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Ausgabe:

Oktober/2013

Spalte:

1101–1102

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Bering, Kunibert

Titel/Untertitel:

Die Ära Konstantins. Kulturelle Kontexte – historische Dimensionen. Eine Synopse.

Verlag:

Oberhausen: Athena-Verlag 2012. 198 S. m. 130 Abb. = Artificium, 40. Kart. EUR 29,50. ISBN 978-3-89896-479-1.

Rezensent:

Muriel Moser

In dieser Untersuchung zeichnet Kunibert Bering, Professor für Didaktik der Bildenden Künste an der Kunstakademie Düsseldorf, die philosophischen, religiösen und politischen Tendenzen auf, welche, so zeigt B. überzeugend, sich in der Gedankenwelt der Ära Konstantins vereinigen: der Rückgriff auf die Traditionen des rö­mischen Staates, das Aufkommen des Sonnenkultes und das Erstarken des Christentums. Seine Studie widerlegt den oft postulierten Gegensatz zwischen paganer Antike und christlicher Neuorientierung, wie sie sich unter Konstantin abgezeichnet haben soll: B.s Porträt der Epoche Konstantins ist eines der Synthese, nicht der Antithese.
B. widmet fünf seiner sechs Kapitel dem Zeitgeist der Vorgänger Konstantins seit der Mitte des 3. Jh.s und zeigt, wie dieser sich in der Plastik, Architektur, Urbanistik und in den literarischen Quellen ihrer Regierungsjahre widerspiegelt. Kapitel 1 betrachtet zunächst die Kaiser des 3. Jh.s. B. zeigt, wie sich das Kaisertum angesichts der Krise, welche das römische Reich in dieser Zeit zu meistern hatte, zunehmend auf die traditionellen Götter (Jupiter, Herakles) als göttliche Unterstützer und auf das mos maiorum als moralische Leitlinie ausrichtet. Doch auch der Sonnengott Sol (später mit dem Beinamen invictus) hält vor allem unter Aurelian Einzug in Rom. Das Kapitel schließt mit einer gelungenen Darstellung der kaiserlichen Repräsentation der Tetrarchen, wobei B. es nicht unterlässt, neben ihren Residenzen auch das für Konstantin relevante tetrarchische Erbe in Rom zu untersuchen. Kapitel 2 stellt die philosophischen und religiösen Strömungen der Zeit vor. Nach einer Einführung in den Neoplatonismus und seinen Einfluss auf die Kunst geht B. am Beispiel der Kulte der Kybele, der Isis und des Mithras auf Mysterienkulte, ihre Bildersprache, Kulträume sowie Rituale ein und bespricht dann ausführlich die Kultstätten des Judentums. Kapitel 3 wendet sich schließlich dem frühen Christentum zu. B. stellt die Prozessionen der christlichen Gemeinden und ihre traditionellen Vorbilder vor und analysiert die Architektur und Kunst der frühchristlichen Bauten und der Katakomben Roms, wobei B. das Neben- bzw. Nacheinander paganer und christlicher Be-gräbnisstätten und ihrer Bildtraditionen unterstreicht. Das frühe Chris­tus-Bild ist Thema des vierten Kapitels. Dieses enthält interessante Überlegungen zum frühchristlichen Bildverständnis, welches mit hellenistischen (z. B. in der Politeia Platons) und jüdischen Bildbegriffen (am Beispiel der Schrift der Weisheit Salomons) kon­trastiert wird. Die Ideologie von Konstantins Vorgänger in Rom, Maxentius, wird im fünften Kapitel behandelt. Zusammen legen diese Kapitel damit die Grundlagen für das letzte Kapitel, welches sich ausführlich (auf 50 Seiten) mit Konstantin beschäftigt. Nun kann B. aufzeigen, wie sich Konstantins Repräsentation und Bautätigkeit in wesentlichen Aspekten nahtlos in die politischen, kulturellen und religiösen Prozesse seiner Zeit einfügen. Konstantin, so stellt B. heraus, greift sowohl die neoplatonische Idee des summus deus in der Form des Sonnengottes Sol invictus (s. hierzu nun auch J. Wienand, Der Kaiser als Sieger. Metamorphosen triumphaler Herrschaft unter Constantin 1, Klio Beihefte, Berlin 2012) als auch in der des Demiurgen Jupiter auf, verbaulicht z. B. im Konstantinsboden oder in der Kolossalstatue Konstantins in der Maxentius-Basilika. Es folgt ein umfassender Überblick über seine Kirchenbauten, Märtyrerbasiliken und Mausoleen in Rom und im Heiligen Land, bevor B. sich abschließend Konstantinopel zuwendet. Einige der behandelten Themen sind nur kurz angerissen, doch ermöglicht gerade dies, eine Synopse der aufgezeigten Tendenzen in der Kunst und dem Weltbild, wie es von Konstantin propagiert wird, aufzuzeigen. Kontinuität bestimmt das Bild; Brüche sind aufs Politische beschränkt (so wird z. B. Maxentius’ Erbe in Rom überbaut und damit getilgt).
Die Monographie ist mit zahlreichen Abbildungen und acht Farbtafeln ausgestattet. Leider fehlt ein Index und werden relevante englischsprachige Monographien (z. B. J. Elsner, Imperial Rome and Christian Triumph, Oxford 1998) nicht berücksichtigt. Zudem sind einige politische Entwicklungen zu extrem gezeichnet: Das Ausmaß der »Verelendung der Massen« im 3. Jh. (11) ist umstritten, ebenso das Ausmaß des Konfliktes zwischen Konstantin und den römischen Senatoren. Dies tut der Leistung B.s aber keinen Ab­bruch, vermag er es doch, die Komplexität der Kultur und Religion des römischen Reiches von Decius (249–251) bis Konstantin, der Schwelle zwischen römischen Kaiserzeit und Spätantike, nachzuzeichnen und in ihren historischen Kontext einzubetten. Seine Studie sei daher nicht nur Konstantinforschern wärmstens empfohlen.