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Ausgabe:

Februar/2014

Spalte:

202–203

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Mayr, Jeremia Josef M.

Titel/Untertitel:

Glaubensweitergabe in paulinischen Gemeinden.

Verlag:

Regensburg: Friedrich Pustet 2012. 158 S. = Schriften der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Pölten, 4. Kart. EUR 19,95. ISBN 978-3-7917-2466-9.

Rezensent:

Bernhard Mutschler

Im Unterschied zu den häufig gestellten Fragen nach Gegenstand und Inhalten des paulinischen Glaubensverständnisses geht Jeremia Josef M. Mayr in seiner Grazer Diplomarbeit (betreut von J. Pichler) der Frage nach der konkreten Glaubensweitergabe in paulinischen Gemeinden nach. Erwartet wird davon ein dreifacher Nutzen: ein »Beitrag zur geschichtlichen Erforschung«, Anknüpfungspunkte für praktisch-theologische Fragestellungen und schließlich eine »interessante Perspektive« für »die pfarrlichen Wirklichkeiten« (13).

Das Buch ist stringent aufgebaut. Auf eine Einleitung (9–14) folgt eine Abgrenzung zwischen Glaubensweitergabe und anderen Begriffen, insbesondere Mission (15–35). Bezieht sich Letzteres auf die »missionarische Bekanntmachung eines neuen Inhalts« (137), so richtet sich Glaubensweitergabe unter Zuhilfenahme von Tradition an eine bestehende Gemeinde (ad intra), »setzt also dort an, wo Mission an ihr Ende gekommen ist« (24). Sowohl Glaubensweitergabe als auch Mission sind nach paulinischem Sprachgebrauch Teil der »Evangelisierung«; »Propaganda« hingegen ist als weitester Be­griff nicht spezifisch christlich bestimmt (vgl. die Übersicht S. 27). Glaubensweitergabe bezieht sich in den paulinischen Briefen auf »alle Aspekte des Lebens und Sterbens Glaubender« und ge­schieht »stets dialogisch-personal, fragmentarisch, transformativ, konkret situationsbezogen und immer in einem bestimmten Kontext« (13 7f., vgl. 24 f.).

Im folgenden Kapitel erläutert der Vf., welchen Glauben das im Neuen Testament begrifflich nicht belegte Kompositum Glaubens­weitergabe meint (36–64). Hier erfolgt ein Durchgang durch verschiedene Aspekte: Glaubende kommen zum Glauben, wobei dieser mit einer Formulierung von K. Ulrich als »Gabe, die Gott in die Seele legt«, verstanden wird (50). Der Glaube an Gott und an Jesus Christus rechtfertigt den Glaubenden (51) aus göttlicher Gnade (52); er schenkt den Geist Gottes und begeistert dadurch (52–55). Weiter geschieht Glaube in Gemeinschaft (55–57) und leitet zu einem gläubigen Leben an (57–60). Er kommt aus dem Hören/Horchen (60 f.) und drängt auf kurzem Weg – mit einem Begriff von H. Schlier – »zum ›Gehorchsam‹« (61). Auch in dieser Hinsicht ist »Glaube als Christusglaube«, »Glauben an Christus«, zu fassen (63). Blass bleibt in diesem Kapitel lediglich der mit »Aspekte des Glaubensverständnisses der römisch-griechischen Umwelt« überschrie­bene Abschnitt, wobei bereits diese Formulierung problematisch ist (38–41).

Das daran anschließende, längste Kapitel des Buches befasst sich mit der »Glaubensweitergabe konkret« (65–136) und ist durch vier Stichworte gegliedert:

1) Hören auf das Evangelium, das »Zentralbegriff der pauli­nischen Theologie« ist (70) und inhaltlich als »Verkündigung der Herrschaft Christi« zu bestimmen ist (73), geschieht an drei Orten (75): in der paulinischen Kommunikation mit Gemeinden (durch »Hörensagen, Briefe, Gesandte, persönliche Besuche«, 76), dem Sitz im Leben von Formeln und Bekenntnissen (d. h. Gottesdienst und Sakramente) und den »offenbar dazugehörigen« Zeichen und Wundern (75; ausführlich 65–88).

2) Gnade wird aufgrund ihrer Voraussetzungslosigkeit als ge­schenkhafte »Ermöglichung des Zugangs zu Gott überhaupt« verstanden (91). In ihrer lebenspraktischen Entfaltung – namentlich durch Kollekte, Gemeinschaft, Erbauung, vielerlei Gaben, Lauterkeit, geistlich geprägte Besuche – ereignet sich Glaubensweitergabe, die zur Freude an Gott führt (88–101).

3) Wenn Charismen als verschiedene Wirkungen des einen Geis­tes Gottes in allen Glaubenden in Liebe und zur Erbauung der Gemeinde eingesetzt werden, dann ereignet sich z. B. in Weisheit, Erkenntnis, Heilungen und Kräftewirkungen, in Prophetie und Seelsorge, sozialen Hilfen und Leitungen konkrete Glaubensweitergabe (101–118).

4) Auch das neue Handeln aufgrund des neuen Seins in Christus geschieht schließlich als Glaubensweitergabe (118–136), wie der Vf. an verschiedenen Beispielen der paulinischen Briefkommunikation zeigt (129–134). Insbesondere Freiheit und Liebe sind dafür leitend (122–128).

Die Zusammenfassung (137–142) schließt damit, dass alle Glaubenden Subjekte der Glaubensweitergabe sind, die im Alltag stattfindet: als »Mitarbeiter eurer Freude« (2Kor 1,24). Die kleine Monographie erschließt ein bisher eher wenig bestelltes Feld (zuletzt A. Dimpflmaier, Neues Testament und Glaubensweitergabe, 1994) prägnant, nachvollziehbar und in einer zum eigenen Nachdenken anregenden Weise. Das Literaturverzeichnis weist einzelne Lücken auf (z. B. fehlen die auf S. 102, Anm. 422, und auf S. 129, Anm. 526 genannten Titel). Ein Personen-, Bibelstellen- und Stichwortregis­ter sind nicht beigegeben; die letzteren beiden wären nützlich für Quereinstiege in das Büchlein.