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Ausgabe:

Januar/1999

Spalte:

36 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Person, Raymond Franklin

Titel/Untertitel:

The Kings - Isaiah and Kings - Jeremiah Recensions.

Verlag:

Berlin-New York: de Gruyter 1997. VIII, 127 S. = Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, 252. Lw. DM 98,-. ISBN 3-11-015457-9.

Rezensent:

Peter Höffken

Ziel der Arbeit ist es, mit Hilfe textkritischer Analysen der Parallelüberlieferungen in 2 Kön und Jes bzw. Jer Anhaltpunkte für die Redaktionsgeschichte des DtrG zu gewinnen. Über die kontroversen Ansätze zur Analyse des DtrG wird zunächst orientiert (Introduction, 1-7). Dann folgen zwei gleichartig aufgebaute Teile, deren erster sich der textkritischen Arbeit an 2Kön 18,13-20,19 par. Jes 36-39 widmet, und deren zweiter sich mit 2 Kön 24,18-25,30 par. Jer 52 befaßt (80-113).

Dabei bietet P. die 2Kön-Jes-Texte zunächst in fünf Kolumnen nebeneinander: Zu den hebr. Textzeugen von 2Kön 18-20 u. Jes 36-39 tritt 1QJesa als älteste Handschrift. Ferner werden die griechischen Übersetzungen von 2Kön 18-20 und Jes 36-39 ins Hebräische rückübersetzt dargeboten. Diese Rückübersetzungen werden kurz begründet (38-42). Danach geht es um die textlichen und literarischen Beziehungen der Texte zueinander. Etwas schwierig finde ich hier, daß P. immer schon mit den Beziehungen zum Urtext argumentiert, den er dann allererst im folgenden Abschnitt aus den fünf Rezensionen rekonstruiert (47-53) und diese Rekonstruktion recht ausführlich begründet (54-74). Das macht die Lektüre etwas schwierig.

Im einzelnen: P. hält Jes 36-39 (G) für den Text, der dem Urtext am nächsten steht; dem schließt sich 1QJesa als nächstverwandter Text an. Dem Urtext am fernsten steht 2Kön 18-20 (H); die griech. Übersetzung repräsentiert eine ältere Textform. - Voraussetzung ist natürlich auch, daß für die Rekonstruktion des sog. Urtextes im allgemeinen der Kurztext vorgezogen wird. - Die Frage ist natürlich, ob man überhaupt so generalisieren kann: Die Verhältnisse dürften in Jes 36 f. u. par. anders aussehen als in Jes 38 u. par.

Der abschließende Gedankengang zieht aus der Textgeschichte Folgerungen für den redaktionsgeschichtlichen Prozeß im DtrG (thematisiert hier also nur die Variante in 2Kön). Das ist deswegen ganz interessant, weil es methodisch bislang in der Forschung noch zu wenig reflektiert scheint. P. verwirft aus textgeschichtlichen Gründen die klassische Auffassung, 2Kön 19,13- 16 sei eine besondere Quelle in Konkurrenz zu der Fortsetzung bzw. den Fortsetzungen. Denn: V. 14-16 stellt sich ihm textgeschichtlich als Zufügung dar, die dann freilich doch aus einem anderen Erzählzusammenhang eingefügt sein soll (über dessen Alter und Herkunft äußert sich P. freilich nicht). Ferner rechnet er in Hinsicht auf die Entstehung des DtrG mit mindestens zwei Redaktionen: 1. dem sog. Urtext, der selber schon dtr ist, 2. mit Erweiterungen gleichfalls dtr Herkunft, die er in 20,6 (wegen meinem Knecht David), 18,25 (der Assyrer auf Gottes Befehl im Kampf gegen Jerusalem) ausmacht und wegen des Zusatzes am Ende von 18,32 (ein Land von Olivenöl und Honig usw.) in die nachexilische Zeit datieren möchte. - Aber reichen diese wenigen Hinweise (P. weist noch auf 20,4 hin, ohne darauf näher einzugehen, vgl. 75 f.) aus, um von einer "Redaktion" zu sprechen? - Auch die Interpretation der Einfügung von 2Kön 18,14-16 als hiskijakritisch (79) leuchtet kaum ein: Die Verse bilden eher einen Widerspruch zu 20,12 ff. aus. Denn was gerade an königlichen Schätzen nach Assyrien verbracht wurde, kann schlecht auch nach Babylonien geschafft werden! - Man wird eher überlegen müssen, daß diese Notiz (in gewisser Nähe zu den geschichtlichen Vorgängen?) besser geeignet ist, im Kontext die völlige Bosheit des Assyrers herauszuarbeiten. - Hier liegen also Fragen, die weiterer Behandlung bedürfen. Aber daß P. die verschiedenen Versionen für die Fragen der Entstehung des DtrG stärker ins Gespräch gebracht hat, als das bislang geschehen ist, ist ein wichtiges Verdienst dieser kurzen und knapp geschriebenen Arbeit.

Nachzutragen ist noch, daß P. im Umgang mit 2Kön 24 f. par. Jer 52 methodisch ganz entsprechend verfährt - naturgemäß ohne eine Qumranrolle ... Auch hier erweist sich die griech. Version von Jer als dem Urtext am nächsten: 2KönG ist älter als 2KönH; als der späteste Text erscheint JerH. - Entsprechende Konsequenzen für eine zumindest zweiphasige Redaktionsgeschichte des DtrG werden gezogen.