos 1,7–9 DtrN) und Nentel (Jos 1,3–4 DtrS) auf und verweist auf das in Num 27,12–23 bereits angeklungene Thema der Mose-Josua-Nachfolge. Ernst Axel Knauf stellt in seinem Artikel »Die Adressatenkreise von Josua« (183–210) vor. Haim Hamiel und Hartmut N. Rösel fragen: »Are the Conquest Narratives of Joshua 6–11 Shaped According to Traditions in the Books of Judges, Samuel and Kings?« (211–217) Sie weisen auf inhaltliche Parallelen zwischen der Achan-Erzählung und Saul-Erzählungen hin und antworten unter Verweis auf die Dissertation von Hamiel (The Conquest Narrative in the Book of Joshua – Their Creation and Editing, Haifa 2009) mit einer thetisch formulierten Bejahung ihrer Ausgangsfrage. Hendrik Koorevaar »The Book of Joshua and the Hypothesis of the ­Deuteronomistic History: Indications for an Open Serial Model« (219–232). Olivier Artus sieht zwischen »Josué 13-14 et le Livre des Nombres« (233–247) vor allem anhand thematischer Übereinstimmungen einen unmittelbaren Zusammenhang. Horst Seebass bringt seine Kritik an der Position von Artus auf den Punkt: »Das Buch Josua als literarisch nicht zu erwartende Fortsetzung des Buches Numeri« (249–257). Seebass bestreitet – mit Verweis auf die detaillierte Argumentation in seinem Numeri-Kommentar (BKAT IV, 2010 ff.) – die theokratische Deutung von Numeri und verweist auf Traditionsabhängigkeiten. Das Buch Numeri stelle eher das Gegenbild zum Buch Josua dar, es sei priesterlich geprägt mit ganz wenigen dtr Anteilen. Es folgen: Hans Ausloos »The Book of Joshua, Exodus 23 and the Hexateuch« (259–266) und Arie C. Leder »Hearing Esther after Joshua: Rest in the Exile and in the Diaspora« (267–279). Die Diskussion im englischen Seminar über »Joshua 22 and the Shiloh Materials« hat deren Seminarleiter A. Graeme Auld zur Vorlage eines neuen Beitrages »Re-telling the Disputed ›Altar‹ in Joshua 22« (281–293) veranlasst. Auld bemerkt in Jos 22,9–34 eine Reihe von singulären Stichworten, die auf ähnliche Sachverhalte in weiteren biblischen Büchern verweisen. In der jeweiligen Wortwahl sieht er bewusst gesetzte literarische Anspielungen, die die jeweilige Argumentation der Kontrahenten Westjordanier vs. Ostjordanier un­terstreichen. Die (ältere) Version der LXX scheine dabei die Argumentation der Ostjordanier zu stärken, während jene des MT die Westjordanier bevorzuge. Bernhard Gosse, »Abraham père des exilés en Josué 24« (295–300), und Zev Israel Farber, »Timnat H.eres and the Origins of the Joshua Tradition« (301–311), schließen an.
History, Archaeology and Geography. Die Ansiedlung Israels in Kanaan und Probleme der historischen Topographie bestimmen diese Thematik. Damien Noëls Beitrag »Josué: de la géographie à l’histoire, l’impossible conquête« (315–346) versucht aufzuzeigen, dass das Eroberungsmodell des Josuabuches auf die Vorstellung von der Ersetzung einer Völkerschaft verweise und die assyrischen Massendeportationen des 8.–7. Jh.s v. Chr. voraussetze. Dagegen verweist Koert van Bekkum auf ein aus dem 2. Jt. v. Chr. stammendes geographisches Konzept: »Remembering and Claiming Ramesside Canaan: Historical-topographical Problems and the Ideology of Geography in Jos 13,1–7« (347–360). Yigal Levin weist in seiner Sicht der »Conquered and Unconquered: Reality and Historiography in the Geography of Joshua« (361–370) auf die unterschiedlichen geographischen Größen der Eroberungserzählungen und der Listen nicht eroberter Gebiete (Städtelisten) hin. Markus Saur sieht in der »Bedeutung von Sidon und Tyrus in Josua 19,24–31« (371–379) und deren Aufstieg im 5. und 4. Jh. v. Chr. ein starkes Indiz für eine nachdeuteronomische und nachexilische Einordnung von Jos 13–21.
Crossing the Jordan. Joachim J. Krause legt mit dem Beitrag »Der Zug durch den Jordan nach Jos 3–4« (383–400) eine Skizze seiner Dissertation vor (»Exodus und Eisodus: Komposition und Theologie von Jos 1–5«, Tübingen 2012). Elie Assis versucht in seinen Beitrag »A Literary Approach to Complex Narratives: An Examination of Joshua 3–4« (401–413), die verschiedenen Dimensionen der Erzählung als Ergebnis der narrativen Technik des Autors zu verstehen. Egbert Ballhorn bringt eine neue Sichtweise in »Die Gestaltung des Gilgal (Josua 3–4): Das Buch Josua als Heterotopie« (415–429) ein. Er baut auf dem hermeneutischen Konzept der Heterotopie von Foucault auf. Der Raum als Heterotopie hat eine besondere Bedeutung für die ihn umgebende Welt. Er schließt sich gegenüber der Welt ab und schließt den ihn betretenden Menschen ein. Die narrative Ausgestaltung der Gilgal-Erzählung lasse den Text selber zu einer He­terotopie werden. ›Gilgal‹ definiere die Grenze zum verheißenen Land, die überschritten werden muss, um an der Verheißung teilzuhaben, und gleichzeitig sei Gilgal Gedächtnisort für alle Späteren. In der Gilgal-Erzählung werde immer wieder das Raum-Zeit-Kontinuum vom Gott Israels unterbrochen und der Eintritt in eine neue Existenzweise, die der Verheißung, ermöglicht. Der Beitrag baut auf seiner 2011 erschienenen Studie »Israel am Jordan: Narrative Topographie im Buch Josua« (Göttingen, BBB 162) auf.
Jericho and Violence. Ludger Schwienhorst-Schönberger geht in seinem Beitrag »Josua 6 und die Gewalt« (433–471) von der These aus, dass die Landnahmeerzählungen letztlich metaphorisch zu verstehen seien. Es gehe um »die Ausrichtung auf seine heilige Mitte, welche Gott ist«. Jeder Raum, der diese Funktion hat, wird »zu einem heiligen Land« (440). Seine diachrone Analyse zeigt, dass im Laufe der Entstehungsgeschichte die kriegerischen Aspekte von den kultischen Vorstellungen in den Hintergrund gedrängt wurden. Jannica A. de Prenter »The Contrastive Polysemous Meaning of םרח in the Book of Joshua: A Cognitive Linguistic Approach«(473–488). Marieke E. J. den Braber untersucht in ihrem Beitrag »They keep going on …: Repetition in Joshua 6,20« (489–500) die Versionen von MT und LXX und weist auf die unterschiedlichen Funktionen von Wiederholungen in den Versionen hin. Archibald L. H. M. van Wieringens Beitrag »The Literary Function of the Joshua Reference in I Kings 16,34« (501–508) folgt.
History of Reception. Die Beiträge dieser Sektion umfassen die Rezeptionsgeschichte des Josuabuches von den Makkabäerbüchern bis zu den Reden David Ben-Gurions: Johannes Schnocks, »Die Rezeption des Josuabuches in den Makkabäerbüchern« (511–521);J. Cornelis De Vos, »Josua und Jesus im Neuen Testament« (523–540); Stefan Koch, »›Mose sagt zu Jesus‹ – Zur Wahrnehmung von Josua im Neuen Testament« (541–554); Christopher T. Begg, »Josephus’ and Pseudo-Philo’s Rewritings of the Book of Joshua« (555–588); Michael Rohde, »Die kontextuelle Theologie Mitri Rahebs: Ein Beispiel für die exegetische und hermeneutische Bedeutung des Buches Josua für die Frage nach dem ›Heiligen Land‹« (589–607); Marie-Theres Wacker, »Feldherr und Löwensohn: Das Buch Josua – angeeignet durch David Ben-Gurion« (609–647).
Der Band schließt mit einem Abkürzungsverzeichnis und drei ausführlichen Indizes (names, biblical references, other references).