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Ausgabe:

Mai/1999

Spalte:

537 f

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Rainer, Michael J., u. Hans-Gerd Janßen [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Bilderverbot.

Verlag:

Münster: LIT 1997. XI, 330 S. gr.8 = Jahrbuch Politische Theologie, 2. Kart. DM 34,80. ISBN 3-8258-2795-X.

Rezensent:

Wilhelm H. Neuser

Der Band enthält 30 Beiträge von Autoren verschiedener Berufssparten. Es fragt sich: Was verstehen sie unter "Bilderverbot"? Die Antwort ist: Der Titel ist ein Etikettenschwindel, weil alle Autoren über verschiedene Dinge sprechen.

Das sei zuerst am Vorwort der Editoren aufgezeigt. Es geht vom 2. Gebot des Dekalogs aus und kommt zu dem kühnen Schluß: "in diesem Bilderverbot steht gerade heute - angesichts des ,Kampfes um die Bilder’ in unserer Medienwelt - die Gottesrede in ihrer gesellschaftskritischen, die Ethik des Politischen inspirierenden Kraft zur Debatte." Der Rez. unterläßt es, den Satz zu analysieren. Als nächster Schritt wird ohne Zögern vom personalen Gottesbild auf ein neutrisches "das" übergegangen: "Das biblische Bilderverbot wahrt die Transzendenz, die Einzigartigkeit und Unverfügbarkeit Gottes; das Unbegreifliche ist das Nicht-Darstellbare, das der Darstellung im Bild ... sich Entziehende." Ohne Überleitung wird dann zum "Menschen als dem einzigen (Eben-)Bild Gottes" übergegangen, und man ist schnell bei der sogenannten politischen Theologie angelangt.

Der erste Teil führt zum gleichen Ergebnis: "Was ist eigentlich Bilderverbot?" (= B.) Der Jesuit Fr. Mennekes erwähnt das "Gottesbilderverbot in den Tiefen Israels" (des Alten Testaments?) und geht über zur "permanenten Eng-Auslegung durch überfromme Eiferer". Das B. ist das Problem von Bild und Statik. Der jüdische Autor D. R. Blumenthal erwähnt kurz den Dekalog und erörtert dann das theologische und moralische (!) Problem des Götzendienstes. Der evangelische Theologe I. Hermann, der dem Fernsehen verbunden ist, diskutiert zuerst (mit von Rad) das alttestamentliche Bilderverbot und geht dann (gegen von Rad) zu einem philosophischen Verständnis über, um sodann auf Herrschaftsanspruch in den heutigen Medien zu sprechen zu kommen. Die Schauspielerin I. Resch nimmt den Ausgangspunkt beim biblischen Bilderverbot und geht dann zu geistigen Bildern und ihrer Dynamik über. Der Regisseur M. Verhoeven setzt bei der weltanschaulichen Indoktrination und dem Werbeterror durch das Bild ein. Der Maler A. Rainer läßt 3 abstrakte Bilder mit religiösen Themen abdrucken. Der brasilianische Bischof P. Casaldaliga endlich spricht nur von den Armen, ohne das B. zu erwähnen. Ein wenig mehr Achtung vor der Bibel wäre wünschenswert.

Den einzigen biblischen Beitrag liefert der evangelische Theologe J. Ebach, "Gottesbild im Wandel". Er geht auf die Wort-Bilder von Gott ein (König usw.). Er warnt davor, sich Lieblingsbilder auszusuchen (z. B. Herrscher) oder von der Widerspruchslosigkeit der Bibel auszugehen (z. B. in politischen Fragen). "Im Wandel" besagt: Menschen sollen zu verschiedenen Zeiten wandern können (32). Statuen von Gott (2. Gebot) würden Gott definieren und begrenzen (34).

Was die Herausgeber mit dieser Aufsatzsammlung wollen, gibt vielleicht der Umstand zu erkennen, daß sie im "Jahrbuch Politische Theologie" erscheint. Aber was ist politische Theologie? Gibt es sie? Es sind einige Themengruppen zu erkennen: Politische Philosophie behandeln die Themen Nominalismus, Theodizee, der Geheimnisbegriff bei Rahner.

Die meisten Beiträge befassen sich mit jüdischem Denken, jüdischen Denkern und Auschwitz. Einige Artikel erörtern rein politische Fragen und benutzen das Thema nur als Aufhänger: "Götzen der Macht", "Liberalismus als Idolatrie". Die "Debatte" wiederum befaßt sich mit dem Juristen und Katholiken Carl Schmitt. Alle Beiträge sind für sich genommen interessant und hilfreich.