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Ausgabe:

September/2014

Spalte:

1080–1081

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

[Painadath, Sebastian]

Titel/Untertitel:

Weltkirchliche Spiritualität. Den Glauben neu erfahren. Festschrift zum 70. Geburtstag von Sebastian Painadath SJ.

Verlag:

Hrsg. v. K. Krämer u. K. Vellguth. Freiburg i. Br.: Verlag Herder 2013. 374 S. = Theologie der Einen Welt, 4. Geb. EUR 28,00. ISBN 978-3-451-33265-4.

Rezensent:

Bernd Jaspert

Die seit einigen Jahren unter Christen wachsende Sehnsucht nach einem geistlichen Leben bzw. nach einer echten Religiosität stellt die Theologie, aber auch die Kirchen vor die Frage, welche Frömmigkeit oder Spiritualität (ein Begriff, der nicht nur, wie bisher üblich, in der katholischen, orthodoxen und anglikanischen Theologie, sondern zunehmend auch in der evangelischen Theologie benutzt wird) heute angemessen ist, wenn bedacht wird, dass der christliche Glaube nicht für sich existiert, sondern überall auf der Welt mit anderen Glaubensweisen konkurrieren muss.
Der indische Jesuit Sebastian Painadath, der u. a. in Innsbruck Theologie studierte, in Puchheim bei München 1973 zum Priester geweiht wurde und 1978 bei Walter Kasper in Tübingen promoviert wurde, kehrte danach wieder nach Indien zurück. Dort bildete er zuletzt im Auftrag seines Ordens junge Jesuiten in einem Ashram aus. In Indien wie in Europa ist er durch Meditationskurse und zahlreiche Vorträge als ein Meister östlicher Spiritualität bekannt.
Die aus Europa, Asien, Afrika und Südamerika stammenden 21 Autoren dieses Bandes, darunter fünf Jesuiten, ehren ihren Kollegen, der merkwürdigerweise in seiner eigenen Festschrift auch selbst mit einem Beitrag vertreten ist, mit Studien, die alle der Frage gewidmet sind, wie der christliche Glaube heute in den verschiedenen Weltzusammenhängen neu erfahren und gelebt werden kann. Dabei werden bedacht: Theologie des Gebets – Verhältnis von Spiritualität und Theologie – Spiritualität und Christologie – Interspirituelle Begegnung – Missionarische Spiritualität.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Beiträge: Norbert Nagler, Sebastian Painadath – ein Portrait zum 70. Geburtstag (19–24), Anne Béatrice Faye, Zusammenspiel von Heil und Gesundheit in den Heilungsgebeten: Theologische Orte in Afrika (27–46), George Gispert-Sauch, Theologie des Gebets (47–60), Thomas Fornet-Ponse, Gebet und Engagement als Grundlage der Theologie (61–71), Hans Waldenfels, »Lust am Beten«? (72–84), Boniface Mabanza, Mystisches Eindringen und prophetische Dynamik: Welche Spiritualität für unsere Zeiten? (87–99), Michael Amaladoss, Spiritualität und Theologie (100–112), Luiz Carlos Susin, Gegenseitige Befruchtung von Spiritualität und Theologie (113–129), Klaus Krämer, Überlegungen zu einer Theologie weltkirchlicher Spiritualität (130–141), Roberto Turyamureeba, Inwieweit lässt sich aus afrikanischer Sicht von einer christozentrischen Spiritualität sprechen? (145–158), Sebastian Painadath, Spiritualität und Christologie (159–166), Ángel Darío Carrero, Die Liebe wird nicht geliebt: Hin zu einer vollkommenen Spiritualität (167–181), Klaus Vellguth, Spiritualität: Wege mit Christus und Wege zu Christus gehen (182–199), Elochukwu E. Uzukwu, Interreligiöse Begegnung: Das Harmoniestreben in den indigenen Religionen der Igbo (Westafrika) und die christliche Vermittlung des Heiligen (203–231), Francis X. D’Sa, Brauchen wir eine interkulturelle Spiritualität? Das Ziel der Begegnung der Kulturen (232–251), Ramón Francisco Curivil Paillavil, Überlegungen zur Möglichkeit eines interreligiösen und interspirituellen Dialogs angesichts der kulturellen und religiösen Kolonialisierung im Gebiet der Mapuche (252–266), Martin Kämpchen, Zum Dialog zwischen Christentum und Hinduismus (267–278), Pius Male Ssentumbwe, Spiritualität in der Sendung: Die zentrale Stellung Christi an der katholischen Universität (281–320), Jakob Kavunkal, Asiatische missionarische Spiritualität (321–334), Víctor Bascopé Caero, Wie kann man in der heutigen Zeit von Gott sprechen? (335–355), Hermann Schalück, Was macht eine heutige eucharistische Spiritualität aus? Aspekte aus der Befreiungstheologie (356–367).
Der Band schließt mit einem Autoren- und einem Übersetzerverzeichnis ab. Leider fehlen Namen-, Sach- und Bibelstellenregister. Im Übrigen erschien das Buch erst fast ein Jahr nach dem 70. Geburtstag Painadaths. Dennoch ist es insofern wertvoll, als die deutschen Herausgeber durch ihre Auswahl der Autoren dafür gesorgt haben, dass im deutschen Sprachraum zum ersten Mal gründlich der Frage nachgegangen wurde, welche Chancen und Grenzen eine von ihren biblischen Wurzeln und ihrer geschichtlichen Entfaltung her verstandene christliche Spiritualität heute im Kontext der nichtchristlichen Religionen und mancher areligiöser Strömungen auf den verschiedenen Kontinenten hat.
Dass allerdings nur Katholiken und nicht auch Autoren anderer Konfessionen Beiträge geliefert haben, engt die ökumenische Bedeutung des Buches wiederum ein. Deshalb wäre der Titel »Katholische Spiritualität weltweit« angemessener gewesen als »Weltkirchliche Spiritualität«. Denn die katholische Kirche ist zwar als »Weltkirche« mit ihrer Spiritualität fast überall in der Welt vertreten, aber sie ist nicht die einzige. Daneben gibt es zahlreiche andere, die, »weltkirchlich« betrachtet, auch das Recht haben, be­achtet zu werden, zumal sie ebenfalls dazu beitragen, dass Menschen heute und morgen den christlichen Glauben neu erfahren können.