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Ausgabe:

Oktober/2013

Spalte:

1132

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Grätzel, Stephan, u. Frédéric Seyler [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Sein, Existenz, Leben: Michel Henry und Martin Heidegger.

Verlag:

Freiburg: Verlag Karl Alber 2013. 245 S. = Seele, Existenz und Leben, 21. Kart. EUR 29,00. ISBN 978-3-495-48549-1.

Rezensent:

I. U. D.

Michel Henry (1922–2002) gehört zu den interessantesten Köpfen der neueren französischen Phänomenologie. Seine »materiale« Phänomenologie des Lebens, die er in kritischer Auseinandersetzung mit Husserl und Heidegger entwickelte, stellte nicht das transzendentale Ich, sondern das unmittelbare Mir-selbst-Gegebensein des Menschen ins Zentrum. Gegenüber einer an der Intentionalität des Bewusstseins orientieren Phänomenologie des Sehens-Als rückte er die Wirklichkeit des Erscheinens im ursprünglichen Sich-Erscheinen des Menschen als das Urphänomen des Lebens in den Blick. Die von Stephan Grätzel und Frédéric Seyer verantwortete Sammlung von Studien, die zum Teil schon an anderem Ort er­schienen sind, bietet eine gelungene Einführung in das Denken dieses wichtigen Lebensphänomenologen am Leitfaden eines kritischen Vergleichs seiner Phänomenologie mit der Philosophie Heideggers.
In ihrer knappen Einführung betonen die Herausgeber gegen­-über der gängigen Charakterisierung Henrys als Kritiker Husserls, dass Henry Husserls Kritik am naturalistischen Denken überhaupt erst auf eine feste phänomenologische Grundlage gestellt habe. In drei Schritten bieten sie dementsprechend Arbeiten von M. Henry, F. P. DeSanctis und R. Formisano zu »I. Grundfragen der Phäno-menologie und Ontologie: Die lebensphänomenologische Kritik an Heidegger«, »II. Philosophiegeschichtliche Perspektiven« von J. Scheidegger (»Kant-Heidegger-Henry: Geschichte einer Ontologisierung«) und C. Serban (»Michel Henry und der frühe Heidegger als Lebensphänomenologen«) sowie drei lesenswerte Untersuchungen von R. Kühn, N. Keane und M. Kawase zu »III. Die Sprachproblematik im Vergleich«. Ein knapper »Ausblick« von Frédéric Seyler zu »Sorge und immanente Affektivität« beschließt den Band. Wer Henrys Denken verstehen will, sollte sich diese Studien nicht entgehen lassen.