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Ausgabe:

September/2014

Spalte:

1089–1090

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Makambu, Mulopo Apollinaire

Titel/Untertitel:

La mission catholique Mukila, R. D. Congo (1933–2008).

Verlag:

Sankt Augustin: Steyler Verlag 2012. XII, 158 S. = Studia Instituti Missiologici SVD, 96. Kart. EUR 19,80. ISBN 978-3-8050-0598-2.

Rezensent:

Heinrich Balz

Herauszufinden, wo in der großen Demokratischen Republik Kongo die Missionsstation Mutila sich befindet, dies wird auch dem gutwilligen geduldigen Leser nicht leicht gemacht. Auf der Karte des Bistums Popokabaka (28) erscheint sie zum ersten Mal, aber nicht in der Mitte, sondern ganz am oberen Rand und kaum lesbar, wie auch die übrigen Karten (22.41.144 f.) wenig leserfreundlich reproduziert sind. Mukila und Popokabaka befinden sich in der Provinz Bandundu, am Fluss Wamba, etwa 250 km südöstlich von Kinshasa, nahe der angolanischen Grenze. Die katholische Mission kam 1892 in die Gegend.
Der Band, der aus 110 Seiten Text und 50 Seiten Anhängen be­steht, ist reichlich mit Fotos ausgestattet; auch sie sind leider zum Teil von schlechter Reproduktionsqualität, teils verschwommen und teils in der Horizontalen verzerrt. Der Missionsgeschichtler L. de Saint Martin S. J. bescheinigt in einem Vorwort dem Autor Pater Mulopo Apollinaire Makambu, dass er mit einer breiteren Reflexion und Einordnung seiner Mikro-Geschichte einer Mis-sionsstation mehr hätte tun können, um den schwierigen Prozess von einer paternalistischen Mission zu einer selbstverantwortlichen Gemeinde deutlich zu machen. Doch gerade der geringe Abstand M.s und seine eigene Eingebundenheit in die von ihm aufgearbeitete Lokalgeschichte haben ihren Reiz und bringen den Leser, auch den protestantischen, auf eigene Gedanken.
Zur Vorgeschichte der Mission in Mukila gehört die Mission in Nseke-Mbanza, die 1929 auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses Wamba eröffnet worden war: Die Hoffnung, von ihr aus den Stammesgegensatz zwischen den Bayaka am linken und den Baphelende am rechten Flussufer in einer gemeinsamen Gemeinde zu überwinden, erfüllte sich nicht. Deshalb wurde 1933 die Mission nach Mukila am anderen Ufer zu den missionsoffeneren Baphelende verlegt. Dort wurde sie relativ erfolgreich unter der Regie der Jesuiten bis 1981 geführt, unterstützt von belgischen Nonnen. Einheimische Katechisten, Lehrer und Priester traten schrittweise in die Arbeit ein. 1951 übernahmen deutsche Missionare der Gesell schaft vom Göttlichen Wort (SVD) die Schularbeit, 1981 ging die gesamte Station von den Jesuiten an die Klaretiner über. Dem Übergang folgte 1985–1992 eine anschaulich und im Detail be­schriebene tiefe Krise: Vertreter der Gemeinde revoltierten gegen rassistische Äußerungen eines polnischen Klaretiner-Missionars und gegen die nicht hinreichend begründete Suspendierung des ersten einheimischen Bischofs A. Mayamba Kathongo. Nach einiger Verwirrung zogen die Schwestern und die Missionspriester von Mukila ab, die Station wurde, einschließlich der Schulen und Entwicklungsprojekte, 1992 geschlossen. Aber schon 1993 kommt es zur Wiedereröffnung, nicht mehr der Mission, sondern der Ge­meinde, paroisse, Mukila.
Die beiden kongolesischen Priester, die nun die Verantwortung tragen, wovon der eine der Verfasser des Buches ist, haben ein verändertes Konzept von Evangelisation, das mehr von der Mitverantwortung der Gemeinde erwartet und die paternalistische Autonomie der Geistlichkeit, die sich nicht be­währt hat, planvoll einschränkt. Probleme bleiben genug in der allgemeinen Entwicklungsarbeit und in der wachsenden Konkurrenz durch Sekten, von Pfingstlern, aber auch durch kirchlich protestantische Missionen, die schon in früheren Jahrzehnten Be­schwer machten.
Die geschichtliche Darstellung hat ihren Reiz darin, dass sie die weißen Missionare der vergangenen Zeit aus einheimischer Sicht weder als Heilige noch als weiße Übeltäter schildert und ihre kongolesischen Nachfolger ebenso wenig idealisiert. M. ist einer von ihnen und mit den Einheimischen der Region, einschließlich der Häuptlingsclans, durch Verwandtschaft verbunden. Die Tiefen-Evangelisation der äußerlich christianisierten Bevölkerung, so er­fährt er es in seiner Gemeindearbeit in den 90er Jahren, steht erst noch bevor. Er selber verlässt Mukila 2008, um in Würzburg seine wissenschaftliche Karriere mit der Habilitation im Neuen Testa ment weiterzuführen. Das Bild, das er vom katholischen Mehrheitschristentum in seiner Heimat gibt, ist ernüchternd, aber nicht hoffnungslos. Wer sich statt der Sieges- und Katastrophenmeldungen für die mühsamen Wege der Ebene in der afrikanischen Christenheit interessiert, dem ist die Lektüre dieses Buchs zu empfehlen.