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Ausgabe:

Oktober/2014

Spalte:

1135–1136

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Regev, Eyal

Titel/Untertitel:

The Hasmoneans. Ideology, Archaeology, Identity.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2013. 340 S. m. Abb. = Journal of Ancient Judaism. Supplements, 10. Geb. EUR 99,99. ISBN 978-3-525-55043-4.

Rezensent:

Winfried Thiel

In dem anzuzeigenden Werk arbeitet Eyal Regev, Professor an der Bar-Ilan University, Israel, Selbstverständnis und Selbstdarstellung der Hasmonäer heraus. Er stützt sich dabei auf schriftliche Quellen, vor allem die Makk-Bücher, sowie auf archäologische Be­funde, die Ikonographie der Münzen und die Struktur der hasmonäischen Paläste. Zur Terminologie bemerkt er: »I use ›Maccabees‹ for Mattathias, Judah, Jonathan, and Simon, and ›Hasmoneans‹ to denote all the rulers from Jonathan to Mattathias Antigonos.« (35) Jonathan und Simon figurieren also unter beiden Namen; das erlaubt keine klare Abgrenzung! Der zeitliche Bereich der Untersuchung ist jedenfalls etwa von 153 bis 37 v. Chr. bestimmt.
Dabei geht es R., wie er mehrfach hervorhebt, nicht um eine geschichtliche Aufarbeitung, denn dazu sei die Evidenz zu karg, sondern um eine Rekonstruktion der »Hasmonean ideology« (12) oder »self-legitimization« (31). Sie schlägt sich vor allem in den Makk-Büchern nieder, deren Hasmonäer-Bild, wie gemeinhin angenommen wird, die Zeit des Johannes Hyrcanus widerspiegelt. Das Porträt der Hasmonäer in 1Makk sei »admittedly mainly a self-portrait« (127).
R. diskutiert zunächst Charakter und Bedeutung des Chanukka-Festes, das immer wieder an die Reinigung des Tempels durch Judas erinnerte und die besondere Bindung der Hasmonäer an den Tempel vor Augen führte. Es war einsichtig, »that the Hasmoneans saw the protection and maintenance of the Temple as the main purpose of their rule and used this to justify their leadership« (58). Durch die Zerstörung des samaritanischen Tempels auf dem Garizim sicherte Hyrcanus die Rolle des Jerusalemer Tempels als einziges monotheistisches Heiligtum in seinem Reich und suchte dadurch die Samaritaner in das Judentum zu integrieren. Auch die Halb-Schekel-Abgabe und die Förderung der Wallfahrt nach Jerusalem, die die Diaspora an den Tempel in Jerusalem banden, gehören schon in die hasmonäische Zeit. Die Bedeutung des Tempels trug zur Legitimität und Autorität der Hasmonäer als Hohepries­ter und Könige bei.
Die Hasmonäer betrachteten sich selbst primär als religiöse Leiter. Eifer für das Gesetz, den Tempel und den Kampf gegen die Heiden autorisierten sie als Führer des Volkes. Zum Teil galten sie sogar als göttliche erwählte Charismatiker. Freilich fehlte ihnen als Hohenpriestern die zadokidische Abkunft, aber es gibt keine Anzeichen zadokidischer Opposition gegen sie. Vielleicht wurden sie in gewisser Weise als Teil der zadokidischen Dynastie betrachtet.
Die Hasmonäer waren aber auch (hellenistische) Könige. Zur Beurteilung dieser Funktion überprüft R. die Königsideologie der Umweltstaaten, der Hebräischen Bibel und des frühen Judentums und kennzeichnet die Ansichten der Gegner und der Unterstützer der hasmonäischen Herrscher. Von diesen könne man sogar sagen, »that they were actually much more popular than many scholars are ready to submit« (168). Zusammenfassend urteilt R.: »there is no evidence that Hasmonean kingship was rejected by Jews before the war between Hyrcanus II and Aristobulus II.« (173) Die fehlende davidische Abkunft war offenbar kein wirksames Gegenargument.
Im nächsten Schritt analysiert R. die erhaltenen hasmonäischen Münzen, um zu zeigen, »how the coins reflected the unique Hasmonean political discourse and how they expressed the dynasty’s cultural and religious identity« (175). Besonders aufschlussreich in den Legenden ist die Bezeichnung ḥeber ha-yehudim, die R. nicht als Titel einer Institution, sondern als Bezeichnung für »die Gemeinschaft der Juden« versteht. Sie tritt im Zusammenhang mit dem Hohenpriester-, nicht mit dem Königstitel auf und drückt »a religious and/or ›national‹ character, and not a governmental or political one« (191) aus. Die Hasmonäer rechnen damit dem Volk eine besondere Bedeutung zu und geben zugleich zu erkennen, dass ihre Herrschaft für das Volk bestimmt war, ein in den Nachbarstaaten nahezu unbekanntes Motiv.
Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt die Untersuchung der hasmonäischen Paläste in Jericho, die nach der Methode der »social archaeology« (225) erfolgt. Verglichen mit der Königsarchitektur der Umwelt oder den Bauten des Herodes verzichten die Hasmo-näer auf Monumentalität und Prunk. Das gilt auch für die Gärten: Es ist anzunehmen, »that the Hasmoneans did not construct the pools and gardens in order to demonstrate their personal author-ity, power, or wealth« (250). Die Existenz von Ritualbädern in den Palästen zeugt für die (innovative) Sorge der Hasmonäer um Reinheit. Andererseits waren sie dem kulturellen Einfluss des Hellenismus ausgesetzt, nahmen ihn aber nur in selektiver und begrenzter Weise an.
Abschließend belegt R. seine These, dass die »kollektive Identität« der Juden durch die Hasmonäer verändert wurde. Ihre Politik stärkte das Selbstverständnis der Juden als ein »ethnos« und eine religiöse Ordnung. Dazu trugen die militärischen Erfolge und Landgewinne bei, die vom Volk unterstützt und gewürdigt wurden, aber auch die Judaisierung der Ituräer und Idumäer und ihre Aufnahme in den jüdischen Staat, ein Ereignis ohne Vorgänger. Auf diese Weise erreichten die Hasmonäer »a new sense of Jewish collective identity, not only to empower the Hasmoneans, but also to unite the Jews in a manner that had never been done before. In a sense, whether or not the Hasmoneans were fully aware of this, they created a new form of Judaism« (295).
Das in dieser Untersuchung erarbeitete Bild der Hasmonäer ist sehr hell und positiv. Es gibt gewiss nicht die geschichtliche Wirklichkeit wieder und will es auch nicht. Was R. geleistet hat, ist eine Rekonstruktion der »Hasmonean ideology«, also ihrer Selbstdarstellung. Die Gegner der Hasmonäer und ihre Kritik kommen daher nur am Rand vor. Mancher Leser hätte wohl eine geschichtlich differenzierende Darstellung favorisiert, aber diesen Zugang hat R. von Anfang an ausgeschlossen.