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Ausgabe:

März/2014

Spalte:

343–344

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Schultheiß, Tanja

Titel/Untertitel:

Das Petrusbild im Johannesevangelium.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2012. XI, 379 S. = Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament. 2. Reihe, 329. Kart. EUR 84,00. ISBN 978-3-16-151926-0.

Rezensent:

Klaus Scholtissek

Diese Promotion von Tanja Schultheiß (Wintersemester 2010/2011 an der Evangelisch-Theologischen Fakultät München) wendet sich dem theologischen Profil des Petrusbildes des vierten Evangeliums zu. Dabei kommen synchrone, besonders narratologische, und diachrone Fragestellungen zum Zuge, abschließend auch ein ökumenischer Ausblick.
Die Vfn. erweist sich als sicher in der Rezeption und Gewichtung der Sekundärliteratur, sie gliedert nachvollziehbar. Die geneigten Leser können bei der Entwicklung ihrer Positionen gut folgen. Nach einleitenden, forschungsgeschichtlichen und methodologischen Ausführungen (1–79), in denen die Vfn. mit guten Argumenten die primär synchrone und narrative Analyse des vorliegenden Textes begründet, ohne die diachronen Fragen auszublenden, widmet sie sich ausführlich allen johanneischen Perikopen, in denen Petrus begegnet (80–188), und vergleicht dann anschließend das johanneische Petrusbild mit dem der drei Synoptiker (mit wichtigen Hinweisen und Differenzierungen zur Frage, ob der Evangelist Johannes einen oder mehrere Synoptiker gekannt habe; vgl. 72–79.106.107–109.189–231.291–299). Beobachtungen zum johanneischen Petrusbild im Kontext des johanneischen Jüngerbildes (232–279) und theologische Perspektiven des Gesamtbefundes (280–321) runden die Arbeit ab.
Überzeugend weist die Vfn. nach, dass das JohEv in allen Petrusperikopen ein konsistentes Petrusbild entwickelt, das einer einheitlichen Intention und theologischen Deutung folgt. Der Petrus des JohEv erweist sich der Vfn. zufolge einerseits als »Prototyp des missionierten Gläubigen« und darin als »Identifikationsangebot« (90 f.95.231.279). Andererseits veranschaulicht das JohEv – im Kontrast zum Lieblingsjünger – das vorösterliche »Scheitern des Petrus am Jüngersein« (140; vgl. 133 f.). Nachösterlich wird Petrus rehabilitiert und in seine neue Rolle als Nachfolger und Hirte eingeführt (vgl. 160–165). Joh 21 spiegele eine »spätere Gemeinde- und Entstehungssituation von Joh 21 gegenüber Joh 20« (187).
Gerade in den narratologischen Analysen gelingen der Vfn. wie­derholt sehr gute Textbeobachtungen, die den weitreichenden Grad der johanneischen Textgestaltung und -komposition zeigen. Das gilt für die Profilierung der Petrusgestalt in Relation zu dem Lieblingsjünger, den die Vfn. als »personifizierte nachöster­liche Hermeneutik des Johannesevangeliums« bezeichnet (157; vgl. 33–37.41–47.132 ff.140.144 f.149–188.262 f.277–279), ebenso wie in Relation zu anderen Jüngern bzw. Figuren/Charakteren der johanneischen Erzählung (vgl. u. a. 66–72.232–279).
Eine weiterführende Auseinandersetzung mit der Arbeit der Vfn. kann an der Stärke der vorgelegten Monographie ansetzen: Beachtet die Vfn. bei ihrer Profilierung der Petrusfigur (und anderer Figuren) nicht zu sehr die Profilierung in jeweiliger Opposition zu einer anderen Person? Dabei entsteht mitunter auch für Petrus der Eindruck einer »statischen« Persönlichkeit. Gerade der von der Vfn. bevorzugte narrative Ansatz führt m. E. die Interpretation weg von »statischen« hin zu »dynamischen« Persönlichkeitsprofilen: Innerhalb der johanneischen Sequenzen werden Entwicklungsschritte, konkret: christologische Verstehens- und Glaubensschritte, der einzelnen Charaktere bzw. Protagonisten als Identifikationsangebote für die nachösterlichen Adressaten inszeniert.