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Ausgabe:

Oktober/2013

Spalte:

1114–1116

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Gotzkowsky, Bodo

Titel/Untertitel:

Die Buchholzschnitte Hans Brosamers zu den Frankfurter »Volksbuch«-Ausgaben und ihre Wiederverwendungen.

Verlag:

Baden-Baden: Valentin Körner 2002. IV, 366 S. m. Abb. = Studien zur deutschen Kunstgeschichte, 361. Kart. EUR 98,00. ISBN 978-3-87320-361-7.

Rezensent:

Johannes Schilling

Neben dem angegebenen Titel in dieser Rezension besprochen:

Gotzkowsky, Bodo: Die Buchholzschnitte Hans Brosamers in Werken Martin Luthers und anderen religiösen Dru­cken des 16. Jahrhunderts. Ein bibliographisches Verzeichnis ihrer Verwendungen. Baden-Baden: Valentin Körner 2009. 496 S. m. zahlr. Abb. = Studien zur deutschen Kunstgeschichte, 363. Kart. EUR 98,00. ISBN 978-3-87320-363-1.


Der Maler, Formschneider und Kupferstecher Hans Brosamer (ca. 1500 bis nach 1554) gehört zu denjenigen Künstlern der Reformationszeit, deren Bilder durch die Druckausgaben erfolgreicher Autoren besonders weit verbreitet wurden bzw. zu deren Erfolg beitrugen. Den hier besprochenen zwei Bänden des Werkes ist 2012 ein drittes Opus gefolgt: Die Buchholzschnitte Hans Brosamers in naturwissenschaftlichen, satirischen und humanistischen Dru-cken des 16. Jh.s. Ein Verzeichnis ihrer Verwendungen (Studien zur deutschen Kunstgeschichte, 364).
Für den Reformationshistoriker von größerem Interesse ist der Band des opus tripartitum über die Drucke religiöser Schriften, insbesondere von Werken Luthers, auf den ich im Folgenden ausführlicher eingehen will. Die ältere Forschung (Heinrich Röttinger, Hildegard Zimmermann, F. W. H. Hollstein) hatte seit 1922 schon reichhaltiges Material zusammengetragen, das durch G.s Verzeichnis indes deutlich vermehrt wird. Insgesamt konnte er 693 Textholzschnitte in Drucken religiöser Werke (»religiöse Drucke« ist eine nicht ganz glückliche Kurzbezeichnung) nachweisen; er rechnet freilich mit weiteren bisher nicht identifizierten Arbeiten.
Eine große Zahl dieser Holzschnitte gehört zu Serien: Brosamers Holzschnitte haben sowohl in Postillen als auch in Bibel- und Katechismusausgaben Aufnahme gefunden bzw. wurden für diese an­gefertigt. Neben solchen Serien gibt es einzelne Holzschnitte: Titelholzschnitte und -einfassungen, Druckersignete und Porträts. Sein Vorhaben charakterisiert G. wie folgt: »Das Ziel des Bandes ist es nicht, eine kritische kunsthistorische Studie seiner Holzschnitte zu geben, sondern vielmehr ein Werkverzeichnis seiner Buchholzschnitte vorzulegen« (8).
Nach der Einleitung folgen eine Biographie des Künstlers, so­dann die erforderlichen bibliographischen und technischen Ab­schnitte. Den Hauptteil des Buches machen die insgesamt acht beschreibenden Verzeichnisse verschiedener Ausgaben mit Buchholzschnitten Brosamers aus (35–462). Es folgen je ein Verzeichnis der Erstverwendungen der Holzschnittserien mit insgesamt 640 Textholzschnitten, der 22 Titeleinfassungen, vier Titelholzschnitte, sieben Druckersignets und der einen Zierleiste sowie der insges amt 18 Einzelholzschnitte und des Porträts des Wittenberger Druckers Georg Rhau in religiösen Druckwerken in chronolo­gischer Folge. Ein Literaturverzeichnis, Autoren- und Titelregister und ein Register der Drucker stehen am Ende des Bandes.
Die Vita Brosamers lässt sich nur teilweise rekonstruieren. Ob er um 1500 in Erfurt oder Fulda geboren wurde, muss offen bleiben. G. geht davon aus, dass er an verschiedenen Orten gearbeitet hat, bei den Druckern, die ihm Aufträge erteilten. Zwischen 1536 und 1546 wirkte er jedenfalls in Fulda, überwiegend als Kupferstecher; 1536 nennt er sich »Maler zu Fuld«, auch 1542 und 1545 ist er dort nachzuweisen. Vielleicht ist er nach 1554 in Erfurt gestorben.
Den Hauptteil des Werks machen die Beschreibungen der Druck-werke mit Holzschnittillustrationen Brosamers aus. G. ordnet sie nach Druck- bzw. Erscheinungsorten: Erfurt 1525–1529, Marburg 1529, Magdeburg 1529–1545, Leipzig 1529–1566, Wittenberg 1528–1561, Nürnberg 1546–1550, Frankfurt am Main 1543–1571, dazu kommt ein Holzschnitt in einem Katechismusdruck von Johannes Brenz 1543. Zunächst wird der jeweilige Erstdruck beschrieben, danach die Wiederverwendungen in anderen Auflagen desselben Werks oder in anderen Drucken. Auf diese Weise lässt sich verfolgen, wie die Drucker die einmal vorhandenen Holzstöcke selbst neu verwandten oder wie die Stöcke in andere Werkstätten gelangten. Damit liefert G. zugleich einen Beitrag zur Geschichte der Druckwerkstätten und ihrer möglichen oder tatsächlichen Beziehungen untereinander.
Bibliographien erhalten ihren Wert vor allem durch Vollständigkeit, Einheitlichkeit und Genauigkeit, was G. in jeder dieser Hinsichten in hohem Maß zu bescheinigen ist. Diese Bibliographie ist ein grundlegendes Werk, das Ergebnis jahrelanger Recherchen in deutschen und außerdeutschen Bibliotheken, auch solchen, die in vergleichbaren Arbeiten nicht herangezogen wurden. Als Ergebnis präsentiert G. einen reichen, wenn auch – wie er selbst schreibt – nicht vollständigen Bestand an erhaltenen Exemplaren. In vielen Fällen müssen Verluste des Zweiten Weltkriegs notiert werden; besonders hart sind diese bei den Marburger Drucken Franz Rhodes, von denen mehrere Exemplare nicht mehr erhalten sind. Da und dort werden sich vielleicht noch oder doch noch Exemplare finden lassen; so gibt es etwa von Luthers Schrift »Warnunge […] An seine lieben Deudschen« Marburg 1531 (Dommer 36; G.: S. 43, Nr. 4) neben dem Exemplar im Staatsarchiv Marburg ein zweites, das vor Jahren vom Stuttgarter Antiquariat verkauft wurde.
Die ältere bibliographische Literatur zu Brosamer ist umfassend ausgewertet, neuere Literatur bis 2008 ist dagegen nicht in allen Fällen berücksichtigt worden. Besonders bedauerlich ist das im Fall der Titeleinfassung zu der Magdeburger Bibel von 1536 (134 ff.) und zur Evangelienpostille Leipzig 1545 (226 ff.), für deren Titelblätter ein Holzschnitt »Gesetz und Evangelium« verwendet wurde. In dem monumentalen Werk von Heimo Reinitzer, Gesetz und Evangelium. Hamburg 2006, sind diese Holzschnitte Brosamers nachgewiesen (vgl. ebd., Bd. 1, 460, Nr. 796 und 465 f., Nr. 809; Bd. 2, 60 f., Abb. 38 und 38.1). Reinitzers Katalog ermöglicht zugleich einen Vergleich dieser Arbeiten mit den anderen Formulierungen desselben Themas.
G.s Verzeichnis ist eine wertvolle, ja, unverzichtbare Zusam­menstellung des Materials, die auch und gerade den Kirchenhistorikern zeigt, welche Konjunktur reformatorische Bilder hatten. Vielleicht befasst sich die kunsthistorische Forschung auch unter ihr eigenen Fragestellungen mit den Werken. Durch ihre vielfältige Verwendung haben Brosamers Holzschnitte jedenfalls in ihrer Zeit den Bibel- und Postillenlesern und denen, die den Katechismus mit Ernst getrieben haben, die Texte der Heiligen Schrift und der »kleinen Biblia« ins Bild gesetzt.