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Ausgabe:

Januar/2014

Spalte:

75–76

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Hofmann, Johannes

Titel/Untertitel:

Zentrale Aspekte der Alten Kirchengeschichte.

Verlag:

Würzburg: Echter 2013. IX, S. 217–364 m. Abb. = Theologische Lehr- und Lernbücher, 4/2. Kart. EUR 12,80. ISBN 978-3-429-03542-6.

Rezensent:

Adolf Martin Ritter

Binnen Jahresfrist ist auf den 1. ein 2. Teilband des kirchengeschichtlichen Lehr- und Lernbuches von Johannes Hofmann, Ordinarius für Alte Kirchengeschichte und Patrologie an der Theologischen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, gefolgt, in dem erneut, »auf dem neuesten Stand«, solche »Themen« behandelt werden, »die sich im Lehrbetrieb bayerischer Universitäten als zentral erwiesen haben, weil sie das Leben und die Theologie der Kirche bis auf den heutigen Tag prägen« (so das für beide Teilbände gültige Vorwort in Tb. 1, 2012, XI). Diesmal geht es um den altkirchlichen Gottesdienst (Kapitel 7) sowie »um Leben und Werk der überragenden abend- und morgenländischen Väter Augustinus von Hippo Regius (Kapitel 8) und Johannes von Damas­kus (Kapitel 9)« (Vorwort Tb 2, 2013, IX). Zur didaktischen Aufbereitung von Text, Abbildungen, Literaturangaben und Fußnoten wird (an gleicher Stelle) auf das Vorwort des 1. Teils verwiesen. Sie werden in diesem zweiten Teilband identisch behandelt und präsentiert. Und so kann auch ich auf meine kurze Besprechung von Teilband 1 (ThLZ 138 [2013], 697) verweisen. Es bestätigt sich, was ich dort zu dem Vorgängerbändchen bemerkte: Die »Zentralen Aspekte der Alten Kirchengeschichte« von H. sind »ohne jede Frage äußerst leserfreundlich gestaltet«; und ich halte es »nach allem für denkbar, dass das Buch, seiner ganzen Anlage nach, den Erfordernissen eines ›Lehr- und Lernbuches‹ unter den Bedingungen von ›Bologna‹ hervorragend gerecht wird«.
Die Darstellung des altchristlichen Gottesdienstes von seinen ersten Anfängen bis zur Ausbildung der west-östlichen Liturgiefamilien der Spätantike nimmt weit mehr als die Hälfte des zur Verfügung stehenden Raumes (von ca. 150 Seiten) ein. Sie behandelt, weit anschaulicher und detaillierter, als es in protestantischen Lehr- und Lernbüchern seit Lietzmann und Andresen üblich ist und erst recht vermutlich in kirchengeschichtlichen Lehrveranstaltungen zu geschehen pflegt, den »allgemeine[n] Rahmen der frühchristlichen Liturgie« (7.1 [217–221]), die »Taufe« (7.2 [221–252]), die »Buße« (7.3 [253–266]) und die »Eucharistie in der Alten Kirche« (7.4 [267–290]). Wie schon in dem Vorgängerband gewinnt die Darstellung Lebendigkeit und Farbe durch meist gut ausgewählte und übersetzte Quellenzitate und zahlreiche Abbildungen. Auch wird nicht versäumt, auf altkirchliche Deutungen der Sakramente (besonders der Eucharistie) einzugehen sowie Ort und Zeit der Sakramentsfeier in die Darstellung einzubeziehen.
Der spätantiken Theologiegeschichte wird im Vergleich zur Li­turgiegeschichte ein etwas bescheidener Raum zugewiesen. Dafür bietet die Beschränkung auf nur zwei Theologenporträts (Kapitel 8 und 9) die Möglichkeit, auch weiterhin Anschaulichkeit und Dichte der Information zu gewährleisten. Dass unter den Lateinern die Wahl auf Augustin fiel, ist weniger erklärungsbedürftig als dass Johannes von Damaskus den Vorzug vor anderen großen griechischen Theologen erhielt. Doch ist auch das halbwegs zu rechtfertigen, zumal, wenn der Rezeptionsgeschichte ein hoher Stellenwert zuerkannt wird. Denn die Bedeutung des Damaszeners gerade auch für die mittelalterliche Scholastik und ihre Aufnahme der griechisch-theologischen Überlieferung ist bekanntlich kaum zu überschätzen. H. geht in beiden Theologenporträts weitgehend ähnlich vor, indem er zunächst die Quellen zur Biographie des einen (8.1 [291 f.]) wie des anderen (9.1 [321 f.]) vorstellt und sodann Einblicke in Leben (8.2–5 [292–301]; 9.2–4 [322–326]) und Werk der beiden ausgewählten Autoren (8.5.1; 5.3.1–4 [301–303.312–320]; 9.5 [326–362]) gewährt. Eine weitergehende Angleichung des Aufbaus schied deshalb aus, weil wir über die Zeitumstände, unter denen Johannes von Damaskus lebte, weit mehr wissen als über die Ereignisse dieses Lebens selbst. So blieb in dem ihm gewidmeten Kapitel vor allem der Teil über die »von Augustinus ausgetragenen Kontroversen und ihre Theologie« (8.5.2.1–3 [303–312]) zwangsläufig ohne Entsprechung.
Die ausführliche Befassung mit Leben und Werk des Damaszeners – man halte dagegen etwa die wenigen brummigen Sätze über ihn im Schlusskapitel von H. von Campenhausens »Griechische[n] Kirchenväter[n]« – ist sicher, neben der liebevollen Nachzeichnung der altkirchlichen Liturgiegeschichte, ein besonderes Verdienst dieses Buches. Ich empfehle evangelischen Lesern, Theologen wie »Laien«, zur Lektüre gerade auch das ausführliche Referat über die »Trilogie auf die Entschlafung der heiligen Gottesgebärerin Maria« (345–359), das längste über eine Einzelschrift im ganzen Buch. Man muss wenigstens zu verstehen suchen, warum Orthodoxen, römischen Katholiken wie auch vielen Anglikanern so viel an der Mariologie liegt; und man wird aus der Lektüre dieser Seiten be­greifen lernen, dass für die östliche Orthodoxie, wie sie der Damas­zener in der Tat repräsentiert, die Mariologie kein selbständiges Thema, sondern eine Funktion der Christologie ist.
Natürlich gibt es auch Fragen an das Buch zu richten. Ich er­wähne lediglich die folgenden:
S. 228: Ist hier nicht die Frage der kirchlichen Behandlung des Konkubinats mit der der Sklaverei vermengt worden?; S. 254: Kann man Montanus wirklich als den Führer des Montanismus bezeichnen? S. 257: Müsste nicht im Zusammenhang der sogenannten drei (unvergebbaren) »Todsünden« und des wiederum »sogenannten« Aposteldekrets auch die Sprache auf die »noachitischen Gebote« kommen? S. 267: Ist nicht in der Situation der alten Kirche, selbst noch nach der »Konstantinischen Wende«, die Taufe Wendepunkt des Christenlebens und Hauptsakrament gewesen, nicht aber, wohl gar »von Anfang an«, die Eucharistie? S. 312: Kann man wirklich sagen, Augustin habe »die immanente Trinitätslehre initiiert« (ganz davon abgesehen, dass der Ausdruck i. T. hier so wenig erläutert wird wie auf S. 320)? S. 357, Anm. 307: Sollte nicht erwähnt werden, dass die Deutung der Rede vom »lebenspendenden und Gott aufnehmenden Leib« auf den der entschlafenden Gottesmutter nicht mehr unbedingt »dem neuesten Stand« der Forschung entspricht (s. u. a. B. R. Suchla)?