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Ausgabe:

Februar/2014

Spalte:

178–179

Kategorie:

Altertumswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur. Bd. 2

Titel/Untertitel:

Co – Ha. Im Auftrag d. Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig hrsg. v. D. Diner.

Verlag:

Stuttgart: J. B. Metzler Verlag 2012. XIX, 563 S. m. 5 Ktn. Geb. EUR 229,95. ISBN 978-3-476-02502-9.

Rezensent:

Michael Tilly

Auch der zweite Teilband der EJGK enthält zahlreiche Einträge zu unterschiedlichen Aspekten der Geschichte und Kultur des neuzeitlichen Judentums in allen seinen Lebensäußerungen. Den insgesamt 256 Stichwörtern entsprechen erneut »klassische« Lexikonartikel zu relevanten Namen und Begriffen (z. B. »Conservative Judaism«, »Dreyfus-Affäre«, »Fettmilch-Aufstand«, »Hamburger Tempelstreit«) und zu allgemeinen Themen, welche die gewählten Periodisierungsgrenzen überschreiten (z. B. »Edom«, »Ehe«, »Halacha«). Die internationale Ausrichtung des Werkes spiegelt sich in aufschlussreichen Artikeln wie »Drvar«, »Farhūd« und »GosET« wider. Lesenswert sind auch Artikel, die lebensweltliche (und zum Teil randständige) Einzelthemen behandeln (»Comic«, »Esperanto«, »Farbfeldmalerei«, »Film noir«, »Fußball«). Zu letzterem Beitrag sei ergänzend angemerkt, dass Kurt Landauer nicht erst seit 1919 als Präsident des FC Bayern München amtierte (399), sondern bereits 1913–14.

Zu den Charakteristika der Enzyklopädie gehört, dass der eigentliche Gegenstand eines Artikels allein durch seine Überschrift in vielen Fällen nicht unmittelbar zu identifizieren ist. So behandelt etwa der Artikel »Collin« Leben und Werk des Schriftstellers Stefan Heym. Im Artikel »Combray« geht es um das litera­rische Hauptwerk Marcel Prousts. Unter dem Eintrag »Davoser Disputation« verbirgt sich eine kenntnisreiche Darstellung der Heideggerrezeption bei jüdischen Denkern. Während der instruktive Artikel »Deborah« den Operndichter Salomon Hermann Mo­senthal und das literarische Motiv der »schönen Jüdin« behandelt, thematisiert der Artikel »Denkstil« das Werk des Biologen und Soziologen Ludwik Fleck.

Eine Fülle von Informationen und sachkundigen Ausführungen verbirgt sich z. B. hinter den Einträgen »Dialektik der Aufklärung« (hier geht es um Max Horkheimer und Theodor W. Adorno), »Dialog« (Martin Buber), »Divre Shalom we-Emet« (Naphtali Herz Wessely), »Einsteinturm« (Erich Mendelsohn), »Eisenbahn« (Ge­schichte der Bankiersfamilie Rothschild), »Ellis Island« (Immigration von Juden in die U. S. A.), »Entreebillet« (Heinrich Heine), »Esnoga« (Geschichte der portugiesischen Juden in Amsterdam), »Ethos« (David Koigen und die Kulturphilosophie), »Die Fackel« (Karl Kraus), »Falsafah« (mittelalterliche jüdische Philosophie und ihre Rezeption), »Film« (Siegfried Kracauer), »Fishke« (Schalom Jakob Abramowitsch), »Freiheit« (Isaiah Berlin), »Freischule« (Bildungsprogramm der Haskala), »Geldwesen« (Moses Hess), »Genf« (Völkerbund), »Genozid« (Raphael Lemkin), »Germanomanie« (Saul Ascher), »Gesetz« (Leo Strauss), »Gottesidee« (Hermann Cohen) und »Hadassah« (Henrietta Szold).

Die EJGK beleuchtet den immensen Beitrag des Judentums für ein umfassendes Verständnis der Moderne. Ihr zweiter Teilband ist durchweg mit großem Gewinn zu lesen, aber er sträubt sich gegen das traditionelle Ansinnen, mittels eines gezielten Griffes zum Lexikon punktuell sachrelevante Informationen zu erhalten. Wenn abzusehen ist, dass die Fertigstellung des Gesamtwerkes noch einige Jahre benötigen wird, wären hier kurze Einzelregister von großem Wert.