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Ausgabe:

Juli/August/2014

Spalte:

858–859

Kategorie:

Altertumswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Keel, Othmar

Titel/Untertitel:

Corpus der Stempelsiegel-Amulette aus Paläs-tina/Israel. Von den Anfängen bis zur Perserzeit. Katalog Bd. IV: Von Tel Gamma bis Chirbet Husche. M. Beiträgen v. B. Brandl, D. Ben-Tor u. L. Pajarola.

Verlag:

Fribourg: Academic Press Fribourg; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2013. XVI, 715 S. m. zahlr. Abb. u. 1 Kt. = Orbis Biblicius et Orientalis. Series Archaeologica, 33. Geb. EUR 200,00. ISBN 978-3-7278-1732-8 (Academic Press Fribourg); 978-3-525-54383-2 (Vandenhoeck & Ruprecht).

Rezensent:

Ellen Rehm

Um wissenschaftliches Arbeiten auf eine breite und gesicherte Basis zu stellen, benötigt man möglichst viele Primärquellen, seien es Texte, Funde oder Befunde. Othmar Keel hat es sich zu einer seiner Aufgaben gemacht, die zahlreichen ausgegrabenen Stempelsiegel aus Palästina und Israel zusammenzustellen und zu veröffentlichen. Bereits 1995 publizierte er eine Einleitung zu dieser Sammlung (OBO Ser. Arch 10), in der er ausführlich auf alle relevanten Fragen einging und sämtliche Begriffe definierte. Dabei stellte er nicht nur die Formen und deren genaue Bezeichnungen vor, sondern beschäftigte sich unter anderem auch mit den Verzierungen, dem Material, den Farben und Motivklassen sowie der Datierung. In den folgenden Jahren begann er, die Stempelsiegel-Amulette alphabetisch nach Fundorten sortiert in aufwändigen Bänden vorzustellen. Im Jahr 1997 erschien Band 1 (OBO Ser. Arch. 13 = Tell Abu Fara ğ bis cAtlit), 2010 dann Band 2 (OBO Ser. Arch. 29 = Bahan bis Tel Eton) sowie Band 3 (OBO Ser. Arch. 31= Tell el Far’a Nord bis Tell el-Fir). Nun ist der vierte Band in der gleichen Aufmachung wie seine Vorläufer erschienen. Hierbei werden alle Siegel und Siegelabdrü-cke meist sowohl in Zeichnung wie in Fotografie – oft auch von mehreren Seiten – abgebildet; gegebenenfalls erfolgen Zusatzinformationen zu den Fundorten. Für jedes Siegel liegt eine Beschreibung vor; Zustand, Datierung, Fundzusammenhang und Aufbewahrungsort werden ebenso genannt wie umfassende Literaturbelege. Hinzu kommen Verweise auf andere ähnliche Siegel. Die in dem Band besprochenen Fundorte sind auf der Karte eingezeichnet. Insgesamt liegen nun mit den vier Bänden fast 6.000 publizierte Einzelstücke vor, die vorbildlich mit allen Informationen versehen sind.
Bei dem Material handelt es sich in erster Linie um ägyptische und stark ägyptisch beeinflusste Siegelsteine, meist in Skarabäen- oder Skaraboidform. Sie sind mit Hieroglyphen oder Pseudohieroglyphen verziert. Das Verhältnis der beiden Gruppen verändert sich während ihrer Laufzeit vom Beginn des 2. Jt.s v. Chr. bis in die Perserzeit (siehe die Ausführungen dazu in Band 1 [OBO Ser. Arch. 10, 23–39]). Dort wird die aufschlussreiche Forschungsgeschichte vorgestellt und ebenfalls die Problematik mit Zuweisung der einzelnen Stücke oder Gruppen diskutiert (siehe dort ebenso das Kapitel »Datierung«, 247–256). Wie bereits erwähnt sind die meisten Siegel dieses Korpus ägyptisch oder ägyptisierend; Siegel mit rein vorderasiatischen Motiven sind seltener, aber Beispiele aus dem in Südpalästina gelegenen Tell Gamma zeigen lokale Umsetzungen des in neubabylonischer Zeit besonders beliebten Motivs des Königs vor einer verzierten Mondstandarte (222–234 Nr. 49) oder eine Tierkampfszene (Löwe reißt Stier) – bekannt von den Apadanareliefs in Persepolis (38–39 Nr. 86). Wohl Originale aus Mesopotamien sind wenige andere Siegel wie das mit dem Motiv eines Beters vor einem Altar mit Spaten und Griffel (Symbole der Götter Marduk und Nabu) aus Gat (96–97 Nr. 8) und eins mit dem Bild eines geflügelten neuassyrischen Genius aus Gaza (128–129 Nr. 3); anzuschließen wäre ein Siegel in Entenform mit Stern als Siegelmotiv aus Tell Gamma – ein in der neuassyrischen Zeit gängiger Typus (42–43 Nr. 95). Andere Siegel wiederum scheinen aufgrund von Form, Stil und Motiv lokale Produktionen zu sein (z. B. Siegel aus Gezer, 218–219).
Am Anfang des Bandes befindet sich eine Erweiterung der Skarabäenkopftypologie in sehr übersichtlicher Form. Bei der Bearbeitung einer solch großen und vielfältigen Materialgruppe bleibt es nicht aus, dass in der Folge neue Typen auftreten und eine Verfeinerung der Typologie erfordern. Ebenfalls wird vorne im Buch auf die sich im Aufbau befindliche Datenbank in Fribourg hingewiesen (www.bible-orient-museum.ch/bodo), in der man bereits nach Siegeln suchen kann. Dieser Band ist ebenso wie die anderen Katalogbände in Zusammenhang mit dem Einleitungsband (OBO Ser. Arch 10) zu lesen.
Dem Vf. und seinen Mitarbeitern sei ganz herzlich für die sorgfältige Aufarbeitung dieses Materials gedankt, das – was besonders hervorzuheben ist – grundsätzlich aus Ausgrabungen stammt und daher eine gesicherte Basis für weitere Untersuchungen zur Kulturgeschichte Israels und Palästinas, vor allem auch in Bezug zu seinen Nachbarländern, darstellt.